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„Kakophone“ Schreibweisen

 
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Manfred Riebe



Registriert seit: 23.10.2002
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Beitrag: Donnerstag, 23. Feb. 2006 11:23    Titel: „Kakophone“ Schreibweisen Antworten mit Zitat

Zum ersten Mal wurde ich durch Professor Theodor Ickler auf das Wort „kakophon“ aufmerksam. Siehe den folgenden Beitrag: Das kakophone Wort „selbstständig“. „Kakophone“ Schreibweisen bedeuten, daß etliche Schreibweisen der neuen Schulschreibung nicht mit der Aussprache übereinstimmen, sondern diese entstellen bzw. sogar verhunzen. Dies stellt man bei Fernsehansagern fest, die nicht mehr dem Sprachgebrauch folgen, sondern sich entweder an die neuen kakophonen Schreibweisen oder aber sich im Gegenteil ostentativ an den Sprachgebrauch halten. Kakophone Schreibweisen haben etwas mit der Phonetik (und somit auch der Betonung) und der Leseunfreundlichkeit der neuen Schreibweisen zu tun.

* Zur Phonetik - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=1227#1227

* Lesefreundlichkeit / Leselust / Lesestörungen / Leseunlust - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=1749#1749


Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Samstag, 25. Feb. 2006 13:17, insgesamt 4mal bearbeitet
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Manfred Riebe



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Beitrag: Donnerstag, 23. Feb. 2006 12:32    Titel: Das kakophone Wort „selbstständig“ Antworten mit Zitat

Das kakophone Wort „selbstständig“

Das folgende Flugblatt verteilte ich anläßlich einer Einladung von Bürgermeister Fritz Körber im Schwaiger Schloß:

Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V.
www.vrs-ev.de

PEGNITZ-ZEITUNG
Das kakophone Wort „selbstständig“ - Pegnitz-Zeitung verfälscht Schreibweise

Leserbrief zum Artikel: „Selbstständige online .... Ortsverband Simmelsdorf ist jetzt im Internet zu finden“. In: Pegnitz-Zeitung Nr. 107 vom 10./11.05.2003, S. 7 - Authentischer Abdruck erbeten!

Die Pegnitz-Zeitung hat den Namen des Bundes der Selbständigen (BDS) verfälscht. Dies zeigt ein Vergleich mit der Internetseite www.bds-simmelsdorf.de/. Der BDS schreibt sich keineswegs unästhetisch mit Doppel-st: „Bund der Selbstständigen“, wie die Pegnitz-Zeitung schreibt, sondern: Der BDS „ist eine unselbständige Unterorganisation des Bundes der Selbständigen.“ Und unter Existenzgründung heißt es: „Sie möchten sich selbständig machen? [...] Unser Ortsverband möchte kreativen und innovativen Menschen die Selbständigkeit als Alternative zur abhängigen Beschäftigung präsentieren.“

Im Duden, 22. Auflage, 2000, heißt es auf Seite 128: „selbständig - auch: selbstständig“, ebenso auf Seite 883. Das bedeutet, daß die normale Schreibweise auch weiterhin die bisherige traditionelle Schreibweise der Gebildeten ist und daß die Schreibung mit Doppel-st nur eine geduldete Nebenvariante für Ungebildete ist. Durch solche Nebenvarianten fördern die Kultusminister völlig unpädagogisch eine Beliebigkeitsschreibung!

Dazu schrieb Professor Theodor Ickler, Uni Erlangen, an den ZEIT-Redakteur Dieter E. Zimmer: „An der Bereitschaft, nun plötzlich das kakophone 'selbstständig' zu verwenden, kann man den Grad der Beflissenheit ablesen, mit der sich alle möglichen Leute, von denen man es nicht anders erwartet hatte, den Wünschen der deutschen Kultusminister unterwerfen. (Die Verfasser der amtlichen Neuregelung selbst verwenden es übrigens nicht!)“ (Brief von Theodor Ickler an Dieter E. Zimmer zur neuen Hausorthographie der ZEIT. In: http://www.rechtschreibreform.com/Seiten2/Wissenschaft/951IcklerZEIT.html)

Abgedruckt in der PEGNITZ-ZEITUNG Nr. 111 vom 15. Mai 2003, S. 5
__________________________________________________________________________

Anmerkungen:

