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Der Rechtschreibreformer Peter Gallmann

 
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Manfred Riebe



Registriert seit: 23.10.2002
Beiträge: 2840
Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg

Beitrag: Sonntag, 04. Jul. 2004 12:03    Titel: Der Rechtschreibreformer Peter Gallmann Antworten mit Zitat

Nachsicht mit Peter Gallmann!

Als Herr Gallmann kürzlich in der Schweiz einen Vortrag hielt, berichtete ein Schaffhauser Blättlein, seine Ausführungen seien „temporeich“ gewesen. Das ist wahrscheinlich liebenswürdig und wohlwollend ausgelegt; in Wahrheit hat Herr Gallmann vermutlich mit hoher Stimme und ganz rasch gesprochen – deutliche Zeichen des Schocks. Und sollte er etwa nicht erschüttert sein?

Seine Kommission wird abgeschafft werden, und hatten sich doch alle so gefreut: auf die Einrichtung eines Instituts, auf regelmäßige Dritt- und Viertmittel, auf die Möglichkeit, ohne Anstrengung zu veröffentlichen, jährlich Versammlungen einzuberufen, eigene Schüler unterzubringen (für Reformen der Schulgrammatik und Rechtschreibung eignen sich auch ganz unbegabte Wissenschaftler).

Und nicht nur das. Das Regelwerk von 1996 ist in großer Gefahr. Und wer hat den Regelteil in die „endgültige Form gebracht“? Peter Gallmann. Wenn also er mit dem Regelwerk untergeht und das Regelwerk mit ihm, so ist es ein doppelter Untergang. Man habe Mitgefühl und lasse ihn noch ein Weilchen auftreten und rumoren; er ist ein Gespenst, das nicht wahrhaben will, daß die Geisterstunde aus ist.

Auch die Schweizer Heimat läßt Herrn Gallmann im Stich. Gerade hat fast die ganze Fachschaft Deutsch eines großen Zürcher Gymnasium den Aufruf unterschrieben, der ein Moratorium und die Überarbeitung der Regeln fordert. Es sind zwölf von vierzehn Lehrkräften; im Begleitbrief schreiben sie: „Wir verfolgen die Angelegenheit mit grosser Sorge.“

Diese großen Sorgen machen natürlich den Reformern große Sorgen; was Wunder, daß sie ablenken und so tun, als ginge es um Kleinigkeiten wie Schifffahrt. Aber nicht einmal von diesen Kleinigkeiten verstehen sie etwas.

Blättern wir in einigen alten Schriften:

1858 erschien in der Schweiz ein kleines Regelwerk. Darin wurde das Trennungszeichen empfohlen, „um das dreimalige Aufeinanderfolgen des gleichen Buchstabens zu vermeiden, also: Still-Leben, Klee-Ernte.“
„Nur bei: Mittag, dennoch, Drittel wird die Ausmerzung des dritten gleichen Mitlauters gestattet, weil diese Schreibung allgemein feststeht.“

Fünf Jahre später wurde eine Überarbeitung veröffentlicht, die der schweizerische Lehrerverein in Auftrag gegeben hatte. Jetzt hieß es: „Wenn bei Zusammensetzungen drei gleiche Mitlaute zusammentreffen, so fällt in der Regel einer derselben aus, also: dennoch, Drittel, Mittag, Schiffahrt, Brennessel u.s.w.“

1876 fand die erste orthographische Konferenz in Berlin statt. Im Protokoll steht: „Die Frage, ob, in welchen Wörtern und unter welchen Bedingungen drei gleiche Konsonantenzeichen geschrieben werden sollen, beschäftigte die Versammlung längere Zeit.“

Das Ergebnis: „Die Verdoppelung unterbleibt (…) in den zusammengesetzten Wörtern dennoch und Mittag, so wie auch in Brennessel, Schiffahrt. Man vermeidet in ihnen das Zusammentreffen gleicher Konsonantzeichen (so), die man jedoch in weniger gebräuchlichen Wörtern zuläßt.“

Im Regelwerk der zweiten Konferenz von 1901 faßte man die Sache so: „Man schreibt aber den Mitlaut nur einfach (…) in dem ersten Teile der Zusammensetzungen dennoch, Dritteil und Mittag. Anm. Auch in anderen Zusammensetzungen, in denen derselbe Mitlaut dreimal hintereinander zu schreiben wäre, ist es zulässig, ihn nur zweimal zu setzen, z. B. Brennessel, Schiffahrt, Schnelläufer.“

Wie bei allen Wörtern entscheidet der Gebrauch. Offenbar fand man schon lange vor 1901 Schiffahrt deutlich genug, und nach 1901 erst recht.

Unter Hinweis auf das Regelwerk von 1901 meint Peter Gallmann, man habe den Schülern zu Unrecht Schifffahrt als Fehler angestrichen (als ob es den Reformern je auch nur im geringsten um Anliegen der Schule gegangen wäre): er könnte sich auch dafür einsetzen, daß die Schüler heute noch Deficit, Cylinder, das Hemde (mit e am Schluß), die Hülfe einüben: alles Formen, die 1901 noch aufgeführt sind.

Die Kleinigkeit Schiffahrt zeigt, daß die Reformer den Kern der Wortfrage mißachten: den Gebrauch der Wörter.

Aber wie gesagt: Es spielt keine Rolle, was Peter Gallmann meint. Bald wird ihm nicht einmal mehr eine kleine Zeitung zuhören.

Zuhören wird ihm vielleicht eine verständnigsvolle, geduldige Person. Dreimal die Woche darf er berichten, unterbrochen von beruhigenden Spaziergängen. Man wird ihm Papier und Bleistift zur Verfügung stellen, damit er weitere Regelwerke verfassen kann.
Die erste Ausarbeitung wird einer Regel gelten, die es erlaubt, Schiffahrt mit fünf ä zu schreiben.

4.7.2004, Stefan Stirnemann, St.Gallen

www.rechtschreibreform.com/Perlen/KraftBank/KraftBank.pl?SunJul412:55:17CEST2004
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