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Liebhabereien

 
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Günter Schmickler



Registriert seit: 11.05.2003
Beiträge: 310
Wohnort: 53842 Troisdorf

Beitrag: Donnerstag, 16. Nov. 2006 15:13    Titel: Liebhabereien Antworten mit Zitat

Das Verb “liebhaben“ gehörte im „vorreformatorischen“ Duden zu den unfesten Zusammensetzungen. Entsprechend wurden auch „liebgewinnen“, „liebbehalten“ und „liebkosen“ zusammengeschrieben. Der „Wahrig“ (Ausgabe 1986) stimmt, was die „auf Liebe bezogenen“ Verben angeht, mit dem Duden überein. Im „Wörterbuch der allgemein üblichen Rechtschreibung“ von Theodor Ickler sieht das ein wenig anders aus: „liebhaben“ und „liebgewinnen“ sind jeweils mit dem „Sowohl-als-auch-Bogen“ versehen, was darauf schließen läßt, daß die Zusammenschreibung im allgemeinen Schreibgebrauch nicht fest etabliert war. Ickler muß bei seinen Recherchen auf eine relevante Zahl von Belegstellen für die Getrenntschreibung gestoßen sein. „Liebbehalten“ ist bei Ickler nicht aufgeführt, „liebkosen“ erscheint ohne Bogen, mithin als unstrittige Zusammensetzung.
Zu „liebhaben“ gibt es das Synonym “ gern haben“. Diese Wortfolge wurde sowohl bei Duden als auch bei Wahrig als auch bei Ickler immer getrennt geschrieben. Wer irgendwann gelernt hatte, daß die Zusammen- oder Getrenntschreibung dem Leser Bedeutungsunterschiede vermitteln sollte, mochte vielleicht nicht recht einsehen, warum „gern haben“ im Sinne von „liebhaben“ nicht zusammengesetzt wurde, um den Unterschied zu der Bedeutung „zu erwerben beabsichtigen“ – „Ich möchte diese Halskette gern haben“ –
hervorzuheben. Freilich kommt die Wortfolge in letzterer Bedeutung fast ausschließlich im Infinitiv und in Verbindung mit „möchte“ vor, so daß eine Verwechslung der beiden Bedeutungen praktisch ausgeschlossen war.
Dann kam im Jahre 1996 die Rechtschreibreform mit ihrer unseligen „Steiger- oder Erweiterbarkeitsregel“. Da man jemanden auch sehr liebhaben kann, sollte man fortan stets getrennt schreiben: lieb haben, sehr lieb haben.
Die „Reform der Reform“ hat nun seit dem 1. August 2006 erlaubt, einen Mitmenschen wieder schlicht „liebzuhaben“, aber der Duden rät davon ab. Er möchte, daß wir uns weiterhin, wie seit 1996, „lieb haben“. Wahrig (2006) gibt sich in diesem Falle unparteiisch:
„Wenn unklar ist, ob eine Fügung aus Adjektiv und Verb idiomatisiert ist, also ob ihre Gesamtbedeutung nicht aus den Bedeutungen der Einzelbestandteile ersichtlich ist, kann sowohl zusammen- als auch getrennt geschrieben werden. Dies gilt auch für die Verbindung des Adjektivs „lieb“ mit den Verben „behalten“, „gewinnen“ und „haben“.
Folgen hingegen die Wörter „gern“ und „haben“ aufeinander, so gibt es seit 1. August 2006 weder bei Duden noch bei Wahrig Pardon: im Sinne von „lieben“ darf man sie nur noch zusammenschreiben – „ein Mädchen „gernhaben“ - , im Sinne von „erwerben wollen“ wie bisher auseinander: „Ich möchte diese Halskette gern haben“.

Vorläufiges Resümee:

Bis 1996/98 durfte ich meinen Schatz nur – von Icklers „Toleranzbögelchen“ mal abgesehen – „liebhaben“ oder „gern haben“,

von 1996/98 bis 2006 durfte ich meinen Schatz nur „lieb haben“ oder „gern haben“,

seit 1. August 2006 darf ich meinen Schatz auch wieder „liebhaben“, aber der „Duden“ rät mir, ihn „lieb zu haben“. „Gern haben“ darf ich meinen Schatz nicht mehr, ich habe jetzt die Wahl, ihn „gernzuhaben“, „lieb zu haben“ oder – wenn ich Dudens Rat in den Wind schlage – liebzuhaben.

O du schöne deutsche Rechtschreibwelt!

Eine letzte Bemerkung zu diesem Thema:
Der neuen Schreibung „gernhaben“ kann man die grammatische Logik nicht absprechen, sie widerspricht aber dem hergebrachten orthographischen Prinzip der „Deskription“. Ein Beispiel unter vielen dafür, daß es kaum möglich ist, in der deutschen Orthographie Logik und allgemeinen Schreibgebrauch unter einen Hut zu bringen. Entspricht nun die Dudenempfehlung „lieb haben“ der grammatischen Logik? Darüber kann man streiten, sie widerspricht aber auf jeden Fall dem allgemeinen Schreibgebrauch.
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