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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Dienstag, 25. Nov. 2003 17:03 Titel: Süddeutsche Zeitung |
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Schlechte Reform
Rechtschreibung droht Beliebigkeit
Christian Meier, Sprachwissenschaftler und Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, ist vom Scheitern der Rechtschreibreform überzeugt. Obwohl die Reform seit 1999 verbindlich eingeführt ist, sei ihre Rücknahme bereits im Gange, sagte Meier bei der Frühjahrstagung der Akademie am Freitag. Selbst in der neuesten Ausgabe des Duden seien Teile der Reform bereits zurückgenommen worden. Der Wissenschaftler befürchtet nun eine gewisse Beliebigkeit bei der Rechtschreibung.
dpa
In: Süddeutsche Zeitung vom Samstag, 5. Mai 2001, FEUILLETON, S. 13
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Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Sonntag, 07. März. 2004 17:13, insgesamt 1mal bearbeitet |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Montag, 19. Jan. 2004 21:17 Titel: Aktion: Information und Aufklärung der Süddeutschen Zeitung |
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Aktion: Information und Aufklärung der „Süddeutschen Zeitung“ und ihrer Leser
Ich eröffnete im Forum der „Süddeutschen Zeitung“ im Bereich „Kultur“ in der Rubrik „Wie finden Sie uns?“ (gemeint ist die SZ!) einen Strang „Rechtschreibreform“:
Bitte klicken Sie hier:
www.sueddeutsche.de/app/service/forum/
Als erstes stellte ich die Frage hinein:
„Gibt es im Bereich „Kultur“ keinen Strang „Rechtschreibreform“ oder „PISA und die Rechtschreibreform“? Kann ich den selber einrichten?“
Nachdem ich keine Antwort erhielt, begann ich mit der Information und Aufklärung mit dem Hinweis auf das "Rheinpfalz"-Forum. Ein Problem ist, daß Moderatoren vorgeschaltet sind, die prüfen, ob ein Beitrag politisch korrekt ist. Diese Prüfung kann schon einmal am Wochenende 3 Tage dauern ... Man braucht also etwas Geduld: „Seid geduldig in Trübsal!“
Schauen Sie doch einmal hinein! Vielleicht fällt Ihnen dazu etwas ein.
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Mittwoch, 21. Jan. 2004 08:49 Titel: Podiumsdiskussion mit Thomas Goppel |
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<b>Podiumsdiskussion mit Thomas Goppel</b>
Unter dem Titel „Zukünftige Perspektiven der Kulturpolitik in Bayern“ steht die Podiumsdiskussion „Forum des Monats“, an der am heutigen Dienstag um 19 Uhr in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste Thomas Goppel, der neue bayerische Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, teilnimmt. Unter der Leitung des früheren Kulturchefs des Bayerischen Rundfunks, Walter Flemmer, diskutieren mit Goppel über die gerade von der Staatsregierung verordneten Sparmaßnahmen: Andreas Zielke (SZ), Hannes Hintermeier (FAZ), Sabine Dultz (Münchner Merkur) und Volker Isfort (AZ). Max-Joseph-Platz 3.
Go
Süddeutsche Zeitung vom 20.01.2004
http://www.sueddeutsche.de/sz/muenchen/red-artikel740/ |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Donnerstag, 29. Jan. 2004 23:39 Titel: SZ-Forum zur Rechtschreibreform |
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<b>Neu: SZ-Forum zur Rechtschreibreform:
„Das geschieht den Rechtschreibreformern und Kultusministern ganz recht!“</b>
Im SZ-Forum wurde im Bereich „Kultur“ anläßlich des Topthemas: „Vorsicht: Rechtschreibreform - Hüter des verlorenen Satzes“ bzw. „Das geheime Sprachamt - Die Rechtschreibreform darf sich bald verselbständigen“ zum 4. Bericht der „Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung“ ein „Neues Forum“ eröffnet. Es heißt:
<b>„Das geschieht Ihnen ganz Rechtschreibung!“</b>
Gemeint ist natürlich: „Das geschieht den Rechtschreibreformern und Kultusministern ganz recht!“ Moderator ist ein Redakteur der Kulturredaktion. Er schreibt:
Die „Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung“ schwingt mal wieder den Hammer: Aus „allein stehend“ darf wieder „alleinstehend“ werden, die „erste Hilfe“ darf wieder „Erste Hilfe“ sein. Inzwischen wuchern trotz der angeblichen Vereinheitlichungen tausende privater Mischformen in der deutschen Rechtschreibung, und es gibt weit und breit keinen Überblick: Neue Änderungen seien daher notwendig, so die Kommission. Es gehe aber nur um „Varianten“. Wonach aber sollen die Lehrer korrigieren, wenn sie ab dem 31. Juli 2005 alle Fälle von alter Rechtschreibung als Fehler markieren müssen? [Thomas Steinfeld]
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www.sueddeutsche.de/app/service/forum/postlist.php?Cat=&Board=Rechtschreibung
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Freitag, 30. Jan. 2004 18:57 Titel: SZ-Forum zur Rechtschreibreform gut besucht |
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<b>SZ-Forum zur Rechtschreibreform gut besucht</b>
Das neue SZ-Forum zur Rechtschreibreform hatte einen Blitzstart. U.a. stehen folgende Beiträge drin:
Karl Eichholz: Sinnunterscheidungen nivelliert
Manfred Riebe: Zur Rücknahme der Rechtschreibreform
www.sueddeutsche.de/app/service/forum/postlist.php?Cat=&Board=Rechtschreibung
Bei meinem letzten Beitrag mußte ich 9 Tage warten. Der Moderator schreibt im Forum: <b>„Ihr Beitrag wurde hinzugefügt. Da dieses Forum moderiert wird, erscheint Ihr Beitrag erst nach Freigabe eines Administrators oder Moderators.“</b>
Nun stehen die Beiträge manchmal innerhalb weniger Stunden drin. Aber am Wochenende dauert es meist drei Tage. Nach meiner Reklamation beim Chefredakteur Helmut Martin-Jung stand plötzlich das neue Forum drin. Eine bessere Antwort konnte ich nicht erwarten. Ich stelle meine E-Mail als Beispiel hinein an:
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Helmut Martin-Jung <helmut.martin-jung@sueddeutsche.de>
redaktion@sueddeutsche.de
sz.kultur@sz-online.de
Manfred Riebe
Max-Reger-Str. 99
D-90571 Schwaig bei Nürnberg
Tel. (0911) 50 08 25
Süddeutsche Zeitung
Herrn Helmut Martin-Jung
Sendlingerstr. 8
80331 München
27.01.2004
SZ-Forum
Sehr geehrter Herr Martin-Jung,
ich gratuliere Ihnen zu Ihrem nun sehr modernen Internet-Forum. Aber es muß auch funktionieren ... Mir ist es zwar gelungen, einige Beiträge hinzustellen. Man muß aber sehr viel Geduld aufbringen, bis der Moderator einen Beitrag hineinstellt. Drei Tage sind noch wenig. Im Gästebuch der ebenfalls moderierten „Nürnberger Nachrichten“ - http://gaestebuch.nordbayern.de/ - erscheinen die Beiträge nach einer halben Stunde bis maximal einem Tag. Diesmal dauert es im SZ-Forum schon eine Woche. Da stimmt doch etwas nicht.