Die traditionelle Schreibweise mit Eszett druckte die Pegnitz-Zeitung fairerweise authentisch ab. Das folgende druckte die Pegnitz-Zeitung aber nicht:
„Die Verfasser der amtlichen Neuregelung selbst verwenden es [das Wort „selbstständig“, MR] übrigens nicht! (Brief von Theodor Ickler an Dieter E. Zimmer zur neuen Hausorthographie der ZEIT. In: http://www.rechtschreibreform.com/Seiten2/Wissenschaft/951IcklerZEIT.html)“

Übrigens: Das Finanzamt Hersbruck schreibt in seinen Einkommensteuer-Bescheiden: „Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit“.

Als Pädagoge strebte ich zwar Einheitlichkeit und Eindeutigkeit durch Vermeidung unnötiger Varianten an, aber würde „selbstständig“ nicht als Fehler werten.

„Es ist nie zu spät, Natur-, Kultur- und Sprachzerstörung, Entdemokratisierung, Korruption und Steuerverschwendung zu stoppen!“ (VRS)
_________________________________________________________________

Anmerkungen:

Der Brief von Theodor Ickler an Dieter E. Zimmer zur neuen Hausorthographie der ZEIT, stand in www.rechtschreibreform.de im Strang: „Vier Viertel Rosso nach Mitternacht“ vom 03.03.2001. Er ist nur noch auszugsweise als mein Zitat im Google-Cache verfügbar.

Vgl. aber: Theodor Ickler: Dummdeutsch für die Praxis - Zu einem neuen Rechtschreibwörterbuch von DUDEN [* Duden: Praxiswörterbuch zur neuen Rechtschreibung, Mannheim, 1998]. In: Die Presse, Wien, 6.3.1999
http://www.rechtschreibreform.com/Seiten2/Wissenschaft/961IcklerPraxis.html - Vgl. auch:
* DUDEN-Praxiswörterbuch 1998 - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=2511#2511

* Rechtswissenschaftler fällen vernichtendes Urteil über Rechtschreibreformprojekt - Über 50 Professoren verlangen sofortige Rückkehr zur traditionellen Rechtschreibung - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=737#737
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Manfred Riebe



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Beitrag: Donnerstag, 23. Feb. 2006 12:37    Titel: Das kakophone Wort „Messner“ Antworten mit Zitat

Das kakophone Wort „Messner“

Einige Mitglieder des Redaktionsausschusses des Geschichts- und Kulturkreis Schwaig-Behringersdorf e. V. setzten sich im Bildband „Behringersdorf — Malmsbach — Schwaig“ erfolgreich gegen einige der aufgenötigten besonders unsinnigen Schreibweisen im Bildband zur Wehr. Auch die neue Schreibweise „Messner“ ließ man nicht zu; denn wer spricht schon „Messner“? Im Bildband steht durchgängig: „Mesner“, „Mesnerwohnung“ usw.

Behringersdorf — Malmsbach — Schwaig. Bilder aus dem Leben einer Gemeinde im Nürnberger Land - einst und jetzt. Hrsg.: Geschichts- und Kulturkreis Schwaig-Behringersdorf e. V., Schwaig, Oktober 2005, 230 S., ISBN 3-00-016895-8

Man hielt sich teilweise an die traditionelle Orthographie. Aber auf diese Weise entstand sozusagen aus Notwehr eine neue Hausorthographie in Gestalt einer Beliebigkeitsschreibung.

Infolge eines Unfalles kann ich z.Z. nicht so lange schreiben, mußte unterbrechen und setze nun den Beitrag fort.

Warum störten sich die Mitglieder des Redaktionsausschusses an der Änderung der Schreibweise?

In Süddeutschland wird das Wort „Mesner“ mit langem „e“ gesprochen, was ja auch bei anderen Wörtern mit einem „s“ im Wortinneren in der Regel der Fall ist. Im süddeutschen Raum klingt eine Aussprache mit Doppel-s daher mißtönend.

Die Festsetzung im Duden mit einem untersetzten Tonpunkt unter dem ersten „e“ unterschied ursprünglich nicht zwischen einer kurz oder lang betonten Aussprache des Vokals. Im Duden, 13. Auflage von 1949, steht unter dem „s“ ein untersetzter Strich, der auf eine lange Aussprache hindeutet. Ein kurz betontes „e“ widerspricht somit nicht nur der süddeutschen Aussprache, sondern auch der Schreibweise mit einem „s“.

