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Günter Schmickler
Registriert seit: 11.05.2003 Beiträge: 310 Wohnort: 53842 Troisdorf
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: Dienstag, 01. Nov. 2005 20:21 Titel: Re: Zählebigkeit der populären Irrtümer |
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| Manfred Riebe hat folgendes geschrieben: | Das schwarze Loch im Forum der Süddeutschen Zeitung
Sollte die Süddeutsche Zeitung das Rechtschreib-Forum wieder öffnen? Bis vor kurzem verschwanden alle meine Beiträge in einem schwarzen Loch. Nun aber wurde erstmals wieder ein Beitrag von den Moderatoren genehmigt:
Hitlers Verbot der deutschen Schrift - Zum „ss“ in Hitlers Schriftreform
Im VRS-Forum/Archiv sehen Sie den Verbotstext vom 3.1.1941: http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=816#816
Daher war der DUDEN von 1941 noch in Fraktur gedruckt. Erst der DUDEN von 1942 erschien in lateinischer Schrift (Antiqua) bzw. „Normalschrift“. Näheres im VRS-Forum/Archiv: http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=3001#3001
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Riebe
http://www.vrs-ev.de/vorstand.php#riebe
Manfred Riebe: Hitlers Verbot der deutschen Schrift [Re: Nemo] #41937 - 12/10/2005 20:26
Im Strang von MR_STEPHEN: gewollte ungewollte Verunsicherung???
SZ-Forum: Rechtschreibung - die deutscheste aller Dampfschif(f)fahrten |
“Wir haben uns in einer Welt eingerichtet, die wir zu kennen glauben. Doch selbst aufgeklärte Zeitgenossen laufen immer wieder in die Falle, die uns durch andauernde Wiederholung zum alltäglichen Wissen gewordene Irrtümer stellen.“
(Aus dem Klappentext zum „Lexikon der populären Irrtümer“ von Walter Krämer und Götz Trenkler)
Zu dieser Art von populären Irrtümern gehört meines Erachtens auch die Behauptung, Hitler habe die „deutschen“ Schriften (Sütterlin und Fraktur) verboten. Ein bloßes Anklicken des angeblichen Verbotstextes genügt, um sich zu überzeugen, daß es ein „Verbot“ im eigentlichen Sinne nicht gegeben hat. Besondere Beachtung verdient hier der „Geheimhaltungsvermerk“. Der eigentliche Grund für die vorgesehene Verdrängung der „gebrochenen“ Schriften, nämlich deren angeblich jüdischer Ursprung, durfte aus naheliegenden Gründen nicht an die Öffentlichkeit gelangen.. Geheimhaltung und Verbot aber passen nach den Regeln elementarer Logik schwerlich zueinander. Außerdem ist aus dem Text des Hitler-Bormann Erlasses klar ersichtlich, daß die Ablösung der bislang vorwiegend gebräuchlichen Schriften, geschriebene Sütterlinschrift und gedruckte Fraktur, mitnichten „schlagartig“ erfolgen sollte, sondern daß von vornherein eine stufenweise Vorgehensweise einkalkuliert war. Die unvermeidliche Übergangszeit war nicht terminiert, auch dieser Umstand ist mit einem „Verbot“ nicht vereinbar. Im übrigen impliziert der Begriff „Normal“- Schrift bereits, daß die Existenz wenigstens einer weiteren Schriftart eingeräumt wird.
Die ersten praktischen Konsequenzen des Hitler-Bomann-Erlasses waren die Einführung der „Normalschrift“ als Schulschrift auf dem Verordnungswege (Verwaltungsanweisung des Reichserziehungsministers) und die Umstellung einiger Zeitungen auf die Antiqua-Druckschrift im Jahre 1941, mit dem „Völkischen Beobachter“ als Flaggschiff. In den folgenden Jahren wurden weitere Zeitungen umgestellt, die einen früher, die anderen später, manche nur halb (politischer Teil in Antiqua, Lokalteil in Fraktur), einige überhaupt nicht. Noch in den letzten Kriegswochen erschienen selbst parteiamtliche Zeitungen teilweise in Fraktur. Nicht einmal die Schulbücher konnten konsequent umgestellt werden, noch im Jahre 1944 mußte das Reichserziehungsministerium der Herausgabe von Schulbüchern in Frakturdruck den „amtlichen Segen“ erteilen.. Selbstverständlich war der Austausch von Bibliotheksbeständen, Straßen- und Bahnhofsschildern, Inschriften auf Denkmälern etc. schon aus kriegsbedingten Gründen nicht möglich. Noch weniger war daran zu denken, Millionen von Menschen, die nur die Sütterlinschrift schreiben konnten, während des Krieges auf die Normalschrift umzuschulen. Ob ein tatsächliches und mit Nachdruck durchzusetzendes „Verbot“ der unerwünschten Schriften für die „Zeit nach dem Endsieg“ vorgesehen war, ist nicht bekannt; darüber zu spekulieren, wäre müßig.
