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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Dienstag, 19. Okt. 2004 16:01 Titel: BAYERNKURIER |
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Rechtschreibreform: Länderchefs und Kultusminister beraten
Handlungsbedarf
von Peter Baier
Die Rechtschreibreform steht auf der Kippe. Die größten deutschen Verlage kehren zur alten Schreibweise zurück, 75 Prozent der Bürger lehnen die neue Form ab. Jetzt werden sich die Ministerpräsidenten auf ihrer nächsten Konferenz damit befassen. Man werde „ergebnisoffen prüfen“ kündigte Edmund Stoiber an.
Die Zeit drängt. Wenn nichts anderes beschlossen wird, tritt die Rechtschreibreform in knapp einem Jahr verbindlich in Kraft. Aber die Vorbehalte gegen die Reform sind gewaltig. Doch seit drei große Zeitungsverlage, der Springer-Verlag, der Spiegel und die Süddeutsche Zeitung angekündigt haben, „schnellstmöglich“ zur neuen Rechtschreibung zurückzukehren, ist die Debatte über Sinn oder Unsinn der Reform hochgekocht. Forderungen nach einer kompletten Rücknahme werden lauter.
Wenn sich die Ministerpräsidenten der deutschen Bundesländer Anfang Oktober treffen, steht das Thema ganz oben auf der Tagesordnung. Edmund Stoiber, derzeit Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, will die Reform „nach kritischen Stimmen aus vielen Ländern“ eingehend überprüfen. „Ich bin davon überzeugt“, so Stoiber weiter, „dass es die Beratungen der Ministerpräsidenten wesentlich beeinflussen wird, wenn jetzt auch große Verlagshäuser zur alten Rechtschreibung zurückkehren. Wir gehen ohne Vorfestlegung und ergebnisoffen in die Diskussion. Nachdem sich die kritischen Stimmen zu den Erfahrungen mit der Rechtschreibreform jedoch mehren, wird immer offensichtlicher, dass mit der Reform erhebliche Unsicherheit über das richtige Schreiben eingetreten ist.“
Bis Anfang August 2005 gelten alte und neue Schreibweise nebeneinander. „Dieses Zeitfenster müssen wir nutzen, die bisherigen Erfahrungen der Rechtschreibreform zu bewerten“, so Stoiber. Die Ministerpräsidenten wollen prüfen, ob Lösungen möglich sind, mit denen Teile der bisherigen Reform beibehalten und andere Teile aufgegeben werden können. „Auf jeden Fall besteht Handlungsbedarf. Es kann nicht sein, dass im Ergebnis jeder schreibt, wie er will, und es keine akzeptierte Ordnung mehr gibt.“ Falls die Rückkehr aus der momentanen Beliebigkeit in eine feste Ordnung überhaupt gelingt, so dürfte diese zumindest in etlichen Punkten näher beim alten System liegen als beim jetzigen. Mehrere Ministerpräsidenten wie Christian Wulff sowie der CDU-Spitzenkandidat in Nordrhein-Westfalen, Jürgen Rüttgers, haben sich sogar bereits auf die Rückkehr zur alte Schreibweise festgelegt.
Etwa eine Woche nach der Ministerpräsidentenkonferenz treffen sich dann die Kultusminister der Länder. Monika Hohlmeier, bayerische Ressortchefin, wünscht sich eine offene Diskussion. „Wir stellen fest, dass einzelne Regelungen der Rechtschreibreform bei vielen Menschen auf Inakzeptanz gestoßen sind. Teile der Reform werden als Einengung der Ausdruckskraft der deutschen Sprache empfunden“, sagte die Ministerin.
Auch der Chef der CSU-Landtagsfraktion, Joachim Herrmann, schaltete sich in die Diskussion ein: Die neuen Regeln hätten zwar „sicher einige Schwächen“,sagte er, andere Reform-Ergebnisse seien aber „durchaus einleuchtend“. Eine völlige Rücknahme der Rechtschreibreform hält Herrmann deshalb für unangebracht. Notwendig sei vielmehr eine „möglichst ergebnisoffene Diskussion“, die einen Kompromiss zum Ziel habe.
Große Buchverlage dagegen haben sich für die völlige Rücknahme der Rechtschreibreform ausgesprochen. Wolfgang Balk, der Verleger des Münchner Deutschen Taschenbuch Verlags (dtv), fordert eine Rückkehr zur alten Schreibweise: „Eine zukünftige Spaltung in eine Sprache der Literatur und eine der Schulen und der Bürokratie kann ernsthaft von niemandem befürwortet werden. Um permanentes Chaos zu verhindern, muss die Reform mit dem Eingeständnis eines schweren Fehlers zurückgenommen werden.“ Auch Michael Klett, Vorstandsvorsitzender des Klett-Verlags in Stuttgart, eines der größten Schulbuchproduzenten Deutschlands, wetterte gegen die Rechtschreibreform: „Dieses Chaos hält kein Deutscher aus. Mein Gewissen sagt und weiß, wie unnötig und unsinnig diese Reform ist. Wo immer es geht, publizieren wir in der alten Rechtschreibung. Das Kostenargument ist nicht triftig, wenn man die Reform tröpfchenweise zurücknimmt.“
Nach Untersuchungen hat die Rechtschreibreform bisher nicht zu besseren Deutschleistungen der Schüler beigetragen: Vor der Reform konnten Zweitklässler von fünf Worten mit ß eines richtig schreiben, nach der Umstellung auf ss nur mehr 0,35. Die Drittklässler beherrschten vorher schon über zwei Wörter, jetzt nur 1,65. Und in der vierten Klasse schrieben die Schüler vor der Refom 3,15 dieser fünf Wörter richtig, nachher gerade 1,62.
