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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Sonntag, 21. Nov. 2004 20:21 Titel: Volksentscheid in Schleswig-Holstein |
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Rechtschreibreform: Matthias Dräger über den Volksentscheid in Schleswig-Holstein
„Ein Sprung in die Jauchegrube“
Herr Dräger, am kommenden Sonntag sind die Bürger in Schleswig-Holstein nicht nur zur Bundestagswahl aufgerufen, sondern auch zum Volksentscheid über die Rechtschreibreform. Mit welchen Gefühlen sehen Sie als Initiator und Sprecher der Bürgerinitiative „WIR gegen die Rechtschreibreform“ dem Ausgang dieses Volksentscheides entgegen?
Dräger: Nun, ich sehe dem Ausgang zuversichtlich entgegen, aber auch mit durchaus gemischten Gefühlen, denn wir haben hier in Schleswig-Holstein doch erheblichen Widerstand von Seiten der Landesregierung bekommen, die absichtlich Verwirrung beim Stimmzettel anrichten wollte.
Sie spielen auf die nahezu gleichlautenden Abstimmungsvorlagen an?
Dräger: Ja, richtig. Außerdem sind hier Behauptungen aufgestellt worden, die wahrheitswidrig sind. Es wird unterstellt, daß die Rechtschreibreform die in der Bevölkerung allgemein übliche Rechtschreibung sei. Das ist nicht richtig, wie ein Blick in die Tageszeitungen zeigt. Zum anderen kommt hinzu, daß hier der Verband der Schulbuchverlage mit einer halben Million D-Mark massiv in den Volksentscheid eingegriffen hat und hier praktisch versucht wird, Bildungsinhalte mitzubestimmen, einzig mit dem Ziel, die produzierten Auflagen an den Mann zu bringen.
Heißt das, Sie haben Zweifel am Ausgang des Volksentscheides?
Dräger: Also, wenn es nach der ablehnenden Haltung der Bevölkerung ginge, dann hätte ich überhaupt keinen Zweifel, dann würde das Ergebnis etwa 80 zu 20 gegen die Rechtschreibreform ausgehen. Die Propaganda der Schulbuchverlage hat allerdings auch Wirkung gezeigt. Viele Leute sind verängstigt, ob Schleswig-Holstein eine „Rechtschreibinsel“ werde. Unser Argument, daß die Rechtschreibreform die Bevölkerung spalten würde, ist bisher noch nicht durchgedrungen. Es liegt einfach an der Haltung der Presse und an der massiven Anzeigenkampagne der Schulbuchverlage.
Haben Sie es vor dem Hintergrund der Bundestagswahl nicht ohnehin schwer, sich mit ihrem Anliegen Gehör zu verschaffen?
Dräger: Keineswegs, denn das Thema Rechtschreibreform interessiert fast jeden hier in Schleswig-Holstein, und für den Volksentscheid gibt es ein größeres Interesse in der Bevölkerung als an der Bundestagswahl.
Wie haben Sie überhaupt Ihre Kampagne angelegt, welche Möglichkeiten haben Sie, auf sich aufmerksam zu machen?
Dräger: Die Möglichkeiten sind relativ begrenzt. Da ist zuerst einmal die Tagespresse, dann haben wir die Möglichkeit, Faltblätter zu verteilen. Das haben wir auch gemacht, um auf den verwirrenden Stimmzettel aufmerksam zu machen und hier entsprechend aufzuklären.
Wenn sich eine Mehrheit bei dem Volksentscheid gegen die Rechtschreibreform ausspricht, wäre dann Ihrer Ansicht nach das Projekt bundesweit gestoppt oder müßte es gestoppt werden?
Dräger: Die deutschen Nachrichtenagenturen haben am 14. Juli beschlossen, daß sie sich am Ergebnis des Volksentscheides in Schleswig-Holstein orientieren werden. Das heißt, bei einem Volksentscheid gegen die Rechtschreibreform wird es vorerst keine Umstellung bei den Nachrichtenagenturen geben.
In den Schulen wird die neue Rechtschreibung bereits gelehrt, und die schleswig-holsteinische Landesregierung argumentiert, es könne keine zwei Rechtschreibungen in Deutschland geben.