Bei Kriegsende waren die „deutschen“ Schriften mitnichten verschwunden und vergessen, hatten aber weitgehend ihre vormalige Dominanz eingebüßt. In der Nachkriegszeit erhielten sie bedauerlicherweise keinen neuen Auftrieb, sondern verloren weiterhin an Boden. An den Schulen wurde in allen Besatzungszonen die Sütterlinschrift nicht wiedereingeführt. Den Zeitungen wurde von den Lizenzbehörden der Siegermächte zur Auflage gemacht, keine „gotische“ Schrift zu benutzen, dies geschah zweifellos, um die Zensur zu erleichtern. Immerhin erschienen in der Nachkriegszeit belletristische Literatur und Schulbücher teilweise noch in Fraktur. Deren Anteil ging jedoch von Jahr zu Jahr zurück. Etwa seit Ende der Fünfzigerjahre kommen nur noch vereinzelt in Fraktur gedruckte Bücher heraus, meist bibliophile Ausgaben oder Reprints. Nun wird gelegentlich aus diesem Sachverhalt gefolgert, der Hitler-Bormann-Erlaß habe bis heute seine Gültigkeit behalten und werde von den Kultusbehörden über die Zeitläufte hinweg noch befolgt, – aber eine solche Gedankenkonstruktion ist selbstverständlich derart abwegig, daß eine Diskussion darüber nicht lohnt.
Meine Überlegungen und Feststellungen zum Ablauf der „Schriftumstellung“ zwischen 1941 und ca. 1960 habe ich bereits in mehreren Einzelbeiträgen für dieses Forum ausführlich dargelegt. Sie sind durchweg durch belastbare Beweise gesichert. Als Quellen nenne ich hier insbesondere den in der Büchergilde Gutenberg erschienenen Band „1945 WIE DER KRIEG ZU ENDE GING“ und die Faksimile-Dokumente der „Edition Deutschland im 20. Jahrhundert“ (Weltbildverlag, Augsburg). Ernstzunehmende Gegenargumente sind nicht ins Feld geführt worden.. Gleichwohl wird man weiterhin auch in diesem Forum immer wieder fetten Schlagzeilen wie “Hitlers Verbot der deutschen Schrift“ begegnen. „Populäre Irrtümer“ zeichnen sich halt durch erstaunliche Zählebigkeit aus.
G. Sch. |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Mittwoch, 02. Nov. 2005 12:23 Titel: Ziel und Wirklichkeit |
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Ziel und Wirklichkeit
Ich möchte niemanden indoktrinieren. Ich gebe daher Originalquellen an, aber auch verschiedene Kommentare, so daß sich jeder sein eigenes Bild machen kann. Siehe z.B. den Strang „Die „gotische“ oder deutsche Schrift (Sütterlin, Fraktur)“: http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=1156#1156
1. Zum Verbot der deutschen Schrift
Die Bezeichnung „Verbot der deutschen Schrift durch Adolf Hitler“ überwiegt in der Literatur. Einige Beispiele:
* Heeger, Heinrich: Das Verbot der deutschen Schrift durch Adolf Hitler im Lichte einer schriftgeschichtlichen Betrachtung. In: Die deutsche Schrift, Heft 55, Sonderheft, Winter 1977
* Delbanco, Helmut: „Das Verbot - (k)ein Blitz aus heiterem Himmel“. In: „Die deutsche Schrift“, Heft 64 (Frühjahr 1981)
* Professor Theodor Ickler spricht in seinem Buch „Regelungsgewalt“ ebenso von einem Verbot. http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=3132#3132
* Auch Professor Günther Pflug, der ehemalige Vorsitzende der „Gesellschaft für deutsche Sprache“ (GfdS) schreibt: „Einen entscheidenden Einschnitt brachte das Jahr 1941. Im Januar dieses Jahres wurde auf Veranlassung von Adolf Hitler persönlich die Fraktur als Schrift in Deutschland verboten.“ http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=3108#3108
* Antiqua-Fraktur-Streit - http://de.wikipedia.org/wiki/Antiqua-Fraktur-Streit
2. Zur Durchsetzung des Verbots
Ich stimme Günter Schmickler zu, daß sich hinsichtlich der Durchsetzung des Verbots ein differenziertes Bild ergibt. In dem Artikel:
Schriftenstreit. Das Ende der „Deutschen Schrift“ - www.geschichte.schleswig-holstein.de/vonabisz/schriftenstreit.htm - wird veranschaulicht, daß das Verbot keineswegs überall und sofort durchgesetzt wurde.
Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Dienstag, 08. Nov. 2005 21:30, insgesamt 3mal bearbeitet |
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Geheimrat
Registriert seit: 20.05.2005 Beiträge: 56
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: Mittwoch, 02. Nov. 2005 13:16 Titel: |
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Man kann auch im Internet stöbern (Google) unter
Hitler "Deutsche Schrift"
oder stark eingeschränkt unter
Hitler "Verbot der Deutschen Schrift"
In meinem Nachschlagewerk von 1939 sind übrigens die Hauptüberschriften in Antiqua, der Text und die Nebenüberschriften in Fraktur gesetzt, sicher ein Tribut an die bessere Übersichtlichkeit. |
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Günter Schmickler
Registriert seit: 11.05.2003 Beiträge: 310 Wohnort: 53842 Troisdorf
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: Donnerstag, 17. Nov. 2005 14:52 Titel: Re: Ziel und Wirklichkeit |
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| Manfred Riebe hat folgendes geschrieben: | Ziel und Wirklichkeit
Ich möchte niemanden indoktrinieren. Ich gebe daher Originalquellen an, aber auch verschiedene Kommentare, so daß sich jeder sein eigenes Bild machen kann. Siehe z.B. den Strang „Die „gotische“ oder deutsche Schrift (Sütterlin, Fraktur)“: http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=1156#1156
1. Zum Verbot der deutschen Schrift
Die Bezeichnung „Verbot der deutschen Schrift durch Adolf Hitler“ überwiegt in der Literatur. Einige Beispiele:
* Heeger, Heinrich: Das Verbot der deutschen Schrift durch Adolf Hitler im Lichte einer schriftgeschichtlichen Betrachtung. In: Die deutsche Schrift, Heft 55, Sonderheft, Winter 1977
* Delbanco, Helmut: „Das Verbot - (k)ein Blitz aus heiterem Himmel“. In: „Die deutsche Schrift“, Heft 64 (Frühjahr 1981)
* Professor Theodor Ickler spricht in seinem Buch „Regelungsgewalt“ ebenso von einem Verbot. http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=3132#3132
* Auch Professor Günther Pflug, der ehemalige Vorsitzende der „Gesellschaft für deutsche Sprache“ (GfdS) schreibt: „Einen entscheidenden Einschnitt brachte das Jahr 1941. Im Januar dieses Jahres wurde auf Veranlassung von Adolf Hitler persönlich die Fraktur als Schrift in Deutschland verboten.“ http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=3108#3108
* Antiqua-Fraktur-Streit - http://de.wikipedia.org/wiki/Antiqua-Fraktur-Streit
2. Zur Durchsetzung des Verbots
Ich stimme Günter Schmickler zu, daß sich hinsichtlich der Durchsetzung des Verbots ein differenziertes Bild ergibt. In dem Artikel:
Schriftenstreit. Das Ende der „Deutschen Schrift“ - www.geschichte.schleswig-holstein.de/vonabisz/schriftenstreit.htm - wird veranschaulicht, daß das Verbot keineswegs überall und sofort durchgesetzt wurde. |
