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Querbeet

 
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GSchmickler
Gast





Beitrag: Sonntag, 29. Jun. 2003 20:40    Titel: Querbeet Antworten mit Zitat

Die Überschrift meines Beitrags zum Thema "Feministische Grammatik" erscheint leider unvollständig. Ich hatte vorgesehen "Grammatische Gleichberechtigung im Deutschen und im Englischen", wußte aber nicht, daß eine Überschrift in dieser Länge nicht akzeptiert wird.
Nun möchte ich noch einige "Gedankensplitter" zum Problem der feministischen Grammatik nachtragen. Ich habe sie hier mal "querbeet" zusammengestellt.
In unserer Sprache fehlt eine Pluralform, die eine "generisch gemischte" Gruppe oder Masse bezeichnet. Mir ist nicht bekannt, ob es eine solche in irgendeiner anderen Sprache gibt. Streitbare Feministinnen wollen sich nun nicht damit zufriedengeben, daß z. B. der generisch maskuline Plural "die Zuschauer" die weiblichen "Zuschauerinnen" einschließt und bestehen auf der stilistisch unschönen Doppelnennung "Zuschauerinnen und Zuschauer". Einen vergleichbaren "grammatischen Mangel" weist das Deutsche bei der Anredeform auf. Wir haben das "du" für die traute und das "Sie" für die distanzierte Anrede. Die Mehrzahl von "du" lautet "ihr", das "Sie" ist eine Pluralform, die zur förmlichen bzw. höflichen Anrede sowohl für eine Einzelperson als auch für mehrere Personen benutzt wird. Es gibt aber kein Pronomen, das für eine Mehrzahl von Personen steht, von denen der Sprecher die einen duzt und die anderen siezt. Meist sagt man in solchen Fällen kurzerhand "Ihr", wobei man allerdings bei peniblen Zeitgenossen durchaus ins Fettnäpfchen treten kann. Wer sichergehen will, sagt z. B.: "Sie können und ihr könnt schon mal Platz nehmen!" Aber das ist nicht weniger "sperrig" als die "Besucherinnen und Besucher" unserer Feministinnen.

Ein interessantes Musterbeispiel für die Funktion des Genus in indogermanischen Sprachen fand ich im Neuen Testament. Im 2. Korintherbrief (9,7) heißt es: "Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb." Nanu, die Geberin etwa nicht? Der griechische Urtext weist die nämliche Vernachlässigung der Weiblichkeit auf: "Hilaron gar doten agapa ho theos."Die Wörter "hilaros" (fröhlich) und "dotes" (Geber) sind
ohne Zweifel "masculini generis". Die lateinische Version lautet: "Hilarem enim datorem diligit Deus". Zwar könnte der Akkusativ "hilarem" auch weiblich sein, aber der "dator" ist wie der griechische "dotes" männlichen Geschlechts. Keine Angriffsfläche für streitbare Feministinnen bietet die englische Übersetzung: "For God loveth a cheerful giver". Hier bleibt offen. ob es sich bei "giver" um einen "Geber" oder eine "Geberin" handelt. Damit ist aber keineswegs gesagt, daß das Englische grundsätzlich "frauenfreundlicher" ist als die anderen Sprachen. In meinem vorherigen Beitrag habe ich dargelegt, warum gerade das Englische ins Kreuzfeuer feministischer Kämpferinnen geriet.

Zu den eifrigsten Befürwortern der "Sprachlichen Gleichbehandlung" gehört bekanntlich die Gewerkschaftspresse. Aber selbst hier hapert es an der konsequenten Anwendung. Ein Artikel in der neuesten Ausgane der ver.di-Zeitung
"bewegen" beginnt mit diesem Satz: "Beamtinnen und Beamte aus verschiedenen Ebenen und Fachbereichen trafen sich .....". Die Überschrift des Artikels aber lautet
"Beamte setzen ein Zeichen". Offenbar geht im Zweifelsfall Platzersparnis vor Gleichberechtigung! Im letzten Absatz ist von der "Gemeinschaft von Arbeitnehmern und Beamten" die Rede. Die von der "sprachlichen Gleichberechtigung" geforderte "Gemeinschaft von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und Beamtinnen und Beamten" ging wohl auch der Verfasserin besagten Artikels gegen den Strich.

Ich wurde schon oft gefragt, ob ich weibliche Bezeichnungen kenne, bei denen die Männer "mitgemeint" seien. Meine Antwort: Bei Tiernamen - die Grammatik macht grundsätzlich keinen Unterschied zwischen Mensch und Tier - kommt das recht oft vor. Katze, Taube, Ente, Maus, Laus - all diesen Geschöpfen ist das weibliche Genus gemein, was aber nichts über das reale Geschlecht aussagt. Man spricht vom Kater, vom Täuberich, vom Enterich, vom Mäuserich oder der "männlichen Laus" nur dann, wenn die Verständlichkeit der Aussage es erfordert. Aber auch für Menschen gibt es eine Anzahl "weiblicher" Bezeichnungen, die nichts über das reale Geschlecht aussagen: "Das Geschlecht und das Alter der verdächtigen Person konnten nicht festgestellt werden, da es ihr gelang, im Schutz der Dunkelheit zu entwischen". Oder: "Er ist in seinem Fach eine unangefochtene Koryphäe". Aus einer Gerichtsreportage: "Der Angeklagte ist seit seit seinem vierten Lebensjahr Vollwaise". Einige wenig schmeichelhafte Bezeichnungen sind
"feminini generis", obwohl meist oder sogar nur Männer mit ihnen bedacht werden:
"Heinrich, du bist eine Memme!" Oder: "Diese Tunte (auch: Schwuchtel) kommt mir nicht mehr ins Haus!"

Im Duden (Ausgabe 1996) ist mir noch aufgefallen, daß es neuerdings neben dem
"Zirkusreiter" auch eine "Zirkusreiterin" gibt. Der "Zirkusdirektor" hat jedoch keine weibliche Entsprechung. Soll etwa den emanzipierten Frauen eine so wichtige Führungsposition versagt bleiben?

So tun sich Fragen über Fragen auf. Eine vollkommene "Sprachliche Gleichberechtigung", wie sie den streitbaren Feministinnen und ihren männlichen Anhängern vorschwebt, ist mit den Mitteln der gewachsenen Sprache nicht zu erreichen. Gewaltsame Eingriffe in die Sprachstruktur und künstliche Implantate haben keine Chance, von der Sprachgemeinschaft ernst genommen zu werden oder gar sich auf Dauer durchzusetzen. Das werden irgendwann auch die militanten Frauenrechtlerinnen einsehen müssen.
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