Hinzu kommt die Frage nach dem Nutzen. Was bringt es, das Wort „Mesner“ nun plötzlich mit Doppel-s „Messner“ zu schreiben? Es werden Interferenzen auftreten, so daß mehr Schreibfehler gemacht werden. Siehe:

* Interferenzen durch Ranschburgsche Hemmung - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=2977#2977


Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Samstag, 25. Feb. 2006 12:33, insgesamt 4mal bearbeitet
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Günter Schmickler



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Beitrag: Freitag, 24. Feb. 2006 13:03    Titel: Wie wird der "Mesner" ausgesprochen? Antworten mit Zitat

Die Aussprache des Wortes „Mesner“ ist durch die „reformierte“ Schreibweise „Messner“ nicht verändert worden. Laut Duden, Bd. 6 (Aussprache) ist das vor dem „s“ stehende „e“ des Mesners kurz auszusprechen. Dies wird durch andere Wörterbücher (Pons und Langenscheidt) bestätigt. Einen „Meesner“, wie er anscheinend Herrn Riebe vorschwebt, hat es also auch vor der Reform nicht gegeben, zumindest nicht im Hochdeutschen.
Selbst wenn die Aussprache sich unter dem Einfluß der neuen Schreibweise geändert hätte, träfe die Bezeichnung „kakophon“ auf das Wort „Messner“ nicht zu. Das griechische Wort „kak*s“ bedeutet nämlich nicht „falsch“, sondern „schlecht“. Ein kakophones Wort wäre demnach kein falsches, sondern ein mißtönendes Wort. Wenn nun jemand irrtümlich oder unter dem Einfluß eines Dialektes einen langen Vokal kurz oder einen kurzen lang ausspricht, so verstößt er damit gegen eine grammatische Norm, unser Ohr aber wird dies in den seltensten Fällen als „Mißton“ wahrnehmen.
Unsere österreichischen Nachbarn neigen bekanntlich dazu, „kurze“ Vokale zu längen. Das „Geschoß“ hört sich beispielsweise in Wien wie „Geschooß“ an. Aber deswegen empfinde ich eine Komödie von Nestroy nicht als „kakophon“.
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Günter Schmickler



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Beitrag: Freitag, 24. Feb. 2006 14:06    Titel: Wie "kakophon" ist der "Selbstständige"? Antworten mit Zitat

Bei dem „reformdeutschen“ Wort „selbstständig“ handelt es sich zweifellos um eine falsche Zusammensetzung. Das richtige, von den Reformern noch als Fakultativschreibweise zugelassene Wort „selbständig“ wurde im 16. Jahrhundert zu dem frühneuhochdeutschen Substantiv „selbstand“ (=Person) gebildet (s. Duden, Bd. 7, Etymologie).
Die neue Falschschreibung, in der „st“ auf „st“ folgt, ist also keine Frage der Phonetik, sondern der Wortbildungslehre. Mit letzterer stehen die Reformer bekanntlich nicht nur in diesem Falle auf Kriegsfuß. Ist es aber gerechtfertigt, auf das im Reformeifer kreierte Wort „selbstständig“ die Bezeichnung „kakophon“ (= mißtönend) anzuwenden? Das möchte ich bezweifeln.
In der deutschen Sprache sind, anders als z. B. im Türkischen, Konsonantengruppen nichts Ungewöhnliches. Es kommt häufig vor, daß durch Zusammensetzung aus Konsonantengruppen regelrechte Konsonantenhäufungen entstehen, die einen ungeübten Sprecher herausfordern. Besonders die Aufeinanderfolge von „st“ auf „st“ ist nicht gerade selten. Wir Muttersprachler aber sind das gewohnt: Die Raststätte, die Gaststätte und die Poststelle, auch die Lisztstraße, der Kunststoff, der Kunstspringer und sogar die Amtssprache kommen uns mühelos über die Lippen.
Empfinden wir nun diese und ähnliche Wörter als besonders „mißtönend“ und sollten wir sie allemal als „kakophon“ brandmarken? Was wäre die Folge?
Ich stelle mir vor, daß es vor lauter „Kakophonien“ niemand mehr im deutschen Sprachraum aushalten könnte. Betrachten wir es also mit der selbst im Karneval gebotenen Nüchternheit: Der „Selbstständige“ ist zwar von anrüchiger Herkunft, aber mit verstimmten Klavieren und verstopften Trompeten hat er eigentlich wenig gemein.
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Manfred Riebe



