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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Samstag, 17. Jan. 2004 19:04 Titel: Der Rechtschreibreformer Peter Eisenberg |
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<b>Peter Eisenberg verließ als zweiter prominenter Germanist die Rechtschreibkommission</b>
Peter Eisenberg ist Professor für Deutsche Sprache der Gegenwart am Institut für Germanistik Universität Potsdam.
http://www.uni-potsdam.de/u/germanistik/ls_dgs/pe.htm
Eisenberg ist Mitglied der Studiengruppe „Geschriebene Sprache“, auch bekannt als „Homburger Arbeitskreis“, weil die Studiengruppe in der Werner-Reimers-Stiftung tagt, Am Wingertsberg 4, 61348 Bad Homburg v. d. Höhe. Mitglieder: Konrad Ehlich (München), Peter Eisenberg (Potsdam), Heinz W. Giese (Braunschweig), Helmut Glück (Bamberg), Hartmut Günther (Köln), sein Bruder Klaus B. Günther (Hamburg), Ulrich Knoop (Freiburg), Otto Ludwig (Hannover), Bernd Pompino-Marschall (Berlin) sowie Jörg Baurmann (Wuppertal).
Die Mittelhessische Anzeigenzeitung (MAZ) meldete am 15.2.98:
„Kultusministerkonferenz: Rechtschreibreform soll nicht mehr geändert werden
(rs). Die Kultusministerkonferenz (KMK) will nach Informationen des Nachrichtenmagazins »Focus« die Änderungsvorschläge der Zwischenstaatlichen Kommission zur Rechtschreibreform mißachten. Im März 1996 hatte die KMK selbst die Kommission mit einer Überarbeitung der Reform beauftragt. In einem internen KMK-Papier heißt es jetzt aber laut »Focus«, sofortige Änderungen des neuen Regelwerks seien nicht erforderlich. Kommissionsmitglied Peter Eisenberg zeigte sich gegenüber dem Nachrichtenmagazin entsetzt über das Vorgehen der KMK. Er erklärte, wenn die Kultusminister die Vorschläge der Kommission nun nicht annehmen, dann hätten sie zwölf Professoren ein Jahr lang an der Nase herumgeführt. Die Kommission habe die gröbsten Fehler der Fassung von 1996 beseitigt, das hätten alle sprachwissenschaftlichen Institutionen auch anerkannt.“
Der hier erwähnte prominente Linguist Peter EISENBERG, Inhaber des Lehrstuhls für deutsche Gegenwartssprache an der Univ. Potsdam und Träger des Deutschen Sprachpreises der Henning-Kaufmann-Stiftung - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=240 -, <b>verläßt als zweiter prominenter Germanist die Rechtschreibkommission</b>; warum, untersucht Kurt REUMANN in der FAZ vom 18.3.98.
Schon vor dem Arbeitsbeginn der Kommission habe Eisenberg 1997 das Reform-Regelwerk kritisiert: es erreiche nicht den Stand der Forschung und gehöre daher, wissenschaftlich gesehen, „auf den Müll“. Nach einigem Hin und Her auf Betreiben des KMK-Vorsitzenden WERNSTEDT dennoch in die Kommission berufen, habe sich E. „auf einige schnell zu bewerkstelligende Änderungen in den Schreibweisen“ konzentriert; am wichtigsten sei ihm die „Wiederbelebung von 500 bis 800 Wörtern“ gewesen, die als differenzierende Lexeme der Reform zum Opfer gefallen waren (z.B. das wird mir schwerfallen 'ich werde mich schwertun damit' vs. sie ist gestern schwer gefallen 'schwer gestürzt'; der frischgebackene ('neue') Professor aß die frisch ('jüngst, gerade erst') gebackenen Semmeln).
Daß damit einige der neugeschaffenen Regeln hätten geändert werden müssen, das sei E. klar gewesen. Obzwar Eisenbergs Argumente auf klar faßbaren grammatischen Fakten beruhten, hätten sich mehr und mehr Kommissionsmitglieder und erst recht die Kultusminister von solchen Reparaturversuchen distanziert. [...]