Dräger: Das ist ein fadenscheiniges Argument. Gerade, wenn die Rechtschreibreform durchkäme, würde es mit 100prozentiger Sicherheit zweierlei Rechtschreibungen in Deutschland geben. Die Rechtschreibreform würde nämlich, da sie von Erwachsenen nicht mitgemacht wird, die Bevölkerung spalten in Schüler auf der einen Seite und Erwachsene auf der anderen Seite. Diese Spaltung würde durch die Rechtschreibreform in jedem Fall eintreten.
Ministerpräsidentin Simonis hat bereits durchblicken lassen, daß sie sich nicht zwingend an diesen Volksentscheid gebunden fühlt, wenn er gegen die Rechtschreibreform ausgeht. Welche Möglichkeiten hat sie, sich dem Volksentscheid zu widersetzen?
Dräger: Für die Landesregierung gibt es keine Möglichkeit, sich dem Volksentscheid zu widersetzen. Die Ministerpräsidentin hatte in einem Focus-Interview einmal angekündigt, ein durch Volksentscheid zustande gekommenes Gesetz zum Stopp der Rechtschreibreform einfach durch den Landtag gleich wieder korrigieren zu lassen. Später hieß es von einem Regierungssprecher, die Äußerung von Heide Simonis sei ironisch gemeint. Wie dem auch sei: Verfassungsrechtler gehen davon aus, daß durch den Volksentscheid auf jeden Fall eine längere Bindung des Landtages an dieses Gesetz gegeben ist. Auch die Grünen im Landtag, die die SPD ja für ihre Mehrheiten benötigt, haben signalisiert, daß sie für eine „Korrektur“ des Volksentscheides in dieser Legislaturperiode nicht zu haben sein werden.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom August dieses Jahres hat juristisch den Weg frei gemacht für die Einführung der neuen Rechtschreibregeln. Hat sich mit dieser höchstrichterlichen Entscheidung das Thema nicht im Bewußtsein der Bürger „erledigt“?
Dräger: Im Urteil von Karlsruhe stehen aber auch einige für die Reformgegner sehr erfreuliche Dinge. Dort steht zum Beispiel, daß die Rechtschreibreform nur für die Schüler verbindlich ist. Erwachsene sind an die neuen Schreibregeln nicht gebunden, sie können so weiterschreiben wie bisher. Das heißt im Klartext, daß man die Beamten und Mitarbeiter in den Behörden nicht zur Annahme der Rechtschreibreform zwingen können wird. Das geschieht dann allenfalls auf freiwilliger Basis und das wird darauf hinauslaufen, daß die Rechtschreibreform in den Behörden nicht umgesetzt wird.
Die Zeit spielt den Befürwortern aber doch in die Hände, denn je länger die Reform an den Schulen gelehrt wird, desto unwahrscheinlicher ist eine Umkehr der Reform?
Dräger: Nein, denn durch das Bekanntwerden der Regeln erhalten jetzt auch zunehmend weite Teile der Bevölkerung von den Inhalten der Reform Kenntnis, und der Widerstand gegen die Reform verstärkt sich noch. In den unteren Klassen ist der Umfang der Schreibänderung ja relativ gering bedingt durch den kleineren Wortschatz. Das sind vielleicht 20 bis 30 Wörter, die hier betroffen sind. Das sind aber alles Wörter, die man ganz problemlos wieder umlernen kann. Es wäre wesentlich besser für die Schüler, ein paar Worte wieder neu zu lernen, als ihr Leben lang mit einer doppelten Orthographie leben zu müssen.
Wie lautet Ihr Haupteinwand gegen die Rechtschreibreform?
Dräger: Die Rechtschreibreform ist keine Reform, da sie unlogisch ist und dem Schreibenden keinerlei Erleichterung bringt.
Reformbefürworter behaupten, daß die Fehlerquote in Diktaten in Grundschulen zurückgegangen sei.
Dräger: Das sind die üblichen Märchen der Kultusminister. Unsere Untersuchungen von Aufsätzen an Schulen haben gezeigt, daß die Fehlerquote durch die Rechtschreibreform eher leicht ansteigt im Bereich zwischen 10 und sogar 40 Prozent. Letztere Zahl basiert auf einer Klausur im Deutsch-Leistungskurs, wo insbesondere bei der ß-Regelung eine ganze Fülle neuer Fehler entstanden sind, die eben nur durch die Rechtschreibreform bedingt waren. Auch Professor Eisenberg, einer der besten Grammatiker, die wir haben, bestätigt, daß unter unabhängigen Didaktikern Einigkeit darüber besteht, daß die Anzahl der Fehler nicht zurückgehen wird.