Wenn „in der Literatur“ die Bezeichnung „Hitlers Verbot der deutschen Schrift“ überwiegt, so besagt das über die Richtigkeit dieser Bezeichnung überhaupt nichts – wie prominent die jeweiligen Autoren auch sein mögen. Bekanntlich gibt es ja auch „erlauchte Geister“, die uns weismachen wollen (und womöglich sogar selbst daran glauben), das Wort „leid“ in der Wendung „Es tut mir leid“ sei ein Substantiv und müsse deshalb groß geschrieben werden. Die von Manfred Riebe aufgeführten „Quellen“ bestätigen nur, was ich schon einmal aus dem Klappentext zum „Lexikon der populären Irrtümer“ (Walter Krämer und Götz Trenkler) zitiert habe: “Selbst aufgeklärte Zeitgenossen laufen immer wieder in die Falle, die uns durch andauernde Wiederholung zum alltäglichen Wissen gewordene Irrtümer stellen.“
Wie aber ist es zu erklären, daß wir „in der Literatur“ so häufig auf die irreführende Behauptung stoßen, Hitler habe die Fraktur- und die Sütterlinschrift verboten? Ich habe hierzu folgende Vermutungen:
1. Vielleicht gehören die Autoren zu den „Spätgeborenen“, die keine eigenen Erinnerungen an die Nazizeit haben können. Ich selbst habe die Schriftumstellung als Schulkind erlebt, kann mich aber noch auf viele Einzelheiten (sogar Kleinigkeiten) besinnen.
2. Vermutlich haben die Autoren in ihrer Bibliothek keine Bücher, die in den Jahren nach 1941 noch in Fraktur gedruckt wurden. Ich besitze eine ganze Reihe solch „alter Schinken“.
3. Ich gehe davon aus, daß die Autoren nicht den in der Büchergilde Gutenberg erschienenen Band „1945 WIE DER KRIEG ZU ENDE GING“ (Herausgegeben von Thomas Friedrich) kennen.
4. Vielleicht hat nicht einmal jeder der von Manfred Riebe genannten Autoren den Text des angeblichen „Verbotserlasses“ (Hitler-Bormann-Erlaß) gelesen.
Unzweifelhaft ist es mit dem Wesen eines totalitären Staates nicht zu vereinbaren, daß er ein Verbot erläßt und es dann seinen Untertanen freistellt, ob überhaupt, wann und in welchem Umfang sie dieses Verbot einzuhalten geruhen. Allenfalls wäre es nachvollziehbar, wenn die Staatsmacht bei dem einen oder anderen holsteinischen Provinzblättchen „ein Auge zugedrückt“ hätte. Selbst solch eine Kulanz gegenüber bäuerlichen Dickschädeln wäre schon verwunderlich genug gewesen, wenn man bedenkt, welchen Stellenwert damals ein „Führerbefehl“ hatte. Es waren aber mitnichten nur bedeutungslose Provinzblätter, die selbst in den letzten Kriegswochen noch in Fraktur gedruckt wurden, sondern auch ein Teil der in der Reichshauptstadt Berlin herausgegebenen „Kampfpresse“ (Der Angriff/Nachtausgabe, Berliner Morgenpost u. a.), mit trotzigen Überschriften wie „Heldenhafter Widerstand unserer Soldaten in der großen Abwehrschlacht um Berlin“. Der „Heldentod“ des Führers wurde am 2. Mai 1945 von der „Hamburger Zeitung“ (Nr. 102) in Fraktur – also in „Judenlettern“ (!) – dem deutschen Volke kundgetan. Allein dies sollte genügen, die These von „Hitlers Verbot der Fraktur“ ad absurdum zu führen.
Ebenso beachtenswert ist die Tatsache, daß noch im Jahre 1944 das Reichserziehungsministerium die Herausgabe von Schulbüchern genehmigte, die in den angeblich 3 Jahre zuvor verbotenen „Judenlettern“ gedruckt waren.