BAYERNKURIER, Jahrgang 55, Ausgabe Nr. 33, 14. August 2004
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Manfred Riebe
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: Dienstag, 19. Okt. 2004 16:27 Titel: Verbesserungspaket von Hans Zehetmair |
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Hans Zehetmairs Verbesserungspaket
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Konferenz der Ministerpräsidenten: Edmund Stoiber will die größten Ungereimtheiten der Rechtschreibreform ausmerzen
Engagiertes Plädoyer für die Vernunft
von Peter Baier
Dieser Tage haben sich die Ministerpräsidenten der Länder auf ihrer Konferenz in Berlin auch mit der neuen Rechtschreibung befasst. Bayerns Regierungschef Edmund Stoiber hat dabei ein Verbesserungspaket vorgelegt, das auf einem Memorandum seines früheren Kultusministers Hans Zehetmair basiert.
Wenn der O-pa mit der O-ma in die O-per geht, dann wird es ihnen schwer fallen, das wohl bekannte Werk schlecht zu machen. Kein Witz, sondern nach den gültigen Regeln der neuen deutschen Rechtschreibung verfasst. Bis zur Mitte nächsten Jahres soll die neue Schreibweise verbindlich werden, doch bis dahin wollen Ministerpräsident Edmund Stoiber und andere Mitstreiter die größten Ungereimtheiten der Reform ausgemerzt haben. Eine völlige Rückkehr zur alten Schreibweise hält der CSU-Vorsitzende zwar für politisch nicht durchsetzbar, aber ein vernünftiger Kompromiss würde für Klarheit sorgen und die Unsicherheit beseitigen.
Der ehemalige bayerische Kultus- und Kunstminister Zehetmair, jetzt Vorsitzender der Hanns-Seidel-Stiftung, bescheinigt Sprache und Rechtschreibung eine „gesamtgesellschaftliche Bedeutung und kulturelle Leitfunktion“. Deshalb dürfe es keine getrennten beziehungsweise unterschiedlich verbindlichen Schreibweisen geben. Ein völliges Zurückschrauben der Reform sieht Zehetmair ebenso wie Stoiber als unrealistisch an. Die Reform enthalte durchaus sinnvolle Korrekturen. Doch bedürfe es dringend der Beseitigung einer „Reihe von Ungereimtheiten, und dies in schnellstmöglicher Zeitspanne, um die Unsicherheit der Bevölkerung zu beenden“.
Korrigiert werden muss nach Ansicht von Zehetmair vor allem das oft sinnwidrige Auseinanderschreiben von Worten, das die Reform vorsieht: „fertig bringen“ bedeutet etwas anderes als „fertigbringen“, „gleich wertig“ ist nicht gleich „gleichwertig“ und „gleich gültig“ hat einen anderen Sinn als „gleichgültig“. Der damit verbundene Verlust an Sprachgenauigkeit wirke sich auf das Denken und Verstehen aus. „Ohne eine gewisse Präzision in der schriftlichen Darlegung wird eine zunehmende Beliebigkeit mental und rational Platz greifen“, schreibt Zehetmair.
In einer Welt, die immer mehr zusammen wächst, in der Einflüsse fremder Sprachen zunehmen („Denglisch“), hält es Stoiber für eine gewisse Provinzialität, Fremdwörter beliebig einzudeutschen. Ein „Restaurant“ ist jedem Genießer geläufig, das Wort muss nicht „Restorant“ geschrieben werden. Ebenso erkennt jedes Kind sein geliebtes „Ketchup“, also ist „Ketschup“ überflüssig. Und der Italiener um die Ecke wird seine langen, dünnen Nudeln nach wie vor „Spaghetti“ schreiben, denn bedient er sich der Rechtschreibreform und schreibt „Spagetti“, müsste er sie nach den Regeln seiner Sprache wie „Spadschetti“ aussprechen.
Auch die Wahlmöglichkeiten und das Weglassen vieler Satzzeichen tragen vermehrt zur Unsicherheit bei. Gerade längere Sätze mit erweitertem Infinitiv („um zu“) werden sofort klar, wenn man sie mit Komma abtrennt – was die Reform nicht vorschreibt. Eine „Unterjochung des Sprachsinns“ nennt Zehetmair auch die neue Trennung: Da wundert sich nicht nur die O-ma in der O-per, es ist auch der ein E-sel, der den A-bend durcha-ckert.
Viele Ministerpräsidenten und andere Spitzenpolitiker denken wie der frühere Bundespräsident Roman Herzog, der die Reform für „überflüssig wie einen Kropf“ hält. Deshalb will Edmund Stoiber eine Korrektur, die die Glaubwürdigkeit des Staates nicht gefährdet. Außerdem möchte er die Zuständigkeit der Länder für das Kulturgut Sprache bewahren.
BAYERNKURIER, Jahrgang 55, Ausgabe Nr. 41, 9. Oktober 2004, S. 24
Dr. Peter Baier - baier@bayernkurier.de
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