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Getrennt- und Zusammenschreibung

 
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Manfred Riebe



Registriert seit: 23.10.2002
Beiträge: 2840
Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg

Beitrag: Sonntag, 05. Sep. 2004 22:58    Titel: Getrennt- und Zusammenschreibung Antworten mit Zitat

Rechtschreib-Lotterie

Die neuen Regeln zur Getrennt- und Zusammenschreibung sind äußerst kompliziert, so kompliziert, daß sie weder für die Zeitungen noch für die Schule taugen: Es gibt jetzt eine Unmenge von Varianten (zusammen oder getrennt), eine Unmenge von Getrenntschreibungen, immer noch eine Unmenge von Zusammenschreibungen.
Gleichzeitig sind die vielen neuen Getrenntschreibungen wiedergabeungenauer, weil sie die Anfangsbetonung nicht mehr signalisieren.

Ich könnte Dutzende von Tests erstellen, die zeigen, wie einfach die Getrennt- und Zusammenschreibung früher war (in aller Regel Zusammenschreibung), wie außerordentlich schwierig sie jetzt ist!

Hier ein Beispieltest mit 25 Aufgaben:

Bitte überlegen Sie sich, welche der drei Möglichkeiten zutrifft (getrennt? zusammen? beides erlaubt?).
Wichtig: Früher wurde in allen 25 Fällen zusammengeschrieben.
Wichtig: Der aus zwei Bestandteilen zusammengesetzte Begriff wird immer auf dem ersten Bestandteil betont!

Wichtig: Grundlage für die Schreibung ist der neueste Duden vom August 2004.

1. empor klettern

2. herüber gehen

3. aufwärts fahrend

4. quer lesen (= beim Lesen die Seiten schnell überfliegen)

5. quer gestreift

6. quer gehen (= mißlingen)

7. hinein schütten

8. hindurch gehen

9. voraus gehen

10. hier behalten

11. leer fegen

12. leer stehend

13. rot sehen (= wütend werden)

14. übel nehmen

15. übel riechend

16. übel wollen

17. übel wollend

18. hoch achten

19. hoch bekommen

20. (sich) hoch arbeiten

21. höher gestellt

22. tief kühlen

23. tief gefühlt (Adj. .... Schmerz)

24. tief schwarz

25. schwarz gerändert

Bitte, testen Sie sich selbst! Schlagen Sie die Lösungen im neuesten Duden nach.
Sie werden dann feststellen, daß die neue Zusammen- und Getrenntschreibung eine Art Rechtschreib-Toto ist!

Ich möchte nicht im Forum korrigieren. Erstens fehlt mir die Zeit, und zweitens soll sich niemand blamieren. Ich gebe zu, daß ich selber von diesem Test restlos überfordert wäre.
Nicht nur die Schüler, auch die Lehrer, die behaupten, sie hätten keinerlei Probleme mit den neuen Regeln, sind wohl von diesem Test überfordert! Wohlgemerkt: früher ausschließlich Zusammenschreibung!

SZ-Rechtschreib-Forum im Bereich „Kultur“
„Rechtschreibung – die deutscheste aller Dampfschif(f)fahrten“
illauer: Re: Schüler als Leidtragende? #25437 - 01.09.2004 12:58

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Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Montag, 06. Sep. 2004 20:54, insgesamt 1mal bearbeitet
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Elke Philburn



Registriert seit: 03.12.2002
Beiträge: 246
Wohnort: Manchester UK

Beitrag: Montag, 06. Sep. 2004 20:17    Titel: Mein Beitrag aus dem ehemaligen SZ Rechtschreibforum: Antworten mit Zitat

Man hätte die Zusammen- und Getrenntschreibung nicht
antasten sollen. Es war ein selbstregulierendes System, das
zwar einige Schwankungen aufwies, dabei aber nie Verwirrung
brachte. Das verhält sich ähnlich wie bei der Getrennt- und
Bindestrichschreibung im Englischen. Auch dort gibt es
gewisse Schwankungen, die aber nie problematisch werden,
weil sie sich auf bestimmte Bereiche beschränken. Solange
die Sprachgemeinschaft ein System verinnerlicht, ob mit
oder ohne Varianten, funktioniert eine Rechtschreibung.
Fängt man an, am System herumzubessern und es zu
manipulieren, geht die bestehende Stabilität kaputt,
Unsicherheiten setzen ein, und dann haben wir das bekannte
Rechtschreibchaos.
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Manfred Riebe



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Beiträge: 2840
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Beitrag: Montag, 06. Sep. 2004 23:15    Titel: Neuer Duden unbrauchbar Antworten mit Zitat

Neuer Duden in Getrennt- und Zusammenschreibung unbrauchbar

Sehr geehrter Herr Stephen!

Ich verweise sie auf den glänzenden Beitrag von Frau Philburn.

Mein Ziel ist nur dieses: Ich möchte zeigen, daß der neue Duden in Sachen Getrennt- und Zusammenschreibung für die Schüler und für alle Schreibenden unbrauchbar ist.

Zu den Betonungen:

Sie sind natürlich nicht das einzige Kriterium. Aber auch die Betonung spielt eine Rolle. Für Schüler höchst einfach und wichtig!

Vgl. Duden, 19. Auflage, R 209.