Ich eröffnete im Forum der „Süddeutschen Zeitung“ im Bereich „Kultur“ in der Rubrik „Wie finden Sie uns?“ (gemeint ist die SZ!) einen Strang „Rechtschreibreform“: Bitte klicken Sie hier:
http://www.sueddeutsche.de/app/service/forum/showflat.php?Cat=&Board=Relaunch&Nu mber=12694&page=0&view=collapsed&sb=5&o=&fpart=1
Als erstes stellte ich die Frage hinein:
„Gibt es im Bereich „Kultur“ keinen Strang „Rechtschreibreform“ oder „PISA und die Rechtschreibreform“? Kann ich den selber einrichten?“
Nachdem ich keine Antwort erhielt, begann ich mit der Information und Aufklärung mit dem Hinweis auf das „Rheinpfalz“-Forum. Ein Problem ist, daß Moderatoren vorgeschaltet sind, die prüfen, ob ein Beitrag politisch korrekt ist.
Ich hatte am 20.01. den Beitrag: „Kulturrevolutionärer Klassenkampf“ in das Forum der Süddeutschen Zeitung gestellt:
Kulturrevolutionärer Klassenkampf
Salonkommunisten als Sprachzerstörer
Besonders die unsinnigen und völlig unnötigen Silben- und Worttrennungen machen deutlich, daß es die Absicht der Gesellschaftsveränderer ist, die deutsche Sprache zu spalten und zu zerstören. Vgl. dazu den niedersächsischen Kultusminister Rolf Wernstedt über das „Herrschaftsinstrument Orthographie“ www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=187 und den Leserbrief von Theodor Ickler: Am Anfang waren Gesellschaftsveränderer - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=88
Der DDR-geprägte Hans Joachim Meyer, sächsischer Wissenschaftsminister und stellvertretender Vorsitzender der Kultusministerkonferenz, (1) sagte am 26. März 1998 im Deutschen Bundestag:
„Nicht um die Neuregelung der Rechtschreibung geht es in Wahrheit. Es geht um die Frage, ob diese Gesellschaft veränderungsfähig und veränderungswillig ist.“
Auch der DDR-geschädigte Reiner Kunze sagt sehr deutlich, daß es den Urhebern der Reform nicht darum ging, die Rechtschreibung zum Zwecke der besseren Verständigung zu ändern, sondern darum, die „Gesellschaft“ umzukrempeln; „die Orthographie war ihnen nur Mittel zum Zweck“. Der „Marsch durch die Institutionen“ habe nicht im „Klassenkampf“ die Gesellschaft verändert, sondern den Obrigkeitsstaat befördert und aufgrund der Ausrichtung am niedrigsten Niveau die Schriftsprache um hundert Jahre zurückgeworfen. „Dieses kulturrevolutionäre Verständnis von sozialer Gerechtigkeit ist Teil jener Ideologie, deren Gesellschaftssysteme an sich selbst zugrundegehen.“ www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=165
Iris Hanika sagt dazu in „Die Rechtschreibgeißel“ mit den Worten der ideologisch verblendeten 68er Kulturrevolutionäre: „Macht kaputt, was euch kaputtmacht.“ www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=149
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1. Am 20.01. stellte ich den Beitrag hinein. Heute, am 27.01., steht er noch nicht drin.
Eine Werbung für die SZ ist das sicher nicht.
Ist der mir unbekannte Moderator erkrankt? Hat er keinen Stellvertreter?
2. Antworten - wie in anderen Foren - erscheinen auch keine. Vielleicht haben bisher nur relativ wenige Nutzer das Forum bemerkt, weil es so versteckt im Bereich „Kultur“ in der Rubrik „Wie finden Sie uns?“ liegt, weil die Moderatoren keine einschlägige Rubrik „Rechtschreibreform“ eingerichtet haben. Dennoch verirrten sich 90 Besucher in den versteckten Strang. Also könnte man Antworten erwarten. Eine Diskussion besteht aus Fragen und Antworten. Findet etwa Zensur statt? Da mein Beitrag auch nicht erscheint, liegt auch diese Vermutung nahe ...
Wann erhalte ich eine Antwort auf meine Frage: „Gibt es im Bereich „Kultur“ keinen Strang „Rechtschreibreform“ oder „PISA und die Rechtschreibreform“? Kann ich den selber einrichten?“
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Riebe
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Anmerkung:
In den VRS-Links wurde „viewtopic“ durch „themaschau“ ersetzt, damit sie wieder funktionieren.[/b]
Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Sonntag, 14. Mai. 2006 19:52, insgesamt 5mal bearbeitet |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Dienstag, 03. Feb. 2004 10:53 Titel: Das geheime Sprachamt |
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<b>Vorsicht: Rechtschreibreform
Hüter des verlorenen Satzes</b>
Man glaubt es kaum: Ins Wirrwarr um die leidige Rechtschreibreform kommt noch mehr Wirrwarr. Außerdem will die „Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung“ künftig allein darüber entscheiden, was recht geschrieben ist - nicht mehr die Kultusminister.
Thomas Steinfeld
[Dann folgt diesem Artikel der Online-Redaktion der Inhalt der Print-Ausgabe wie unten. D.h. daß der Online-Artikel schon vorher veröffentlicht wurde. MR]
Süddeutsche Zeitung vom 28.01.2004
Artikel der Online-Redaktion: www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/492/25467/
<b>Das geheime Sprachamt
Die Rechtschreibreform darf sich bald verselbständigen</b>
Durch die Amtsstuben der Kultusministerien wandert in diesen Tagen eine Entscheidungsvorlage. Sollte die „Amtschefkommission Rechtschreibung“ sie auf ihrer Sitzung am 5. Februar billigen, so wird die deutsche Orthographie wieder einmal auf eine völlig neue Grundlage gestellt. Formell soll das Papier, das dieser Zeitung vorliegt, den vierten Bericht der „Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung“ absegnen – ein Vorgang, der ärgerlich und lästig genug ist, weil er eine große Zahl neuerlicher Änderungen an der Schriftsprache zur Folge haben wird. Institutionell aber werden die Konsequenzen noch gravierender sein: stimmen die Amtschefs zu, dann wird in Zukunft allein die Kommission über Änderungen der Rechtschreibung entscheiden. Bislang benötigte sie dazu immer noch die Zustimmung der Kultus- und Bildungsminister.
