Günter Schmickler
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: Sonntag, 08. Apr. 2007 16:01 Titel: Muß der Zeitgeist die Sprache dominieren? (Glosse) |
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Muß der “Zeitgeist” die Sprache dominieren?
Zur Zeit sind in Nordrhein-Westfalen die Sprachtests für Kindergartenkinder (s. entspr. Faden in diesem Forum unter „Schule“) ein „heißes“ Thema.
Ich halte es ja durchaus für eine gute Sache, daß vielen Knirpsen demnächst eine gezielte Sprachförderung zuteil werden soll. Eine solche hätten aber auch, so meine ich, all die Ministerialbürokraten und die Journalisten bitter nötig, die uns tagtäglich mit Sprachkreationen wie „Migrationshintergrund“ oder „Sprachkompetenz“ auf den Wecker gehen. Wenn ich mich recht entsinne, konnte ich mich als Vierjähriger im Sandkasten leidlich gegen meine Spielkameraden behaupten. Hatte ich deshalb eine „zufriedenstellende Sandkastenkompetenz"?
Noch etwas liegt mir am Herzen: Könnte den Kindern im Rahmen der Sprachförderung nicht die ordentliche Aussprache eines kurzen „i“ und eines offenen „ä“ beigebracht werden? Es wäre doch schon einiges gewonnen, wenn die „Kids“ anstatt der in ihrer Altersgruppe besonders beliebten „Föschsteebchen“ künftig wieder „Fischstäbchen“ äßen (nicht "eeßen")! Meiner alten Tante Keethe ginge gewiß das Herz auf, wenn sie wieder als „Tante Käthe“ angeredet würde. Hoffentlich erlebt sie das noch! Man stelle sich auch vor, der Name des „rheinischen Uradels“ lautete nicht mehr „Schmötz“, wie es heutzutage allerorten zu hören ist, sondern sogar für jugendliche Rheinländer wieder „Schmitz“ – so, wie es in der „guten, alten Zeit“ selbstverständlich war. Schließlich male ich mir aus, wie verdutzt die Fahrgäste der Deutschen Bahn wären, wenn die in Köln ankommenden oder abfahrenden Züge in naher Zukunft keine „Vaspeetung“ mehr hätten, sondern „Verspätung“, wie es sich für unsere Sprachregion gehört.
Aber man soll sich als Realist solchen Illusionen gar nicht erst hingeben. Ich könnte mir eher vorstellen, daß bei der nächsten „Anpassung“ der deutschen Rechtschreibung auf das „ä“ ganz verzichtet wird und an die Stelle eines kurzen „i“ ein „ö“ tritt. Aus dem berühmten „Binnen-I“ der „taz“ und der Gewerkschaftspresse wird dann ein „Binnen-Ö“: „WeelerÖnnen“ und „MandatstreegerÖnnen" – in einigen Jahren vielleicht „zeitgemeeße“ Schreibungen“! |
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