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Warnow Kurier

 
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Manfred Riebe



Registriert seit: 23.10.2002
Beiträge: 2840
Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg

Beitrag: Samstag, 08. Nov. 2003 13:21    Titel: Warnow Kurier Antworten mit Zitat

LESERECHO
Zu: „Selbst ernannte Sprachhüter“ (Warnow Kurier 15.10.2003)
Viel versprechender Schaumschläger?

Stefan Krieg hat recht: „Die Sprache gehört dem Volk!“ Das beschloß der Deutsche Bundestag am 26. März 1998. Deshalb ist es ein Skandal, daß der Neuschrieb dem Volk undemokratisch an den Parlamenten vorbei aufgezwungen wurde.

Stefan Krieg fragt: „Aber leidet wirklich der „präzise sprachliche Ausdruck“ unter der Reform?“ Er antwortet: „Kaum“, aber bleibt den Beweis schuldig.
Welchen Murks die Kultusminister angeordnet haben, sieht man an folgenden Beispielen. Die bayerische Kultusministerin Monika Hohlmeier sagte: „Die Sozialdemokraten haben über viele Jahre hinweg in der Bildungspolitik alles, was Leistung, Erziehung und Wertorientierung anging, schlecht gemacht“ Gemeint ist „schlechtgemacht“, aber das Wort gibt es dank der neuen Primitiv- und Beliebigkeitsschreibung nicht mehr.

Monika Hohlmeiers Amtsvorgänger Hans Zehetmair berichtete, die neue Rechtschreibung sei viel einfacher, die Schüler machten nun 50 Prozent weniger Fehler. Ist der Minister ein „vielversprechender“ Hoffnungsträger oder ein „viel versprechender“ Schaumschläger? Zehetmair wurde bald darauf beim Münchener Nockherberg als „Märchenerzähler“ derbleckt, d.h. verulkt. Dann mußte der „viel versprechende“ Minister sein Amt an die Straußtochter abgeben.

Durch solche neuen Getrenntschreibungen wie „viel versprechend“ geht die Eindeutigkeit der Sprache verloren; die „Reformer“ haben willkürlich in die Grammatik und den Bedeutungsbereich der Sprache (Semantik) eingegriffen. Sie haben das Präzisionsinstrument der grammatisch präzisen, ästhetischen traditionellen Orthographie gewissermaßen in ein grobes Werkzeug zurückverwandelt. Aus der einheitlichen Rechtschreibung wurde so eine Beliebigkeitsschreibung, ähnlich dem Schreibwirrwarr der Goethezeit. [Vgl. www.vrs-ev.de]

Krieg behauptet: „Eine der wichtigsten Änderungen ist, dass nach einem kurzen Vokal statt „ß“ jetzt grundsätzlich „ss“ gesetzt wird.“ Er irrt; denn der Betonungsgrundsatz der Reformer gilt für viele Wörter nicht, z.B. Ast, du bist (aber: du musst), Bus, fast, Gast, Hast, du hast (aber: du hasst), er ist (aber: er isst), Kenntnis, Kultus, Last, Mist, Verhängnis, Zeugnis, usw. Deshalb steigt die Fehlerzahl gerade auf diesem Gebiet.

Man muß auch nicht zum Boykott der Rechtschreibreform aufrufen, wie Stefan Krieg meint. Der Neuschrieb boykottiert sich auf Grund seiner Mängel selber. Man muß nur Journalisten über ihre Irrtümer aufklären. Es handelt sich um eine Beliebigkeitsschreibung, einen Mischmach herkömmlicher, „neuer“ und individueller Schreibweisen, wie man ihn in den Zeitungen sehen kann, so daß das große Werk Konrad Dudens, die einheitliche Rechtschreibung zerstört wird.

Krieg behauptet auch, daß die Schüler es nun leichter hätten, weil die neuen Regeln einfacher zu verstehen seien als die alten. Das Gegenteil ist der Fall; denn die Fehlerzahlen sind infolge der „Reform“ gestiegen.

Im übrigen stellte das Bundesverfassungsgericht fest, daß die Reform auf die Schulen beschränkt sei. Jedermann könne auch über das Jahr 2005 hinaus weiterschreiben wie bisher.

