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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Mittwoch, 07. Jan. 2004 10:31 Titel: Heilbronner Stimme |
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<b>Heilbronner Stimme
Schlußstrich unter den Schlußstrich</b>
Von Jochen Wiesigel
Günter Grass wird niemals „Kuss“, „lieb haben“ oder „Schlussstrich“ schreiben. Wenn sich jedoch ein Schüler an der Orthografie des Literatur-Nobelpreisträgers orientiert, greift sein Lehrer zum Rotstift. Die am 1. Dezember 1995 beschlossene und zum 1. August 1998 in Kraft gesetzte Rechtschreibreform hat dazu geführt, dass es keine einheitliche deutsche Schriftsprache mehr gibt.
Ein Ausweg könnte ein Kompromissvorschlag der Akademie für Sprache und Dichtung sein. Bis heute weigern sich die Elite-Schriftsteller vehement, das neue Regelwerk anzuerkennen. Während sie bei den Normen bleiben, die der Duden von 1991 gesetzt hat, ist die reformierte Schreibung in Schulen, Ämtern und bei den meisten Zeitungen in Deutschland längst zum Alltag geworden.
Nachdem acht Jahre ins Land gegangen waren, meldeten sich am 19. November die Präsidenten von acht Akademien und rieten in einem Brief an die Kultusministerkonferenz (KMK) zur Rückkehr zu der im Duden von 1991 „kodifizierten Orthografie“.
Sie wollen einen „Schlußstrich“ - keinen Schlussstrich - unter das „Reformexperiment“ ziehen und warnen vor einer Anglisierung, aber auch vor einer Antiquarisierung der deutschen Schriftsprache. Vor allem kritisieren sie, dass sich mit dem Gebot der Auseinanderschreibung ein Eingriff vollzogen habe, der sich achtlos über Sinn- wie über Betonungsunterschiede hinwegsetze.
„Wer schreibend zwischen einem frisch gebackenen Brötchen und einem frischgebackenen Ehemann nicht mehr unterscheiden kann und darf, der wird bald dahin kommen, sich über alle Zusammenschreibungen hinwegzusetzen“.
Noch steht die Antwort der KMK aus. Man „prüft sorgfältig“, wie zu erfahren war, doch es ist nicht damit zu rechnen, dass die Politik in Deutschland, Österreich und in der deutschsprachigen Schweiz, wo man das „ß“ übrigens noch rigoroser als in Deutschland zurückgedrängt hat, jetzt einlenken wird. Der stellvertretende Leiter der international besetzten Rechtschreibkommission, Gerhard Augst, warf den Professoren vor, dass sie sich erst so spät bemerkbar gemacht hätten.
Augst betonte, er sei fest davon überzeugt, dass die Reform angenommen worden sei. 90 bis 100 Prozent der Lehrer würden das Reformwerk positiv beurteilen und als eine Erleichterung betrachten, meinte Augst.
In anderthalb Jahren soll das neue Regelwerk Gesetz werden. Eine Rückkehr zur Orthografie von 1991, die wieder neue Kosten und Unsicherheiten mit sich bringen würde, scheint allerdings unwahrscheinlich.
Heilbronner Stimme vom 7. Januar 2004, News - Überregionale Nachrichten - Reportage
http://newswelt.stimme.de/0,-942147529,0,0,0,0.html
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Anmerkungen:
Wenn man einen Sumpf trockenlegen will, darf man nicht die Frösche fragen!
Die Frösche sind die Rechtschreibreformer. Augst ist der Oberreformer. Die Journalisten müßten wissen, daß die Reformer ihnen Märchen erzählen. Kritische Journalisten fragen daher die Ex-Kommissionsmitglieder, vor allem die Reformer, die unter Protest aus der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung ausgeschieden sind, z.B. die Professoren Peter Eisenberg und Horst Haider Munske, oder recherchieren, was der verstorbene kritische Reformer und Duden-Chef, Professor Günther Drosdowski, sagte. Vgl. die VRS-Pressemitteilung vom 14. August 2003: Rechtschreibreform vor dem Aus? Sieben Jahre des Scheiterns - VRS zieht erschütternde Bilanz:
www.vrs-ev.de/pm140803.php
Der AP-Korrespondent und vielfache Buchautor (1) Jochen Wiesigel (The Associated Press GmbH) - www.ap.org/ berichtet hin und wieder über die Rechtschreibreform, vgl. Wiesigel, Jochen: Rechtschreibreform bleibt unter Beschuss. Stuttgarter Nachrichten, 28. 12. 2000, Hintergrund
Auch zweieinhalb Jahre nach Einführung der Rechtschreibreform sind ihre Kritiker nicht verstummt. Während man sich in Schulen und Behörden mit den neuen Regeln abgefunden hat, fahren die Reformgegner unentwegt schwere Geschütze auf.