„Nur Änderungen von grundsätzlicher Bedeutung – beispielsweise die Einführung der Kleinschreibung von Substantiven – sollen den politischen Institutionen überlassen bleiben“, heißt es nun. Die Kommission für Rechtschreibung dürfte damit die einzige Instanz der Exekutive sein, die der politischen Kontrolle entzogen ist – die gesellschaftliche hatte sie von vornherein nicht gelten lassen. Und das in einer Angelegenheit, die in das Leben eines jeden eingreift. Ist es Dummheit, Ignoranz oder abgefeimtes Spiel, was hier geboten wird?
Waren die Rechtschreibungsreformer, von einem diffusen Antikapitalismus beflügelt, nicht einst ausgezogen, das Monopol einer privatwirtschaftlichen Instanz, der „Duden“-Redaktion, zu brechen? „Das Ziel der Reform waren“, so gab der Österreicher Karl Blüml, derzeit Vorsitzender der Zwischenstaatlichen Kommission, vor sechs Jahren zu Protokoll, „gar nicht die Neuerungen. Das Ziel war, die Rechtschreibregelung aus der Kompetenz eines deutschen Privatverlags in die staatliche Kompetenz zurückzuholen.“ Von eben dieser staatlichen Kompetenz möchte sich die Kommission nun verabschieden: Ein obskurer Kader, dessen Qualifikationen und Rekrutierungregeln undurchschaubar sind, möchte sich selbständig machen, als bräuchte dieses Land eine Sonderbehörde für Rechtschreibung mit nahezu geheimdienstlichen Kompetenzen.
Ein lästiges Projekt
Dabei hatte sich die Gegnerschaft zum „Duden“ einer politisch motivierten Verwechslung verdankt. Der „Duden“ hatte nie versucht, die Schriftsprache zu reglementieren, nie die Absicht, zu systematisieren, zu parallelisieren und zu vereinfachen. Statt dessen folgte er in gebührendem Abstand dem Sprachgebrauch und ließ zur Regel werden, was sich aus guten Gründen durchgesetzt hatte. Die Kommission aber ging umgekehrt vor. Sie glaubte und glaubt wohl immer noch, die Orthographie per Dekret vereinfachen zu können. So entstanden ein Regelwerk und Wörterlisten, deren innere Widersprüche und Unzulänglichkeiten eine Revision nach der anderen hinter sich herziehen – auf unbestimmte Zeit, weswegen die Kommission die Abstände zwischen ihren Berichten auch von jetzt zwei auf demnächst fünf Jahre verlängern möchte.
Die politischen Gremien aber wollen dieses lästige, unablässig für neuen Ärger sorgende Projekt offenbar loswerden: „Die Kommission vertritt in ihrem Bericht die Einschätzung“, heißt es beruhigend in der Vorlage, „dass sich die Neuregulierung insgesamt bewährt hat.“ Dafür berufen sich die Autoren auf Erfahrungen in der Schule, auf die Umsetzung der Reform in der öffentlichen Verwaltung und auf die Übernahme der neuen Regeln durch Zeitungen und Verlage – fünfundsiebzig Prozent von ihnen benutzten die neue Rechtschreibung. Diese Einschätzung aber beruht, vorsichtig ausgedrückt, auf einer dreisten Verdrehung der Tatsachen – und zwar nicht nur im Blick auf die Schule, in der die neue Orthographie immerhin mit Sanktionen durchgesetzt werden kann.
Mit keinem Wort geht die Entscheidungsvorlage auf den Appell der internationalen Schriftsteller ein, die sich auf der Buchmesse 2003 gegen die neue Rechtschreibung aussprachen. Sie ignoriert die gemeinsame Erklärung aller deutschen Akademien der Wissenschaften und der schönen Künste im Herbst 2003 ebenso wie den Kompromissvorschlag der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Sie nimmt nicht zur Kenntnis, dass der größte Teil der literarischen Verlage – und die überwiegende Mehrheit der deutschsprachigen Schriftsteller – nach wie vor die alte Rechtschreibung bevorzugen.
Vor allem aber weigert sie sich zu sehen, was die Reform in den vergangenen Jahren in der deutschen Schriftsprache angerichtet hat – und zwar ohne dass, wie bei der ersten Rechtschreibreform von 1901/02 und der Vereinheitlichung des Dialektalen, eine äußere Notwendigkeit vorgelegen hätte. Neben der neuen Rechtschreibung, die außer an Schulen und in wenigen Ämtern kaum praktiziert wird, gibt es nach wie vor die alte Rechtschreibung – sowie unzählige Mischformen. Darüber hinaus haben sich Vermeidungsstrategien – wer schreibt schon gerne „Gräuel“? – und völlig neue Formen entwickelt, die vor allem durch Unsicherheit entstanden sind. Würden sich die Kultusminister nicht nur durch die von ihnen selbst eingesetzte Kommission, sondern durch unabhängige Instanzen unterrichten lassen, wäre längst offensichtlich, dass die vorgebliche Vereinheitlichung eine faktische Deregulierung der Rechtschreibung zur Folge hatte.
Vorsichtig ist in der Entscheidungsvorlage von nun anstehenden „Anpassungen und Präzisierungen“ die Rede. Die Liste der Partikel, die eine Zusammenschreibung des Verbs zur Folge haben können, wird erweitert – dabei umfasst sie jetzt schon mindestens hundert Einträge. Aus „allein stehend“ darf wieder „alleinstehend“ werden, die „erste Hilfe“ darf wieder „Erste Hilfe“ sein. Das sei „fachsprachlich“, argumentiert die Kommission, und will nicht sehen, dass von dieser Regel viele hundert Wörter betroffen sein werden. Neben das – grammatisch falsche – „Leid tun“ soll jetzt die Variante „leidtun“ treten. Die einzig richtige Schreibung „leid tun“ bleibt abgeschafft. Dafür wird die exzessive Großschreibung erweitert: künftig soll es nicht nur „im Allgemeinen“, sondern auch „vor Kurzem“ und „die Meisten“ heißen.