Es gab eine Vielzahl von Intellektuellen und Schriftstellern, die sich gegen die Rechtschreibreform ausgesprochen haben. Warum hört man jetzt von denen so wenig, warum unterstützen die Sie nicht bei Ihrem Volksbegehren mit einem neuerlichen Appell?
Dräger: Das liegt vielleicht auch ein wenig an der Eigenart der Schriftsteller, daß sie eben der Meinung sind, wenn sie sich einmal äußern, dann müßte das reichen. Im Prinzip ist das ja auch völlig richtig. Wenn jemand in eine Jauchegrube springen will, dann reicht es eigentlich, ihm einmal zu sagen, laß das. Aber in der heutigen Mediengesellschaft mit ihren kurzlebigen Nachrichten ist das keine besonders wirksame Haltung. Ich würde es auch sehr begrüßen, wenn sich die Schriftsteller durchaus nochmal zu Wort meldeten.
Stärken Ihnen die Initiativen in anderen Bundesländern, die zu Volksentscheiden führen sollen, den Rücken und gibt es eine Zusammenarbeit zwischen diesen Initiativen?
Dräger: Ja, es gibt schon einen Nachrichtenaustausch zwischen den Initiativen, so daß wir immer wissen, wie weit die anderen sind. Wir haben jetzt gerade Nachrichten aus Berlin erhalten, daß die dortige Initiative am Tag der Bundestagswahl mit dem Sammeln der nötigen Unterschriften für die erste Hürde auf dem Weg zu einem Volksentscheid beginnen will. Es ist durchaus erfreulich für uns, zu hören, daß der Protest sich auch in den anderen Bundesländern ausweitet.
Das Interview führte Thorsten Thaler.
Matthias Dräger ist in Lübeck geboren, 42 Jahre alt und von Beruf Verleger. Seit Oktober 1995 beschäftigt er sich mit der umstrittenen Neuregelung der deutschen Rechtschreibung, die nach einem Beschluß der Kultusministerkonferenz (KMK) der Länder offiziell am 1. August dieses Jahres in Kraft getreten ist. Matthias Dräger gehörte vor drei Jahren zu den Mitbegründern der Bürgerinitiative „Wir gegen die Rechtschreibreform“, deren Sprecher er in Schleswig-Holstein ist.
JUNGE FREIHEIT Nr. 40/98 vom 25. September 1998 |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Montag, 22. Nov. 2004 09:24 Titel: Im Namen des Volkes gegen das Volk! |
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Pressemitteilung zum 27. September 2003
Gedenktag: Volksentscheid in Schleswig-Holstein
Das Volk als Souverän und Untertan: Im Namen des Volkes gegen das Volk!
Teil 4 der Presseserie des VRS
Abdruck honorarfrei - Beleg erbeten!
NÜRNBERG (VRS), 27.09.2003. - Der Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V. (VRS) - www.vrs-ev.de - zieht anläßlich des „Jubiläums“ der sogenannten Rechtschreibreform in einer Presseserie eine Bilanz über die Presseberichterstattung. Heute erinnert der VRS an den fünften Jahrestag des Volksentscheids 1998 gegen die Rechtschreibreform in Schleswig-Holstein.
Ein Erfolg der unmittelbaren Demokratie
Am 27. September 1998, dem Tag der Bundestagswahl, wurde in Schleswig-Holstein in einem Volksentscheid über die Rechtschreibreform abgestimmt. Nur 29,1 Prozent der Abstimmenden votierten für die Rechtschreibreform. Trotz beachtlicher Desinformationskampagnen der Reformbefürworter entschieden 56,4 Prozent, daß an den Schulen weiterhin die traditionelle Rechtschreibung zu unterrichten sei. Sie widersprachen damit der Akzeptanzerwartung des Bundesverfassungsgerichts.
