Gehört "verstetigen" in die Wörterbücher?

[Günter Schmickler]

Ist "verstetigen" eines Lemmas würdig?

In letzter Zeit ist mir in Zeitungsartikeln des öfteren das Verb „verstetigen“ aufgefallen. Dieses Wort, das im Sinne von „festigen, konsolidieren, für die Zukunft sichern“ gebraucht wird, war mir bisher nicht bekannt. Man findet es jetzt regelmäßig in Artikeln, die sich mit dem aktuellen „Wirtschaftsaufschwung“ befassen. Natürlich wünscht jedermann, daß eine Wendung zum Besseren möglichst lange anhält, also „verstetigt“ wird. Das Wort klingt in meinen Ohren etwas merkwürdig. Liegt das an der mangelnden Gewöhnung oder vielleicht doch an einem natürlichen Abwehrinstinkt gegenüber nutzlosen Neuerungen? Ich weiß nicht so recht.
Wie dem auch sei – das Wort „verstetigen“ scheint in unserer Sprache Fuß gefaßt zu haben. So stellte die Politikerin Claudia Roth (Grüne) kürzlich fest, daß es gerade jetzt notwendiger denn je sei, deutlich mehr Ressourcen in Programme gegen Rechtsextremismus und für die Opfer rechter Gewalt bereitzustellen und diese Mittel zu „verstetigen“. Der CSU-Politiker Stefan Schuster forderte, die staatliche Förderung des Projektes „Pädagogik rund um das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände Nürnberg“ zu „verstetigen“
In älteren Wörterbüchern, so in der 17. Auflage des Duden (1973) und im Wahrig von 1986 ist das Wort „verstetigen“ nicht aufgeführt. Es findet sich jedoch schon im ersten „Reformduden“ von 1996 und in Icklers „Deutscher Einheitsorthographie“ (1999). Der „Wahrig“ hat sich anscheinend bis heute mit „verstetigen“ nicht anfreunden können – das Wort fehlt auch in der neuesten Ausgabe von 2006. Zeugt dies von gutem Geschmack oder von Nachlässigkeit? Google meldet für „verstetigen“ nicht weniger als 94.700 Fundstellen!

Warten wir also ab, ob „verstetigen“ sich verstetigen kann, oder ob es in einigen Jahren sang- und klanglos im Orkus der Sprachgeschichte verschwunden sein wird.