Manfred Riebe, OStR i.R., Dipl.-Kfm.
Vorstandsmitglied und Pressesprecher des VRS
Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V. [www.vrs-ev.de]
90571 Schwaig bei Nürnberg

(Der Brief wurde auf Wunsch des Autors genau so übernommen, wie er ihn verfasst hat: in der alten Rechtschreibung)

Anmerkung der Redaktion: Wie bereits im Artikel „Selbst ernannte Sprachhüter“ erwähnt: Die neue Orthographie hat unbestreitbar Schwächen. Manfred Riebe bringt in seinem Brief einige schöne Beispiele. Was allerdings die Schreibung mit „ss“ oder „ß“ betrifft, so gab es das Betonungsproblem schon zuvor. Warum hieß es also einerseits „mußt“ andererseits aber „Mist“? Weil „mußt“ von „müssen“ kommt ...
Eben: Die Schreibung „musst“ ist nur logisch, ebenso wie beispielsweise „hasst“ (von „hassen“) und isst“ (von „essen“). Die deutsch sprechenden Schweizer kennen übrigens überhaupt kein „ß“.
Stefan Krieg

Warnow Kurier, Ausgabe am Mittwoch, Nr. 43 vom 22. Oktober 2003, S. 2
_______________________________

Anmerkungen:
1. Der „Warnow Kurier“ - die etwas andere Wochenzeitung - erscheint seit November 1990 mit einer Auflage von mittlerweile 127.685 (Sonntag) bzw. 141.000 Exemplaren (Mittwoch) als kostenlose Wochenzeitung für Mecklenburg Vorpommern in der Region Rostock, Bad Doberan, Ribnitz-Damgarten. Der „Warnow Kurier“ gehört zur G + J Anzeigenzeitungen GmbH. Internet: www.rostockonline.de. G + J heißt Gruner + Jahr. G+J gehört wiederum dem Medienriesen Bertelsmann ... Es ist daher bemerkenswert, daß die Redaktion den Leserbrief brachte. Gedruckt wird der Kurier in einer der modernsten Zeitungsdruckereien Europas, die Gruner + Jahr 1996 in Berlin gebaut hat.

2. Redakteur: Stefan Krieg, „Schweriner Kurier“, Tel. (03 85 / 5 90 58-16) - krieg@schwerinonline.de

3. Die einzigen Kürzungen waren die Internetadresse des VRS, die zweimal gestrichen wurde: www.vrs-ev.de, die Quellenangaben und das VRS-Motto: „Es ist nie zu spät, Natur-, Kultur- und Sprachzerstörung, Entdemokratisierung, Korruption und Steuerverschwendung zu stoppen!“ (VRS)

4. Ich hatte nach dem Betreff geschrieben: „Authentischer Abdruck gemäß Urheberrecht erbeten! - (1)“ und in der Fußnote erläutert: „1) Die Märkische Allgemeine Zeitung schrieb z.B. erläuternd dazu: „Der Autor ist Vorstandsmitglied des Vereins für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V. Auf seinen Wunsch wurde im Text die herkömmliche Rechtschreibung beibehalten.“ Bemerkenswert ist, daß die Redaktion so fair war, meinem Wunsch zu entsprechen, und den Brief in der traditionellen Orthographie abdruckte. Das ist eine Ermunterung für andere Leserbriefschreiber, diesen Wunsch ebenfalls zu äußern.

5. Als Reaktion auf meinen Leserbrief, erschien ein Leserbrief von Frau Professor Dr. phil. Liselot Huchthausen: Umlernen ist ein Sache der Motivation. In: Warnow Kurier vom Sonntag, den 2. November 2003, S. 2. Da Liselot Huchthausen vielfache Autorin lateinischer Lehrbücher ist, vertritt sie die Interessen dieser Schulbuchverlage, deren Produkte von den Kultusministern genehmigt werden müssen. Sie ist Kollegin des Rechtschreibreformers Professor Dieter Nerius, Universität Rostock, Leiter der Forschungsgruppe Orthographie an der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin 1974-1990, Mitglied der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung.
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