Wortbrüchige Politiker
Politiker und Parteien hatten angekündigt, die Rechtschreibreform zu stoppen, wenn ein Bundesland ausschere. SPD-Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering schrieb in einem Brief an die Parteibasis: „Sollte ein Land ausscheren, wäre die Reform gescheitert.“ Aber noch vor dem Volksentscheid brachen die Politiker ihr Wort, um den Ausgang des Volksentscheids zu beeinflussen. Als Antwort darauf wurden im September 1998 in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern Volksinitiativen gegen die Rechtschreibreform eingeleitet, um die Schleswig-Holsteiner auch moralisch zu unterstützen.
Verleger-Kampagnen für die Rechtschreibreform
Die Schulbuch- und Wörterbuchverlage erhofften sich Geschäfte mit dem Neudruck von Büchern. Deshalb führte der Verband der Schulbuchverlage in Schleswig-Holstein im September 1998 vor dem Volksentscheid eine 500.000 DM teure Anzeigenkampagne durch. Die Jugend- und Schulbuchverlage verbündeten sich mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und warben gemeinsam mit Anzeigen in Tageszeitungen für die Rechtschreibreform. Die Vertreterin der GEW bei der Anhörung der Rechtschreibkommission am 23. Januar 1998 in Mannheim war die Schulbuchverlegerin Hertha Beuschel-Menze! Bertelsmann verschenkte an schleswig-holsteinischen Schulen 10.000 Wörterbücher. Der NDR warnte die Bevölkerung stündlich in den Nachrichten davor, für den Vorschlag der Volksinitiative zu stimmen, da das Land dadurch in die Isolierung gerate.
Volksbegehrens-Regelungen zur Verhinderung direkter Demokratie
In Schleswig-Holstein benötigte man beim Volksbegehren 5 Prozent der Stimmen der Wahlberechtigten, um einen Volksentscheid zu erreichen. Für die Unterschriftensammlung hatte man 6 Monate Zeit. Dagegen gab es bei den Volksinitiativen gegen die Rechtschreibreform in neun Bundesländern auf der (zweiten) Stufe der Volksbegehren wesentlich höhere, kaum überwindbare Hürden. Hans Herbert von Arnim kommt daher zu dem Schluß, daß solch harte Volksbegehrens-Regelungen den Zweck haben, erfolgreiche direktdemokratische Aktivitäten zu verhindern (Hans Herbert von Arnim: Vom schönen Schein der Demokratie. München: Droemer, 2000, S. 211). Die verantwortlichen Politiker wollen nicht, daß ein unerwünschter Volksentscheid zustandekommt, der die Ziele der Regierung und der sie fördernden Wirtschaftsmächte unvorhergesehen durchkreuzt. Deshalb kämpft der Verein „Mehr Demokratie“, http://mehr-demokratie.de, der heuer sein 15jähriges Bestehen feiert, für niedrigere Hürden bei Volksbegehren.
„Alle Staatsgewalt geht von Volker aus“
Die Kieler CDU war noch 1998 gegen die Rechtschreibreform aufgetreten. Ihr Spitzenkandidat, der ehemalige Deutschlehrer Volker Rühe, brachte die Nord-CDU 1999 herrisch auf Kurs zur Wiedereinführung der Rechtschreibreform. Am 17. September 1999 hob der Kieler Landtag das Volksgesetz gegen die Rechtschreibreform einstimmig auf. Die als „Volksvertreter“ bezeichneten Parlamentarier setzten sich über den Willen des Volkes hinweg. Das Volk, der Souverän, wurde bevormundet, zum Untertanen degradiert und gleichgeschaltet. Doch die Wähler erteilten Rühe wenig später die Quittung: Die CDU verlor die Landtagswahl.