Bei all den im Test genannten Begriffen ist im neuesten Duden (wie immer schon) die Betonung angegeben (immer auf dem ersten Bestandteil), und zwar durch einen Punkt bzw. einen Strich unter dem betonten Vokal.

Absurd: eine Betonungsinformation, die mir der Dudeneintrag gibt, darf ich, im Falle der Getrenntschreibung, dem Leser nicht mehr geben.
Ein Anfänger in der Sprache muß also, wenn er liest, im Duden nachsehen, wie er betonen muß!!
Außerdem kommt es zu Mehrdeutigkeiten.

Nach der neuen Schreibung gibt es nur noch wohl bekannt.
Der Leser weiß nicht, ob er auf dem wohl oder dem bekannt betonen soll. Aber das wäre für den Sinn sehr wichtig!

wohlbekannt = sehr gut bekannt

wohl bekannt = wahrscheinlich (doch wohl) bekánnt!

SZ-Rechtschreib-Forum im Bereich „Kultur“
„Rechtschreibung – die deutscheste aller Dampfschif(f)fahrten“
illauer: Re: Schüler als Leidtragende? #25476 - 02.09.2004 10:34

www.sueddeutsche.de/app/service/forum/
__________________________________________

Anmerkungen:

Kollege Illauer zitiert die Duden-Betonungsregel aus dem Duden, 19. Auflage, 1986, R 209. Betonungsregeln gab es auch in der 20. Auflage von 1991, dem Wiedervereinigungs-Duden, dem ersten gemeinsamen Duden: R 206, R 209. Selbstverständlich gibt es sie auch im Duden von 1996, 2000 und 2004. Man sieht es schon im Wörterverzeichnis an den untersetzten Punkten (kurze Betonung) und Strichen (lange Betonung).
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Manfred Riebe



Registriert seit: 23.10.2002
Beiträge: 2840
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Beitrag: Montag, 06. Sep. 2004 23:31    Titel: Für non-native-speaker nicht einfach Antworten mit Zitat

Für non-native-speaker nicht einfach

Dear Mr_Stephen,

In Antwort auf:
________________________

Aber ich finde es etwas unfair, wenn Sie den Eindruck erwecken (nein, kein Vorsatz), dass es eine von Ihnen bezeichnete Regel der Betonung gäbe (laut Duden finde ich jedoch keine solche lautende Regel).
________________________

Sie kommen immer wieder auf dieses Beispiel (oder besser: auf dieses Sprachphänomen) zurück, das Sie allem Anschein nach nicht verstehen. Ich sehe ein, daß es für einen non-native-speaker auch mit ansonsten vorzüglichen Deutschkenntnissen nicht ganz einfach nachzuvollziehen ist (Sie betonen ja selbst immer wieder, daß Deutsch nicht Ihre Muttersprache ist – es ist mir also wohl erlaubt, darauf hinzuweisen, ohne mir wieder den Vorwurf der Hoffart und der Besserwisserei einzuhandeln.) Sie, Mr. Stephen, geraten wegen dieses Nichtverstehens einer bestimmten, grundlegenden Eigenheit des Deutschen aber immer wieder in falsche Gedankengänge, wie z.B. hier:

In Antwort auf:
___________________________

Über Ihre Regel zu der Betonung bin ich leider nicht im Bilde, mir drängt sich jedoch der Verdacht auf, dass -ähnlich wie man früher auch behauptete, dass es ein scharf ausgesprochenes S gäbe- es sich um eine alte Regel handele. Wenn das so sei, ist es nicht richtig, die Reform-Regeln „vorzuführen“ in dem man sie mit alter Methodik und Didaktik vermischt. Dies führt zwangsläufig zu falschen Ergebnissen und verfälscht auch eine „Wertung“ der Reformregeln. […] Ich besitze die 22-ste Ausgabe des Dudens (Im Januar gekauft) und ich kann mir nicht vorstellen ,dass 7 Monate später eine solche „Betonungs-Regel“ existieren sollte.
___________________________

Ich möchte versuchen, wenn Sie erlauben, Ihnen das, worüber Sie „nicht im Bilde sind“, zu erklären:

Da nutzt kein Blätter im Duden, Mr. Stephen, um eine solche Sprachvorschrift zu finden - so wird Deutsch nun eben gesprochen; da gibt es keine formale, präskriptiv definierte „Regel“, die diese Art der Betonung verlangt („wenn.. dann... ist folgendermaßen zu sprechen:…“ o.ä.). Diese von Ihnen gesuchte „Regel“ ist eine ganz ungeregelte, natürliche Eigentümlichkeit der lebendigen Sprache. Das ist einfach so.

Die sprachlich-phonetische Möglichkeit der Betonungsdifferenzierung zum Zweck semantischer Sinndifferenzierung gehört zu den schönsten, sensibelsten, flexibelsten und geschmeidigsten Mitteln des gesprochenen Deutsch. Sie erlaubt, aus vorhandenen Wörtern kreativ neue Sinneinheiten zu generieren, die über den konkreten Sinn der jeweils verwendeten Einzelwörter hinausgehen. Solcherlei Kombinationen werden u.U. intuitiv anders betont als eine einfache Reihung der Einzelwörter betont werden würde. Aus irgendwelchen, sprachhistorisch wahrscheinlich erforschbaren, Gründen hat sich diese Art des Betonens entwickelt: Sie ist für jeden German native-speaker a basic pattern, created by the natural internal language-generator – whether he/she is alphabetic or not, he/she will make unconscious use of those options that are deeply rooted and embedded in the „kernel“ of the German language (to use a computer-term).

