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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Mittwoch, 24. Dez. 2003 00:45 Titel: „Rechtschreib-Rebell“ Friedrich Denk zur Rechtschreibreform |
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„Rechtschreib-Rebell“ Friedrich Denk: Stoppt die Rechtschreibreform!
Die „Frankfurter Erklärung zur Rechtschreibreform“
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Noch ist es nicht zu spät
FREMDE FEDERN: Friedrich Denk
Wer hätte sich vor zweieinhalb Wochen vorstellen können, daß aus dem Volk der Dichter und Denker plötzlich ein Volk der Dichter und Spötter werden würde? Wer hätte geahnt, daß Journalisten aller Couleur seit dem Ende der Buchmesse über so verschiedene Dichter wie Ilse Aichinger, Günter Grass, Ernst Jünger, Siegfried Lenz und Martin Walser Spott und Häme ausgießen würden, nur weil sie fordern, was sich die meisten von uns wünschen, nämlich den Stopp der Rechtschreibreform?
Wie war diese Aktion möglich? Im oberbayerischen Weilheim gibt es seit 1980 eine lange Reihe von Autorenlesungen mit jeweils 500 bis 800 meist jugendlichen Zuhörern, dazu Vorträge von renommierten Wissenschaftlern. Nur deshalb konnte ein Weilheimer Lehrer in wenigen Tagen so viele Autoren und Professoren erreichen.
Die zweite Voraussetzung liegt auf der Hand: Die zahlreichen Schriftsteller und Professoren, deren Kompetenz die der Schreibreformer bei weitem übersteigen dürfte, konnten nur deshalb für eine gemeinsame Aktion gewonnen werden, weil diese Rechtschreibreform ganz miserabel ist und sich inhaltlich fast nicht verteidigen läßt (das versucht jetzt auch kaum jemand mehr).
Bleiben zwei Fragen, von denen die erste berechtigt ist, die zweite demagogisch: Warum erst jetzt? Und: Ist es nicht zu spät? Wer vor einem Jahr protestierte, wie einige Journalisten oder die Schriftsteller Siegfried Lenz und Otfried Preußler, die Verleger Werner Dausien und Matthias Dräger, die Germanisten Theodor Ickler, Christian Stetter oder Jean-Marie Zemb, kam leider zu früh. Ihnen wurden vor allem drei Behauptungen entgegengehalten, von denen damals fast alle überzeugt waren. Die Rechtschreibreform werde die Schreibung vereinfachen. Sie habe bis zum Jahr 2005 Zeit. Und sie werde kein Geld kosten. Alle drei Behauptungen stellen sich jetzt, aber erst jetzt, als Irrtum heraus. Die Behauptung etwa, aus 40 Kommaregeln seien neun geworden, war ein Täuschungsmanöver: Es sind jetzt neun Paragraphen mit zahlreichen Unterpunkten.
Deshalb kam der Protest der Schriftsteller und Professoren und aller anderen am richtigen Ort und zum einzig möglichen Zeitpunkt: zur Frankfurter Buchmesse 1996. Denn jetzt erst - seit dem Erscheinen des neuen Duden und der Erprobung der Neuschreibung an den Schulen einiger Bundesländer - wird für alle sichtbar, was vorher nur wenige ahnten: daß diese Schreibreform ein überflüssiges, aber milliardenteures „Reförmchen“ ist, um einen Ausdruck zu verwenden, den ausgerechnet der bayerische Kultusminister Zehetmair in einer Rede verwendete. Ein Reförmchen, das dennoch den Neusatz und den Neudruck der meisten Bücher notwendig macht und damit die Entwertung von Millionen schon vorhandener Bücher bedeutet. Deshalb fordern die Unterzeichner der Frankfurter Erklärung den sofortigen Stopp der Rechtschreibreform - www.vrs-ev.de/resolutionen.php#denk - und mit ihnen die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung.
Aber geht das denn noch? Kann man den Zug noch stoppen? Jeder Zug kann angehalten werden. Und dieser Zug ist kaum angefahren. Bis vor kurzem hörten wir, die Reform solle bis 2005 ganz allmählich eingeführt werden. Und jetzt - nach acht Wochen Erprobung und zwei Jahre vor der geplanten Einführung - soll schon alles zu spät sein? Die Behauptung, man könne internationale Verträge nicht mehr auflösen, ist erkennbar falsch. Wenn die Mehrheit es will, kann man jede Vereinbarung zurücknehmen. Und wenn dabei Milliarden eingespart werden können, muß man es tun.
Die Unterzeichner der „Frankfurter Erklärung“ gegen die Rechtschreibreform wollen diese Schreibreform, so wie sie jetzt und erst jetzt erkennbar wird, nicht haben. Sie fordern deshalb die verantwortlichen Politiker auf, diese Reform zurückzunehmen, um jahrzehntelange Verwirrung zu vermeiden, um Millionen sinnlose Arbeitsstunden und Milliarden Mark einzusparen.
Der Autor ist Deutschlehrer in Weilheim
Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 245, Montag, 21. Oktober 1996, Zeitgeschehen, S. 16
http://www.faz-verlag.de/IN/INtemplates/Verlag/text_rsf.asp?rub=
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Anmerkung: Unsere Pressemitteilung zur Frankfurter Buchmesse vom 7. - 13. Oktober 2003 „Rechtschreibreform“: Willkür und Beliebigkeit - erinnert mit einem Aufruf an Verleger, Journalisten und Schreibberufler an den siebenten Jahrestag der „Frankfurter Erklärung zur Rechtschreibreform“:
www.vrs-ev.de/pm071003.php
„Rechtschreib-Rebell“, dieser Ehrentitel stand zuletzt erneut im Münchner Merkur vom 30.01.2004 und in der Rheinzeitung Nr. 25 vom 30. Januar 2004, Seite 4.
Rebell ist man, wenn man unterliegt. Die Sieger sind nie Rebellen. (Anatole France)
Der Spruch des Tages - http://www.sechs-und-sechzig.de/forum/
Bertolt Brecht sagte: „Wer kämpft, kann verlieren! Wer nicht kämpft, hat schon verloren!“ Ich sage: „Es gibt mehr Leute, die kapitulieren, als solche, die scheitern. Erfolg hat man auf Dauer nur, wenn man nie aufgibt!“ Halten wir uns an Konrad Adenauer, der sagte: „Wenn andere glauben, man sei am Ende, muß man erst richtig anfangen!“
„Es ist nie zu spät, Natur-, Kultur- und Sprachzerstörung, Entdemokratisierung, Korruption und Steuerverschwendung zu stoppen!“ (VRS)
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Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Dienstag, 02. Aug. 2005 07:01, insgesamt 4mal bearbeitet |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Sonntag, 09. Mai. 2004 23:09 Titel: Friedrich Denk, biographische Notizen |
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Friedrich Denk, biographische Notizen
Friedrich Denk, Studiendirektor, Deutsch, Französisch, Schriftsteller,
Kaltenmoserstr. 34, D-82362 Weilheim i. Obb., geb. 16.12.1942 in Wohlau, Schlesien
Studium der Germanistik, Romanistik, Philosophie Universität München und Bordeaux
Seit 1969 Gymnasiallehrer in München, Weilheim, London
Seminarleiter für Deutsch am Gymnasium Weilheim, Beauftragter für Literaturförderung
1980 - Gründung der „Weilheimer Hefte zur Literatur“, verantwortlicher Redakteur
1982 - Silbergriffel der Stiftung zur Förderung des Schrifttums e.V., München, für besondere Verdienste um die Vermittlung von Literatur
1983/85 - verantwortlicher Redakteur der Londoner Lesehefte und seit 1989 des „Lesebogens“
Initiator des Weilheimer Literaturpreises
1986 - Bundesverdienstkreuz
1992 - Wilhelm-Hausenstein-Ehrung der Bayerischen Akademie der Schönen Künste
01.-06.10.1996 - Verteilung von 2.000 Flugblättern auf der Frankfurter Buchmesse „Stoppt die überflüssige, aber milliardenteure Rechtschreibreform! 10 Argumente gegen die Rechtschreibreform“
06.10.1996 - Veröffentlichung der „Frankfurter Erklärung zur Rechtschreibreform“ - http://www.vrs-ev.de/resolutionen.php#denk
11.10.1996 - 42 Mitglieder der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung schließen sich der „Frankfurter Erklärung zur Rechtschreibreform“ an und rufen zum Boykott der Rechtschreibreform auf.
