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Ulrich Brosinsky
Registriert seit: 09.08.2004 Beiträge: 155 Wohnort: Weinstadt
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: Dienstag, 24. Aug. 2004 18:40 Titel: Die Vizepräsidentin des Bundestages Antje Vollmer |
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TRIALOG
Schreib- und Lebensregeln
Von Antje Vollmer
Die Schule hat begonnen und damit für die ganz Kleinen das, was sich der Ernst des Lebens nennt. Diesmal aber kommen sie in eine Situation, die nicht der Skurrilität entbehrt. Nach welchen Regeln werden sie richtig schreiben lernen? Nach den Regeln ihrer Eltern, fast aller Schriftsteller dieses Landes, nach den Regeln der großen Zeitungshäuser? Oder werden sie wie die Lämmer die Regeln der Kultusministerkonferenz und ihrer diversen Expertenkommissionen befolgen?
In wenigen Wochen, wenn die Ministerkonferenz getagt hat, werden wir es wissen. Ein selten spannender Prozess öffentlicher Meinungsbildung. Nein, das Vertrauen in die Institution wird nicht mehr erschüttert werden, als es sowieso schon ist, wenn diese so genannte Reform zurückgenommen würde. Nein, es bricht dann kein Chaos in den Computersystemen aus. Nein, Deutschland zeigt dadurch auch nicht, dass es überhaupt reformunfähig ist. Es lernt nur unterscheiden zwischen existenziell Notwendigem und reinen Kopfgeburten.
Wenn wir die Reform zurücknehmen, was ich von ganzem Herzen hoffe, dann werden wir ein paar neue Regeln kennen, die für Schul-, Lebens- und Politikanfänger in gleicher Weise wichtig sind: 1. Breche kein Reform vom Zaun, ohne mit den Hauptbetroffenen und den größten Liebhabern der Sprache eine intensive Auseinandersetzung geführt zu haben. 2. Mache dich kundig, was andere große Sprachfamilien für Erfahrungen haben. Mir ist nicht eine einzige bekannt, die eine so radikale Neuordnung allein nach abstrakten Vernunftregeln vorgenommen hätte. 3. Überprüfe das Kulturverständnis der Personen, die sich Kultusminister nennen. Vor allem: Überprüfe den Verfassungsrang einer Kultusministerkonferenz. Er existiert nicht. 4. Demokratie heißt: Korrigierbarkeit von Entscheidungen. Vorschläge, die sich in der Praxis so wenig bewähren, zu korrigieren, schwächt nicht die demokratischen Meinungsprozesse, sondern stärkt sie. 5. Verstecke dich mit deinen Argumenten nicht hinter dem Rücken anderer. Wenn die Akteure dieser offensichtlich misslungenen Reform permanent mit dem Kindes- und Schülerwohl argumentieren, sind Zweifel angebracht. 6. Lass deine Sprache nicht verarmen! Sie ist ein Stück deiner eigenen Geschichte und Identität, deren vielfältige Ausdrucksformen über Jahrhunderte dazu gedient haben, ganz genau das auszudrücken, was man meint. 7. Wir sind alle klüger geworden bei diesem Prozess.
Die Autorin ist Vizepräsidentin des Bundestags und Mitglied der Grünen.
http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/22.08.2004/1314449.asp
(Anm.: Die Befehlsform Einzahl von brechen heißt "brich!") |
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Ulrich Brosinsky
Registriert seit: 09.08.2004 Beiträge: 155 Wohnort: Weinstadt
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: Montag, 13. Sep. 2004 14:23 Titel: Wesentliche Träger der Sprachkultur nicht einbezogen |
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Vollmer für Rücknahme der Rechtschreibreform
Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer ist für eine vollständige Rücknahme der Rechtschreibreform. »Wesentliche Träger der Sprachkultur wurden nicht einbezogen, was jetzt einen entsprechenden Gegenwind ausgelöst hat«, sagte Vollmer. Die Kultusministerkonferenz habe einen »sehr problematischen Beschluss« gefasst. »Hier hätten die Ministerpräsidenten eine Aufsichtspflicht gehabt«, so die kulturpolitische Sprecherin der Grünen. Dagegen hatte sich die SPD-Spitze auf ihrer jüngsten Klausurtagung für die Einführung der umstrittenen Rechtschreibreform ausgesprochen. dpa
Main-Echo, 4. September 2004 - Kultur |
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Elke Philburn
Registriert seit: 03.12.2002 Beiträge: 246 Wohnort: Manchester UK
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: Freitag, 24. Sep. 2004 17:40 Titel: Politiker sollen sich entschuldigen! |
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Schlechtschreibreform
Politiker sollen sich entschuldigen!