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Beitrag: Samstag, 25. Feb. 2006 13:37    Titel: Kakophone Schreibweisen mit „ä“: aufwändig, Gämse, Stängel Antworten mit Zitat

Kakophone Schreibweisen mit „ä“: aufwändig, Gämse, Stängel

Am weitesten war der Reformer Gerhard Augst 1985 gegangen, als er einen Katalog von Änderung vorsah. Davon ist eine Zufallsauswahl von <ä>-Schreibungen durchgesetzt worden:

aufwendig (Variante), behende, belemmert, Bendel, Gemse, Stengel, überschwenglich; bleuen, Greuel, greulich, schneuzen.

Theodor Ickler kommentiert diese Änderungen in seinem Kritischen Kommentar (1997) - http://www.vrs-ev.de/KritKomm.pdf - und nennt eine kleine Auswahl von Wörtern, die man ebenfalls ändern könnte:
heften (wegen haften), prellen (prallen), schellen (schallen), wecken (wachen) und andere Kausative, dazu fertig (Fahrt), Mensch (Mann), Geschlecht (Schlag), fest (fast), Krempe (Krampe), gerben (gar), Henne (Hahn), kentern (Kante), sperren (Sparren), Wels (Waller), Eltern (alt).

Wer aber spricht denn: aufwändig, Gämse, Stängel usw.?
Welchen Nutzen haben diese Änderungen?
Es kommt nur Verwirrung zustande. Es entstehen auch hier Interferenzen in den Köpfen und damit mehr Schreibfehler. Siehe hierzu auch:

* Die „aufwändige“ Rechtschreibdiktatur - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=3931#3931

* Dr. H. Schendekehl: Das Aufwändig-Syndrom - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=903


Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Montag, 27. Feb. 2006 14:53, insgesamt 2mal bearbeitet
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Günter Schmickler



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Beitrag: Samstag, 25. Feb. 2006 19:15    Titel: Re: Kakophone Schreibweisen mit &#8222;ä&#8220;: auf Antworten mit Zitat

Manfred Riebe hat folgendes geschrieben:
Kakophone Schreibweisen mit „ä“: aufwändig, Gämse, Stängel

Am weitesten war der Reformer Gerhard Augst 1985 gegangen, als er einen Katalog von Änderung vorsah. Davon ist eine Zufallsauswahl von <ä>-Schreibungen durchgesetzt worden:

aufwendig (Variante), behende, belemmert, Bendel, Gemse, Stengel, überschwenglich; bleuen, Greuel, greulich, schneuzen.

Theodor Ickler kommentiert diese Änderungen in seinem Kritischen Kommentar (1997) - http://www.vrs-ev.de/KritKomm.pdf - und nennt eine kleine Auswahl von Wörtern, die man ebenfalls ändern könnte:
heften (wegen haften), prellen (prallen), schellen (schallen), wecken (wachen) und andere Kausative, dazu fertig (Fahrt), Mensch (Mann), Geschlecht (Schlag), fest (fast), Krempe (Krampe), gerben (gar), Henne (Hahn), kentern (Kante), sperren (Sparren), Wels (Waller), Eltern (alt).

Wer aber spricht denn: aufwändig, Gämse, Stängel usw.?
Welchen Nutzen haben diese Änderungen?
Es kommt nur Verwirrung zustande. Es entstehen auch hier Interferenzen in den Köpfen und damit mehr Schreibfehler. Siehe hierzu auch:

* Die „aufwändige“ Rechtschreibdiktatur
http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=3931#3931


Auch für die Wörter „aufwändig“, „Gämse“ und „Stängel“ trifft zu, was ich bereits zu „selbstständig“ und „Messner“ ausgeführt habe: Mit Kakophonie haben sie nicht das geringste zu tun. Die Aussprache von kurzem „ä“ ist im Deutschen identisch mit der von kurzem „e“. Allenfalls im Luxemburgischen und anderen moselfränkischen Dialekten hebt sich das kurze „ä“ hörbar vom kurzen „e“ ab.
Wie können Wörter „kakophon“ geworden sein durch verordnete Schreibänderungen, die überhaupt keinen Einfluß auf die Aussprache haben?
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Manfred Riebe