Eisenberg habe dies als „Verhöhnung der Kommission und ihrer Arbeit“ empfunden. Was die Kommission angehe, sei es allerdings fraglich, ob er „die Bereitschaft der anderen Kommissionsmitglieder zu Korrekturen nicht überschätzt“ habe. „Einige von ihnen arbeiten so eng mit Wörterbuchverlagen zusammen, daß Reformgegner ihnen wiederholt Interessenverquickung vorgeworfen haben.“
Als „Außenseiter“ bezweifle Eisenberg, daß dem Staat „das Recht zusteht, die Rechtschreibung vorgreifend zu regeln“. Hierin unterscheide er sich von den übrigen Kommissionsmitgliedern, „die von den Kultusministern wiederholt bei Versuchen gebremst werden mußten, noch tiefer und aggressiver in die Schriftsprache einzugreifen“.
Bildungspolitiker, meint Reumann, hätten in diesem Zirkel die Verhältnisse „auf den Kopf gestellt“. Die Mehrheit der Sprachwissenschaftler teile nämlich Eisenbergs Zweifel an einem vorgreifenden Regelungsrecht des Staates, das auch auf die Mehrheit der Schriftsteller und Journalisten „ungebührlich“, ja sogar „hoffärtig“ wirke. „Darin liegt der tiefere Grund für die allgemeine Kritik: Die Sprache gehört nicht den Kultusministern.“
http://staff-www.uni-marburg.de/~naeser/gfdsrec3.htm
Veröffentlichungen zur Orthographie und Rechtschreibreform (Auswahl)
- Peter Eisenberg / Hartmut Günther: Schriftsystem und Orthographie. Tübingen (Niemeyer) 1989
- Peter Eisenberg: Die Sprache und die Schrift: Warum es so schwierig ist, unsere Orthographie zu reformieren. In: Praxis Deutsch, Heft 103 (1990), S. 4-7
- Peter Eisenberg: Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Sprachwissenschaft (DGfS) zu ‚Deutsche Rechtschreibung. Vorschläge zu ihrer Neuregelung’. Herausgegeben vom Internationalen Arbeitskreis für Orthographie. Tübingen 1992, anläßlich der Anhörung vom 4. Mai 1993 in Bonn. In: Zabel, Hermann (Hrsg.): Keine Wüteriche am Werk. Berichte und Dokumente zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung. Hagen: Reiner Padligur Verlag, 1996, S. 152-154
- Peter Eisenberg: Die deutsche Sprache und die Reform ihrer Orthographie, Praxis Deutsch, Heft 130, März 1995, S. 3-6
- Peter Eisenberg: Grundriß der deutschen Grammatik, 3. Auflage, Stuttgart 1994, 581 Seiten
- Peter Eisenberg: Der Buchstabe und die Schriftstruktur des Wortes. In: Der große Duden, Band 5: Grammatik der deutschen Gegenwartssprache, 5. Auflage, Mannheim, 1995
- Peter Eisenberg: Die neue Rechtschreibung. Schroedel 1996
- Peter Eisenberg / Matthias Butt: Ratgeber Rechtschreibung für Eltern, Schüler und alle, die schreiben. Friedrich Verlag Seelze 1997
- Peter Eisenberg: Ein Novum in der Geschichte der deutschen Sprache. In: Beilage der Süddeutschen Zeitung zur Rechtschreibreform Nr. 41, 19.02.1997, S. XII (<b>„Niemand, und schon gar nicht eine größere Öffentlichkeit, konnte ein klares Bild von den Folgen der neuen Regeln für den Gesamtwortschatz gewinnen. Die Reformer haben sich nicht genügend Zeit genommen, ein hinreichend großes Wörterverzeichnis zu erstellen.... Statt Erleichterung hat uns der Reformprozeß eine verfahrene Situation beschert: Ohne gravierende Risiken kann die Neuregelung nicht mehr gekippt werden. Anderseits kann sie wohl kaum gewaltsam durchgedrückt werden, schon weil man nicht genau weiß, was denn durchzudrücken wäre.</b> Vieles spricht dafür, den großzügig bemessenen Umstellungszeitraum für weitere Arbeiten am Reformkonzept zu nutzen. Der erste sprachwissenschaftliche Beitrag dazu wäre, für einen größeren Wortschatz den Gesamtbestand an kritischen Schreibungen zu ermitteln.“)
- Peter Eisenberg: Diese Reform ist sprachwissenschaftlich unhaltbar und gehört ‘auf den Müll’! Aussage Eisenbergs als Gast. In: „Pro und contra RechtschreibDeform“ in der Fernseh-Talkshow B 1 - „Berliner Platz“ - des SFB mit Schulsenatorin Ingrid Stahmer, Frau Oberschulrätin Kleinschmidt-Bräutigam, Berliner Beauftragte zur Umsetzung der Rechtschreibreform, Prof. Rolf Gröschner und Dr. Klaus Deterding, Leiter der Initiative „Wir sind das Rechtschreibvolk!“ am 03.05.1997 in Berlin. Moderator: Andreas Schneider. Ausgestrahlt am 13.05.97 von 20.15 Uhr bis 21.15 Uhr von Antenne Brandenburg.