All diese Änderungen seien, so die Kommission, möglich, ohne dass neue Wörterbücher notwendig würden: Es gehe nur um „Varianten“. Wonach aber sollen die Lehrer korrigieren, wenn sie ab dem 31. Juli 2005 alle Fälle von alter Rechtschreibung als Fehler markieren müssen? Woher sollen sie wissen, was die Kommission in ihrer sechzigseitigen Liste der Trennungen verwahrt hat, die sie, sehr amtlich, sehr geheimdienstlich, nicht veröffentlichen will? Doch, doch: Neue Wörterbücher werden notwendig sein, und auch sie werden nicht lange gelten.
Thomas Steinfeld
Süddeutsche Zeitung vom 29.01.2004
Artikel der Print-Ausgabe: www.sueddeutsche.de/sz/feuilleton/red-artikel2302/
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Anmerkung:
Parallel dazu wurde das neue SZ-Forum zur Rechtschreibreform eröffnet:
www.sueddeutsche.de/app/service/forum/postlist.php?Cat=&Board=Rechtschreibung
Siehe dazu die Vorgeschichte oben! |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Dienstag, 03. Feb. 2004 10:59 Titel: Geheimes Kommando „D“ |
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<b>Geheimes Kommando „D“</b>
Die Nachricht, dass mit dem vierten Bericht der Kommission für die Reform der deutschen Rechtschreibung wiederum Änderungen an der deutschen Schriftsprache verbunden sein werden (siehe SZ vom 29. Januar), hat in der deutschen Öffentlichkeit großen Unwillen und Verärgerung ausgelöst. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung rief zu zivilem Ungehorsam auf: „Die Rechtschreibreform ist ein Unglück. Aber sie ist keine Naturkatastrophe, in die man sich schicksalsergeben zu fügen hätte.“ Die Reform sei, wie sich jetzt zum wiederholten Male erweise, „eklatant falsch“, urteilte die Berliner Zeitung. Die neuerliche Reform der Reform sieht vor, dass zahlreiche zwischenzeitlich ausgeschlossene Elemente der alten Rechtschreibung in Zukunft als „Varianten“ zugelassen sein sollen. Neue Wörterbücher sollen nach Auskunft der Kommission dennoch nicht notwendig sein – was sich als Irrtum erweisen wird.
Besondere Empörung löste ein internes Papier der Kultusministerkonferenz aus, das die weitgehende Befreiung der Kommission von ihrer Aufsicht durch politische Instanzen vorsieht: Die Welt spricht von „Verwunderung und Befremden“, der Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger gar von einer „Mafia“. Josef Kraus, der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, war fassungslos: „Das kann nicht sein.“ Die Kommission versucht unterdessen abzuwiegeln: „Die Änderungen werden nichts Revolutionäres sein.“ Das aber dürfte eine heftige Untertreibung sein: Mittlerweile werden erste Details aus dem Bericht bekannt. Ihm ist, so war zu erfahren, der Buchstabe „D“ des österreichischen Wörterbuchs mit allen neuen Änderungen beigegeben. Auf den „Duden“ hochgerechnet, ist danach mit rund 4000 veränderten Schreibweisen zu rechnen.
Tost [= Thomas Steinfeld]
Süddeutsche Zeitung vom 31.01.2004
Artikel der Print-Ausgabe: www.sueddeutsche.de/sz/feuilleton/red-artikel2591/ |
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Manfred Riebe
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: Dienstag, 03. Feb. 2004 20:16 Titel: Ein Geschwindigkeitsrekord des SZ-Moderators |
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<b>Ein Geschwindigkeitsrekord des SZ-Moderators</b>
Kaum hatte ich den folgenden Beitrag hineingestellt, schon stand er im Forum:
<b>Ist der Titel ein Kompromiß?</b>
Das neue SZ-Forum heißt: „Das geschieht Ihnen ganz Rechtschreibung!“ Herr/Frau „ckckckck“ hat schon recht. Das klingt aus dem Mund eines Journalisten recht seltsam. Ich vermute, daß der Titel ein Kompromiß ist. In den Redaktionen der Print- und der Online-Ausgabe der SZ könnte es unterschiedliche Meinungen über ein solches Forum gegeben haben. Hat etwa ein Befürworter der Rechtschreibreform sich diesen etwas unklaren Titel ausgedacht? Oder bedeutet der Titel: „Das geschieht den Rechtschreibreformern und Kultusministern ganz recht!“ ??? Was soll er wirklich bedeuten?
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Interessant ist:
Wenn man auf "Kultur" klickt - www.sueddeutsche.de/app/service/forum/ubbthreads.php?Cat=&C=3 -, erscheint kein anderer Titel und auch nicht der Titel des Stranges: „Titel dieses Forum ist schon kennzeichnend“, sondern:
Ist der Titel ein Kompromi...
(ManfredRiebe)- 02.02.2004 15:26
D.h. daß dem Moderator an der Diskussion über den Titel gelegen ist und daß der Titel womöglich wirklich ein Kompromiß sein könnte. ... :-))
Hinzu kommt folgende Beobachtung. Wenn man auf "Kultur" klickt , erscheint auch:
Wie finden Sie uns?
sueddeutsche.de hat sich ein neues Gesicht gegeben.
42 157 Re: Rechtschreibreform pro...
