Manfred Riebe
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: Montag, 19. Jul. 2004 14:21 Titel: St. Galler Tagblatt |
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Erst verantwortungs- und dann ratlose Bildungsbürokraten
Rechtschreibreform: «Ratlosigkeit»
In Deutschland ist die Rechtschreibreform abgesegnet, bei uns im Prinzip auch - aber damit geben sich die Gegner der Reform nicht zufrieden. Die deutschen Kultusminister haben entschieden, die Reform - mit einigen zusätzlichen Freiheiten - nach der Übergangsfrist definitiv einzuführen auf August 2005 (vgl. Tagblatt vom 5. Juni).
Dieser Entscheid mache die Lage für die Schweiz jedoch nicht klar, erklärt der St. Galler Reformgegner Stefan Stirnemann vom «Arbeitskreis Orthographie» auf Anfrage. «Der springende Punkt ist, dass im nächsten Jahr nicht die Regeln von 1996 verbindlich werden sollen, sondern veränderte. Laut Schätzungen müssen deshalb mindestens dreitausend Wörterbucheinträge geändert werden. Und auch nach diesen Veränderungen werden die Grundfehler der Regelung nicht behoben sein.»
Den vierten Kommissionsbericht, der die Veränderungen auflistet, hätten die deutschen Minister zunächst nicht angenommen und Verbesserungen gefordert. «Da die Verhandlungen ohne Ergebnis blieben, billigten die Kultusminister den Bericht, offenbar aus Ratlosigkeit, doch noch. Gleichzeitig beschlossen sie, die Reformkommission durch einen «Rat für deutsche Rechtschreibung» zu ersetzen. Warum entlässt man einerseits die Kommission und folgt andererseits doch deren Vorschlägen?» Das Regelwerk hänge zudem auch juristisch in der Luft.
Aus diesen Gründen hält Stirnemann an der Forderung an die Erziehungsdirektoren fest, die Reform «unvoreingenommen und vollständig zu überprüfen», wie dies Gymnasiallehrer letzte Woche gefordert hatten. Von einem solchen Moratorium will die EDK allerdings nichts wissen. Kommentar in der Basler Zeitung: «Das letzte Wort scheint also noch nicht geschrieben. Derweil wächst die Schreibunsicherheit Besorgnis erregend, pardon: besorgniserregend.» (Su.)“
St. Galler Tagblatt, 10. Juni 2004 |
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