Der VRS stellt zum fünften Jahrestag des Volksentscheids gegen die Rechtschreibreform in Schleswig-Holstein fest: „Der 27. September 1998 ist ein Gedenktag des Sieges über die Staatsbürokratie, aber auch ein schwarzer Tag für die direkte Demokratie, weil die Bürger fast ein Jahr später von ihren Volksvertretern durch dreisten Machtmißbrauch entmündigt wurden. Die Zeitungen, die 'Sturmgeschütze der Demokratie', protestierten nicht; denn die Journalisten waren am 1. August 1999 selber gleichgeschaltet worden und somit befangen. Es ist jedoch nie zu spät, Sprachzerstörung, Entdemokratisierung und Geldverschwendung zu stoppen!“
Manfred Riebe, Pressesprecher des VRS
Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V.
www.vrs-ev.de/vorstand.php#riebe
D-90571 Schwaig bei Nürnberg
Tel. (0911) 50 08 25
pressesprecher@vrs-ev.de
www.vrs-ev.de/pm270903.php |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Donnerstag, 03. Feb. 2005 21:26 Titel: Feindliche Übernahme |
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Feindliche Übernahme
Die gesamte Rechtschreibreform erinnert an eine totalitäre Vereinnahmung im Rahmen unserer parlamentarischen Demokratie. Man spricht von einem „Staatsstreich“ gegen die Demokratie:
- Professor Christian Meier - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=2419#2419
- www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=3085#3085
- Günter Kunert - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=792#792
- Reiner Kunze - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=1430#1430
- Friedrich Dieckmann - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=489#489
Aus wirtschaftlicher Sicht könnte man diese totalitäre Vereinnahmung als feindliche Übernahme bezeichnen. Darin steckt eine Art Hausbesetzermentalität, die auf Skrupellosigkeit beruht. Man denke an die feindliche Übernahme von Mannesmann. Die Verantwortlichen kassierten für ihre Hilfe viele Millionen.
Die feindliche Übernahme durch das Bertelsmann-Wörterbuch und das Österreichische Wörterbuch zielte darauf ab, das Duden-Privileg wegen der Duden-Marktanteile aufzuheben. Das österreichische Mitglied der Zwischenstaatlichen Rechtschreibkommission Karl Blüml, zugleich Mitarbeiter des „Österreichischen Wörterbuchs“(!), verriet einem Journalisten:
„Das Ziel der Reform waren aber gar nicht die Neuerungen. Das Ziel war, die Rechtschreibregelung aus der Kompetenz eines deutschen Privatverlages in die staatliche Kompetenz zurückzuholen.“ (Blüml, Karl: Interview von Michael Cerha: Karl Blüml, Mitglied der Rechtschreib-Kommission, und die Problembereiche „seiner“ Reform. Das Klare wird sich durchsetzen. In: DER STANDARD, Wien, 31.01./01.02.98, S. 13)
Das Ziel der Rechtschreibreform war demzufolge nicht die Vereinfachung der Rechtschreibung, sondern die Zerstörung des Duden-Privilegs zwecks weltweiter Geschäfte der Medienkonzerne. Dazu genügte nicht eine kleine Nachbesserung. 90 Prozent der Reform umfaßt die ß/ss-Regelung. Daher fügte man die völlig überflüssige Änderung der ß/ss-Schreibung und die Silbentrennung als Füllmaterial ein, damit ein Neudruck aller Bücher nötig sei. So müssen alle Deutschlernenden auf der ganzen Welt neue Sprach- und Wörterbücher kaufen. Auch alle Bibliotheken im Ausland müssen neue Bücher anschaffen.
Besonders deutlich wurde diese feindliche Übernahme, als in Schleswig-Holstein der erfolgreiche Volksentscheid vom 27. September 1998 ein Jahr später von den Parlamentariern aufgehoben wurde. Die Verantwortlichen verrieten als gewählte Volksverteter das Volk. Ob die Parteien Spenden oder Beraterhonorare erhielten, weiß man nicht. Aber angesichts von Abgeordneten, die neben ihren Diäten auch noch Gehälter ohne wirkliche Gegenleistung kassieren, weil sie auf der Gehaltsliste von Unternehmen stehen, sind solche Fragen berechtigt. Auch hinter der Rechtschreibreform stecken massive Geldinteressen. Dies wurde u.a. deutlich im Anhörungsverfahren des Bundesverfassungsgerichts.
Der nächste Schritt war die Übernahme bzw. Gleichschaltung der Medien am 1. August 1999.
_______________________________-
Anmerkung:
In den Links wurde "viewtopic" durch "themaschau" ersetzt, damit sie wieder funktionieren.
Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Montag, 23. Mai. 2005 10:01, insgesamt 1mal bearbeitet |
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Sigmar Salzburg
Registriert seit: 30.06.2004 Beiträge: 42
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: Montag, 23. Mai. 2005 09:39 Titel: Sogenannte Demokratie |
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„Es ist ein so grandioser Sieg. Ihr könnt später den Enkeln sagen: Wir waren dabei“, sagte Rüttgers. Die CDU erreichte bei der Wahl im bevölkerungsreichsten Bundesland ihr bestes Ergebnis seit 30 Jahren. (SVZ 23. 05.05)
Die CDU hat 44,8 Prozent der Stimmen erhalten. Die Erschütterungen reichen bis Berlin. Der Bundeskanzler kündigt die Vertrauensfrage an das ganze Volk an: Neuwahlen im Herbst.
„Der glanzvolle Sieg der Bürgerinitiative ….“ schrieb am 29.9.1998 die Süddeutsche Zeitung zur Abstimmung gegen die Rechtschreibreform in Schleswig-Holstein.
Das gestrige Ergebnis der CDU nimmt sich dagegen vergleichsweise kümmerlich aus: Für die traditionelle Rechtschreibung stimmten damals 56,4 Prozent und gegen die „Rechtschreibreform“ der Regierung zusammen 70,9 Prozent der Wähler. Das war das demokratische Aus für die „Reform“. Zumindest hätte in bundesweiten Abstimmungen in dieser Hinsicht die Vertrauensfrage gestellt werden müssen.
Aber was geschieht? In Schleswig-Holstein wird die Bildungsministerin Böhrk durch die geschicktere Reformeinpeitscherin Erdsiek-Rave ersetzt, 10000 fehlerhafte Neuschreiblexika werden von Bertelsmann in die Schulen entsorgt, um den Volksentscheid zu unterminieren, Müntefering, der kurz zuvor noch erklärt hatte, „sollte ein Land ausscheren, wäre die Reform gescheitert,“ macht sich unsichtbar – und Kultusminister und Ministerpräsidenten verabreden hinter vorgehaltener Hand, das Volk außer acht zu lassen und stur Heil auf „Reform“-Kurs weiterzumarschieren. Man nennt es „Demokratie“!
Zuletzt bearbeitet von Sigmar Salzburg am Dienstag, 24. Mai. 2005 07:04, insgesamt 1mal bearbeitet |
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Geheimrat
Registriert seit: 20.05.2005 Beiträge: 56
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: Montag, 23. Mai. 2005 10:44 Titel: |
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Im anstehenden Dauerwahlkampf hat die RSR wenig Chancen, sich als Thema in der öffentlichen Auseinandersetzung zu behaupten. Die RSR ist zur Zeit sich selbst der beste Feind. Die schöne Karikatur mit dem Rechtschreibteufel zeigt es deutlich. Da kann man doch Hoffnung schöpfen, daß mancher den Irrweg noch einsieht. Ein Beispiel, wie so etwas aussieht, habe ich im Forum der Stuttgarter Zeitung gefunden, ich hoffe, daß der Autor pauljose nichts gegen eine Weiterverbreitung hat.
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Ich bin wieder zur alten Rechtschreibung zurückgekehrt.
Dies aber nicht aus so pompösen Gründen wie "Verantwortung für
die deutsche Sprache ", oder weil ich ein konservativer Mensch wäre .
Ich habe mich im Regelwerk ständig verheddert und in einer Mischung
geschrieben ,die nichts Ganzes und nicht Halbes war.
Meine individuelle Entscheidung ,ganz für mich alleine getroffen und
ohne missionarischem Eifer andere davon überzeugen zu wollen.
Ich sehe auch kein so großes Problem noch über viele Jahre hinweg mit
alter und neuer Rechtschreibung einvernehmlich zu leben ,ich sähe aber ein Problem die neuen Regeln einfach wieder einzukassieren und den
Kindern zu erklären ,daß sie alles wieder vergessen könnten.
Wer A sagt,muss auch B sagen und damit leben ,daß eine gewisse Zeit
AB verstanden wird.
Unsere Sprache ist schön . Das bleibt sie auch nach der Rechtschreibreform.
Und unsere Kinder haben alle Möglichkeiten sich ihrer zu bedienen.
Wenn sie es nicht können ,muss man die Ursachen woanders suchen .