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Beitrag: Samstag, 25. Feb. 2006 20:42    Titel: Treffende Worte Antworten mit Zitat

Lieber Herr Schmickler,

was mit dem Schlagwort „kakophon“ gemeint ist, habe ich oben erläutert. „Kakophone“ Schreibweisen bedeuten, daß etliche Schreibweisen der neuen Schulschreibung nicht mit der Aussprache übereinstimmen, sondern diese entstellen bzw. sogar verhunzen. Darum der Bezug auf die Phonetik. Ich habe den Begriff Theodor Icklers in Ermangelung eines besseren verwendet. Aber ich habe das Wort „kakophon“ in Anführungszeichen gesetzt, weil es graduell nicht so ganz auf das zutrifft, was gemeint ist. Vielleicht fällt uns ein treffenderes Wort ein.

Jedenfalls ist über die Aussprache von „ä“ und „e“ in den genannten Wörtern noch nicht diskutiert worden. Ich meine, daß es auf den einzelnen Leser ankommt, für welche Aussprache er sich entscheidet. Ich persönlich sehe einen erheblichen Unterschied. Es kommt wohl sehr darauf an, in welcher Gegend man lebt, wie man am Beispiel „Mesner“ / „Messner“sieht. Jedenfalls ist auch hinsichtlich der Aussprache eine Verunsicherung eingetreten. :-))

Die genannten Sachverhalte stehen aber auch unabhängig von der Aussprache im Mittelpunkt der Reformkritik und zwar nicht nur unter sprachlichen Gesichtspunkten:

„Es ist nie zu spät, Natur-, Kultur- und Sprachzerstörung, Entdemokratisierung, Korruption und Steuerverschwendung zu stoppen!“
____________________________________________________________

Anmerkungen:

Ulrich Brosinsky hatte wegen des Wortes „Gämse“ Aufkleber anfertigen lassen: http://www.vrs-ev.de/vorstand.php#brosinsky -. Ging es da allein um die Schreibweise?

Momentan ist der Austritt Theodor Icklers aus dem Rat für deutsche Rechtschreibung ein wichtigeres Thema.
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Günter Schmickler



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Beitrag: Dienstag, 28. Feb. 2006 16:00    Titel: Re: Treffende Worte Antworten mit Zitat

Manfred Riebe hat folgendes geschrieben:
Lieber Herr Schmickler,

was mit dem Schlagwort „kakophon“ gemeint ist, habe ich oben erläutert. „Kakophone“ Schreibweisen bedeuten, daß etliche Schreibweisen der neuen Schulschreibung nicht mit der Aussprache übereinstimmen, sondern diese entstellen bzw. sogar verhunzen. Darum der Bezug auf die Phonetik. Ich habe den Begriff Theodor Icklers in Ermangelung eines besseren verwendet. Aber ich habe das Wort „kakophon“ in Anführungszeichen gesetzt, weil es graduell nicht so ganz auf das zutrifft, was gemeint ist. Vielleicht fällt uns ein treffenderes Wort ein.

Jedenfalls ist über die Aussprache von „ä“ und „e“ in den genannten Wörtern noch nicht diskutiert worden. Ich meine, daß es auf den einzelnen Leser ankommt, für welche Aussprache er sich entscheidet. Ich persönlich sehe einen erheblichen Unterschied. Es kommt wohl sehr darauf an, in welcher Gegend man lebt, wie man am Beispiel „Mesner“ / „Messner“sieht. Jedenfalls ist auch hinsichtlich der Aussprache eine Verunsicherung eingetreten. :-))

Die genannten Sachverhalte stehen aber auch unabhängig von der Aussprache im Mittelpunkt der Reformkritik und zwar nicht nur unter sprachlichen Gesichtspunkten:

„Es ist nie zu spät, Natur-, Kultur- und Sprachzerstörung, Entdemokratisierung, Korruption und Steuerverschwendung zu stoppen!“
____________________________________________________________

Anmerkungen:

Ulrich Brosinsky hatte wegen des Wortes „Gämse“ Aufkleber anfertigen lassen: http://www.vrs-ev.de/vorstand.php#brosinsky -. Ging es da allein um die Schreibweise?