Dies ist somit etwas völlig anderes als eine äußerlich aufgestellte „Regel“, die ein bestimmtes Schreibverhalten vorschreibt. Somit ist also an dieser Spracheigenart auch nichts durch „Regelung“ veränderbar. Und diese - aller Schreibung vorausgehende (!) - Eigenart des gesprochenen Deutsch konnte bislang (in einer sehr kreativen Schwankungsbreite) mit den Mitteln der Getrennt- und Zusammenschreibung in der Verschriftung recht gut abgebildet werden.

Im alten Duden finde ich dazu ein „Merke:“
„In der Regel weist Starkton des ersten Gliedes auf Zusammenschreibung, verteilter Ton auf Trennung.“
Also: Die „gesprochene Sprache“ selbst „weist“ auf eine bestimmte, sinnvolle Verschriftung hin, sagte der Duden.

Beispiel: „Ich werde euch freihalten“ – wenn damit gemeint ist: „Ich werde die Rechnung für alle bezahlen“, so wird vom German native-speaker hier intuitiv „frei“ betont. A b e r: „Er mußte das schwere Gewicht frei halten“ - wenn gemeint ist: „Er mußte das schwere Gewicht ohne jede Stütze frei halten“, so wird intuitiv eine Trennung gesprochen und „frei“ UND „hal“ werden betont – auch vom Analphabeten! Ohne jeden Rekurs auf eine irgendwie geartete Schreibweise!

Ausgangspunkt für die Verschriftung war also die gesprochene Sprache mit ihren schwankenden Tonsetzungen, die für unterschiedliche Sinnsetzungen stehen. Aus einer natürlichen Eigenart der gesprochenen Sprache ergab sich in der Entwicklung eine bestimmte Art des Schreibens: Die Zusammenschreibung als Ausdruck dafür, daß eine Neubildung eine neue Sinneinheit geschaffen hatte. Die alte Duden-Regel versuchte also, daraus wirklichkeitsnah eine angemessene Verschriftung abzuleiten, die dieser phonetisch bedeutungsdifferenzierenden Variationsbreite Rechnung trug und sie darstellbar machte. Erst die Sprache, dann aus hier hervorgehend ihre möglichst präzise Repräsentation in der Schreibe.

Wenn also vom German native-speaker der „Starkton“ eines aus mehreren Einzelwörtern bestehenden Sinngefüges in der gesprochenen Sprache auf das erste Glied des Gefüges gelegt wird, so schreibe man die Wörter besser zusammen, schlug der Duden seinerzeit vor – es handelt sich nämlich dann wohl um einen neuen, selbständigen Begriff, der über die Bedeutung der gereihten Einzelwörter hinausgeht. Und dies tut man, wie der alte Duden schrieb „in der Regel“. Und das war eine sehr gute, nämlich liberale „Regelung“ – sie ließ nämlich offen! „In der Regel“ signalisiert nichts anderes als eine Tendenz, die sich als praktisch erwiesen hat zur sprachlich sinnvollen Sinndarstellung. Es ist dies im Grunde eine Art „Strukturanweisung“ und keine banale Rechtschreib-Anweisung. Es trägt der Tatsache sehr weise Rechnung, daß es eine tatsächlich unendliche Menge von ad hoc neu bildbaren Ausdrücken gibt, diese von jedem native-speaker gemäß des Grundmusters im language-generator entsprechend betont und von allen anderen native-speakers verstanden und bei Übernahme ebenso betont wird – ein Wunder der Sprache überhaupt, und hier eine wunderbare Eigenart der deutschen Sprache im Besonderen.
Etwas fließend „morphend“ Flexibles nun in starre, absolute Regelkorsellagen für jeden Einzelfall zu binden, ist eine Art Widerspruch in sich – es ist, als wollten Sie Wasser in ein Sieb gießen. Diese Regelung verlangt im Grunde nur eins: daß man sich über den konkreten sprachlichen Sinn dessen klarwerden muß, was man ausdrücken möchte, um dann sinnvoll mit dem Mittel Getrennt/Zusammenschreibung als Markierung reagieren zu können. Es ist keine mechanistisch zu befolgende Vorschrift. Die „Starkton“-Probe hatte sich bisher als sehr einfaches und praktikables Mittel für die überwältigende Mehrzahl aller (unendlich) möglichen Fälle erwiesen.