19.10.1996 - Veröffentlichung der „Frankfurter Erklärung zur Rechtschreibreform“ mit einer Liste der 400 Erstunterzeichner vom 01. bis 17. Oktober 1996 (vgl. http://www.wuerzburg.de/rechtschreibreform/n-fra-e.html)
07.11.1996 - Als Vater einer schulpflichtigen Tochter Klage beim VG München gegen die Rechtschreibreform
09.11.1996 - 2. Frankfurter Erklärung zur Rechtschreibreform. Ganzseitige Anzeige der „Initiative zur Rechtschreibreform“ (Friedrich Denk, Thomas Jaworek, Thomas Rücker, Thomas Schröer) mit Coupon und der Möglichkeit, für die Frankfurter Erklärung (Rücknahme der Reform) oder die Weiterführung der Reform zu stimmen. (In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09. 11. 1996, S. 5)
11.11.1996 - BILD-Kulturpreis 1996
www.axelspringer.de/inhalte/pressese/inhalte/presse/zeitungen/10.html
19.11.1996 - Gründung der Bürgerinitiative: WIR gegen die Rechtschreibreform in Bayern. Denk will über eine Volksinitiative ein Volksbegehren starten.
„Mann des Jahres 1996“ des St. Galler Tagblattes
30.11.1996 - Münchner Erklärung zur Rechtschreibreform. (ganzseitige Anzeige). In: Süddeutsche Zeitung 30.11.1996, S. 7, und Münchner Merkur vom 30.11.1996
20.12.1996 - Bei der Unterschriftensammlung der Volksinitiative in Bayern sind die Voraussetzungen für ein Volksbegehren erreicht worden
10.09.1997 - Das VG München lehnt einen Eilantrag des Reformkritikers Friedrich Denk gegen die Rechtschreibreform ab.
11.10.1997 - Dichterlesung „Für die Einheit der Orthographie“ in Weilheim mit Ota Filip, Wulf Kirsten, Reiner Kunze, Loriot, Gerhard Ruiss, Albert v. Schirnding
06.03.1998 - Austritt aus der CSU zusammen mit Manfred Riebe und Norbert Schäbler aus Protest gegen die „schüler- und bürgerfeindliche Sprachpolitik der CSU“
31.07.2000 - Gründung einer „Initiative für vernünftige Rechtschreibung“ auf der Expo in Hannover, Auslobung eines Preises von 10.000,- DM. Der 1. August wird zum „Tag der deutschen Rechtschreibung“ erklärt.
19.08.2000 - Ganzseitige Anzeige der Gegner der Rechtschreibreform in 6 deutschen Tageszeitungen mit sieben Argumenten für die Rücknahme der Rechtschreibreform und einem Stimmzettel
http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=995#995
03.10.2000 - «Münchner Appell» der Initiative für vernünftige Rechtschreibung. Reformgegner fordern am „Tag der deutschen Einheit“ die Rückkehr zur „Einheit der deutschen Schriftsprache“.
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Veröffentlichungen
- Denk, Friedrich: Die verborgenen Nachrichten. Versuch einer Pressekritik. Eberfing 1978, 3. Auflage 1979
- Denk, Friedrich, Peter Lippert, Thomas Schröer, Friedrich Werner: Die literarische Turnhalle - Dichterlesungen in Weilheim. In: Schulreport Nr. 5, November 1985, S. 18-19
- Denk, Friedrich: Weilheimer Literaturpreis - Ilse Aichinger von Schülern ausgezeichnet. In: Schulreport Nr. 1, März 1988, S. 7
- Denk, Friedrich: Dichterlesungen - Literatur als Erlebnis. In: Schulreport Nr. 2, Juni 1994, S. 16-18
- Denk, Friedrich: Die Zensur der Nachgeborenen. Zur regimekritischen Literatur im Dritten Reich. Weilheim i.OB: Denk-Verlag, 1995, 3. Auflage 1996 -
http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=178
- Denk, Friedrich, Thomas Jaworek, Thomas Rücker, Thomas Schröer: Stoppt die überflüssige, aber milliardenteure Rechtschreibreform! 10 Argumente gegen die Rechtschreibreform. Frankfurt am Main, 1. Oktober 1996 (Flugblatt anläßlich der Frankfurter Buchmesse). In: Riebe, Manfred; Schäbler, Norbert; Loew, Tobias (Hrsg.): Der „stille“ Protest. Widerstand gegen die Rechtschreibreform im Schatten der Öffentlichkeit. St. Goar: Leibniz-Verlag, 1997, S. 219 f.
- Denk, Friedrich, Thomas Jaworek, Thomas Rücker, Thomas Schröer: „Frankfurter Erklärung zur Rechtschreibreform“ mit einer Liste der 400 Erstunterzeichner vom 01. bis 17. Oktober 1996. In: FAZ 19.10.1996 -
http://www.vrs-ev.de/resolutionen.php#denk
- Denk, Friedrich: Die belämmerte Gämse. In 21 Tagen durch die neue Rechtschreibung - ein „Intensiv-Kurs“ von Prof. Friedrich Denk. 21 Lektionen. In: „Tägliches Alles“, österreichische Tageszeitung, 19.01. bis 08.02.1997
- Denk, Friedrich: „Eine der größten Desinformationskampagnen“. In: Eroms, Hans Werner / Munske, Horst Haider (Hrsg.): Die Rechtschreibreform. Pro und Kontra. Berlin: Erich Schmidt Verlag, 1997. S. 41-46
(Enthält das Flugblatt „Stoppt die überflüssige, aber milliardenteure Rechtschreibreform! 10 Argumente gegen die Rechtschreibreform“ und einen Kommentar Friedrich Denks anhand seines Flugblattes und der „Frankfurter Erklärung zur Rechtschreibreform“ über die Bemerkung des Präsidenten der Kultusministerkonferenz Rolf Wernstedt, bei den Aktivitäten der Rechtschreibreform-Kritiker handele es sich um eine der größten „Desinformationskampagnen“ in der Geschichte der Bundesrepublik)
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Vgl. auch George Orwell: „Big Brother is Watching You!“ - Zum totalitären Ungeist der Rechtschreibreform - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=350
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Anmerkung:
In den VRS-Links wurde „viewtopic“ durch „themaschau“ ersetzt, damit sie wieder funktionieren.
Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Dienstag, 02. Aug. 2005 07:02, insgesamt 4mal bearbeitet |
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Manfred Riebe
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: Samstag, 15. Mai. 2004 17:24 Titel: Friedrich Denk streicht die Segel |
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Friedrich Denk streicht die Segel
Er hält weiteren Widerstand für müßig
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Die Rechtschreibreform auf der Kippe
(Bären-?)Dienst am Leser
Zur letzten Etappe der Rechtschreibreform
Friedrich Denk streicht die Segel. Ohne seine spektakuläre Flugblattaktion vor den Toren der Frankfurter Buchmesse im Herbst 1996 wäre es nie zu einem Protest gegen die Rechtschreibreform gekommen. Nun jedoch, da sich seit Sonntag die deutschsprachigen Depeschenagenturen der Neuschreibung befleissigen und die Zeitungen (wenn auch unter dem Vorbehalt eigener Hausorthographien) gleich mitgezogen haben, hält der engagierte Deutschlehrer weiteren Widerstand für müssig. Realistisch beobachtet. Auch die in Bremen und Bayern noch angestrebten Volksentscheide werden das Ruder nicht mehr herumreissen.
Wenn Presse, Schule und amtlicher Schriftverkehr unisono die reformierte Rechtschreibung als verbindlich praktizieren, dann setzt dies eine Macht frei, der keine Gegnerschaft gewachsen ist: die Macht der Gewöhnung. Eine mit den neuen Regeln aufwachsende Generation wird nach ihnen schreiben, als habe es nie ein anderes Schriftdeutsch gegeben. Aber kann es überhaupt dahin kommen? Dem Triumph der Reformer halten die Kritiker als letzte Widerborstigkeit ihre Ansicht entgegen, dass auch Gewöhnung nicht die Macht habe, mit Unsinn zu versöhnen.
Der Erlanger Sprachwissenschafter Theodor Ickler hat der Rechtschreibreform früh prophezeit, sie werde an ihren inneren Widersprüchen zugrunde gehen. Ähnliches hat sein Potsdamer Kollege Peter Eisenberg im Blick, wenn er für «pragmatischen Minimalismus» plädiert – dafür, viele herkömmliche Schreibungen zu bewahren und von konsequentem «Durchregeln» abzusehen –, weil andernfalls der «Rechtschreibe- GAU» drohe. In solchen Überlegungen offenbart sich der Glaube an orthographische Tiefenstrukturen, die den verkehrten Regelungen opponieren. Gegen den Sprachgeist und seine Schreiblogik könne sich, argumentieren die mit linguistischen Wahrheitsansprüchen operierenden Reformgegner, ein misslungenes Regelwerk nicht halten, mögen es auch noch so viele Kulturminister mit ihrer Unterschrift gebilligt haben.
Doch man mache sich nichts vor: Wahrscheinlicher als ein Ruin der Reform ist, dass sie sich –mehr oder minder modifiziert – auf Dauer etabliert. Der Schritt der Presseagenturen und Zeitungen vom vergangenen Sonntag hat dazu Entscheidendes getan. «Wichtigstes Ziel», kommentiert DPA das gemeinsame Vorgehen von elf Agenturen, sei gewesen, die Rechtschreibung «nicht nur einheitlich, sondern auch eindeutig festzulegen. Die Notwendigkeit der Eindeutigkeit ergibt sich vor allem daraus, dass die eingesetzten elektronischen Systeme bei der Nutzung von Schreibvarianten in ihren Suchfunktionen behindert würden. Zudem müssen Schreibweisen ‹mit einem Blick› optisch identifiziert und zugeordnet werden können.»
Im Streben nach orthographischer Einheit illiberaler als die Reformer, die vielfach alternative Schreibungen zulassen, haben Agenturen und Zeitungen ein starkes Motiv auf ihrer Seite: den Dienst am Leser. Die empirische Leseforschung hat ergeben, dass Lektüre nicht einer Art von Buchstabieren vor dem geistigen Auge gleichkommt, sondern auf dem Wiedererkennen von Worten als Bildern beruht. Der Verweis der Agenturen auf die Vorzüge einheitlicher Schreibweisen ist also nicht aus der Luft gegriffen, er wird durch die Forschungen zur «Wortbildlichkeit» gedeckt.
Mit der Leserfreundlichkeit haben auch die Reformgegner stets argumentiert, anders als die Reformbetreiber, deren zentraler Impuls darauf zielt, das Schreibenlernen zu erleichtern. Der Dissens ist grundsätzlich und scheint unüberbrückbar. «Eine gute Orthographie ist für den Leser da», lautete (und lautet gewiss noch immer) das Credo Friedrich Denks. Ausgerechnet im Geiste dieser Anschauung wurde am vergangenen Sonntag die Durchsetzung der Reform beschleunigt. Den Reformgegnern muss es wie Ironie erscheinen.
Joachim Güntner
Neue Zürcher Zeitung, 4. August 1999
Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Sonntag, 10. Okt. 2004 19:42, insgesamt 6mal bearbeitet |
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Manfred Riebe
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: Dienstag, 27. Jul. 2004 12:35 Titel: Besondere Verantwortung der Journalisten für unsere Sprache |
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Besondere Verantwortung der Journalisten für unsere Sprache
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Briefe an die Herausgeber
„Knall rote Köpfe“
Sicher auch im Namen aller Unterzeichner der Frankfurter Erklärung vom Oktober 1996 und der vielen Mitbürgerinnen und Mitbürger, die seither beharrlich gegen den Unsinn Rechtschreibreform gekämpft haben: Herzlichen Glückwunsch und Dank den Redakteuren und Herausgebern der F.A.Z., die mit diesem mutigen Schritt gezeigt haben, dass die Journalisten ihre besondere Verantwortung für unsere Sprache ernst nehmen.
Wie aber geht es weiter - nach vier Jahren Neuschreibung an bayerischen Schulen und einem Jahr Erprobung in der deutschen Presse? Schon im Herbst 1996, als noch gar nichts geschehen war, haben die Kultusminister frech behauptet, es sei schon „zu spät“. Einerseits ist es nie zu spät für einen wenn auch verlustreichen Rückzug. Andererseits ist in den Schulen viel weniger geschehen, als man gemeinhin annimmt. Denn bekanntlich ist nur ein winziger Prozentsatz der Schreibung betroffen, in der Grundschule kaum 30 Wörter. Das Einzige, was inzwischen auch die Wissenschaft festgestellt hat, ist die deutlich höhere Fehlerzahl in Rechtschreibung und Zeichensetzung. Beispiele aus einem soeben geschriebenen Aufsatz (7. Klasse Gymnasium): „Dass war mir egal“, „ein Plakat auf zu hängen“, „daß hörte gar nicht auf“, „die Hännen“ (von „Hahn“), „ein knall roter Kopf“. Die Erfinder der Schlechtschreibreform sollten bei solchen Fehlern eigentlich „knall rote Köpfe“ bekommen. Statt- dessen werden sie den „Missstand“ schön- reden und auf ihm beharren wollen. Wenn aber die Kultusminister 1996 den Schülern zugemutet haben, den Neuschrieb ohne jedes Buch und ohne jeden Rückhalt in der Bevölkerung zu erlernen, dann kann man ihnen jetzt auch zutrauen, dass sie den Unsinn wieder vergessen, da nach wie vor die meisten Bücher in der bisherigen Schreibung gedruckt sind und die meisten Erwachsenen bis hinauf zu den Bundespräsidenten Roman Herzog und Johannes Rau mit guten Gründen an der bisherigen Schreibung festgehalten haben. Ich war drei Jahre in London, habe mühsam das Linksfahren gelernt. Back in Germany, bin ich problemlos wieder rechts gefahren. Das würde auch bei den Schülern so sein, die bei einer Rücknahme dieser so genannten Reform etwas ganz Wesentliches lernen würden: dass man sich in bestimmten Situationen wehren soll.