- Peter Eisenberg: Die besondere Kennzeichnung der kurzen Vokale - Vergleich und Bewertung der Neuregelung. In: Gerhard Augst/Blüml/Nerius/Sitta (Hgg.): Zur Neuregelung der deutschen Orthographie. Begründung und Kritik“, Tübingen: Niemeyer, 1997, S. 323-336.
- Peter Eisenberg: Das Versagen orthographischer Regeln. Über den Umgang mit dem Kuckucksei. In: Eroms, Hans Werner / Munske, Horst Haider (Hrsg.): Die Rechtschreibreform. Pro und Kontra. Berlin: Erich Schmidt Verlag, 1997, S. 47-50
- Peter Eisenberg: Was tun? Retten, was zu retten ist. In: Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes, 4/1997, S. 128-130 (Eisenberg, einer der besten Grammatiker, die wir haben, bestätigt darin, daß unter unabhängigen Didaktikern Einigkeit darüber bestehe, daß die Anzahl der Fehler nicht zurückgehen werde.)
- [Peter Eisenberg, Bearbeiter]: Zur Reform der deutschen Rechtschreibung. Ein Kompromißvorschlag, Hg. von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Göttingen: Wallstein Verlag, 2003, 144 Seiten (Den Entwurf des Vorschlags hat Peter Eisenberg geschrieben, die Wörterliste ist unter seiner Regie von Barbara Seelig und Birgit Wolf-Bleiß angefertigt worden.)
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Siehe auch: Deutscher Sprachpreis 1996 für Peter Eisenberg
www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=602#602
Anmerkung:
In den VRS-Links wurde „viewtopic“ durch „themaschau“ ersetzt, damit sie wieder funktio-nieren.
Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Freitag, 23. Sep. 2005 19:46, insgesamt 3mal bearbeitet |
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Manfred Riebe
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: Dienstag, 15. März. 2005 22:08 Titel: Den Kultusministern zuliebe |
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Den Kultusministern zuliebe
Zum Beitrag Ihrer „Fremden Feder“ Professor Dr. Peter Eisenberg „Korrektur der Rechtschreibreform vorbereiten - jetzt“ (F.A.Z. vom 1. Juli): In der leidigen Angelegenheit Rechtschreibreform greift der Realitätsverlust weiter um sich. Nun will Peter Eisenberg fünf Jahre lang empirische Erhebungen anstellen, um dann wenigstens die „größten Absurditäten“ zu beseitigen. Auf diese Weise sollen sich die Kultusminister ohne Gesichtsverlust aus der Affäre ziehen können. Das ist sehr nobel gedacht, nur an die von ihnen zur Schreibumstellung gezwungenen Kinder und Erwachsenen denkt er nicht. Es geht doch wirklich nicht um ,,Rechtschreibfrieden“, sondern um die Wiederherstellung einer der deutschen Sprache angemessenen Rechtschreibung.
Kein ernst zu nehmender Kritiker will ohne Wenn und Aber zu den alten Duden-Schreibungen zurück. Inzwischen liegen ein aufgeklärtes Regelwerk und ein entsprechendes Wörterbuch vor. Die Kultusminister hätten es also in der Rand, ihren „kulturpolitischen Skandal“ zu beenden - jetzt.
Professor Dr. Helmut Jochems, Kreuztal
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8. Juli 2000, S. 49 - Leserbrief
http://www.tu-berlin.de/fb1/AGiW/Cricetus/SOzuC1/SOVsRSR/Forum1.htm |
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