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Süddeutsche Zeitung: Damisch

 
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Manfred Riebe



Registriert seit: 23.10.2002
Beiträge: 2840
Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg

Beitrag: Dienstag, 11. Nov. 2003 11:26    Titel: Süddeutsche Zeitung: Damisch Antworten mit Zitat

Süddeutsche Zeitung

„Wer nicht Englisch spricht, kann nicht mehr mitreden“

Deutsch wie Damisch


Chamer Schulleiter Franz Aschenbrenner fordert staatliche Initiativen gegen die Flut der Anglizismen Von Hans Kratzer

Cham – Vor kurzem stach Franz Aschenbrenner, dem kommissarischen Leiter der Chamer Berufsschule, ein Werbespruch ins Auge: „Ihr Kopf bedeutet uns alles.“ Leider war der Satz in Englisch gesetzt – „your head is our universe“. Vielleicht wollen die gar keine deutschen Kunden, dachte sich Aschenbrenner, der sich als Englischlehrer bei der Übersetzung von Anglizismen etwas leichter tut als viele andere Mitbürger. Er rief also im Friseurladen an und fragte – natürlich auf Englisch – nach einem Haarschnitt. „He, da is einer, der redt Englisch“, tönte es aus dem Hörer. Als auch der herbeigerufene Kollege nur radebrechte, brach Aschenbrenner seinen Versuch ab. „Die Deutschen geben sich allzu gerne englisch und amerikanisch, aber sprachlich haben sie die Anpassung noch nicht ganz geschafft“, faßt er seine Erfahrungen zusammen.

Seit Jahren beobachtet Aschenbrenner das Eindringen englischer Begriffe in die deutsche Sprache, weil ihn diese Entwicklung ärgert. Selbst in Cham schießen die „business parks, backshops, meeting points und call center“ wie Pilze aus dem Boden. „Viele Menschen verstehen das nicht mehr“, sagt Aschenbrenner. Dabei wäre das gar nicht notwendig. Aber es fehle das Bemühen, deutsche Begriffe zu suchen. Auch der „Förderverein bairische Sprache“ stellte fest: Wer phantasievolle deutsche Werbesprüche sucht, wird am ehesten bei der ausländischen Konkurrenz fündig (Air France: „Wir erobern ihr Herz im Flug“).

Einer, der nicht Englisch spreche, könne in Deutschland nicht mehr mitreden, klagt Aschenbrenner. Laut Untersuchungen wissen aber nur 15 Prozent, was der Siemens-Konzern mit dem Spruch „Be inspired“ meint, noch weniger, was hinter der Vanity-Nummer der Telekom steckt. Aschenbrenner hat außerdem den Fachbegriff Denglisch (Deutsch-Englisch) in Damisch (Deutsch-Amerikanisch) umgetauft, weil die meisten Spracheinflüsse aus Amerika kämen. Man müsse die Schüler für diese Entwicklung sensibilisieren, sagt er. Als CDU und CSU auf die „challenge Bundestagswahl“ mit der Einrichtung eines „headquarters“ reagierten, schrieben seine Klassen einen Brief an die Parteizentrale, und siehe da: Zusammen mit anderen Protestlern hatten die Chamer Berufsschüler erreicht, daß der Begriff „headquarter“ bei den Unionsparteien fortan nicht mehr auftauchte. Die Sprache der Politiker sei überhaupt sehr reich an Anglizismen, stellten die Schüler fest.

