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Arbeitskreis Orthographie / Sprachkreis Deutsch (Schweiz)

 
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Manfred Riebe



Registriert seit: 23.10.2002
Beiträge: 2840
Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg

Beitrag: Sonntag, 24. Okt. 2004 18:57    Titel: Arbeitskreis Orthographie / Sprachkreis Deutsch (Schweiz) Antworten mit Zitat

Brief an 2800 Anschriften aus Politik und Bildung

Reform der Rechtschreibung


Sehr geehrte Damen und Herren,

Ende August ist der neueste Duden erschienen; es handelt sich bereits um den dritten seit Beginn der Reform im Jahre 1996. Die neueste Fassung des Regelwerks bietet z. B. im Bereich des Getrennt- und Zusammenschreibens eine grundsätzlich andere Sicht der Dinge. In unüberschaubar vielen Fällen ist plötzlich das wieder möglich, was bisher als „alte Schreibung“ ausgeschlossen war. Da aber die längst bekannten Fehler des Regelwerks nicht grundsätzlich angegangen und berichtigt werden, ist in absehbarer Zeit eine weitere Überarbeitung zu erwarten.

Was soll man davon halten, dass Fachleute 1996 eine ganze Sprachgemeinschaft auf bisher unübliche, neue Schreibweisen verpflichten wollen und acht Jahre später in Hunderten von Fällen die alten wieder zulassen?

Für unsere Ämter und Behörden bedeutet das hohe Kosten. Sie müssen nach 1996 und 2000 bereits die dritte Wörterbuchgeneration kaufen. Der „Leitfaden“ unserer Bundeskanzlei muss überarbeitet werden. Es müssen neue Umschulungskurse stattfinden.

Für die Schulen ist der Schaden noch grösser. In ihnen werden zur Zeit zwei Duden verwendet, die sich in Kernpunkten widersprechen; schon das ist eine Unmöglichkeit. Der dritte Reform-Duden führt nun dazu, dass auch ganz neue Schulbücher überarbeitet werden müssen. Die Lehrkräfte, die den Schülern bisher beigebracht haben, dass „Es tut mir leid“ alte Rechtschreibung und falsch sei, müssen nun weitergeben, dass es wieder richtig sei.

Korrigieren lässt sich nach der neuen Rechtschreibung nicht mehr. Auch dort, wo der neueste Duden die reformierten Schreibweisen beibehalten hat, ist das nicht möglich. Man kann einem Schüler nicht verbieten, statt „behände“ „behende“ zu schreiben, wie er es in der NZZ liest.

Hier wird öffentliches Geld verschwendet; es lässt sich unschwer ausrechnen, dass es um Millionenbeträge geht. Verspielt wird aber auch das Vertrauen in unsere Schulen und staatlichen Einrichtungen.

Das Regelwerk von 1996 hat sich als weitgehend untauglich erwiesen. Der Weg der Reform darf nicht weitergegangen werden.

Unabhängige Fachleute, das heisst solche, die nicht an der Ausarbeitung des Regelwerks beteiligt waren und die keine geschäftlichen Beziehungen zu Wörterbuchverlagen unterhalten, müssen das Regelwerk begutachten und überarbeiten. Dazu ist ein Moratorium nötig.

Wir bitten um Aufmerksamkeit für die beiliegenden Mitteilungen*. Es ist jetzt Zeit zu handeln.

Mit freundlichen Grüssen,

Arbeitskreis Orthographie, Stefan Stirnemann
Sprachkreis Deutsch, Peter Zbinden

*Mitteilungen Nr. 3+4 (2004), Sprachkreis Deutsch (Bubenberg-Gesellschaft)

Aus der Antwort des Finanzdirektors eines grossen Kantons:

„Ich kann Ihnen mitteilen, dass die Reform der Rechtschreibung gerade unter dem Gesichtspunkt der damit verbundenen Kostenfolgen auch bei mir als Finanzdirektor auf erhebliche Skepsis stösst.

Dennoch und bei allem Verständnis für Ihre Argumente sind die Möglichkeiten der Einflussnahme des Kantons äusserst minim, und ich kann Ihnen deshalb einzig (aber immerhin) versichern, dass ich die weitere Entwicklung aufmerksam verfolgen und mich dafür einsetzen werde, dass die Umsetzungsmassnahmen der Reform mit möglichst geringen Kostenfolgen verbunden sein werden.“

16.10.2004 Stefan Stirnemann, Peter Zbinden
Versand im Oktober

www.rechtschreibreform.com/Perlen/KraftBank/KraftBank.pl?SunOct2415:18:19CEST2004

Sprachkreis Deutsch
CH-3000 Bern
info@sprachkreis-deutsch.ch
T +41 (0)32 331 01 19
F +41 (0)32 331 01 19
http://www.sprachkreis-deutsch.ch
__________________________________

Anmerkung:

Trotz aller Verdienste ist auch festzustellen, daß die Schweizer Sonderorthographie mit dem Doppel-s nicht zur Einheit, sondern zur Spaltung der deutschen Orthographie beiträgt.


Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Samstag, 04. Nov. 2006 22:34, insgesamt 1mal bearbeitet
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Manfred Riebe



Registriert seit: 23.10.2002
Beiträge: 2840
Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg

Beitrag: Sonntag, 24. Okt. 2004 19:07    Titel: Noch einmal über das Schreiben reden Antworten mit Zitat

Wir müssen noch einmal über das Schreiben reden
Zur Reform der Rechtschreibung

Im Gespräch über die Rechtschreibreform gerät man als Gegner schnell in ein ungünstiges Licht: „Das ist ein besserwissender Bildungsbürger, ein beckmessernder Oberlehrer, der einen Puls hat, dünn wie ein Kommastrichlein, im Kopf kein Gehirn beherbergt, sondern den Duden (jeweils die neueste Auflage, und wie knispern die trockenen Seiten, wenn der Oberlehrer in zornigem Ernst einherschreitet), der nicht liest, was geschrieben ist, sondern wie es geschrieben ist, und in diesem Wie nur Fehler findet.“

Aber auch die Vertreter dieser Reform müssen einstecken, und die Zeit wird zeigen, wer nach Verdienst eingesteckt hat; unterdessen reden wir von den Sachen.

Für unsere Schulen ist nach wie vor der Duden das verbindliche Nachschlagewerk. Nun ist Ende August ein neuer erschienen, bereits der dritte seit Beginn der Reform: Er ändert in vielen hundert Fällen das, was unsere Schülerinnen und Schüler seit 1996 eingeübt haben; so ist neben „Es tut mir Leid“ nun plötzlich „Es tut mir leid“ wieder richtig. Mit dem neuen gelben Band sind auch ganz neue Schulbücher und Unterrichtshilfen überholt. Da aber diese Änderungen die Schwierigkeiten der Neuregelung nicht lösen, werden wir, wenn es so weitergeht, in absehbarer Zeit von einer weiteren Überarbeitung Kenntnis nehmen müssen.

Das Vorgehen der Reformer ist einerseits zu teuer; der Kanton St. Gallen müsste jetzt allein für seine Oberstufe etwa 15.000 neue Duden kaufen und hätte für rund 400.000 Franken ein Buch, das seinem Vorgänger aus dem Jahr 2000 in unüberschaubar vielen Fällen widerspricht und das selber keine lange Geltung haben wird.

Andrerseits greift die Neuregelung auch in ihrer neuesten Fassung in unseren Wortschatz ein. Zwei Beispiele:

Das Wort jedesmal ist alt. Kaspar Stieler hat es 1691 in seinen „Teutschen Sprachschatz“ aufgenommen, und es wird heute noch verwendet, z. B. auf der Seite 69 im Schulbuch „Treffpunkt Sprache“. Hier ist es allerdings unrechtmässig im Gebrauch; das Buch erscheint in neuer Rechtschreibung, und nach ihr ist nur noch jedes Mal richtig. Vom Schuljahr 2005/2006 an muss die „alte Schreibung“ jedesmal als Fehler gewertet werden.

Warum schreiben die doch geübten Verfasser eines Lehrbuchs im achten Jahr der Reform eine Kleinigkeit wie jedes Mal immer noch „falsch“? Weil viele der neuen Regeln dem Sprach- und Schreibgefühl widersprechen und ganz vertraute Wörter verschwinden lassen. Warum soll es ein Wort wie die Handvoll (Hampfle) nicht mehr geben? An einer Bildung wie dieser lässt sich den Schülerinnen und Schülern die Sprachwirklichkeit zeigen: die Sprache entwickelt ihre Wörter oft wild, rätselhaft, in lebendiger Unübersichtlichkeit. Daran nimmt nur Anstoss, wer die leblose Ordnung des Kasernenhofs zum Ziel hat.

Was wollten die Reformer eigentlich? Die Reformkommission schrieb in ihrem vierten Bericht (November 2003): „Es war erklärtes Ziel der Neuregelung, den Schreibenden wieder die Möglichkeit zu geben, allein aufgrund der Anwendung der Rechtschreibregeln zu richtigen Wortschreibungen kommen zu können. Demgegenüber verlangte die frühere Regelung ein häufiges Nachschlagen im Wörterbuch.“

Wenige Zeilen davor steht allerdings: „Unsicherheiten, die sich unmittelbar im Anschluss an die Einführung der Neuregelung in den Neuauflagen der Wörterbücher zeigten, hatten ihren Ursprung u.a. darin, dass es bis zum März 1997, als die Zwischenstaatliche Kommission ihre Arbeit aufnehmen konnte, keine offizielle Regelauslegung gab.“

Wie sollen Schüler Regeln anwenden, für welche erfahrene Wörterbuchredaktionen eine „offizielle Auslegung“ nötig haben? Und wann in der Geschichte der Rechtschreibung ist je in so vielen Nachschlagewerken geblättert worden wie in den letzten acht Jahren? Die Reform hat ihr Ziel nicht erreicht.

Was ist jetzt nötig? Behörden und Schulen müssen gemeinsam die Lage beurteilen und einen Ausweg finden. Es ist jetzt nicht die Zeit für Vorwürfe und Schuldzuweisungen.

Die folgenden Seiten vermitteln die nötigen Kenntnisse.

Der Verfasser ist Lehrer am Gymnasium Friedberg, Gossau (SG) und Mitglied der Forschungsgruppe Deutsche Sprache

16.10.2004 S. Stirnemann

Mitteilungen 3/4 (2004), Sprachkreis Deutsch
Versand Oktober
www.rechtschreibreform.com/Perlen/KraftBank/KraftBank.pl?SunOct2416:49:08CEST2004
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