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Lexikon der Volksetymologien

 
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Günter Schmickler



Registriert seit: 11.05.2003
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Wohnort: 53842 Troisdorf

Beitrag: Samstag, 21. Jul. 2007 12:22    Titel: Lexikon der Volksetymologien Antworten mit Zitat

Heike Olschansky

Täuschende Wörter

Kleines Lexikon der Volksetymologien

Wenn wir hören, daß jemand „sich verzettelt“ habe, denken wir unwillkürlich an einen bedauernswerten Menschen, dessen Schreibtisch überquillt von unerledigtem Papierkram. Der Ärmste hat jeglichen Überblick verloren und weiß nicht, welchen „Zettel“ er zuerst in die Hand nehmen soll (so er ihn in diesem Durcheinander überhaupt fände). Diese Deutung von „verzetteln“, die häufig auf andere Lebenssituationen übertragen wird, ist so naheliegend wie falsch. Heike Olschansky belehrt den Leser in ihrem kleinen Lexikon eines Besseren: „verzetteln“ ist eine Wiederholungsbildung zu dem ausgestorbenen Wort „zetten“, das „ausstreuen, verteilen“ bedeutete. Das Wort „Zettel“ ist hingegen aus mittellateinisch „cedula“ (= Streifen) entlehnt.
Die Liste der nicht nur von „einfachen Leuten“ (dem „Volk“), sondern häufig auch von Angehörigen der „geistigen Elite“ falsch gedeuteten Wörter ist lang: Die „Affenschande“ kommt darin ebenso vor wie der „Pleitegeier“, die „Pickelhaube“ und die „Zwickmühle“.

Einige „täuschende“ Wörter spielten bekanntlich in der Diskussion um die Rechtschreibreform eine Rolle – denken wir nur an den „Tolpatsch/Tollpatsch“, der womöglich auch noch „belemmert/belämmert“ war, oder an das „Quentchen/Quäntchen“ und den „Mesner/Messner“.
Das „Kleine Lexikon der Volksetymologien“ ist 1999 herausgekommen und in der bewährten („vorreformatorischen“) Rechtschreibung verfaßt. Heike Olschansky greift jedoch die Rechtschreibreform nicht „expressis verbis“ an. Beispielsweise klärt sie den Leser, der´s nicht ohnehin schon wußte, sachlich darüber auf, daß der „Tolpatsch“ mitnichten „Tolpatsch“ genannt wird, weil er in seiner Tollheit in jede Patsche tritt. Nein, der Spottname für einen ungeschickten, täppischen Zeitgenossen geht zurück auf den ungarischen „talpas“ (= Fußsoldat). In wörtlicher Übersetzung bedeutet „talpas“ soviel wie „breite Sohle“ und erinnert daran, daß die ungarischen Infanteristen einstmals an Stelle von Stiefeln breite, an die Füße geschnürte Sohlen trugen. Die Erklärungen Olschanskys schließen mit der nüchternen Feststellung, daß „die neue Rechtschreibung die Schreibung >Tollpatsch< verlangt und somit eine neue volksetymologische Beziehung zu >toll< herstellt“.
Wohlgemerkt, es fehlt jeglicher polemischer Seitenhieb auf die Rechtschreibreform oder gar auf den Siegener Professor, der durch seine „Etymogeleien“ bekannt wurde. Die nüchterne Feststellung besagt mehr, als jede Polemik vermöchte: “ ..... stellt so eine neue volksetymologische Beziehung her.“
Ihren Erklärungen zum Stichwort „Mesner“ hängt Heike Olschansky allerdings ein leicht boshaftes Zitat an: „Wer >Meßner< schreibt, hat Verstand; wer >Mesner< schreibt, hat Bildung.“ (Bekanntlich machten unsere „Reformatoren zudem aus dem „Meßner“ einen „Messner“).
Ich kann mir schwer vorstellen, daß einem Leser, der die Zusammenhänge durchschaut, verordnete Schreibungen wie „Tollpatsch“ oder „Messner“ nicht gegen den Strich gehen.

G. Sch.

Heike Olschansky, Täuschende Wörter, Kleines Lexikon der Volksetymologien, Reclam 1999 und 2004, ISBN 3-15-010549-8
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