Momentan ist der Austritt Theodor Icklers aus dem Rat für deutsche Rechtschreibung ein wichtigeres Thema.


Lieber Herr Riebe,

wenn jemand eine offene Stelle sucht und sich dabei in offene Ställe verirrt, so mag das daran liegen, daß es in der hochdeutschen Aussprache keinen Unterschied zwischen kurzem „e“ und kurzem „ä“ gibt. Infolge dieses phonetischen Mangels kann es immer wieder mal vorkommen, daß der Sinn einer gesprochenen Aussage sich erst nach kurzem Nachdenken erschließt – wenn sie nicht gar völlig unverständlich ist. Folgende Beispiele mögen dies illustrieren:
„Im Winter leidet auch der Kelte unter der Kälte.“
„Welle auf Welle brandet an die Wälle.“
„Er kaufte sich für alle Fälle noch einige Felle.“
In einigen Regionen des deutschen Sprachraums wird dieser Mißstand etwas gemildert, indem man das kurze „ä“ wie in dem englischen Wort „bad“ (= schlecht) ausspricht und es damit vom kurzen „e“ unterscheidet. Hierdurch erweist sich wieder einmal, daß die – gerade von Schulmeistern – viel geschmähten Dialekte gegenüber dem Hochdeutschen durchaus Vorzüge haben können. Aber leider sind es halt nur Dialekte oder regionale Umgangssprachen, die den letztgenannten Vorzug aufzuweisen haben.. Für die deutsche Rechtschreibung ist ausschließlich die deutsche Standardaussprache maßgebend. Diese ist u. a. im Duden, Bd. 6 (Aussprache) und in Wörterbüchern mit Lautschrift niedergelegt. Ausländische Deutschlehrer, die ihren Schülern die korrekte Aussprache des Deutschen beizubringen versuchen, richten sich selbstverständlich nach der Standardaussprache, nicht etwa nach irgendeinem moselfränkischen Dialekt.
Für einen Sprecher, der sich nach der Standardaussprache richtet, ist der durch die Rechtschreibreform verordnete Ersatz eines kurzen „e“ durch ein kurzes „ä“ in phonetischer Hinsicht völlig irrelevant. Allenfalls der Sprecher eines Dialektes oder einer vom Dialekt beeinflußten Umgangssprache könnte sich beispielsweise durch die neue Schreibweise „Gämse“ dazu bemüßigt fühlen, den e-Laut der altvertrauten „Gemse“ künftig wie den Vokal im englischen „bad“ auszusprechen. Aber selbst dies halte ich aufgrund folgender Überlegung für äußerst unwahrscheinlich:
Während in der Standardaussprache kurzes „e“ und kurzes „ä“ identisch sind, gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen langem „e“ und langem „ä“: Ersteres ist geschlossen (Meer), letzteres offen (die Mär) auszusprechen. Dieser standardsprachliche Unterschied wird jedoch weithin ignoriert, besonders in Berlin und in Norddeutschland. Ihr Wappentier nennen die Berliner nicht „Bär“ sondern „Beer“. Eine Berlinerin (oder Braunschweigerin) schimpft mit ihrem unartigen Kind: „Du bist ein böses Medchen! Schem dich!“ Diese regionalsprachliche Eigenart hat sich nicht nur über die Zeitläufte hinweg gegenüber dem hoch- und schriftsprachlichen Standard behauptet, sondern breitet sich vor allem in der jüngeren Generation weiter aus. Steht man heutzutage in Köln, Bonn oder Troisdorf an einer Käsetheke, so ist es nicht zu überhören: Ältere Leute kaufen durchweg „Käse“, jüngere bevorzugen den „Kese“. Dies spricht dagegen, daß orthographische Normen den mündlichen Sprachgebrauch beeinflussen oder gar beherrschen.
Einige der von der Rechtschreibreform verordneten neuen Schreibweisen vermitteln falsche grammatische und etymologische Zusammenhänge. Die Schreibweise „Gämse“ ist abzulehnen, da sie keine Ableitung von „Gams“ sein kann. „Aufwänden“ kann nicht von „Aufwand“ abgeleitet sein, da das Verb ein Jahrhundert älter ist als das Substantiv. Die Vorstellung, das als Adjektiv gebrauchte Partizip „belemmert“ beschreibe den Zustand verschreckter Lämmer und müsse deshalb künftig mit „ä“ geschrieben werden, ist – gelinde gesagt – grotesk.
Für ebenso grotesk halte ich es aber auch, diese und andere Schreibweisen, die für die Aussprache völlig ohne Belang sind, als „kakophon“ zu bezeichnen. Mit der „Kakophonie“ machte ich erstmalig vor mehr als fünfzig Jahren Bekanntschaft, als ich mit einigen Kollegen in der Jugendherberge von Inverness /Schottland) übernachtete. Das Unglück wollte es, daß kurz nach unserer Einkehr ein Dudelsackorchester mit seinem Übungsabend begann – und dieser zog sich dann hin bis Mitternacht. Ich kann versichern: Wer unfreiwillig stundenlang Dudelsack-Etüden anhören mußte, weiß für den Rest seines Lebens, was „Kakophonie“ bedeutet. Da läßt sich beim besten Willen kein Bezug zur Orthographie herstellen, auch nicht mittels Gänsefüßchen oder auf Umwegen!
Abschließend möchte ich davor warnen, die Bedeutung eines Wortes, sei es auch nur ein weniger bekanntes Fremdwort, zu manipulieren, um es „schlagworttauglich“ zu machen. Ich halte grundsätzlich nicht viel von Schlagwörtern, man sollte sie, wenn überhaupt, nur sehr sparsam anwenden. Wenn wir aber unbedingt ein Schlagwort gegen mißratene Schreibweisen benötigen, so würde ich „Kakographie“ und „kakographisch“ vorschlagen. Damit kämen wir dem zugrunde liegenden Sachverhalt schon ziemlich nahe, und es wäre nicht einmal völlig verkehrt, wenn des Griechischen unkundige Leser diesen Begriff volksetymologisch deuten würden.