Und genau an diesem Punkt setzt die Kritik an der Reform ja ein. Die Reformer haben ein Regelwerk gebastelt, das an Stelle der bedeutungsorientierten alten Strukturanweisung völlig willkürlich erdachte, rein formale Kriterien zur Getrennt/Zusammenschreibung setzt. Es ist nämlich nicht zufällig oder beliebig oder formal zu definieren (wie die Reformer das tun), wann in der gesprochenen lebenden Sprache Begriffe als Einheit verstanden werden. Der „Dienst habende“ wird in der gesprochenen Sprache immer als EIN Begriff ein „diensthabender“ bleiben (Starkton auf dem ersten Glied), während beim Lesen der „Dienst habende“ immer der „Dienst hAbende“ sein wird. Die „wegweisende Rede“ könnten Sie und die Reformer auch „Weg weisende Rede“ schreiben - an der Betonung in der gesprochenen Sprache würde sich nichts ändern, sie stammt aus dem inneren Sprach-“kernel“. Lese
ich aber „der erschöpfte Dienst habende Arzt“, so erzwingt diese formalistische Zerlegung im Schriftbild eine andere Betonung beim inneren lautlosen „Mitsprechen“, als ich sie phonetisch intuitiv für den gemeinten Sinn setzen würde – und damit widerspricht die neue Regel nicht einfach nur einer irgendwie anders gearteten, ebenso beliebigen „alten“ Schreibregel, sondern sie widerspricht dem „kernel“ meines intuitiven deutschen language-generators, der mir und allen anderen native-speakers sagt, wie „diensthabend“ ausgesprochen und betont wird. Und schon stolpert man rhythmisch-musikalisch-sinnlich beim Lesen.
Die neue Schreibung setzt auf „Rechtschreib“-Formalismen, die nicht auf die Bedeutung bezogen sind – und gerät aus genau diesem Grund ins Chaos: Die künstlich neu ausgedachten, „einfachen“ mechanistischen Regeln können die flexible Vielfalt der natürlichen Sprachphänomene und Bedeutungsdifferenzen nicht erfassen, verwickeln sich in ihrer manischen Versessenheit auf formale Logik in logische Widersprüche und erzwingen daher mehr und mehr absurde Ausnahmen – das Gegenteil dessen, was die Reform bewirken sollte.

Was sie aber zu bewirken scheint, ist inzwischen zunehmende Unsicherheit beim deutschen Muttersprachler vor der „Energie sparenden Glühbirne“, ob er sich auf seinen intuitiven Sprach-“kernel“ noch verlassen kann.

Mit freundlichen Grüßen

KeinGuru

SZ-Rechtschreib-Forum im Bereich „Kultur“
„Rechtschreibung – die deutscheste aller Dampfschif(f)fahrten“
KeinGuru: Re: Schüler als Leidtragende? #25482 - 02.09.2004 13:15

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Manfred Riebe



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Beitrag: Montag, 06. Sep. 2004 23:36    Titel: Pflichtlektüre für Kultusminister Antworten mit Zitat

Pflichtlektüre für Kultusminister und Ministerpräsidenten

Sehr geehrter Herr (oder Frau?) KeinGuru!

Das ist das Beste, was ich jemals zu diesem Thema gelesen habe! Großartig! Einfach glänzend!
Dieser Aufsatz müßte jedem Kultusminister, jedem Ministerpräsidenten zur Lektüre empfohlen werden.
Er müßte in der SZ oder in der FAZ oder in der NZZ an herausragender Stelle abgedruckt werden!

Mit herzlichem Dank!

Wolfgang Illauer

SZ-Rechtschreib-Forum im Bereich „Kultur“
„Rechtschreibung – die deutscheste aller Dampfschif(f)fahrten“
illauer: Re: Schüler als Leidtragende? #25488 - 02.09.2004 16:12

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Manfred Riebe



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Beitrag: Montag, 06. Sep. 2004 23:41    Titel: Falsche, sinnwidrige Betonung Antworten mit Zitat

Falsche, sinnwidrige Betonung

Eben sah ich Jörg Pilawa im Ersten. Er las eine Quizfrage vor: Jürgen Drews ist der selbst ernannte ..... König von ...
selbst ernannt war getrennt geschrieben, und Pilawa las prompt mit der falschen, sinnwidrigen Betonung vor: der selbst ernánnte ... Die richtige, vom Sinn geforderte Betonung erkennt man nur in der Zusammenschreibung: der sélbsternannte König von Mallorca.

Ist es schülerfreundlich, fördert es das Erlernen der Sprache, wenn man Begriffe wie selbsternannt verschwinden läßt? Wenn Fernsehmoderatoren den Schülern dieses Wort, verführt durch falsche Getrenntschreibung, nicht mehr richtig vorsprechen?

Ich habe diese Folge der Rechtschreibreform (falsche Aussprache durch Radio- und Fernsehsprecher) in letzter Zeit mehrmals beobachten können: z. B. falsche Aussprache von richtig stellen (= berichtigen), von so genannt (wenn die Betonung auf so liegen sollte)...

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„Rechtschreibung – die deutscheste aller Dampfschif(f)fahrten“
illauer: Re: Schüler als Leidtragende? #25494 - 02.09.2004 20:06

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Manfred Riebe



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Beitrag: Montag, 06. Sep. 2004 23:47    Titel: Test für Lehrer, Schüler und Erwachsene Antworten mit Zitat

Test für Lehrer, Schüler und Erwachsene

Hier nochmal ein Beispieltest (Dutzende solcher Tests wären möglich):

Ein Test für Lehrer, Schüler und Erwachsene, welche die neue Schreibung problemlos beherrschen und inzwischen erfolgreich nach den neuen Regeln schreiben! Zugrunde liegt der neueste Duden (23. Auflage, 2004):

Getrennt oder zusammen?