(ManfredRiebe) - 29.01.2004 23:31
Klickt man auf: "Rechtschreibreform pro...", dann erscheint meine Erläuterung zum neuen SZ-Rechtschreibforum ... :-))
Klickt man auf „Redakteur“, dann erscheint dessen „Profil“, nämlich nur der Hinweis auf http://www.sueddeutsche.de/kultur. Dort stehen auch die Artikel von Thomas Steinfeld und unter jedem neuerdings auch ein Link auf dieses SZ-Rechtschreibforum. Die vier im „Profil“ angezeigten Beiträge des Redakteurs werden jedoch nicht wie bei anderen Nutzern gezeigt ... |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Mittwoch, 11. Feb. 2004 11:52 Titel: Die Schreibzensur in der Süddeutschen Zeitung |
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<b>Die Schreibzensur in der Süddeutschen Zeitung</b>
Erläuternde Vorbemerkung: Diesen Beitrag hat Ulrich Werner in die Rubrik „Literatur“ gestellt - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=276 -, wo ja schon die vorbildliche Iris Hanika, DIE WELT, schreibt: www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=149
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<b>Erlebnis eines Leserbriefschreibers</b>
Das von der SZ eröffnete (Kultur-)Forum
[ www.sueddeutsche.de/app/service/forum/postlist.php?Cat=&Board=Rechtschreibung , MR],
inzwischen mit zahlreichen kritischen Beiträgen zur Rechtschreibreform belebt, erweckt den Anschein, die SZ, die konsequent an der Neuschreibung festhält, schlage sich langsam auf die Seite der Reformgegner. Doch der am 29. Jan. 2004 veröffentlichte Leserbrief von Andreas Beckmann aus Kiel beweist das Gegenteil. Mindestens in der Leserbriefabteilung werden nach wie vor sinnentstellende und damit die vom Schreiber geäußerte Meinung verfälschende Änderungen in den Leserbriefen vorgenommen. Dies widerspricht in auffälliger Weise dem Vermerk auf jeder Leserbriefseite der SZ, wonach
<b>„Beiträge auf der Seite der „Leserbriefe“ in keinem Fall Meinungsäußerungen
der Redaktion“</b>
seien. Jede Änderung [eines Leserbriefes, MR] ist aber eine Meinungsäußerung. Die SZ hält sich somit nicht einmal an ihre eigene Regel. Herr Beckmann hat verärgert reagiert. Er schrieb u. a. an die SZ:
<i>„Sehr ärgerlich ist aber die Tatsache, daß Sie durch scheinbare „Korrekturen“ den Text in einer Weise verunstaltet haben, daß er an vielen Stellen meiner zentralen Intention Hohn spricht und ich damit aufmerksamen Lesern wie ein Vollidiot erscheinen muß, der nicht weiß, was bzw. worüber er schreibt.“</i>
Der ausführliche Text siehe www.sprache-werner.info/reform-szleserbrief.html.
Man kann daher behaupten, daß jeder von der SZ veröffentlichte Leserbrief, der bspw. ein „daß“ enthält, womit der Schreiber sein Beharren auf der alten Rechtschreibung ausdrückt, im Falle einer vom Autor des Briefes nicht genehmigten Änderung in ein „dass“ eine Fälschung ist.
Im Januar 2003 schrieb ich Herrn [Gerd] Sowein, dem Leiter der Leserbriefabteilung
u. a.:
<i>„Falls Ihnen keine direkte Weisung zum strikten Einhalten der neuen Rechtschreibung vorliegen sollte, warum machen Sie sich die Arbeit nicht etwas leichter und tolerieren großzügig die keinesfalls auffälligen, weil gewohnten Schreibungen zur Zufriedenheit der Schreiber? Die Mehrzahl Ihrer Leser schreibt doch sicher in der bisher üblichen Schreibung. Sie würden sich damit Sympathie erwerben, weil niemand es gern sieht, wenn sein Brief von der Leserbriefabteilung der SZ, wie ehemals in der Schule, korrigiert wird, obwohl, und das ist doch das Absurde, kein Fehler vorliegt.“</i>
Es war in den Wind geschrieben.
Ist das Forum ein Zeichen langsam wachsender Sympathie für die Reformgegner, eine Alibiveranstaltung oder eher Heuchelei?
Ulrich Werner
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Meine Seiten im Internet: http://www.sprache-werner.info
Themen: Deutsche Sprache (Sprachpflege, Schwammdeutsch); Gehirnforschung (Denken, Freier Wille); Akademische Grade; Patentwesen.
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<b>Ratschläge zur Problemlösung finden Sie hier:</b>
- Authentischer Abdruck gemäß Urheberrecht - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=131
- Regeln für Leserbriefschreiber - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=141
- Zensur - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=178
- Keine Schreibzensur findet statt im SZ-Forum:
www.sueddeutsche.de/app/service/forum/postlist.php?Cat=&Board=Rechtschreibung
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Anmerkung:
In den VRS-Links wurde „viewtopic“ durch „themaschau“ ersetzt, damit sie wieder funktionieren.
Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Montag, 18. Jul. 2005 10:11, insgesamt 2mal bearbeitet |
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Manfred Riebe
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: Samstag, 21. Feb. 2004 22:39 Titel: Die SZ - Vorreiter der neuen Regeln |
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<b>Die SZ - Vorreiter der neuen Regeln
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Leserbrief
Valentins Regel</b>
Thomas Steinfeld scheint für eine andere Zeitung denn die SZ zu arbeiten, wenn er feststellt, dass die neue Rechtschreibung „kaum praktiziert“ werde, gehört diese Zeitung doch zu den hervorragenden Apologeten eben dieser Schreibung. Dabei zählt sie zu den Anhängern der „Mischformen“, die sich dadurch auszeichnen, dass sie weder die alten noch die neuen und auch nicht die eigenen Regeln einhalten. Ohne die unzähligen täglichen Beispiele hierfür anführen zu müssen, enthält dieser Artikel die Schreibungen „selbständig“ und „Orthographie“, was den Regeln und Absichtserklärungen vom 31. Juli/1. August 1999 widerspricht.
Meine Suche nach dem Inhalt dieser seit mehr als vier Jahren benutzten Mischformen hat bisher nur den Verdacht ergeben, dass sich die SZ-Redaktion nach einer Regel Karl Valentins verhält, die etwa so geht: Den § schreibt man am Montag und im Landkreis Paragraph, am Dienstag und in München Paragraf und so weiter. Statt diesen Unsinn zu unterlassen, wird sich die SZ auch zum Vorreiter der neuen Regeln machen. Vielleicht können sich die armen Lehrer, die nicht wissen, wonach sie korrigieren sollen, dann danach richten.
Erwin P. Koch, Taufkirchen
Süddeutsche Zeitung vom 3. Februar 2004 |
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Manfred Riebe
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: Samstag, 21. Feb. 2004 22:50 Titel: Reformdiarrhö |
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<b>Zum Inhalt des 4. Berichts der Rechtschreibkommission
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Reformdiarrhö
Der Eine oder Andere wird Pleite gehen - wie jedes Mal
Wenn Sie Biomüll trennen müssen, tun Sie das bitte so: Bi-omüll. Kein Scherz! Aber was, um Himmels willen, steht sonst noch im vierten Bericht der Rechtschreibkommission?</b>
Von Theodor Ickler
(Abbildung) Das deutsche Handalphabet... äh -alfabet.
Der vierte Bericht der Zwischenstaatlichen Kommisson für deutsche Rechtschreibung ist unveröffentlicht, enthält aber vieles, was die Öffentlichkeit interessieren muß. Zum einen geht es um die „Ermächtigung“ der Kommission, künftig nicht nur Vorschläge für weitere Eingriffe in die deutsche Orthographie zu unterbreiten, sondern solche Eingriffe jederzeit auf eigene Verantwortung vornehmen zu können. Das ist auch. deshalb bedenklich, weil einige Kommissionsmitglieder seit je in die private Vermarktung der Rechtschreibreform verwickelt sind – ein Aspekt der Reform, der in der Öffentlichkeit fast unbeachtet geblieben ist.