Mit freundlichen Grüßen

G. Sch.


Zuletzt bearbeitet von Günter Schmickler am Donnerstag, 02. März. 2006 08:19, insgesamt 6mal bearbeitet
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Manfred Riebe



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Beitrag: Dienstag, 28. Feb. 2006 18:56    Titel: Homophone Antworten mit Zitat

Lieber Herr Schmickler,

Sie stellen somit fest, daß es sich um Homophone handelt: http://de.wikipedia.org/wiki/Homophon

Wir haben ja Frau Philburn - http://de.wikipedia.org/wiki/Benutzer:Elke_Philburn - unter uns, die sich mit dem Spezialgebiet Phonetik befaßt: http://de.wikipedia.org/wiki/Phonetik.

Sie hat Artikel begonnen über

* den Laryngographen, ein Gerät, das in der Phonetik zur Aufzeichnung und Untersuchung der Stimmbandschwingungen dient - http://de.wikipedia.org/wiki/Laryngograph

* den Phonetiker Peter Ladefoged - http://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Ladefoged -, der Berater für das Musical „My Fair Lady“ mit dem Phonetikprofessor Henry Higgins war. In diesem Musical werden ja einige ältere Aufzeichnungsgeräte verwendet.

Über diese Themen können wir ja in ruhigeren Zeiten weiterdiskutieren.
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Ulrich Brosinsky



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Beitrag: Donnerstag, 02. März. 2006 05:55    Titel: Zur Gemse Antworten mit Zitat

Im Althochdeutschen wurde die Gemse Gamischa genannt, aber bereits seit dem 13. Jahrhundert hieß sie auf mittelhochdeutsch Gemesche (wobei das "sch" in beiden Fällen wie das "G" in "Genie" ausgesprochen wird), Gam(e)s gab es nur als landschaftliche Nebenform.

Man mag über a oder e streiten, mit Sicherheit aber kann Gemse nicht von Gams abgeleitet werden, und Gämse ist reine Phantasie.

Dies ist der erste Grund, weshalb ich die Gemse als Symboltier für die mißratene Rechtschreibreform gewählt habe (vor Känguruh und Delphin). Der zweite ist, wie die Beispiele "Rätsel" und "Wärme" zeigen, daß man lernen muß, ob das ä lang oder kurz gesprochen wird (oder man führt die Wörter auf "warm" und "raten" zurück). Wer nun zum ersten Mal auf Gämse stößt und nicht weiß, daß die Gemse gemeint ist, könnte folglich auch "Gähmse" lesen.
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