Im Folgenden werden Dir, liebe Testperson, zwei Wortbestandteile gegeben. Die Reihenfolge der beiden Bestandteile bleibt. Aber bald schreibt man getrennt, bald zusammen. Varianten gibt es keine!
Schreib die 40 Lösungen hin, entweder getrennt oder zusammen, ohne im Duden nachzusehen! Bisher schrieb man in allen 40 Fällen zusammen!
Beachte: Der erste Bestandteil ist immer betont! (Die Betonung ist übrigens im Duden angezeigt durch einen Punkt bzw. Strich unter dem zu betonenden Vokal)

1. lahm legen

2. zurück eilen

3. vorwärts gehen

4. quer legen

5. wohl tuend

6. wohl tun

7. halb laut

8. halb leer

9. halb nackt

10. halb lang

11. hoch berühmt

12. hoch erfreut

13. voll trunken

14. voll pfropfen

15. voll beschäftigt

16. hoch fliegend

17. fertig machen

18. fett füttern

19. fest beißen

20. wohl gesetzt

21. fern halten

22. wohl verstanden

23. fort schreiten

24. schwer abhängig

25. zurück weichen

26. schwer halten (= Schwierigkeiten machen)

27. kennen lernen

28. wohl anständig

29. zusammen arbeiten

30. hinab steigen

31. voll tanken

32. Hand voll (= Mengenangabe! Im Englischen: handful)

33. voll klimatisiert

34. darum legen

35. da sein

36. entgegen blicken

37. vorwärts kommen

38 schwer verständlich

39. voll tönend

40. schwer verträglich


Viel Glück und Erfolg beim Test Deiner Rechtschreibkenntnisse!


Bewertung:

0 Fehler: eine Spitzenleistung

1-2 Fehler: ein ausgezeichnetes Ergebnis

3-5 Fehler: recht gut

6-8 Fehler: noch brauchbar

9-11 Fehler: Du solltest Deine Regeln viel besser lernen.

ab 12 Fehler (von nur 40 Aufgaben!): Du scheinst von der neuen Schreibung völlig überfordert. Wenn Du geglaubt hast, Du beherrschtest die neuen Regeln, dann hast Du Dich einer Illusion hingegeben. Kehr lieber zur traditionellen Schreibung zurück! Sie ist nicht nur einfacher (man schreibt dies alles zusammen!), sie ist auch wiedergabegenauer! Man weiß, wie betont werden soll!

Ich selber wäre überfordert. Falls die Lösungen gewünscht werden (das Nachschlagen ist sehr mühsam, kann ich sie liefern.)

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illauer: Re: Schüler als Leidtragende? #25509 - 03.09.2004 11:13

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Beitrag: Montag, 06. Sep. 2004 23:51    Titel: Testlisten, um Deutschlehrerin zu erschrecken Antworten mit Zitat

Testlisten, um Deutschlehrerin zu erschrecken

Lieber Herr Illauer,

Danke für die Blumen, da freu ich mich - aber es war offenbar doch nicht gut genug. Mr. Stephen hat es leider nicht verstanden.

Ich wollte umgekehrt Ihnen für Ihre Testlisten danken - ich kopiere sie mir regelmäßig heraus, um eine befreundete Deutschlehrerin zu erschrecken.

Übrigens habe ich neulich nachts zufällig ein Interview mit dem Leiter des Duden-Verlags (halb) gesehen. Der Herr erklärte sinngemäß, daß der neue Duden nun eine große Bandbreite biete, aber für die Schule natürlich die amtliche Regelung von 1996 verbindlich sei, und daß die Lehrer nun eben eigenverantwortlich entscheiden müßten, was sie vermitteln wollen...

Da wünsche ich Ihnen doch viel Spaß im neuen Schuljahr - nicht nur die armen Schüler, auch die Lehrer müssen es ausbaden.

Viele Grüße

KeinGuru (übrigens männlich)

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KeinGuru: Re: Schüler als Leidtragende? #25549 - 05.09.2004 12:53

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Manfred Riebe



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Beitrag: Dienstag, 07. Sep. 2004 12:15    Titel: Nachhilfe für einen US-Amerikaner Antworten mit Zitat

Betonung ist allgemeingültiger deutscher Standard
KeinGuru: „sprachlich nicht ganz auf der Milchsuppen dahergeschwommen“
KeinGurus Nachhilfe für einen angeblichen US-Amerikaner mit deutscher Staatsbürgerschaft


Dear Mr. Stephen,

Sie müssen ja schreckliche Deutschlehrer gehabt haben, wenn man aus Ihren Bemerkungen über die alte Schreibung auf Ihren Unterricht schließen darf: „Wortbilder auswendig lernen“, „merke es Dir halt, das ist einfach so“, „Auswendiglernen, das ist einfach so“, etc. Ist Ihre Leidenschaft für formalistische Regelungen vielleicht auf solche schlimmen Erfahrungen zurückzuführen? (Nun, Sie scheinen sich ja trotzdem eine große Liebe zu dieser Ihrer Zweitsprache bewahrt zu haben.)