Insofern ist die Entscheidung der F.A.Z. ein ganz wichtiger Beitrag zur Demokratie. Während eine „Hand voll“ Politiker, unterstützt von den höchsten Juristen, die Rechtschreibreform gegen den erklärten und begründeten Willen der großen Mehrheit durchboxen wollten, verschafft die „Zeitung für Deutschland“ dem Bürgerwillen eine neue Chance. Auch deshalb abonniere ich die F.A.Z. wieder, die ich vor einem Jahr abbestellt hatte, weil ich nicht mit ansehen wollte, wie sich freie Journalisten der Macht beugen müssen. Und ich werde auch vier andere Zeitungen wieder bestellen, wenn auch sie es wagen, das Vernünftige zu tun.
Friedrich Denk, Weilheim/Oberbayern
FAZ vom 29. Juli 2000
www.faz-verlag.de/IN/INtemplates/Verlag/text_rsf.asp?rub={B9371331-640A-11D4-
B990-009027BA226C}&doc={5EEADD6E-64B6-11D4-A3B0-009027BA22E4} |
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Manfred Riebe
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: Montag, 23. Aug. 2004 07:02 Titel: Die fünf Vorteile der Eszett-Schreibung |
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Die fünf Vorteile der Eszett-Schreibung
Das „ss“, der Geßlerhut, den man grüßen mußte
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Briefe an die Herausgeber
Das ss-Diktat der Kultusminister
In seinem eindrucksvollen Aufsatz über die Rechtschreibreform „Falsch bleibt falsch“ (F.A.Z.-Feuilleton vom 16. Juli) kommt Professor Horst Haider Munske zu dem Schluß, daß man alles rückgängig machen sollte außer vielleicht der „neuen s-Schreibung“, an der man festhalten könne, da sie in sich schlüssig sei. Bei der ss-Schreibung geht es aber gar nicht um richtig oder falsch, sondern um gut oder schlecht.
Nicht weniger als fünf Argumente sprechen gegen eine Beibehaltung. Zunächst löst die ss-Regel nichts an irgendeinem Rechtschreibproblem, sie berührt vor allem nicht die häufigste Schwierigkeit: die Unterscheidung von „das“ und „daß“. Im Gegenteil ist „daß“ wegen der prägnanten Gestalt des Schlußbuchstabens leichter von „das“ zu unterscheiden als das auch ergonomisch ungünstige „dass“.
Außerdem ist die ss-Schreibung eindeutig fehlerträchtiger als die bisherige Regelung, auch bei Schreibanfängern, wie Professor Harald Marx nachgewiesen hat. Warum ist das so? Vor allem wohl, weil die bisherige Regel („ss am Schluß bringt Verdruß“) sehr viel einfacher ist als die Frage nach der Vokallänge. Aus diesem Grund wäre es für die Schüler auch ganz einfach, in Schulbüchern das Reform-ss in das klassische „ß“ zurückzuverwandeln, während es viel schwieriger ist zu entscheiden, wo laut Rechtschreibreform ein „ß“ in „ss“ verändert werden soll.
Das dritte Argument ist das finanzielle: Bei jeder Änderung der Rechtschreibreform müssen die Wörterbücher sofort und die Schulbücher nach und nach angepaßt werden, ob man nun 10, 20, 90 Prozent oder 100 Prozent der Neuregelung ändert. Was aber ist mit den anderen Büchern? Wenn alles außer der ss-Regel geändert würde, kämen auch die literarischen Verlage ab 2005 unter permanenten Druck, ihre Bücher für viel Geld der ss-Schreibung anzupassen.
Viertens bliebe - und das wäre das Schlimmste - das entscheidende Druckmittel der Rechtschreibreform erhalten. Wie viele Sekretärinnen, wie viele Beamte und wie viele Schülerinnen und Schüler wurden in den letzten Jahren schon wegen dieser Lächerlichkeit von oben gepiesackt! Für viele war und ist dieses „ss“ deshalb das einzige, was sie von der Rechtschreibreform übernommen haben, es ist der Geßlerhut, den man grüßen mußte und muß, um ungeschoren davonzukommen. Soll man ausgerechnet dieses Wahrzeichen einer total mißglückten Reform stehen lassen? Das wäre so, wie wenn ich einem Dieb, der mir meinen Schmuck gestohlen hat und der ausnahmsweise festgenommen wird, einen Teil der Beute ließe. Nur wenn nichts von dieser unseligen „Reform“ bleibt, können wir sie nach jahrelangen Verwirrungen und Streitereien und völlig sinnlosen Unkosten endlich vergessen wie eine überstandene Krankheit.
Und nur dann sind - fünftens - die Millionen von Büchern in unseren Bücherschränken und in den Bibliotheken nicht auf einen Schlag altmodisch, „überholt“ oder gar fehlerhaft.
Friedrich Denk, Weilheim i. OB
Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 166 vom 20. Juli 2004, S. 8 |
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Manfred Riebe
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: Montag, 23. Aug. 2004 07:12 Titel: Friedrich Denk im Unruhestand |
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Friedrich Denk im Unruhestand
über die Sonntagsreden der Politiker und die Lügen der Kultusminister
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Was macht eigentlich...
Friedrich Denk
Der oberbayerische Studiendirektor gründete 1996 mit „Wir gegen die Rechtschreibreform“ die einflussreichste Bewegung gegen das neue Regelwerk
Zur Person:
Friedrich Denk, 61, in der Bibliothek seines Hauses in Pullach, das der Vater von drei Kindern mit seiner Frau erst vor wenigen Tagen bezog. Seit zwei Wochen ist der Studiendirektor für Deutsch und Französisch im Ruhestand, um mehr Zeit für den Kampf gegen die Rechtschreibreform zu haben. Daneben ist er Gründer und Redakteur der „Weilheimer Hefte zur Literatur“. 1996 startete Denk zunächst mit ein paar hundert selbst gefertigten Flugblättern und einer Unterschriftenaktion seinen Protestlauf, es folgte die Mobilisierung von namhaften Schriftstellern, Dichtern und Verlegern in der „Frankfurter Erklärung“
Das Interview mit Friedrich Denk führte Hannelore Schütz
Deutschland debattiert mal wieder über die Rechtschreibreform. Wie oft klopfen Sie sich täglich auf die Schulter?