AP Associated Press, Büro Thüringen
Verantwortlich: Jochen Wiesigel
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Tel. 0361/5 66 89 52
Fax 0361/5 62 16 15
Foto: 0361/5 66 22 80
www.djv-thueringen.de/agenturen.html
(1) u.a. Wiesigel, Jochen: Wir wollten doch alles anders machen..., Eine Ehegeschichte. Illustriert von Peter Nagengast, 2. Aufl., Halle / Leipzig: Mitteldeutscher Verlag, 1981 |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Mittwoch, 07. Jan. 2004 12:38 Titel: Der Duden: Ein demokratisches Wörterbuch |
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<b>Schreiben wie man spricht: Ein demokratisches Wörterbuch</b>
Von Bernd Glebe
Der Duden hat seinen Platz auf unzähligen Schreibtischen zwischen Elbe und Isar. Und sein Erfinder Konrad Duden gilt als der Vater der deutschen Einheitsrechtschreibung. Im Jahr 1880 veröffentlichte er sein „Vollständiges Orthographisches Wörterbuch der deutschen Sprache“.
Von der 7. Auflage an im Jahr 1902 war der Duden das für die deutsche Rechtschreibung verbindliche Wörterbuch, das bis heute als Standardwerk gilt. Konrad Duden, geboren in Wesel am Niederrhein, würde am Samstag seinen 175. Geburtstag feiern.
Dudens Ansatz war ein ganz pragmatischer: Der Lehrer und Sohn eines Eisenbahnbeamten wollte mit seinem Wörterbuch kein neues Regelwerk erfinden, sondern ein einheitliches Gerüst für die Rechtschreibung schaffen. „Schreibe, wie du sprichst“, war das Prinzip, dem er folgte. „Demokratisch“ und damit jedem zugänglich sollte die einheitliche Rechtschreibung sein.
28 000 Stichwörter hatte die 1. Auflage des Duden und kostete eine Mark. Dank des Booms der Druckereien und Lektorate mit einem enormen Schub für Printprodukte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das Wörterbuch kurz nach seinem Erscheinen schon ein Bestseller. „ Konrad Duden hat mit seinem schmalen Werk den Nerv der Zeit getroffen. Sein Erfolg war kein Zufall“, meint der heutige Leiter der Duden-Redaktion beim Bibliographischen Institut & F.A. Brockhaus AG, Matthias Wermke.
Der Weg dorthin war steinig: Die erste Konferenz zur „Herstellung größerer Einigung in der deutschen Rechtschreibung“ war 1876 noch am Einspruch von Reichskanzler Otto von Bismarck gescheitert. Auch der berufliche Werdegang von Duden hatte Brüche. So musste er sein Studium der klassischen Philologie, Germanistik und Geschichte bereits nach vier Semestern aus finanziellen Gründen abbrechen und eine Stelle als Hauslehrer annehmen.
Trotz Studienabbruchs legte Duden 1854 eine Universitätsprüfung ab und promovierte danach an der Philosophischen Fakultät Marburg. Anschließend arbeitete er an Gymnasien in Soest, im thüringischen Schleiz und in Bad Hersfeld, wo er bis zu seinem Ruhestand im Jahr 1905 Schulleiter war.
Inzwischen umfasst der Duden 120 000 Wörter und ist in seiner 22. Auflage erschienen. Damit der Band nicht wegen der zum Teil explosionsartigen Entwicklung des deutschen Wortschatzes jedes Jahr dicker wird, fallen in jeder Auflage Begriffe weg. Spezielle Wörter wie der „Mauerspecht“, der mit dem Fall der Berliner Mauer eine Relevanz bekam, können nach Angaben von Redaktionsleiter Wermke künftig genauso als natürlicher Abgang gelten wie die „Lichterkette“, die in den 90er Jahren als Protestzeichen Bedeutung hatte. 20 wissenschaftliche Mitarbeiter und rund zehn externe Kräfte, die sich auch um die Sprachberatung kümmern, umfasst die jetzige Duden-Redaktion.
Konrad Duden wurde 82 Jahre alt. Er hatte sieben Kinder und starb 1911 in Sonnenberg bei Wiesbaden. Seine Heimatstadt Wesel erinnert nun an den Sohn der Stadt mit einer Ausstellung im Stadtarchiv.
Heilbronner Stimme vom 3. Januar 2004, News - Überregionale Nachrichten - Kultur
http://newswelt.stimme.de/kultur/0,-1151503916,0,0,0,0.html |
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