Günter Schmickler
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: Sonntag, 12. Sep. 2004 16:17 Titel: Sprechen Sie Tsafiki? (Presseartikel) |
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Kölner “Express”, Ausgabe vom 8. September 2004
Sprechen Sie Tsafiki?
Wissenschaftler wollen bedrohte Sprachen kleiner Völker vor dem Aussterben bewahren
Frankfurt – Mit Tonband, Videokamera und Notizblock rücken Sprachwissenschaftler aus zu den entlegensten Eingeborenendörfern der Welt. Ihr Auftrag: Vom Aussterben bedrohte Sprachen für die Nachwelt zu retten.
Die Sprache Tsafiki zum Beispiel wird nur noch in sieben Gemeinden im Tiefland von Ecuador gesprochen. In Hai//om verständigen sich die Jäger und Sammler einer Region in Namibia, ebenso wie in !Xo. Nur noch 30 Menschen beherrschen Tofa, die Sprache des gleichnamigen früheren Nomadenvolkes in Zentralsibirien, das in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts unter Stalin zur Sesshaftigkeit gezwungen worden war. Vor allem die weltweite Kommunikation und die große Bewegungsfreiheit bedrohen zwei Drittel der 6500 weltweit gesprochenen Sprachen. Sie werden in den kommenden zwei Generationen verschwinden. Den Hauptgrund beschreibt Vera Szöllösi-Brenig, Sprachforscherin der Volkswagenstiftung: „Wenn in einem Indianerdorf im brasilianischen Dschungel der erste Fernseher aufgestellt wird.“
Dann locken die Luxusgüter der westlichen Welt – und mit den Werbeslogans pauken die Jüngeren die neuen Vokabeln. Dabei verdrängt nicht etwa das amerikanische Englisch die meisten Sprachen, sondern Spanisch. Unter US-Einwanderern sei das Englische sogar auf dem Rückzug, das Spanische auf dem Vormarsch, so die Volkswagenstiftung.
Mit fast 10 Millionen Euro fördert die Stiftung seit vier Jahren vom Aussterben bedrohte Sprachen. Das Ziel: Möglichst viele Sprachen so komplett aufzuzeichnen, dass die späteren Generationen sie noch anwenden können.
Der Frankfurter Professor Jost Gippert beispielsweise erforscht in Georgien drei „hochgradig gefährdete kaukasische Sprachen“: Svanisch, Tsova-Tuschisch und Udisch. Trotz aller Bemühungen ist das Sterben vieler Sprachen nicht aufzuhalten. „Es stirbt letztlich ein Stück Vielfalt unserer Welt“, sagt Vera Szöllösi-Brenig. |
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