Überhaupt nie. Es muss doch immer um die Sache gehen. Das ist wie bei einem Klavierspieler. Wenn der sagt: „Was bin ich heute gut“, dann spielt der gleich schlechter.
Nach welcher Rechtschreibung unterrichten Sie?
Ich habe mich dank der Altersteilzeitregelung beurlauben lassen. Aber vorher, muss ich gestehen, versuchte ich ganz bewusst, die Klippen zu umschiffen. Keine Sätze mit „dass“ oder mit dieser unlogischen Groß- und Kleinschreibung. Von wegen Vereinfachung. Heute machen die Schüler viel mehr Fehler als früher. Die Erwachsenen übrigens auch.
Sind Ihre Schüler nun stolz auf Sie oder eher sauer?
Beides. Die Klügeren waren am Anfang gegen die Reform. Heute sind viele, die eher schlampig arbeiten, zufrieden damit, weil sie im Augenblick die Wahl haben zwischen Alt oder Neu und alles richtig ist. Ich bedauere aber, dass die Schüler gegen das Diktat der Kultusminister nicht so rebellisch sind, wie wir das in den 68er Jahren waren.
Immer nur kämpfen. Macht das nicht müde?
Ich bin immer noch mittendrin und absolut nicht müde. Damit ich noch Zeit habe, etwas gegen die Reform zu tun, bevor 2005 das Fallgitter runtergeht, habe ich mich ja auch freistellen lassen.
1996, auf der Frankfurter Buchmesse, haben Sie deutschsprachige Schriftsteller wie Grass, Walser, Kunze für Ihren Protest gegen die Reform gewonnen. Haben Sie noch Kontakt zu denen?
Der ist nie abgerissen. Im Herbst sind wieder zwei Veranstaltungen mit namhaften Autoren für die Einheit der Orthografie geplant.
Und was sagen Ihre Kollegen? Trauen Sie sich noch in eine Schule, nachdem die meisten Lehrer gegen die Reform der Reform sind?
Das ist eine Behauptung der Kultusminister und eine glatte Lüge. Die erzählen alles, wenn es ihnen was nützt. Am Weilheimer Gymnasium, an dem ich unterrichtet habe, waren fast alle Lehrer für mich. Nur zwei Direktoren plädierten für die Reform. Auch heute noch sind bundesweit viele Lehrer gegen die neue Rechtschreibung. Sie trauen sich aber nicht, das auch öffentlich zu sagen.
Warum engagieren Sie sich eigentlich so stark. Wegen des f statt des ph im Delfin?
Den Ausschlag dazu gab letztlich mein Sohn. Der hat mich von Anfang an dazu ermuntert. Dabei hat er, wie die meisten Kultusminister ja auch, wenig mit Sprache zu tun. Er sah das eher politisch.
Und Sie?
Auch wir, die Gegner, fühlten uns im Sinne der Demokratie dazu verpflichtet, etwas zu tun, um das Vorhaben zu kippen. Das wäre ein Ruck durchs Land. Und die Menschen würden wieder Mut fassen, wenn sie sähen, dass man auf sie hört. Die Politiker fordern ja ständig, wir sollten uns beteiligen.
Es geht also eher um Politik als um Orthografie?
Es geht um etwas, das uns alle angeht. Aber jetzt plötzlich ist von Beteiligung nicht mehr die Rede. Das sagen die Politiker doch nur in ihren Sonntagsreden, und dann machen sie es ohne das Volk.
In einem Jahr wird die Entscheidung gefallen sein. Dann sind Sie ein Held oder gescheitert. Was machen Sie dann?
Ich mache weiterhin Literaturhefte und organisiere Dichterlesungen. Das ist Arbeit genug.
Kein Aufschrei gegen Hartz und Co.?
Davon verstehe ich nichts.
stern.de – vom 20. August 2004
www.stern.de/lifestyle/leute/index.html?id=528496 |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Sonntag, 10. Okt. 2004 19:33 Titel: Friedrich Denk zum Schweigen gebracht |
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Friedrich Denk mit allen Mitteln zum Schweigen gebracht
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Re: Gretchenfrage - Diskussion beendet?
Name: Peter W.Forster
Email: pw.forster@t-online.de
Datum: 20.04.04
Uhrzeit: 17:02
Kommentar
Sehr geehrte Frau Thiery,
ein inzwischen pensionierter Kollege, mit dessen Gesundheit es aufgrund seines schulischen Engagements nicht zum besten steht, schreibt mir u.a.: “Keiner denkt anders als wir, aber fast alle sind noch im Schuldienst und bringen einfach nicht die Zeit auf, sich gegen den "Ungeist" (zumindest schriftlich) zu wehren…:Weshalb diese verlorene Mühe???“
Wir finden auch in diesem Forum eine Art Ventil oder sogar Blitzableiter, um unseren Frust abzulassen. Alle Kollegen, die pensioniert sind oder kurz vor der Pensionierung stehen, sind durchwegs heilfroh, daß sie diesen ganzen Schmarrn nicht mehr mitmachen müssen. Lassen wir den Dampf oder unsere Blitze nicht auf der falschen Stelle ab?
Frau Thiery, kennen Sie Herrn Erwin Huber? Meinen Sie, daß er als „Wadelbeißer seines Chefs“ sich davon abhalten ließe, gegen die Lehrer zu polemisieren, selbst wenn diese medienwirksam ihr Image verbessern könnten? Er wird beißen und beim nächsten Nockerberg noch mehr lachen können aus der innersten Überzeugung heraus, er und sonst niemand habe die Wahrheit gefressen, weil ja nur derbleckt wird, wer was gilt.
Volksbegehren? Warum eigentlich nicht? Wir hätten dann wenigstens unserer demokratischen Pflicht Genüge getan. Wenn das Volk es anders will, als es unsere Überzeugung ist, dann muß es sich auch mit dem allmählichen Niedergang unserer Bildung abfinden.
Noch eine Anmerkung zu Herrn J. Maiers Androhung, aus dem bpv ggf. auszutreten. Sehr viele ehemalige Kollegen wollten schon aus dem bpv austreten, als die sog. Rechtschreibreform wahrscheinlich - ich darf es so sagen – in Klüngelei mit dem damaligen KM H.Z. von unserem damaligen Vorsitzenden Herrn R. Rupp abgesegnet wurde. Frau Thiery, Sie schreiben zurecht von der PFLICHT. Ob die Androhung eines Austritts derzeit sinnvoll ist, sollten wir uns alle sehr überlegen. Wenn wir uns jetzt gegenseitig zerfleischen, dann kann das der Staatskanzlei und dem KM nur willkommen sein.