« Zusammen mit der amtlichen Neuschreibung ist ein vorsintflutlicher Zustand wiederhergestellt. »
Der offen kommerziell arbeitende Duden hatte solche Vollmacht nie, da er sich darauf beschränkte, die Sprachentwicklung nachzuzeichnen. Das öffentliche Urteil über eine derart verselbständigte, in ihrer Zusammensetzung und Rekrutierung (durch Selbstergänzung) undurchsichtige Kommission kann nicht unabhängig vom zweiten wesentlichen Inhalt des Berichts getroffen werden, den vorgeschlagenen Veränderungen selbst.
Die Neuregelung der Getrennt- und Zusammenschreibung war von Anfang an besonders stark kritisiert worden. Reparaturversuche, von der Kommission schon 1997 als „unumgänglich notwendig“ bezeichnet, durften nicht vorgenommen werden, weil die Kultusminister nach der vorfristigen Einführung der Reform an den Schulen auf die wirtschaftlichen Interessen der Schulbuch- und Wörterbuchverleger Rücksicht nehmen mußten.
Was sich bereits im dritten Bericht abzeichnete, soll nun endlich kommen: die Erweiterung der Liste von Partikeln, die mit Verben zusammengeschrieben werden müssen. Sie umfaßt künftig 112 Einheiten; mit den hinzugekommenen 13 Partikeln lassen sich zahlreiche, durchweg häufig gebrauchte „trennbare Verben“ bilden, die nun in den Wörterbüchern nachgetragen werden müssen: „darunterschreiben“ usw. Ferner gibt die Kommission erstmals zu, daß es falsch war, Wörter wie „aufsehenerregend“, „zeitsparend“, „holzverarbeitend“, „alleinstehend“, „zufriedenstellend“ usw. auseinanderzureißen und die zum Teil grammatisch falsche Getrenntschreibung zur Pflicht zu machen. Die Wiederzulassung des Richtigen betrifft mehrere Dutzend wirklich häufige Wörter.
« Sehr zu bedauern ist das Beharren auf grammatischen Schnitzern wie „Pleite gehen“. »
Überaus folgenreich ist das Zugeständnis, feste Begriffe wie „Erste Hilfe“, das „Schwarze Brett“ auch wieder mit großem Anfangsbuchstaben zuzulassen, angeblich weil sie fachsprachlich und Fachsprachen von der Reform nicht betroffen sind. Die Zeitungen hatten sich von vornherein die Freiheit genommen, hier nicht mitzumachen, und die Reformer hätten sich viel Protest ersparen können, wenn sie die umfassende Tendenz der Sprachgemeinschaft zur Großschreibung nicht mutwillig umzukehren versucht hätten.
Andererseits sieht die Kommission mit Unterstützung des österreichischen Beirats vor, fünfzehn weitere Floskeln wie „bei Weitem“, „seit Kurzem“ auch groß schreiben zu lassen. Dassselbe gilt für „die Einen“, „die Meisten“ usw. Zusammen mit der amtlichen Neuschreibung „im Allgemeinen“, „des Öfteren“ usw. ist damit ein vorsintflutlicher Zustand wiederhergestellt, der schon von den Orthographen um Konrad Duden als unzweckmäßig erkannt und zurückgedrängt worden war.
Für die Sprachgemeinschaft ist auf lange Sicht wichtiger, welche neuen Schreibweisen ungeachtet aller Kritik nicht geändert werden sollen. Keine Änderungen gibt es bei der Laut-Buchstaben-Zuordnung, der Zeichensetzung und der Silbentrennung. Es bleibt also bei den obligatorisch (!) vorgeschriebenen etymologisierenden Schreibweisen „belämmert“, „einbläuen“, „Gämse“, „Quäntchen“, „Zierrat“, obwohl die gesamte Kommission eigentlich dagegen ist. Offenbar möchte sie ihren langjährigen Vorsitzenden, um dessen Einfälle es sich handelt, nicht im Regen stehen lassen.
Geläufige Wörter wie „jedesmal“, „sogenannte“ oder „eine Zeitlang“ bleiben verboten, es muß geschrieben werden „jedes Mal“, „so genannte“, „Zeit lang“. Andererseits bleiben „leid tun“, „von seiten“ unzulässig, man hat aber die Wahl zwischen zwei neuen „Varianten“: „Leid tun“ oder „leidtun“, „von Seiten“ oder „vonseiten“. Es bleibt dabei, daß Wörter, die das Unglück haben, auf -ig, -isch oder -lich zu enden, stets getrennt geschrieben werden und nicht in Zusammensetzungen eingehen dürfen: „fertig stellen“, „grünlich blau“. Sehr zu bedauern ist das Beharren auf grammatischen Schnitzern wie „Pleite gehen“, „Not tun“, „Recht haben“. Sogar „pleitegehen“ wurde im dritten Bericht bereits ins Auge gefaßt, wird aber wohl erst mit dem nächsten Schub von Neuerungen eingeführt. Das Komma als drittes Satzzeichen nach wörtlicher Rede, das jeder vergißt, bleibt Pflicht: „So?“, fragte sie.
Pädagogen haben früh, aber vergeblich dagegen protestiert. Vorgeschrieben bleibt auch das unerhört schwierige Komma nach vorausweisendem Pronomen; wie denn überhaupt die neuen Kommaregeln (zehn Seiten im amtlichen Text!) so kompliziert sind, daß sogar im sorgfältig geschriebenen vierten Bericht dreimal dagegen verstoßen wird.
Die neue sprachwidrige Silbentrennung, die alle Bildungsbemühungen der Schule unterläuft, bleibt erhalten: „Res-pekt“, „Bi-omüll“, „vol-lenden“.
Daß alle Wörterbücher und Schulbücher entgegen den gewohnten Beschwichtigungsformeln sofort neu bearbeitet werden müssen, geht aus einigen Zahlen hervor: Im Anhang zum vierten Bericht wird gezeigt, welche Veränderungen sich für das Österreichische Wörterbuch ergeben. Es sind – der Größenordnung nach, denn genauer läßt sich hier nicht zählen – rund 3000, was für den größeren Stichwortbestand des Duden etwa 4000 Änderungen bedeutet. Darin eingeschlossen ist die Beseitigung der ohnehin willkürlichen Unterscheidung von Haupt- und Nebenvarianten bei der Fremdwortschreibung.