Aber, lieber Mr. Stephen, wenn Sie persönlich nun eine bestimmte Eigenart der deutschen Sprache nicht kennen, bedeutet das nicht, daß deswegen jene Eigenart nicht existiert; und Sie müssen mir schon glauben, daß ich weiß, wovon ich rede und zwischen regionaler oder dialektaler Varianz und Grundmustern der deutschen Standardsprache zu unterscheiden weiß. Es ist genau umgekehrt, wie Sie sich einreden wollen: Jene Betonungsmöglichkeiten, von denen die Rede war, mögen hie und da im Einzelfall durch Dialektmelodien überlagert werden, sind aber allgemeingültiger deutscher Standard.

Da Sie diese Tonsetzungen nun als unwichtig erachten, muß Ihnen der Kerngedanke meiner Argumentation einschließlich aller sich daraus ergebenden Folgerungen entgehen. Sie widerspricht grundsätzlich Ihren Behauptungen, daß Sprache und Verschriftung nichts miteinander zu tun hätten. Sie ist dezidiert gegen ein technokratisches Verständnis gerichtet, daß an der Sprache formalistisch herumdoktert, als wäre sie ein Märklin-Baukasten mit beliebig zu kombinierenden Versatzstücken, um „ein etwas anderes Deutsch, aber nur in Bezug der Schreibweise“ zu konstruieren. Oder um ein moderneres Beispiel zu wählen: Als wäre die Sprache eine Art rekombinierbare DNA-Sequenz, aus der man technokratisch beliebige neu Sprach-Frankenstein-Monster schnipseln könnte. Ihre Auffassung, daß die neue Schreibung nur eine andere Konvention setze und alles nur eine Frage der Gewöhnung sei, aber sonst alles beim alten ließe, halte ich für grundfalsch – das war das Thema meines Beitrags, dessen Argumentation Sie nun leider nicht verstehen oder ablehnen. Ich versuche es nochmals:

Da Sie ja immer auf „amtliche“ formale Bestätigung so großen Wert legen: Sie finden die Betonungszeichen selbstverständlich auch im NEUEN Duden, wie auch Herr Illauer wiederholt betont hat. Ich kann Sie auch auf Aussprachewörterbücher wie z.B. den Siebs verweisen, wo auf Sinnveränderung durch Tonsetzung eingegangen wird, oder auf das entsprechende (alte) Duden-Aussprache-Werk.

Nehmen wir das Bertelsmann-Wörterbuch von 1999 (meine neueren Duden sind gerade ausgeliehen), und da finden sich als alte Betonungen, aus dem Sprechusus abgeleitet (bei sachlicher, nicht emphatischer Betonung!):

wohlbehütet
wohlbekannt
wohldurchdacht
wohlgemeint etc., etc.

Es sind eigenständige Wörter mit klarer Betonung: Sie bemerken, daß der Ton jeweils auf der ersten Silbe markiert ist.
Interessant nun, was daraus in zwingend vorgeschriebener Reformschrift wird, die als Ersatz für die verbotene Zusammenschreibung anordnet.

wohl behütet
wohl bekannt
wohl durchdacht
wohl gemeint etc.

Also plötzlich zwei vorgeschriebene Betonungen. Es wird deutlich, wie dreist die Reform sogar in die phonetische Struktur der deutschen Sprache eingreifen will. Ihre Behauptung, daß „weder die Aussprache noch das Vokabular durch Schreibkonventionen betroffen ist“ und „Alle Betonungen bleiben wie gehabt“ ist durch einen genauen Blick in den Duden/Bertelsmann eindeutig widerlegt: Die Werke stellen den Unterschied sehr deutlich dar. Ihre Ironie „(wo war hier früher die Betonung? Anders als heute? Wohl kaum ;-) )“ erübrigt sich damit.

Als nochmaligen Versuch der Verständigung – das „wohl“-Beispiel mit Ihren Beispielen:

Sie schreiben: „Es wird Ihnen wohl tun ... es war von Ihnen wohl durchdacht (wo war hier früher die Betonung? Anders als heute? Wohl kaum ;-) ) .... es war Ihnen wohl bekannt ... ...die Tatsache ist allgemein wohl bekannt...“

Sie irren und haben es eben leider nicht verstanden (die KMK allerdings auch nicht, Sie sind in erlesener Gesellschaft):

“Es wird Ihnen wohl tun ...“
wird spontan beim ersten Lesen als
„Es wird Ihnen wohl tun ...“
gelesen – woraufhin man sich, weil unsinnig, korrigieren muß zu
„Es wird Ihnen wohltun ...“ – das war die alte, aus der Sprache abgeleitete Betonung für ein eigenständiges Wort: „es wird Ihnen angenehm sein“; nach neuer Regel ist aber zu betonen
“Es wird Ihnen wohl tun ...“

Anders als Sie sich einbilden, sind die Betonungen der Neuschreibung hier also vollkommen unterschiedlich.

„es war von Ihnen wohl durchdacht“ – Sie haben nicht verstanden, Mr. Stephen, daß zweierlei Sinn möglich ist und dementsprechend unterschiedlich betont wird:
„es war von Ihnen wohl durchdacht“ – Sie haben sich darüber vermutlich viele Gedanken gemacht, aber Sie haben die möglichen Folgen nicht ganz umrissen.