Was können wir tun? Ich habe es immer noch nicht aufgegeben, daß hier in Bayern der Geist siegt über die reine Parteistrategie. Manchmal allerdings kommen mir so eigenartige Gedanken, daß die CSU sich von innen her selbst zerstören möchte. Das Gerede von Frau Hohlmeier kommt mir bekannt vor und erinnert mich an 1963, als ich zusammen mit drei weiteren Studenten aus München in Jena an der DHFK (Deutschen Hochschule für Körperkultur) mit Lehrern und Studenten diskutierte über Erziehung und Bildung, die damals in der Ostzone (DDR durfte man damals noch nicht sagen) vom sozialistischen zum kommunistischen Idealbild sich hinwenden sollte. Der leitende Lehrer (oder Professor?) bedankte sich bei uns damals für unsere engagierte Diskussion, auch wenn wir vier so gar nicht in die sozialistisch/kommunistische Linie paßten; er wünschte sich, daß seine Studenten genauso engagiert seien wie wir.
Ist jemals ein Wort der Anerkennung von seiten des KM oder der Staatskanzlei gekommen für Leute, die sich aus innerster Überzeugung für eine von ihnen aus gesehen gute Sache engagiert haben? Wenn mir sogar von gewissen Drohungen geschrieben wird, dann stellen sich bei mir ebenfalls Erinnerungen an 1963 ein, als wir hier in der BRD vom BND (Bundesnachrichtendienst) ausgefragt (ich sage bewußt nicht „verhört“, da ich das damals in meiner Unbedarftheit nicht so empfunden habe) wurden. Ist es nicht so, daß ein Herr Friedrich Denk, der nichts anderes getan hat, als unsere Kultur der Sprache und Tradition zu verteidigen, mit allen Mitteln zum Schweigen gebracht wurde? Warum wurde ein Herr H.Z. vom Philologenverband geehrt und nicht Herr Friedrich Denk? Der bpv könnte es nachholen, genauso wie es unser Ministerpräsident fertigbringen sollte, den undemokratisch zustande gekommenen Beschluß über die sog. G8 zu überdenken und vielleicht sogar den Leuten zuzuhören und dankbar zu sein, die rechtzeitig in Sorge um unser Kinder und auch in Sorge um die eigene Gesundheit auf den, wie ich meine, unüberlegten fatalen Beschluß hinzuweisen.
Oder, Frau Monika Hohlmeier, ist die Diskussion beendet?
BPV – Diskussionsforum (BPV = Bayerischer Philologenverband)
http://www.bpv.de/g8-forum/00000b2e.htm |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Sonntag, 21. Nov. 2004 17:13 Titel: Friedrich Denk - Der Rebell |
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Friedrich Denk
Der Rebell
von Thomas Paulwitz
Er war der erste, der den Protest gegen die Rechtschreibreform bündelte. Anfang Oktober 1996 geht der Deutschlehrer Friedrich Denk mit zweitausend Flugblättern auf die Frankfurter Buchmesse: „Stoppt die überflüssige, aber milliardenteure Rechtschreibreform !“ Es entsteht die „Frankfurter Erklärung“, unterzeichnet von Hunderten Germanisten, Historikern, Verlegern und Schriftstellern, darunter Günter Grass und Ernst Jünger. In den Wochen danach unterschreiben mehr als 40.000 Rechtschreibreformgegner. Mit diesem Meisterstreich verdient sich Denk den Ehrentitel „Rechtschreib-Rebell“.
Der 1942 im schlesischen Wohlau geborene Denk, der Germanistik, Romanistik und Philosophie in München und Bordeaux studierte, pflegt eine besondere Liebe zur Literatur. 1980 gründet der Gymnasiallehrer die Weilheimer Hefte zur Literatur. Denk erhält verschiedene Preise, darunter 1986 das Bundesverdienstkreuz, er selbst begründet den Weilheimer Literaturpreis und veranstaltet Dichterlesungen. Besondere Aufmerksamkeit erregt im Oktober 1997 die Lesung „Für die Einheit der Orthographie“ mit Reiner Kunze, Gerhard Ruiss und Loriot.
Bis Ende 1998 bleibt Denk einer der muntersten Gegner der Rechtschreibreform. Noch 1996 erreicht er mit der Bürgerinitiative „WIR gegen die Rechtschreibreform in Bayern“ die erforderliche Unterschriftenzahl für ein Volksbegehren - das aber nicht begonnen wird. Denks Eilantrag gegen die Reform lehnt das Verwaltungsgericht München im September 1997 ab. Im März 1998 verläßt er aus Protest gegen die „schüler- und bürgerfeindliche Sprachpolitik der CSU“ zusammen mit den Lehrern und Anti- Rechtschreibreform-Aktivisten Manfred Riebe und Norbert Schäbler die Partei. Im selben Jahr scheitert seine Kandidatur für den Bundestag. Der ausbleibende Erfolg setzt Denk zu. Als am 1. August 1999 alle Tageszeitungen auf die Reformschreibung umstellen, spricht Denk von einem „schwarzen Tag für die deutsche Sprache“ und läßt zeitweilig den Mut sinken: Es sei „sinnlos, eine Überschwemmung zu bekämpfen, wenn die Dämme einmal gebrochen sind“.
Auch wenn es zwischenzeitlich still um Friedrich Denk wird: Wie ein Seismograph der Orthographie meldet er sich zu Wort, wenn es wieder Erschütterungen gibt. Als die FAZ 2000 zur bewährten Schreibung zurückkehrt, sammelt er eine hohe Summe für ganzseitige Anzeigen in sechs deutschen Tageszeitungen. Auch nach der Ankündigung von Springer und Spiegel Anfang August, es der FAZ gleichzutun, ist Denk wieder da. Im Ruhestand hat er jetzt mehr Zeit, gegen die Reform zu wettern. Mit der Gründung des Rats für deutsche Rechtschreibung kommt er mit seinen Mitstreitern der Kultusministerkonferenz zuvor, die einen gleichnamigen Rat plant. Nun kehrt er zu den Wurzeln seines Widerstands zurück. Für die diesjährige Buchmesse in Frankfurt hat Denk wieder eine Aktion geplant ...
JUNGE FREIHEIT Nr. 41/04 vom 1. Oktober 2004
www.jungefreiheit.de |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Sonntag, 20. Feb. 2005 23:39 Titel: Friedrich Denk, eine Kurzbiographie |
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Friedrich Denk, eine Kurzbiographie
Friedrich Denk (* 16. Dezember 1942 Wohlau/Schlesien), Studiendirektor, Deutsch, Französisch, Buchautor, ist einer der prominentesten Kritiker der Rechtschreibreform, weswegen Denk häufig als „Rechtschreib-Rebell“ bezeichnet wird.
Beruflicher Werdegang
Friedrich Denk studierte Germanistik, Romanistik und Philosophie an den Universitäten München und Bordeaux. Seit 1969 bis zu seinem Ruhestand 2004 war er Gymnasiallehrer für Deutsch in München, Weilheim und London, Seminarleiter für Deutsch am Gymnasium Weilheim und Beauftragter für Literaturförderung.
Friedrich Denk war Gründer und verantwortlicher Redakteur der „Weilheimer Hefte zur Literatur“ (seit 1980), der „Londoner Lesehefte“ (1983-85) und des „Lesebogens“ (1989-99) sowie Initiator des Weilheimer Literaturpreises (seit 1988). Für seine Verdienste als Literaturvermittler erhielt Denk u.a. das Bundesverdienstkreuz.
