Manfred Riebe
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: Montag, 03. Mai. 2004 20:48 Titel: Sekretärinnen gegen die Rechtschreibreform |
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Sekretärinnen gegen die Rechtschreibreform
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„Das nehmen wir nicht mehr so genau“
Wie Sekretärinnen mit der Rechtschreibung umgehen
Von Erhard Heinzmann
Kaufbeuren - Ein Jahr nach ihrer offiziellen Einführung haben die neuen Rechtschreibregeln unter einer wichtigen Berufsgruppe offensichtlich kaum Anhänger gefunden: Bei einer Umfrage der AZ in Chefsekretariaten waren nur zurückhaltende bis negative Äußerungen zu hören. Zugleich wurde eingeräumt, dass man es wegen der allgemeinen Verunsicherung mit der Rechtschreibung nicht mehr so genau nehme wie früher.
Als Gegnerin der Reform offenbart sich Sigrun Santomarco, Chefsekretärin bei der „Momm GmbH“, wie neuerdings die frühere Aktiengesellschaft heißt. „Ich schreibe nach wie vor nach den alten Regeln“, bekennt sie, „und bis jetzt hat auch niemand daran Anstoß genommen.“ Eine Anweisung von einem Chef, von denen sie in ihrer Zeit bei Momm mehrere erlebt hat, gibt es nicht. Wenn sie in der Zeitung auf Wörter in der neuen Schreibweise stößt, „befremdet mich das“.
Andere Töne im Rathaus der Stadt: „Wir praktizieren die neue Rechtschreibung“, versichert Christine Kreuter, seit einigen Jahren stellvertretende Leiterin des OB-Büros. Das installierte Rechtschreibprogramm ihres Computers zeige beispielsweise an, wenn daß statt dass getippt wurde. Für die Groß- und Kleinschreibung fehlt allerdings ein Korrekturprogramm. Deshalb, räumt Christine Kreuter ein, könne es schon sein, „dass wir die neuen Regeln nicht ganz komplett anwenden“. Sie persönlich, gesteht sie schließlich, stelle sich „so nach und nach um“. Dass der Oberbürgermeister einen Brief, bei dem sie eine alte Schreibweise wie beispielsweise „im übrigen“ statt neu „im Übrigen“ benutzte, wegen dieses „Fehlers“ nicht unterschrieben habe, sei ihr noch nie passiert. Ein Extralob hat Christine Kreuter für ihre Kollegin bereit, die bei Stadtratssitzungen Protokoll führt: „So gut wie sie beherrscht bei uns keine die neuen Regeln.“
Anita Sofka, seit vielen Jahren im Vorzimmer des jeweiligen Kommandeurs der Technischen Schule der Luftwaffe 1 tätig, wurde vor einem Jahr in den neuen Regeln geschult. Sie gibt offen zu, dass sie ein Gegner der Reform ist. „Die alten Regeln hab ich wirklich gut beherrscht, bei den neuen blickt niemand richtig durch.“ Deshalb werde wohl auch nicht mehr so genau wie früher auf Fehlerfreiheit geachtet.
Nach alten Regeln
In der Kaufbeurer Anwaltskanzlei Chasklowicz, Seitz und Partner ist das Anwaltsprogramm Euro-Script schon vor der Rechtschreibreform installiert worden. Geschrieben wird meist nach den alten Regeln. Anwalt Wilhelm Seitz: „Wenn es schon unter den Experten Streit um die Reform gibt, sehe ich nicht ein, dass ich die Reform dem Sekretariat aufzwingen sollte.“ Andrea Plannerer, die vor allem für Seitz Schriftsätze tippt, ist der Meinung, dass die Rechtschreibung nicht erleichtert wurde. „Da ist auch die Meinung meiner Kolleginnen.“ Im Grunde seien die ganzen Veränderungen nicht notwendig gewesen.
Allgäuer Zeitung vom 17. August 2000
http://www.all-in.de/redsys/c.php/allin/nachrichten/volltext.php?db=1&id=10970 |
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