„es war von Ihnen wohldurchdacht“ – Sie haben die Dinge bis ins Kleinste vorher geplant, und das Ergebnis bestätigt Sie.

„es war Ihnen wohl bekannt“ - es war Ihnen ja vermutlich bekannt
„es war Ihnen wohlbekannt“ – es war Ihnen vollkommen bekannt

“ ... ...die Tatsache ist allgemein wohl bekannt..“ die Tatsache ist allgemein wahrscheinlich bekannt

“ ... ...die Tatsache ist allgemein wohlbekannt..“ die Tatsache ist allgemeiner Kenntnisstand

Ich möchte es Ihnen an dem berühmt gewordenen Satz von Joachim Kaiser zur Nobelpreisverleihung an Günter Grass letztmalig verdeutlichen. Kaiser schrieb in der SZ:

„Der Nobelpreis für Günter Grass war wohl verdient“.

Dies ist die Schreibung, die Joachim Kaiser vom Korrekturprogramm der SZ unveränderbar aufgezwungen wurde (ich hatte seinerzeit extra im Sekretariat auskunftheischend angerufen).

Aus diesem Satz ist für keinen Menschen auf der Welt zweifelsfrei zu entnehmen, was Kaiser gemeint hat. Er ist z.B. nicht in einem Klappentext zitierbar, weil völlig mißverständlich. Kaiser könnte gemeint haben: „ Der Preis war wahrscheinlich verdient“. Er könnte ebensogut gemeint haben: „Der Preis war vollkommen verdient“. Kommen Sie jetzt bitte nicht mit dem „Kontext“ – aus dem könne man doch bestimmt entnehmen, wie Kaiser zum Nobelpreis für Günter Grass stehe, und daraus schließen, wie es gemeint sei. Diese Argumentation wäre absurd, da sie dem obersten Schreibprinzip widerspricht, daß Schreibung größtmögliche Klarheit für den LESER herstellen soll – wenn man zum Verständnis einer Schreibung quasi Fußnoten braucht, ist es mit der Klarheit des Ausdrucks nicht weit her, insbesondere, wenn bislang eine differenziertere bereitstand. Kommen Sie deswegen auch bitte nicht mit dem Argument der fröhlichen Spielereien, die man mit solchen Unklarheiten doch anstellen könne. Man kann damit eben gerade nichts mehr anstellen. Als Kalauer: „Die Reformschreibung war wohl durchdacht, aber leider nicht wohldurchdacht“. (Muß ich Ihnen die Tonakzente hier fett markieren?)

Will man in gesprochener Sprache Variante 1 ausdrücken („wahrscheinlich verdient“), wird intuitv betont:
„… war wohl verdient.“
Will man in gesprochener Sprache Variante 2 ausdrücken („vollkommen verdient“), wird intuitiv betont:
„… war wohlverdient.“

Aus den Betonungen ergeben sich in der gesprochenen Sprache zwei vollkommen unterschiedliche semantische Aussagen. Die Starkton- (oder Hauptton-)Betonung in Variante 2 auf dem ersten Glied signalisiert eine zusammengehörige Begriffsstruktur. Nach altem Duden war dies durch Zusammenschreibung darzustellen, also als ein Wort. Damit erlaubte es die alte Schreibung, eine Sinndifferenz, die in der gesprochenen Sprache phonetisch hergestellt wird, in der Schrift ebenfalls zu markieren. Durch die neue Schreibung, die nach § 34 E3(3) hier die Zusammenschreibung verbietet, ist die deutsche Schriftsprache in diesem Fall um ein Wort ärmer geworden (insgesamt um noch ungezählt viele); sie ist hier ganz klar um eine Differenzierungsmöglichkeit beraubt worden, die in der gesprochenen Sprache vorhanden ist. Mit dieser Schreibweise ist nicht mehr eindeutig das ausdrückbar, was man sagen möchte.

Und so wurde Joachim Kaiser durch das Korrekturprogramm und durch die neue Schreibung gezwungen, etwas zu sagen, was er nicht meinte: So, wie es in neuer Schreibung dastand, erhielt Kaisers Urteil nämlich beim Lesen die Bedeutungsbetonung: „Der Nobelpreis für Günter Grass war wohl verdient“ und damit den Sinn „Der Nobelpreis für Günter Grass war wahrscheinlich verdient“. Erst durch den Kontext und durch Nachdenken war ableitbar, daß Kaiser vermutlich das Gegenteil gemeint hatte – und nicht mehr im spontanen Leseakt.
Ich erachte solcherlei neu entstandene Probleme als Beschädigung und Verarmung der deutschen Sprache. Ihrer Behauptung, daß erst durch die neue Schreibung Sinn- und Wortschöpfungen möglich würden, empfinde ich als geradezu abenteuerlich verfehlt.

Und, lieber Mr. Stephen, ich glaube auch nicht, daß die Erfinder der Reform von Ihrem Loblied auf ihr Reformwerk sehr begeistert wären: „Die neue Verschriftung befasst sich jedoch viel differenzierter mit der Sprache, erfordert detaillierte Kenntnisse über Wortstamm, Ableitungen oder was man unter verblasste Substantive versteht.“ – „Nun jedoch , muss man sich mit Wortstamm , Adverbien, Adjektiven, Partikel und allerlei Getier beschäftigen.“ – „Ich würde eher sagen, die Reform erfordert mehr Sprachkenntnis“, etc. – schreiben Sie.