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Die noch Schwankenden sind es, die die Waage langsam zum Kippen bringen können, an die 100% pro oder contra eingestellten Menschen braucht man sich weniger zu wenden.
Ansonsten ist über eine wirkungsvolle Strategie nachzudenken, auch die KMK zum Einlenken zu zwingen, die bisherige der Reformgegner hat keinen durchschlagenden Erfolg erzielt. |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Donnerstag, 26. Mai. 2005 10:54 Titel: Fächer- und berufsübergreifende Sicht |
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Fächer- und berufsübergreifende Sicht
Viele Konzepte, aber kein Geld in der Kasse
Anonymus „Geheimrat“ zitiert aus dem Forum der Stuttgarter Zeitung „pauljose“ mit Doppel-s, aber mit „daß“, was ja auch bemerkenswert für die Glaubwürdigkeit der Aussage ist: „Wer A sagt, muss auch B sagen und damit leben, daß eine gewisse Zeit AB verstanden wird.“
Wer die Aussage des „pauljose“ hinterfragt, stellt fest, daß sie falsch ist und daß es sich um einen Angehörigen der Gleichgültigkeitsfraktion und somit einen Beliebigkeitsschreiber handelt. Richtig ist dagegen:
Wer A sagt, muß nicht unbedingt auch B sagen. Er darf erkennen, daß A falsch war. (Bertolt Brecht)
Nur weil die untaugliche Rechtschreibreform in den Schulen ungesetzlich an den Parlamenten vorbei durch bloße Erlasse eingeführt wurde und weil es eine Zwischenstaatliche Absichtserklärung gibt, ist die „Reform“ nicht gut.
Die Reduzierung des Problems auf den sprachlichen Aspekt, zeigt, daß man es unzulässig auf den eigenen begrenzten privaten Horizont einengt. Schon in den Schulen bemüht man sich um einen fächerübergreifenden Unterricht und vermittelt den Schülern als eine der Schlüsselqualifikationen auch die Bereitschaft zur Kommunikation und Kooperation (= Sprachkompetenz, Sozialkompetenz). Auch für politische Probleme ist eine fächer- und berufsübergreifende Sicht notwendig. Näheres hierzu in: http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=1539#1539 -. Doch in der Frage der Rechtschreibreform entdeckt man in der Politik diesbezüglich schwerwiegende Defizite. Die Politiker versuchen, ihre Defizite durch Desinformationskampagnen zu verdecken.
„Die Wahrheit siegt nur, wenn sie bekannt ist und laut ausgesprochen wird.“
„Es ist nie zu spät, Natur-, Kultur- und Sprachzerstörung, Entdemokratisierung, Korruption und Steuerverschwendung zu stoppen!“ (VRS)
Anonymus „Geheimrat“ meint, man solle über eine „wirkungsvolle Strategie“ nachdenken, auch die KMK zum Einlenken zu zwingen; die bisherige Strategie der Reformgegner habe „keinen durchschlagenden Erfolg erzielt“. Diese Frage nach einer wirkungsvollen Strategie kommt reichlich spät und wird auch von Anonymus „Geheimrat“ nicht beantwortet. Außerdem gab und gibt es viele Konzepte, aber kein Geld in der Kasse.
Tatsache ist, daß sich die Kultusminister sicht seit 1997 in der Defensive befinden und Schritt für Schritt zum Rückzug gezwungen worden sind. Man kann die Rechtschreibreform mit dem Rußlandfeldzug Napoleons vergleichen. Die Natur, Väterchen Frost, machte ihm ein Ende. Aus der Schlacht von Waterloo am 18. Juni 1815 ist eine Aussage des britischen Feldmarschalls Wellington überliefert: „Ich wollte, es wäre Nacht und die Preußen kämen.“
Die Verbündeten gegen die Rechtschreibreform trafen am 6. August 2004 in Gestalt des Springer-Konzerns, des Spiegel und der Süddeutschen Zeitung ein. Der Spiegel und die Süddeutsche waren aber keine Preußen und somit keine zuverlässigen Verbündeten, so daß das „Waterloo“ der Rechtschreibreform noch etwas auf sich warten läßt.