Spätestens angesichts solcher Fakten müßten eigentlich Zweifel an der „Verbotsthese“ aufkommen. Da empfiehlt es sich, soweit noch nicht geschehen, den Text des angeblichen „Verbotserlasses“ mal unter die Lupe zu nehmen. Und siehe da: Von einem Verbot kann eigentlich gar keine Rede sein. Die Nazis waren offenkundig schlau genug, um zu erkennen, daß ein solches nicht durchsetzbar gewesen wäre und daß es eines langen Atems braucht, um einen Plan wie die vollständige Beseitigung der alten Schrifttradition zu verwirklichen. Darum also kein „Verbot“, sondern realisierbare Einzelmaßnahmen während einer Übergangszeit, deren Dauer nicht absehbar war („nach und nach“, „sobald es schulbuchmäßig möglich ist“ etc.).
Nun mag jemand einwenden, es sei doch Haarspalterei, darüber zu streiten, ob die Nazis den deutschen Schriften durch „Verbot“ oder durch „stufenweise Verdrängung“ den Garaus machen wollten. Für das Endergebnis sei dies eh Jacke wie Hose. Diesem Einwand würde ich entgegenhalten, daß die irrige Annahme, Hitler habe die deutschen Schriften verboten, weitere Irrtümer nach sich zieht. Zum einen verleitet sie vor allem junge Leute zu dem Trugschluß, bereits mit dem Jahre 1941 sei der Gebrauch von Fraktur und Sütterlin beendet gewesen. So Bastian Sick (Zwiebelfisch) in seinem Buch „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ (Seite 173): „ .....der Frakturschrift, die vom 16. Jahrhundert an bis etwa 1940 im deutschen Buch- und Zeitungsdruck verwendet wurde.“ Vermutlich würde der junge Bastian Sick es nicht schaffen, bis zum Ende seines Lebens noch alle Bücher zu lesen, die nach 1940/41 in Frakturdruck erschienen sind.
Zum anderen verführt die unkritische Hinnahme der „Verbotsthese“ zu einer falschen Kausalität. Wenn heutzutage die deutschen Schriften fast völlig aus dem Alltagsgebrauch verschwunden sind, so ist dies nur vordergründig auf den Hitler-Bormann-Erlaß zurückzuführen. Der eigentliche Grund für das vollständige Obsiegen der lateinischen Schriften liegt darin, daß diese nach dem Kriege wegen ihrer internationalen Verbreitung von einer großen Mehrheit der Bevölkerung für nützlicher und zweckmäßiger als die deutschen Schriften angesehen wurden.
Auch diese Unterschiede sind selbstverständlich nur für einen kleinen Kreis von Sprachinteressierten von Belang. Wer sich jedoch für die Geschichte von Sprache und Schrift interessiert, hat Anspruch darauf, richtig informiert zu werden. |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Dienstag, 07. März. 2006 12:41 Titel: Dem Unfug die Spitzen genommen |
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Pressespiegel
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Dem Unfug die Spitzen genommen
Auch mit der Reform der Reform wird der Streit um die Rechtschreibung nicht abgeschlossen
Von Thomas Steinfeld
Eine seltsame Hoffnung richtete sich auf den gestrigen Freitag. Zum letzten Mal tagte der Rat für deutsche Rechtschreibung, bevor die Konferenz der Kultusminister Anfang März aller Voraussicht nach entscheiden wird, den Vorschlägen des Rates zu einer weiteren kleinen Reform der Reform der deutschen Rechtschreibung zu folgen. Endlich soll der jetzt schon mehr als zehn Jahre währende Streit um die Orthographie beigelegt sein, endlich soll man wieder wissen, wie geschrieben werden soll, endlich soll Gewissheit herrschen. Das Bedürfnis nach Ruhe ist groß, und zufrieden wird allerorten vermerkt, dass alle Bundesländer nun bereit zu sein scheinen, die Änderungsvorschläge - wie vom Rat vorgegeben - anzunehmen.
Angesichts von so viel Willen zur Verständigung stößt der Widerspruch auf wenig Sympathie. Und doch: er muss sein. Es ist ein Irrtum zu glauben, die nun verabschiedeten Regeln und Schreibungen würden den Frieden des Normativen wiederherstellen, der vor der Reform bestand. So etwas kann nicht geschehen, zum einen, weil zehn Jahre staatlich geförderter, ja sanktionierter Unfug einen solchen Frieden auf Dauer zerrüttet haben, zum anderen, weil die Reform der Reform auch in ihrer jetzigen Fassung noch so viele Mängel, ja sogar Widersprüche enthält, dass neuerliche Änderungen der Orthographie auf Dauer unausweichlich sein werden. Und das gilt auch, wenn, wie zu erwarten ist, die Reform der Reform in ihrer jetzigen Form für die Schulen verbindlich sein und bis auf weiteres kein Kultusminister zu weiteren Verhandlungen bereit sein wird. So rächt sich, dass der Rat von den Kultusministern unter großen Zeitdruck gesetzt wurde und sich unter diesen Druck setzen ließ.