Kampf gegen die Rechtschreibreform
Auf der Frankfurter Buchmesse Anfang Oktober 1996 verteilte Friedrich Denk 2.000 Flugblätter „Stoppt die überflüssige, aber milliardenteure Rechtschreibreform! 10 Argumente gegen die Rechtschreibreform“. Dem folgte seine „Frankfurter Erklärung zur Rechtschreibreform“. Am 19. November 1996 gründete er die bayerische Bürgerinitiative „WIR gegen die Rechtschreibreform“, die damals einflußreichste Bewegung gegen die Rechtschreibreform. Bei der Unterschriftensammlung der bayerischen Volksinitiative gegen die Rechtschreibreform wurden schon am 20. Dezember 1996 die Voraussetzungen für ein Volksbegehren erreicht. Am 11. Oktober 1997 organisierte Denk in Weilheim eine Dichterlesung „Für die Einheit der Orthographie“ mit Ota Filip, Wulf Kirsten, Reiner Kunze, Loriot, Gerhard Ruiss, Albert v. Schirnding. Bald darauf trat Friedrich Denk am 6. März 1998 zusammen mit Manfred Riebe und Norbert Schäbler aus Protest gegen die „schüler- und bürgerfeindliche Sprachpolitik der CSU“ aus der CSU aus.
Am 22. August 2004 gründete Denk zusammen mit anderen Reformkritikern in München den Rat für deutsche Rechtschreibung. Dieser sollte nicht verwechselt werden mit dem Gremium gleichen Namens, das von der Kultusministerkonferenz wenige Tage später einberufen wurde und das unter dem Vorsitz von Staatsminister a.D. Hans Zehetmair bis 31. Juli 2005 die „schlimmsten Auswüchse“ der Rechtschreibreform beseitigen soll.
Auszeichnungen
* 1982 - Silbergriffel der Stiftung zur Förderung des Schrifttums e.V., München, für besondere Verdienste um die Vermittlung von Literatur
* 1986 - Bundesverdienstkreuz
* 1992 - Wilhelm-Hausenstein-Ehrung der Bayerischen Akademie der Schönen Künste
* 11. November 1996 - Kulturpreis der Bildzeitung (Grußwort: Dr. Edmund Stoiber, Laudatio: Professor Joachim Kaiser)
* November 1996 - „Mann des Jahres 1996“ des St. Galler Tagblattes
* 12. August 2004 - BILD-Orden „Retter der deutschen Sprache“ - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=2354#2354
Veröffentlichungen
BÜCHER
* Denk, Friedrich: Die verborgenen Nachrichten, Versuch einer Pressekritik, 1. Auflage, Eberfing: F. Denk [Selbstverlag], 1978, 174 Seiten, 3. Auflage 1979 - ISBN 3-9800207-0-3
* Denk, Friedrich: Die Zensur der Nachgeborenen. Zur regimekritischen Literatur im Dritten Reich. 1. Auflage, Weilheim i.OB: Denk-Verlag, 1995, 479 Seiten, 3., durchges. Auflage, 1996 – ISBN 3-9800207-6-2
* Friedrich Denk, Thomas Jaworek, Thomas Rücker, Thomas Schröer: ''Stoppt die überflüssige, aber milliardenteure Rechtschreibreform! 10 Argumente gegen die Rechtschreibreform''. Frankfurt am Main, 1. Oktober 1996 [Flugblatt anläßlich der Frankfurter Buchmesse]. In: [http://de.wikipedia.org/wiki/Zwischenstaatliche_Kommission_f%C3%BCr_deutsche_Rechtschreibung Hermann Zabel] (Hrsg.): ''Keine Wüteriche am Werk. Berichte und Dokumente zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung''. Hrsg. in Verbindung mit der [http://de.wikipedia.org/wiki/Gesellschaft_f%C3%BCr_deutsche_Sprache Gesellschaft für deutsche Sprache]. Hagen: Reiner Padligur Verlag, 1996, 448 S., ISBN 3-922957-46-3; hier: S. 389 ff.
* Friedrich Denk: ''„Eine der größten Desinformationskampagnen“''. In: Hans Werner Eroms, [[Horst Haider Munske]] (Hrsg.): ''[http://www.esv.info/download/katalog/inhvzch/9783503037865.pdf Die Rechtschreibreform. Pro und Kontra]''. Berlin: Erich Schmidt Verlag, 1997, S. 41-46 – ISBN 3 503 03786 1 - [http://books.google.de/books?id=oq86hN_CWdcC&pg=PA41&lpg=PA41&dq=%E2%80%9EEine+der+gr%C3%B6%C3%9Ften+Desinformationskampagnen%E2%80%9C&source=bl&ots=FTFt60dLim&sig=Ip63PdyOqMY-kSi_-N4vttYsRPU&hl=de&ei=XpApTNmCKdCbONfz3bID&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=1&ved=0CBYQ6AEwAA#v=onepage&q=%E2%80%9EEine%20der%20gr%C3%B6%C3%9Ften%20Desinformationskampagnen%E2%80%9C&f=false books.google.de] (Enthält das Flugblatt anläßlich der Frankfurter Buchmesse: ''„Stoppt die überflüssige, aber milliardenteure Rechtschreibreform! 10 Argumente gegen die Rechtschreibreform“'', Frankfurt am Main, 1. Oktober 1996, und einen Kommentar Friedrich Denks anhand seines Flugblattes und der „Frankfurter Erklärung zur Rechtschreibreform“ über die Bemerkung des Präsidenten der Kultusministerkonferenz Rolf Wernstedt, bei den Aktivitäten der Rechtschreibreform-Kritiker handele es sich um eine der größten „Desinformationskampagnen“ in der Geschichte der Bundesrepublik.)
* Friedrich Denk, Thomas Jaworek, Thomas Rücker, Thomas Schröer: ''Stoppt die überflüssige, aber milliardenteure Rechtschreibreform! 10 Argumente gegen die Rechtschreibreform''. Frankfurt am Main, 1. Oktober 1996 [Flugblatt anläßlich der Frankfurter Buchmesse]. In: Manfred Riebe, Norbert Schäbler, Tobias Loew (Hrsg.): ''Der „stille“ Protest. Widerstand gegen die Rechtschreibreform im Schatten der Öffentlichkeit''. St. Goar: Leibniz-Verlag, Oktober 1997, S. 298 S., ISBN 3-931155-10-2 (Dokumentation von 21 Initiativen gegen die Rechtschreibreform); hier: S. 219 f.