Von den 12500 Wörtern der amtlichen Liste waren bisher rund 1030 durch ein Sternchen als reformbetroffen gekennzeichnet, also rund acht Prozent des Wortschatzes (mit Silbentrennung etwa 15 bis 18 Prozent). Die neuen Vorschläge verändern wiederum zwei bis drei Prozent der Wörterbucheinträge. Folgenreicher ist, daß inzwischen so gut wie niemand mehr weiß, wo es Veränderungen gegeben hat oder bald geben wird und warum das alles sein muß.
Theodor Ickler lehrt Germanistik in Erlangen und ist einer der bekanntesten Gegner der Rechtschreibreform.
Süddeutsche Zeitung vom 5. Februar 2004
http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/119/26093/ |
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Manfred Riebe
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: Samstag, 21. Feb. 2004 22:59 Titel: Das deutsche Schreib-Amt |
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<b>Zum 4. Bericht der Rechtschreibkommission
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Das deutsche Schreib-Amt
Übergabe des Kommissionsberichts
In weiten Bereichen ist die deutsche Orthographie de facto freigegeben. Und doch heißt es nun bei der Rechtschreib-Komission: „Die grundlegenden Verbesserungen im Vergleich zur alten Regelung werden allgemein anerkannt.“ Eine Lüge.</b>
VON THOMAS STEINFELD
Kriege werden geführt, Volkswirtschaften zugrunde gerichtet, die Rentenkasse ist leer, und auch sonst gibt es wenig Grund zur Zuversicht.
Doch die Empörung, die sich gegen die Besetzung des Irak, die Gebühr für den Arztbesuch oder den Ausfall der Maut für Lastwagen richtet, fällt gering aus gegen die Irritation, die sich unter den Deutschen jedes Mal verbreitet, wenn die Reform der Rechtschreibung in eine neue Etappe geht.
„Die grundlegenden Verbesserungen im Vergleich zur alten Regelung werden allgemein anerkannt“, heißt es im vierten Bericht der „Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung“, der jetzt den Amtschefs der Kultusminister übergeben wird.
Dass diese Behauptung eine Lüge ist, weiß jeder Leser: In weiten Bereichen, bei der Getrennt- und Zusammenschreibung, bei der Interpunktion, bei etymologischen Schreibungen ist die deutsche Orthographie de facto freigegeben.
Ein solches Durcheinander hat es seit der ersten Reform zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts nicht gegeben.
Warum diese Empörung? Viele erwachsene Schreiber, und erst recht die Gebildeten, haben die alte Rechtschreibung beibehalten, und das gilt auch für die meisten bedeutenden Schriftsteller und ihre Verlage.
Irgendwie scheinen sich die Schüler trotz allem an die neue Orthographie zu gewöhnen – die Zensuren sollten schon dafür sorgen. Ja, wenn es denn so wäre: Wenn aus dem alten „leid tun“ ein „Leid tun“ wird, so als würde man einen anderen nicht bedauern („er tut mir leid“), sondern fügte ihm Schmerzen zu („jemandem ein Leid antun“), wenn aus „alleinstehend“, einer Bezeichnung für eine menschliche Lebensform, ein „allein stehend“ zu werden hat, das nichts dergleichen mehr bedeutet, dann muss diese Reform als schiere Willkür, als herrische Anmaßung und grundlose Zumutung erscheinen.
Man muss sich Mühe geben, etwa in der Affäre um die Maut für Lastwagen Argumente für das Verhalten des Verkehrsministeriums zu finden – aber sie lassen sich aufspüren.
Anders bei der Rechtschreibreform: Sie erscheint als das Überflüssige schlechthin. Die neue Rechtschreibung weckt auch deshalb immer wieder so große Verärgerung, weil hinter ihr die Fratze einer sich im Nutzlosen, ja Schädlichen verschwendenden Obrigkeit, der puren Schikane erscheint.
Die neuesten Initiativen der Kommission sind nicht geeignet, diesen Eindruck zu verbessern. Denn mit ihrem vierten Bericht verbinden sich wieder mehrere tausend Veränderungen der Schriftsprache, Veränderungen übrigens, die vieles von dem, was in den ersten drei Etappen der Reform als verbindlich vorgeschrieben wurde, zurücknehmen oder als „Variante“ zulassen – auch wenn diese „Anpassungen“ und „Varianten“ vorläufig nicht in den Wörterbüchern ausgeschrieben sein werden und also als Geheimwissen herumspuken dürfen.
Die Unsicherheit der Schreibenden wird sich durch die neuesten Veränderungen weiter vergrößern. Am auffälligsten ist sie bei der Getrennt- und Zusammenschreibung und bei den etymologischen Schreibungen. Viele sind dazu übergegangen, auseinander zu schreiben, was immer sich dafür anbietet.
Die Reformer der Rechtschreibung, einst ausgezogen, um sprachlich erkennbare Bildungsunterschiede zu nivellieren, haben das Gegenteil ihres Zwecks erreicht.
Der Gebildete wird, und sei es auf Umwegen, den Wirren der neuen Rechtschreibung entgehen. Der weniger Gebildete ist ihnen ausgeliefert. Nie waren in modernen Zeiten die Bildungsunterschiede zwischen den Schreibenden so erkennbar, wie sie es heute sind.
Mit dem vierten Bericht verbindet sich nun allerdings noch etwas Gravierenderes als die neueste Variante der Reform, nämlich das Ansinnen, die Kommission von ihrer Aufsicht durch die Kultusministerien zu befreien und sie zur „zentralen Anlauf- und Schlichtungsstelle für Probleme der Orthografie“ zu erklären.
Bislang kann sie den Kultusministerien nur Empfehlungen geben, die diese dann per Verordnung in die Wirklichkeit umsetzen müssen. Die Kommission wäre, denn darauf zielt der Vorschlag, gerne eine Behörde mit eigenen Befugnissen. Als solche könnte sie dann auch offiziell tun, was sie praktisch schon macht. Mit den inneren Widersprüchen und Unzulänglichkeiten der Reform ist ein unendlicher Bedarf an Reparaturen und Verbesserungen entstanden.
Wer könnte sich diesem Bedarf besser widmen als ein Amt mit all seinen Ansprüchen auf Herrschaft und Beständigkeit?
Dass diese, die dritte Reform der Reform in weniger als einem Jahrzehnt, die letzte „Anpassung“ der deutschen Rechtschreibung sein wird, darf niemand erwarten. Wenn die letzten der nun verkündeten Veränderungen Eingang in die Wörterbücher gefunden haben werden, wird es einen fünften Bericht geben.