Unter Barbaren
Gewiss, der größte Aberwitz der Reform, die sinn- und gebrauchswidrige Neuregelung der Getrennt- und Zusammenschreibung ist nun weitgehend zurückgenommen - aber das war schon geschehen, bevor der Rat vor gut einem Jahr seine Arbeit aufnahm. Im jüngsten Duden sind diese Änderungen schon vielfach berücksichtigt worden, heimlich gleichsam, also ohne dass dafür ein Rat empfohlen oder ein Kultusminister entschieden hätte. Und noch etwas anderes hat der Rat bewältigt: Es soll in Zukunft nicht mehr möglich sein, einzelne Buchstaben als Silben zu behandeln und vom Rest des Wortes zu trennen. Der „A-bend“ und die „Dusche-cke“ bleiben einem in Zukunft erspart.
Aber wie viele Ungereimtheiten stehen dagegen! Das beginnt schon in dem angeblich nun so unstrittigen Bereich der Getrennt- und Zusammenschreibung. So soll es immer noch nicht möglich sein, wie früher richtig und angemessen, „leid tun“ zu schreiben, weil „leid“ irrtümlicherweise noch immer ein Substantiv sein soll. An die Stelle des falschen „Leid tun“ tritt nun das zusammengeschrieben, aber ebenso falsche „leidtun“. Ferner wird verfügt, „beisammengewesen“ sei auseinander zu schreiben, obwohl sich doch die Zusammenschreibung mit gutem Grund durchgesetzt hatte. Und zur Neuregelung des Apostrophs - dem angelsächselnden „Mike's Kurierdienst“ - hat die Reform der Reform gleich gar nichts zu sagen.
Auch über die jüngste Neuregelung der Trennungen kann man sich nicht beruhigen. Die oft barbarischen Trennungen fremdsprachiger Zusammensetzungen sollen offenbar beibehalten werden, und es wird auch in Zukunft „Res-pekt“ und „Inte-resse“ heißen dürfen. Dieses Elend setzt sich fort bei der sogenannten „Laut-Buchstaben-Zuordnung“: Auch in Zukunft soll „aufwändig“ nicht von „aufwenden“, sondern von „Wand“ abgeleitet sein, soll man „behände“ zu Fuß gehen können, soll es „rauh“ heißen, obwohl man nicht „blauh“ schreibt, „Tipp“, obwohl es nach wie vor nur den „Pop“ gibt, „Fritteuse und „Nessessär“, aber „Glacéehandschuhe“. Die Reform der Reform hat dem Unfug einige seiner wüstesten Spitzen genommen, ihn aber nicht vernünftiger werden lassen. Und so ist, was jetzt wohl in den Schulen ganz Deutschlands eingeführt werden wird, nur eine halbe Sache. Dass die andere Hälfte fehlt, wird sich bald bemerkbar machen - in neuerlichem Wunsch nach Reformen.
Süddeutsche Zeitung vom 4./5. Februar 2006, S. 14 |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Dienstag, 07. März. 2006 13:07 Titel: Rechtschreib-Forum der Süddeutschen Zeitung |
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Das Rechtschreib-Forum der Süddeutschen Zeitung
war etliche Monate gesperrt und scheint nun aber wieder zu funktionieren. Das spricht sich aber nur allmählich mit mehrmonatiger zeitlicher Verzögerung herum. Immer mehr ehemalige Nutzer beteiligen sich.