ARTIKEL
* Denk, Friedrich, Peter Lippert, Thomas Schröer, Friedrich Werner: Die literarische Turnhalle - Dichterlesungen in Weilheim. In: Schulreport Nr. 5, November 1985, S. 18-19
* Denk, Friedrich: Weilheimer Literaturpreis - Ilse Aichinger von Schülern ausgezeichnet. In: Schulreport Nr. 1, März 1988, S. 7
* Denk, Friedrich: Dichterlesungen - Literatur als Erlebnis. In: Schulreport Nr. 2, Juni 1994, S. 16-18
* Denk, Friedrich: Die belämmerte Gämse. In 21 Tagen durch die neue Rechtschreibung - ein „Intensiv-Kurs“ von Professor Friedrich Denk. 21 Lektionen. In: „Tägliches Alles“, österreichische Tageszeitung, 19.01. bis 08.02.1997
Literatur
* Thomas Paulwitz: Friedrich Denk. Der Rebell. In: Junge Freiheit Nr. 41 vom 1. Oktober 2004, S. 3 - http://www.jf-archiv.de/archiv04/414yy08.htm
Netzverweise
* Kurzbiographie - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=991#991
* Friedrich Denk in „Wer ist Wer?“ - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=3218#3218
* Denk, Friedrich, Thomas Jaworek, Thomas Rücker, Thomas Schröer: „Frankfurter Erklärung zur Rechtschreibreform“ mit einer Liste der 400 Erstunterzeichner vom 01. bis 17. Oktober 1996. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19.10.1996 - http://www.vrs-ev.de/resolutionen.php#denk
* Zur Gründung des „Rates für deutsche Rechtschreibung e.V.“ - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=1918#1918
* Hannelore Schütz: Was macht eigentlich... Friedrich Denk. In: stern.de – vom 20. August 2004 - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=1917#1917
Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Dienstag, 29. Jun. 2010 11:54, insgesamt 9mal bearbeitet |
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Manfred Riebe
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: Montag, 21. Feb. 2005 13:56 Titel: Friedrich Denk in „Wer ist Wer?“ |
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Friedrich Denk in „Wer ist Wer?“
DENK, Friedrich: Studiendirektor Gymnasium Weilheim - Kaltenmoserstr. 34, 82362 Weilheim (T. 0881 - 14-41) - Geb. 16. Dez. 1942 Wohlau/Schles. (Vater: Dipl.-Ing. Walter D.; Mutter: Dipl.-Ing. Lieselotte, geb. Schwarz), kath., verh. s. 1970 m. Gerda, geb. Schlick, 3 Kd. (Barbara, Wolfgang, Franziska) - Stud. German., Roman., Philos. Univ. München u. Bordeaux - S. 1969 Gymnasiallehrer München, Weilheim, London; 1996 Initiator d. „Frankfurter Erklärung z. Rechtschreibreform“, 1996 Gründer d. Initiative „WIR gegen d. Rechtschreibreform“ - BV: D. verborgenen Nachrichten, Versuch e. Pressekritik, 1978; D. Zensur d. Nachgeborenen - Zur regimekritischen Literatur im Dritten Reich, 1995; Gründer u. verantw. Redakt. Weilheimer Hefte z. Lit. (s. 1980), Londoner Lesehefte (1983-85) u. D. Lesebogen (1989-99) - 1982 Silbergriffel f. bes. Verdienste um Vermittl. v. Lit.; 1986 BVK; 1992 Wilhelm-Hausenstein-Ehrung d. Bayer. Akad. d. Schönen Künste; 1996 Kulturpreis d. Bildztg.
„Wer ist Wer?“ 2003/2004 |
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Manfred Riebe
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: Freitag, 07. Okt. 2005 16:57 Titel: Ein Interview mit Friedrich Denk |
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Ein Interview mit Friedrich Denk nach der „Frankfurter Erklärung zur Rechtschreibreform“
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Antreiber der Poeten
„Na, endlich“, jubeln die Anhänger der traditionellen Rechtschreibung: Endlich begehren die Schriftsteller gegen die Reform auf. Dagegen spottet der bayerische Kultusminister Zehetmair, der späte Protest wirke, als kämen die Kritiker gerade von einem mehrjährigen Auslandsaufenthalt in das bereits reformierte Vaterland zurück. Aber nicht unsere Dichter waren geistig abwesend, sondern ihr Diener und Antreiber Friedrich Denk ist erst spät, wenn auch vielleicht nicht zu spät, auf den Frevel aufmerksam geworden, den die Reformer gern in „Frefel“ umbuchstabiert hätten. Die Schriftsteller mögen gedacht haben, das Reförmchen sei ihrer Aufmerksamkeit nicht wert. Als Sprachschöpfer erneuern sie die Sprache nicht selten gegen die Regeln. Ein Deutschlehrer wie Denk wägt jedoch sorgfältig ab, ob die Neuregelungen die Sprache geschmeidiger und ausdrucksvoller machen oder nicht, ob sie das Verstehen und Schreiben erleichtern oder erschweren. Der Studiendirektor aus dem oberbayerischen Weilheim argwöhnt, die Schreibreform nutze nur Verlegern, die zumal an Lexika und Wörterbüchern viel verdienten.
Die meisten Lehrer sind, anders als Niedersachsens Ministerpräsident Schröder vermutet, keine faulen Säcke. Zumal Denk stellt sich und andere ständig unter Volldampf. Der 53 Jahre alte, im schlesischen Wohlau geborene und auf der Schwäbischen Alb und in Bayern aufgewachsene Germanist und Romanist ist ein Wirbelwind in allen Gassen der Literatur und Pädagogik. Daher war er mit der Organisation von Auftritten seiner Schriftstellerfreunde sowie mit einer Kampagne gegen die Verharmlosung von Drogen beschäftigt, als die Schreibreform beschlossen wurde. Erst zur Buchmesse hat er die neuen Regeln analysiert und jene Autoren zur Unterzeichnung einer „Frankfurter Erklärung“ gegen die Reform ermuntert, die er bei den von ihm und seinen Deutschkollegen organisierten Dichterlesungen für Schüler kennengelernt hat.
Kein berühmter Schriftsteller, der nicht in der Weilheimer Turnhalle gelesen hätte. Nirgends werden Schüler so liebevoll und begeisternd auf die Begegnung mit Autoren vorbereitet wie hier. Wer diese Feste der Literatur nacherleben möchte, lese die von Denk redigierten „Weilheimer Hefte zur Literatur“ (seit 1980) und seine „Lesebogen“ (seit 1989): Vorbilder für den Deutschunterricht. Pädagogischer Elan, Organisationstalent und Stehvermögen sind Voraussetzungen auch für den „Weilheimer Literaturpreis“, den einzigen großen Poeten-Preis, in dem nur Schüler als Juroren wirken. Selbstredend gehört Denk zu den Lehrern, die mit ihren Schülern am Projekt „Jugend schreibt“ dieser Zeitung teilnehmen: Abenteuer Literatur, Lust am Lesen, Freude am Schreiben. Einer seiner Schüler erhielt den F.A.Z.-Preis „Jugend schreibt“.
Sogar die Londoner hat Denk mit Poesie berauscht, als er dort von 1982 bis 1985 als Gastlehrer wirkte: Daran erinnern seine „Londoner Hefte“. Ilse Aichinger, Günter Grass und Martin Walser folgten seinem Ruf in die britische Hauptstadt, und sie gehörten auch zu den ersten, welche die „Frankfurter Erklärung“ gegen die Schreibreform unterzeichneten. Alle profitieren heimlich von Denks Feuereifer und Unverdrossenheit, die ihnen gleichzeitig unheimlich vorkommen. Der frühere bayerische Kultusminister Maier ermahnte Denk, er solle sich bei seiner Kampagne gegen das „Portmonee“ (statt Portemonnaie) nur keinen Herzinfarkt holen. Prompt antwortete der Unermüdliche: Für den Chikoree (statt Schikoree) zu sterben wäre „ein starker Abgang“. KURT REUMANN
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom Samstag, 12. Oktober 1996, Seite 12 - Zeitgeschehen |
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