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Fußballkommentare

 
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Ulrich Brosinsky



Registriert seit: 09.08.2004
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Wohnort: Weinstadt

Beitrag: Dienstag, 20. Jun. 2006 00:06    Titel: Fußballkommentare Antworten mit Zitat

Fußball-Kommentatoren sprechen immer langsamer

Aber sie nuscheln mehr, sagt eine aktuelle Studie


von Natascha Blotzki


Bonn - "Da kommt der Ball auf Müller, der dreht sich um die eigene Achse, schießt und Tor." 2,4 Sekunden benötigte Heribert Fassbender beim Finale der Fußballweltmeisterschaft 1974 für diese Beschreibung des 2:1 der deutschen Mannschaft über die Niederlande. Mit 26 artikulierten Lauten pro Sekunde war es von 56 untersuchten Torszenenbeschreibungen die am schnellsten gesprochene.

Das ist ein Ergebnis der Analyse von Sprechweise bei Fußballkommentatoren im Radio von 1954 bis heute. Dabei wurden Torszenenbeschreibungen auf Sprechtempo, Emotionalität, Aussprache und Verständlichkeit untersucht. Aus Gründen der Vergleichbarkeit beschränkte sich die Untersuchung auf internationale Spiele mit deutscher Beteiligung und hoher sportlicher Geltung. Die Hörproben wurden Probanden vorgespielt, die Sprechgeschwindigkeit, Emotionalität und Verständlichkeit einschätzen sollten. Außerdem wurde der subjektive Eindruck der Sprechgeschwindigkeit objektiv am Computer nachgemessen.

Ein eher überraschendes Ergebnis war, daß die Sprechgeschwindigkeit im Laufe der Jahre nicht zugenommen hat. Heribert Fassbender sprach die schnellste Sequenz 1974. Heinz Eil, der, anders als sein Nachname vermuten läßt, die langsamste Sequenz artikulierte, erreichte 1960 eine Sprechgeschwindigkeit von 8,98 Lauten pro Sekunde. Eil war heiser. Die heutigen Torbeschreibungen liegen sogar eher unter dem Mittelwert von 17,57.

Daß man die heutigen Sprecher für schneller hält, liegt zum Teil daran, daß heute mehr Laute verschluckt werden als früher. Der Informationsgehalt für den Zuhörer bleibt, aber der Sprecher artikuliert weniger Laute. Ein schnell sprechender Reporter, der auch die Endungen der Wörter deutlich artikuliert muß dementsprechend ein höheres Tempo haben.

Schnelligkeit macht natürlich keine gute Reportage aus, denn was nützt es, wenn der Reporter die Spielszene schnell darstellt und ihn keiner versteht. Spielt man Probanden Torszenenbeschreibungen aus den letzten 52 Jahre vor, so fällt vor allem eines auf: Die Hälfte des Satzes wird oft gar nicht richtig verstanden.

Bei der schlechten Übertragungsqualität von Live-Sendungen etwa 1962 aus Chile mag das noch verständlich sein, aber es gilt auch für Reportagen der vergangenen zehn Jahre. Zur schlechten Verständlichkeit tragen vor allem undeutliche Aussprache gepaart mit einem höheren Maß an Emotionalität bei. Dabei erwartet man gerade von den Medien, daß sie in Sachen Aussprache eine Vorbildfunktion erfüllen. Auch nach der Rechtschreibreform haben "Nicht" und "ist" immer ein "t" am Ende - zu hören ist es selten.

Es gibt kaum einen Fußballfan, der diese Worte nicht kennt: "Aus dem Hintergrund müßte Rahn schießen, Rahn schießt: Tor, Tor, Tor, Tor!" Wäre Herbert Zimmermanns Kommentar zum entscheidenden 3:2 gegen Ungarn heute noch bekannt, wenn man seine Worte nicht verstanden hätte?

Trotz der Kritik an der Aussprache: Es lohnt sich, einer Fußballreportage live im Radio bewußt zuzuhören. Vor allem Aufnahmen von Spielen, die man selbst verfolgt hat, können eine regelrechte Gänsehaut hervorrufen: Andi Brehme schießt noch einmal den Elfmeter im WM-Finale 1990. Man hat die Bilder in der Erinnerung lebendig vor sich, während Fernsehbilder oft distanziert und altmodisch wirken: die Frisuren der Spieler, die Trikots, die schlechten Kameraperspektiven. Der Radioreportage merkt man ihr Alter weniger an. Vorausgesetzt, man versteht den Reporter. Vielleicht ruft er demnächst klar und deutlich: "Aus, aus, das Spiel ist aus, Deutschland ist Weltmeister."

Die Autorin ist Kommunikationsforscherin der Universität Bonn und hat die Sprechweise von Fußballkommentatoren für ihre Magisterarbeit untersucht

Artikel erschienen am Mo, 22. Mai 2006 in www.welt.de/data/2006/05/22/890427.html
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