Kultur >> Rechtschreibung - die deutscheste aller Dampfschif(f)fahrten
http://www.sueddeutsche.de/app/service/forum/postlist.php/Cat/0/Board/Rechtschreibung
Noch am 31. Oktober 2005 hieß es:
* Was ist eigentlich aus dem ausdrücklichen Versprechen der Redaktion dieses (von mir leichtsinnig abonnierten) Blattes vom Sommer dieses Jahres geworden, das Forum wiederaufleben zu lassen? So wie es momentan gehandhabt wird, ist es immer noch halbtot, denn es erscheint pro Monat nur eine halbe Leserzuschrift. Da ist schwer diskutieren. Könnten Sie Ihre zweifellos besseren Kontakte zur den Verantwortlichen hier nicht ausnahmsweise einmal in diesem Sinne voll zur Geltung kommen lassen?
Freundlichst
Karl-Heinz Isleif
Tokyo, Japan
Knowitall: Lauter Verwirrte [Re: Querkopf] #42144 - 31/10/2005 05:28
Kultur >> Rechtschreibung - die deutscheste aller Dampfschif(f)fahrten
Werter Knowitall, werter Glasreiniger,
Sie haben Recht, Knowitall, der Hahn, aus dem sich Beiträge ins SZ-Forum ergießen, scheint arg verstopft. Und der zuständige Klempner ist wohl verreist. Da bleibt wohl nur die virtuelle Auswanderung. Fragt sich nur, wohin.
Querkopf: Re: Lauter Verwirrte [Re: Knowitall] #43037 - 24/11/2005 15:58
Mein Beitrag vom 24.11. wurde am 13.12. ins Forum gesetzt. Immerhin noch im Jahre 2005! Glückwunsch an die SZ, dass sie das so "schnell" hingekriegt hat! Was hier abläuft, hat was von "In 80 Tagen um die Welt". Querkopf
Virtuelle Auswanderung, wohin? In der nordbayerischen Metropol-Region Nürnberg ist der Süddeutschen Zeitung eine Konkurrenz erwachsen:
* das Forum der Nürnberger Zeitung: http://forum.nz-online.de/
Die Vorteile des NZ-Forums: 1. Es ist kein Moderator vorgeschaltet, so daß die Beiträge sofort drinstehen. 2. Man kann jederzeit nachträglich korrigieren. Allerdings ist das NZ-Forum mangels Bekanntheit noch nicht richtig in die Gänge gekommen.
Das Forum der Süddeutschen Zeitung hat dagegen zwei große Nachteile. Es heißt darin:
* Ihr Beitrag wurde hinzugefügt. Da dieses Forum moderiert wird, erscheint Ihr Beitrag erst nach Freigabe eines Administ(r)ators oder Moderators. (Früher dauerte es, wenn es schnell ging, einen Tag bis eine Woche, im Herbst 2005 viele Wochen ..., MR)
* Dieser Beitrag kann nicht mehr geändert werden, da die Editierzeit abgelaufen ist.
„schneeRoester“ fragt: „Warum muß so ein harmloses Forum wie das der Rechtschreibung moderiert werden? Andere Zeitungen machen auch keine Gedankenkontrolle. Warum die SZ? Geistige Bevormundung! Jede Zeitung hat die Leser, die sie verdient.“ Siehe: Re: Die SZ scheint wieder zu funktionieren |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Dienstag, 28. März. 2006 20:16 Titel: Ausweichen auf das SZ-Politik-Forum |
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Ausweichen auf das SZ-Politik-Forum
Ich möchte hier einmal an die bedauernswerten Foristen erinnern, die z.T. seit Wochen schon auf die Freischaltung ihrer Beiträge warten, während wir hier im Politikforum locker online parlieren. Vielleicht sollten sie ihre Beiträge einfach hier hinein stellen!
Anonym: Gezerre um die Rechtschreibreform #43122 - 01/12/2005 00:50
Politik >> Wie viele Opfer müssen sein?
http://www.sueddeutsche.de/app/service/forum/showflat.php/Cat/0/Number/43122/page/0/fpart/1/vc/1
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Anmerkungen:
Im SZ-Rechtschreib-Forum stehen die Moderatoren voll auf der Bremse. Weil im SZ-Rechtschreib-Forum kaum Beiträge freigeschaltet werden, weicht man auf das SZ-Politik-Forum aus.
Im SZ-Politik-Forum wurde nicht zensiert. Da kann man dem Volks aufs Maul schauen, das aber anonym schreibt. Welch ein Heldenmut, welche eine Zivilcourage!
Auch Theodor Icklers Rolle wird anonym beleuchtet ... |
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