Vor allem aber sorgt sich Aschenbrenner um die Entwicklung an der Schule. Selbst das Kultusministerium werde nicht müde, Bayern-Viewer zu versenden, Task Forces zu bilden und Kurse mit einem Master Teacher anzubieten. Dabei müßte doch die Sprachbildung der Schüler und die Entwicklung der deutschen Sprache ein staatliches Grundanliegen sein, sagt Aschenbrenner. Aber: „Es wird nichts gemacht.“ Um dies zu ändern, hat er bereits prominente Mitstreiter gewonnen, darunter den CSU-Landtagsabgeordneten Walter Eykmann, Josef Kraus (Präsident des Deutschen Lehrerverbandes), Peter Peltzer (Vorsitzender des Bayerischen Realschullehrer-Verbandes) und Schriftsteller wie Bernhard Setzwein und Paul-Wolfgang Wühr. Ihr Anliegen ist die Aufnahme des Themas „Entwicklung der deutschen Sprache“ in den Lehrplan und die Bekanntmachung dieser Maßnahme durch das Kultusministerium. Thomas Höhenleitner, Sprecher des Ministeriums, läßt jedoch den Vorwurf, es werde an den Schulen zu wenig gemacht, nicht gelten. Das Thema Sprachbetrachtung ziehe sich in allen Facetten durch die Lehrpläne der Jahrgangsstufen fünf bis elf. „Die Schule sensibilisiert die Schüler durchaus für den Umgang mit Sprache, aber den Sprachwandel an sich kann sie nicht stoppen.“

Süddeutsche Zeitung Nr. 259 vom 11. November 2003
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Mein Kommentar:
Die Aufnahme des Themas „Entwicklung der deutschen Sprache“ in den Lehrplan ist wünschenswert. Aber merkwürdig ist, daß das Gegenstück der „Entwicklung der deutschen Sprache“, die Konstruktion der Rechtschreibreform überhaupt nicht angesprochen wird.
Ich habe deswegen im Text wenigstens die traditionelle ß-Schreibung wiederhergestellt.

Für diejenigen, die Anglizismen als Greuel empfinden, gibt es folgende Hilfen:
Paulwitz, Thomas, Micko, Stefan: „Engleutsch? Nein, danke! Wie sag ich's auf deutsch?“ Ein Volks-Wörterbuch, 2. Auflage, Erlangen und Wien, 2000, 132 Seiten, ISBN 3-00-005949-0
Pogarell, Dr. Reiner / Schröder, Markus (Hrsg.): Wörterbuch überflüssiger Anglizismen. Paderborn: IFB Verlag Institut für Betriebslinguistik, 1999

Stefan Micko war langjähriger Vorsitzender des Wiener Vereins „Muttersprache“. Thomas Paulwitz ist Schriftleiter der Sprachzeitung „Deutsche Sprachwelt“, Erlangen: www.deutsche-sprachwelt.de

Das Büchlein der VDS-Autoren Pogarell/Schröder ist leider in neuer Beliebigkeitsschreibung verfaßt. Wie können Mitglieder des Vereins zur Wahrung der deutschen Sprache (VWDS), heute Verein deutsche Sprache (VDS), sich so widersprüchlich und damit unglaubwürdig verhalten?
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Eva



Registriert seit: 25.09.2003
Beiträge: 4
Wohnort: Hamburg

Beitrag: Donnerstag, 19. Feb. 2004 15:36    Titel: Damisch Antworten mit Zitat

Jung und peppig, überaus creativ und selbstverliebt: Das ist wahrscheinlich das Profil derer, die uns solche Dinge einbrocken. Die wahrscheinlich gar nicht auf die Idee kommen, daß weder die Verbraucher noch die Mitarbeiter der werbenden Firma zwangsläufig Englisch verstehen. Es müssen solche Werbeleute sein, die dann die Parole einfach übernommen haben, die im Deutschen ein wenig zweischneidig rüberkommt: "Come in and find out", was schon mancher als ein "rein und gleich wieder raus" interpretiert hat - rückwärts durch die Parfümnebel stolpernd?
Am ärgsten ignorieren die Fußballreporter die Existenz guter alter Wörter. Wie zum Beispiel "fechten". "Er hat bis zum Schluß toll gefightet", heißt es dann. Aber doch auch im Englischen gibt es für dieses Wort eine Beugung: fight, fought, fought, so habe ich es in der Schule wenigstens gelernt. Warum also hat er nicht bis zum Schluß gefochten? Meinetwegen toll, denn toll im guten alten Sinne von verrückt ist schon so manches, was an eigenen Erfindungen uns da im Niemandsland zwischen den Sprachen aufgetischt wird.
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In mir ist's nicht geheuer, da wohnt ein Zuckerstreuer, und wenn der mal erwacht, dann -- gute Nacht! (Gernhardt)
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