Das Gespräch führte Julia Fischer
<b>Lehnt die Schlechtschreibung entschieden ab: Bundestags-Vizepräsidentin Antje Vollmer (61, Grüne)</b>
<i>Interview mit Bundestags-Vizepräsidentin Antje Vollmer (Grüne)</i>
BILD: Heute beraten die Ministerpräsidenten über die neuen Regeln zur Rechtschreibung. Warum sind Sie für die Rücknahme der Schlechtschreibreform, Frau Vollmer?
Antje Vollmer: Diese für alle so einschneidende Entscheidung ist durch kein einziges parlamentarisches Gremium gegangen – nicht einmal ein Länderparlament hat sich damit beschäftigt! Diese Reform ist eine Kopfgeburt aus den Hinterzimmern der Republik. Alle, die mit der Sprache umgehen: Dichter, Journalisten, Künstler, alle, die etwas besonders mit der Sprache ausdrücken wollen, sind einhellig dagegen.
Auch mit den Eltern sollte man sich nicht anlegen. Sollte die Reform wirklich kommen, hätten wir eine völlig gespaltene Schreibgesellschaft.
BILD: Kann die Reform überhaupt noch verhindert werden?
Vollmer: Es kann Vernunft bei den Ministerpräsidenten einsetzen. Sie haben eine Mitverantwortung, weil sie die Kultusminister haben laufen lassen. Ich appelliere an alle Länderchefs, die Rechtschreibreform, so wie sie beschlossen ist, zu stoppen. Das ist auch für die Bürokraten noch möglich. In der Alltags-Praxis halte ich sie schon für gestoppt, weil die Leute weiter so schreiben werden, wie sie wollen.
BILD: Und was ist mit den Schulkindern, die jetzt schon nach den Reformregeln lernen?
Vollmer: Was jetzt fällig ist, ist eine Entschuldigung bei den Kindern dafür, dass sie das Falsche lernen mussten! Die Fehlerquote scheint sogar noch höher zu sein als bei der alten Rechtschreibung. Also ist der „menschenfreundliche Ansatz“ der Reform auch gescheitert.
BILD: Welches Wort in der neuen Schreibweise tut Ihnen besonders weh?
Vollmer: Das Wort „Portmonee“. Und, dass mir etwas ,Leid‘ tun soll, was mir gar kein Leid antut. Ich hake beim Lesen immer an den Worten mit neuer Schreibweise fest. Normalerweise fließt der Satz und jetzt stocke ich und denke: absurde Fehler!
BILD: Wie schreiben Sie?
Vollmer: Ich schreibe alles, auch meine Pressemitteilungen, in der bewährten Schreibweise.<b>
<a href="http://www.bild.t-online.de/BTO/news/2004/09/23/schlechtschreibreform__entschuldigen/schlechtschreibreform__politiker__entschuldigen.html">Quelle: Bild-Zeitung</a></b>
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Freitag, 08. Okt. 2004 22:52 Titel: Kein einziges Parlament hat sich damit beschäftigt! |
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Kein einziges Parlament hat sich damit beschäftigt!
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Das Interview mit Antja Vollmer stand in BILD vom 23. September 2004.
Die Kernaussage Antje Vollmers:
Diese für alle so einschneidende Entscheidung ist durch kein einziges parlamentarisches Gremium gegangen – nicht einmal ein Länderparlament hat sich damit beschäftigt!
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Anmerkung:
Das ist der eigentliche Skandal! |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Freitag, 15. Okt. 2004 22:08 Titel: Dr. Antje Vollmer schreibt klassisch |
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Brief der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages
„Es wäre gut, wenn hier noch eine Korrektur möglich wäre.“
Dr. Antje Vollmer schreibt klassisch
Dr. Antje Vollmer
Mitglied des Deutschen Bundestages
Berlin, den 1. September 2004
Sehr geehrter Herr #########,
vielen Dank für Ihren Brief vom 19. Juli und die ermutigenden Worte und Hinweise zum Thema Rechtschreibreform, die ich mit Interesse gelesen habe.