Man sieht aber an diese Fakten, daß es finanzielle Verflechtungen gibt, fast vergleichbar mit mafiaähnlichen Strukturen, wie sie der Duden-Chef Drosdowski feststellte - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=587#587 -. Eine „wirkungsvolle Strategie“ gegen eine Mafia, die Geschäfte machen will, reicht allein kaum aus. Ulrich Brosinsky: „Der größte Gegner der Rechtschreibreform war und ist die Rechtschreibreform selbst!“ –
http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=1626#1626
Es gilt der alte Spruch: „Du hast keine Chance, aber nutze sie ...“ Gemeint sind natürlich keine anonymen „Geheimräte“.
Kritiker und Zeugen gegen die Rechtschreibreform können nur dann seriös, glaubwürdig, überzeugend und damit wirkungsvoll auftreten, wenn ihre Identität bekannt ist.
Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Donnerstag, 26. Mai. 2005 15:20, insgesamt 1mal bearbeitet |
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Geheimrat
Registriert seit: 20.05.2005 Beiträge: 56
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: Donnerstag, 26. Mai. 2005 13:36 Titel: |
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Namen sind Schall und Rauch, es kommt auf die Argumente an.
Die bisherige Strategie der Reformgegner, nämlich durch massiven Einsatz von Leserbriefen und Forenpräsenz große Zeitungen noch zum Umschwenken zu bewegen, ist an ihre Grenzen gestoßen. Mir erscheint es jetzt sinnvoller, den finanziellen Aspekt hervorzuheben, aber mit unumstößlichem Zahlenmaterial. Oder einfach abzuwarten.
Mir wäre jeder willkommen, der umschwenkt, auch wenn er nicht perfekt "alt" schreibt. Wie sagt die FDP: "Deutschland wechselt, wechseln Sie mit!"
(nachtr.) Steht nicht auch geschrieben, daß der Herr im Himmel sich über einen reuigen Sünder mehr freut als über zehn Gerechte? Hat man erst den Anfang gemacht, kommt der Rest sicher auch noch. Wir wollen doch niemandem die orthographische Burkha überstülpen und uns als Taliban gebärden.
Geheimrat (bürgerlich Joh. Wolfg. G.) ;-))) |
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Sigmar Salzburg
Registriert seit: 30.06.2004 Beiträge: 42
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: Samstag, 17. Jun. 2006 07:07 Titel: |
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Kalenderblatt 2006: 17. Juni
Hamburg (dpa) - Das aktuelle Kalenderblatt für den 17. Juni:
24. Kalenderwoche
…
1953 – Der Volksaufstand in der DDR gegen die Partei-und Staatsführung wird von sowjetischen Truppen niedergeschlagen.
1901 – Auf einer Konferenz in Berlin beschließen Vertreter der deutschen Bundesstaaten und Österreich-Ungarns eine einheitliche deutsche Rechtschreibung.
Ergänzung
17. Juni – Tag der deutschen Einheit
(Inzwischen durch ein Datum der Parlamentsbürokraten ersetzt.)
1871 Einheit Deutschlands (kleindeutsch durch Bismarck)
1901 Einheit der deutschen Rechtschreibung (durch Konrad Duden)
Fortfall entbehrlicher Zeichen:
h nach t: Thür >Tür
1949 Teilung Deutschlands (durch die Kommunisten)
1996 Teilung der deutschen Rechtschreibung (durch die Kultusminister)
… in die klassische Kulturschreibung – und die Pennälerschreibung:
Vermehrung überflüssiger Zeichen:
ss-Reformsignal: As > Ass (engl.)
Dreifachbuchstaben: Schwimmeister > Schwimmmeister
… auch kombiniert: Flußschiffahrt > Flussschifffahrt
Stammpedanterie: Roheit > Rohheit
Ratlosigkeit: Zierat > Zierrat
„Volksetümologie“: Tolpatsch > Tollpatsch
Bindestrichfimmel: der 14jährige > der 14-Jährige
Notlösungs-Bindestrich: Brennessel > Brenn-Nessel
Lückentick: die Leidtragenden > die Leid Tragenden
Kommakrampf: „Kommst du?“ fragte er > „Kommst du?“, fragte er
„Kackofonie“ : selbständig > selbstständig
1999 – Der Volksaufstand in Schleswig-Holstein gegen die Rechtschreibreform wird am 17. September vom Kieler Parlament niedergeschlagen. |
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