Und dann kommen der sechste und der siebte und noch viele andere mehr. Die Kommission sollte daher vielleicht dazu übergehen, ihre einzelnen Etappen nach dem Muster der Hersteller von Computersoftware zu bezeichnen: auf „die neue Rechtschreibung, Version 4.0“ folgte dann bald die „Version 4.1“.
Dann wäre wenigstens deutlich, wer den Nutzen hat, nämlich die Kommission, und wer den Schaden: wir alle.
Süddeutsche Zeitung vom 5. Februar 2004
Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Sonntag, 09. Okt. 2005 12:27, insgesamt 1mal bearbeitet |
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Manfred Riebe
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: Samstag, 21. Feb. 2004 23:06 Titel: Leserbriefe |
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<b>Leserbriefe
Diktat nach Version 4.3</b>
Das deutsche Schreib-Amt
SZ vom 5. Februar
Nun ist es offensichtlich! Nach kurzer Zeit ist das Gebäude der Rechtschreibreform wieder einmal reparaturbedürftig. Oder um in Stil von Thomas Steinfelds Leitartikel zu bleiben: „Liebe Kinder, schlagt eure Diktathefte auf! Wir schreiben heute nach Version 4.3. Wer schon nach 5.0 schreiben will: Ich werde dies nicht als Fehler anstreichen. Aber 4.2 ist nicht mehr gültig, also aufpassen! Ihr wisst allerdings, dass 5.0 noch nicht stabil ist. Da haben die Reformer den Bindestrich entdeckt, aber nicht nur am Zeilenende, wenn wir trennen müssen, sondern auch in solchen Fällen wie ‚so-genannte‘, ‚Recht-Schreib-Reform‘ ‚nicht dicht-sein‘. Also los geht’s!“
Dr. Michael Mrva, Putzbrunn
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Die ganze Rechtschreibreform ist ja bekanntlich von Pseudo-Linken angezettelt worden (keinen wirklichen Linken), die – aus ideologischen, nicht sachbegründeten – Ursachen es für außerordentlich schädlich hielten, dass ein „Privatmonopol“ die deutsche Rechtschreibung bestimmt, „unkontrolliert“, wie jene hinzuzufügen selten versäumten.
Mancherorts – so äußerte sich mir gegenüber vor 38 Jahren ein Suhrkamp-Lektor – sprach man ja damals gar vorn „diesen Halbfaschisten in der Duden-Redaktion“.
„Links“ ist das alles natürlich überhaupt nicht. Es ist nur das Ersetzen einer sehr einfachen und überschaubaren, jederzeit durch eigenes Handeln korrigierbaren, auf Veränderungen im Sprach- und Schriftgebrauch äußerst sensibel reagierenden und dennoch allgemein anerkannten Instanz durch eine nicht mehr durchschaubare Bürokratie. Die hat dazu geführt, dass die Orthografie inzwischen freigegeben ist – und wir uns ungefähr auf dem Orthografie-Status Goethes und Schillers wiederfinden – was ja, bei Lichte betrachtet – vielleicht kein Nachteil sein müsste, wenn wir dazu nur die Goethes hätten ...
Gotthard Schmidt, Moers
Süddeutsche Zeitung vom 10. Februar 2004 |
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Manfred Riebe
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: Samstag, 21. Feb. 2004 23:09 Titel: Professorenappell |
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<b>Professorenappell
Rückkehr zur alten Rechtschreibung</b>
Mehr als 50 Professoren fordern in einem Appell an die Parlamente in Deutschland, Österreich und der Schweiz die Rückkehr zur alten Rechtschreibung. Die Unterzeichner, überwiegend renommierte Rechtswissenschaftler, beklagen gravierende Mängel, die die Einheitlichkeit der deutschen Schriftsprache zerstörten und die Aussagekraft und Ausdrucksvielfalt der Sprache gefährdeten. Zudem würden die neuen Regeln vom überwiegenden Teil der Sprachgemeinschaft nicht akzeptiert. dpa
Süddeutsche Zeitung vom 16. Februar 2004 |
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Manfred Riebe
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: Sonntag, 22. Feb. 2004 11:48 Titel: Nationale Akademie der Wissenschaften |
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<b>Nationale Akademie der Wissenschaften
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<b>Stimmen wir ab!</b>
Der Wissenschaftsrat empfiehlt eine Nationale Akademie.</b>
Von Ulrich Raulff
Nun geht es doch einen Schritt weiter auf dem Weg zur Nationalen Akademie: Am Ende unseres Berichts (SZ vom 27. Januar) wagten wir die Voraussage, für ihre Befürworter werde die Woche mit einer Niederlage enden. Diese Voraussage ist nicht eingetroffen: Nach dreitägiger Sitzung verabschiedete der Wissenschaftsrat gestern in Berlin seine Empfehlung zur Errichtung einer Nationalen Akademie in Deutschland.
Sie soll ihren Sitz in Berlin nehmen. Um jede Überschneidung mit den Programmen der sieben Länderakademien und der Naturwissenschaftlergesellschaft Leopoldina zu vermeiden, soll sich die zu gründende Nationale Akademie in erster Linie auf zwei Aufgaben konzentrieren: die Vertretung der deutschen Wissenschaften gegenüber ausländischen Einrichtungen und die wissenschaftliche Beratung von Politik und Gesellschaft.
Vor der Sitzung hatte es einen Versuch von Seiten der Präsidenten der Union der deutschen Akademien und der Leopoldina, Gerhard Gottschalk und Volker ter Meulen, gegeben, das Projekt des Wissenschaftsrats durch die Gründung eines neuen Verbunds „Deutsche Akademien der Wissenschaften“ (DAW) zu konterkarieren. Die Einheitsfront bröckelte, als Dieter Simon, der Präsident der Berlinisch-Brandenburgischen Akademie, ostentativ ausscherte.
Der Wissenschaftsrat ist nun der Auffassung, dass angesichts der beschriebenen Aufgaben die DAW „keine adäquate Lösung“ darstellt. Er forderte die Vertreter der großen Wissenschaftsorganisationen, der Leopoldina und des Technikerkonvents „acatech“ auf, „die notwendigen Abstimmungsprozesse einzuleiten“. Zu den Eckpunkten der Empfehlung gehören die meritokratische Wahl der Mitglieder, flexible Arbeitsformen und politische Unabhängigkeit der Nationalen Akademie.
Süddeutsche Zeitung vom 31. Januar 2004
www.sueddeutsche.de/jobkarriere/berufstudium/artikel/824/25799/ |
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