Die Frage der Rücknahme der Rechtschreibreform ist zu schade für das mediale Sommerloch. Es handelt sich dabei um eine wichtige Facette unserer kulturellen Identität, die im Zuge der Globalisierung sowieso in immer neuer Weise gefährdet ist und auf die wir gut aufpassen müssen.
Es ist kein Geheimnis, daß die sogenannte Rechtschreibreform ihr wichtigstes Ziel, nämlich die Klärung von Zweifelsfällen und die Erleichterung des Spracherwerbs, verfehlt hat. Die Reformer haben Sprachgefühl, Sprachwissenschaft und die besten Kenner unserer Sprache, die Schriftsteller, schlicht übergangen und so - fast zwangsläufig - große Verwirrung und eine Spaltung hervorgerufen zwischen Schul- und Behördendeutsch auf der einen Seite und dem Deutsch, das der Rest der Gesellschaft schreibt, auf der anderen. Es wäre gut, wenn hier noch eine Korrektur möglich wäre.
Ich bin mir sicher, daß Sie auch weiterhin diese Debatte verfolgen werden und freue mich über Ihr Engagement.
Mit freundlichen Grüßen,
Antje Vollmer
1.9.2004 Dr. Antje Vollmer Briefpost
www.rechtschreibreform.com/Perlen/KraftBank/KraftBank.pl?FriSep314:31:12CEST2004 |
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Anita.E.Schühly
Registriert seit: 29.11.2004 Beiträge: 1 Wohnort: 79249 Merzhausen
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: Montag, 29. Nov. 2004 19:09 Titel: |
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Sehr verehrte Frau Vizepräsidentin!
Als ehemalige Deutschlehrerin (36 Jahre an Gymnasien) sehe ich mit großer Sorge, daß die Rücknehme der Rechtschreibreform noch keineswegs sicher ist.
Wenn es stimmt, daß innerhalb der Regierungsfraktionen Druck auf Abgeordnete ausgeübt wird, um sie zu veranlassen, für die Beibehaltung der Reform zu stimmen, dann kann ich nur hoffen, daß es einige beherzte Politiker und Politikerinnen gibt, die nicht nur ihre Stimme abgeben, sondern auch ein diesbezüglich aufklärendes Wort im Plenum zu sprechen wagen. Es dürfte hier keinen offenen und keinen verdeckten Fraktionszwang geben.
Das Schlimmste wäre, wenn die Debatte nur unter parteitaktischen Gesichtspunkten geführt würde, was aber leider zu befürchten ist. Wie sonst ist die völlig unklare Haltung etwa der Union zu erklären, u.a. auch der Rückzug
des Ministerpräsidenten Wulff, wie die Äußerungen Münteferings, der früher versprach, daß die Reform nicht durchgeführt würde, wenn nur ein Land ausscheren sollte, aber kürzlich eine sehr ideologische Bemerkung machte, so als sei die Angelegenheit Rechtschreibung eine letzte Bastion des elitären Bürgertums. Aber der Volksentscheid in Schleswig-Holstein wurde von Frau Simonis kassiert und wäre auch - nach dessen eigenem Bekunden- von ihrem Herausforderer Volker Rühe kassiert worden. Fragen über Fragen, und der mal wieder ohnmächtige Wähler sieht zu, wie Politiker, die Schaden von unserm Volk abwenden sollten, unsere Sprache schädigen und damit eben auch unser Volk.
Als Bürgerin, die zur Zeit die meisten Politiker nur als Taktierer und Drahtzieher hinter den Kulissen sieht (und das war in der Frage der Rechtschreibreform ja von Anfang an so!) wende ich mich an Sie, weil ich glaube, daß die obige Charakterisierung auf Sie nicht zutrifft.
Mit achtungsvollem Gruß
Anita Schühly _________________ Ich war an sich schon registriert und hatte durch Herrn Riebe mein Paßwort erhalten. Nun kome ich aber beim Einloggen nicht hinein. Bitte um Hilfe!
Anita Schühly |
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