Das sollte es ja wohl eigentlich gerade nicht sein - oder? Die einzige Rechtfertigung für die Reform lief doch darauf hinaus, daß das alte System zu kompliziert und zu schwer zu erlernen sei und deshalb vereinfacht werden müsse im Interesse der Anfänger, Wenigschreiber, Legastheniker und deutschlernenden Ausländer - oder? Und nun sagen Sie: „Wie schön, die Neuschreibung setzt viel mehr Wissen voraus und ist viel schwieriger und anspruchsvoller geworden…“ Sie konstatieren damit exakt das, was man der Reform vorwirft: Sie ist wesentlich komplizierter als die alte Schreibung und damit unsinnig. And to no avail…

Sie werden mir vielleicht konzedieren, daß ich sprachlich nicht ganz auf der Milchsuppen dahergeschwommen komme; und ich muß Ihnen klar sagen, daß ich persönlich außerstande bin, die neuen Regeln der Getrennt/Zusammenschreibung zu begreifen. Ich verstehe nicht, warum ich laut neuem Duden zwingend „wiederherstellen“, aber „wieder herrichten“ schreiben muß und bei „wiederaufbereiten“ die Wahl zwischen „wieder aufbereiten“ und „wiederaufbereiten“ haben soll; ich begreife leider nicht, warum „schmerzstillend“ anders geschrieben werden soll als „Blut stillend“ und dies anders als „bluttriefend“; warum „kostendeckend“ anders sein soll als „Kosten senkend“; „kräftezehrend“ anders „Kräfte raubend“. Wenn ich einen Brief schreibe, möchte ich eigentlich nur sinnvoll schreiben und kein formalistisches heiteres Rechtschreib- und Grammatik-Ratequiz machen.

Die Test-Listen von Wolfgang Illauer bestätigen mich immer wieder in meiner Meinung, daß es früher wesentlich einfacher und vor allem sprachlich unendlich sinnvoller war.

Die armen Kinder, kann ich da nur sagen.

Mit freundlichen Grüßen

KeinGuru

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„Rechtschreibung – die deutscheste aller Dampfschif(f)fahrten“
KeinGuru: Re: Schüler als Leidtragende? #25553 - 05.09.2004 17:22

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Anmerkung:

Meine Erfahrung als Deutschlehrer: Schreckliche Schüler hatten schon immer schreckliche Deutschlehrer! :-)) Anders ausgedrückt: Bei manchen Schülern ist alle Mühe vergeblich.
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Manfred Riebe



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Beitrag: Dienstag, 07. Sep. 2004 21:01    Titel: KeinGuru ist ein Guru! Antworten mit Zitat

KeinGuru ist ein Guru!
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Sehr geehrter Herr KeinGuru!

Sie nennen sich bescheiden KeinGuru! Aber Sie sind ein Guru!

Ob es Herr Stephens diesmal verstanden hat?

Wolfgang Illauer, Ihr dankbarer Schüler!

SZ-Rechtschreib-Forum im Bereich „Kultur“
„Rechtschreibung – die deutscheste aller Dampfschif(f)fahrten“
illauer: Re: Schüler als Leidtragende? #25575 - 06.09.2004 15:03

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Manfred Riebe



Registriert seit: 23.10.2002
Beiträge: 2840
Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg

Beitrag: Dienstag, 07. Sep. 2004 21:09    Titel: Sokrates gefielen keine lange Reden Antworten mit Zitat

Sokrates gefielen keine lange Reden
„Rechtschreibpapst“ Stephen soll kurz antworten

______________________________________________________________

Sehr geehrter Herr Stephens!

Mir geht es inzwischen wie dem Sokrates, der statt kurzer Antworten lange Reden zu hören bekam, was ihm gar nicht gefiel!

Eine Bitte, Herr Stephens!
Könnten Sie in äußerster Knappheit (ein Wort, ein Satz) die folgenden beiden Fragen beantworten?

1. Ist der neue Duden in Sachen Getrennt- und Zusammenschreibung (die Tests zeigen, daß es sich jetzt um eine Art Rechtschreiblotto handelt) als verpflichtender Leitfaden für die Schule geeignet?

2. Wenn S i e Rechtschreibpapst wären, wie würden S i e die Getrennt- und Zusammenschreibung regeln?

Ich gebe Ihnen kurze Beispielantworten, damit Sie sehen, wie außerordentlich knapp man das machen kann:
- Ich würde grundsätzlich alles getrennt schreiben lassen, von „ab gehen“ bis „zurück kommen“.

Oder: Jeder soll es so halten, wie er will! Keine Vorschrift!

Oder.....??

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Illauer

SZ-Rechtschreib-Forum im Bereich „Kultur“
„Rechtschreibung – die deutscheste aller Dampfschif(f)fahrten“
illauer: Re: Schüler als Leidtragende? #25576 - 06.09.2004 15:15

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Anmerkung:

Ich vermute, Müllproduzent Stephen Medley wird dafür bezahlt, das Forum zuzumüllen.
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