Günter Schmickler
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: Dienstag, 24. Jan. 2006 21:05 Titel: Die Orthographie Heinrich Heines |
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Im Aufbau-Verlag Berlin ist eine Sammlung von Briefen Heinrich Heines erschienen (Leben Sie wohl und hole Sie der Teufel, Biographie in Briefen, Herausgegeben von Jan-Christoph Hauschild, Berlin 2005).
Die Briefe sind in der Schreibweise Heines wiedergegeben und vermitteln daher einen Eindruck vom Zustand der deutschen Rechtschreibung im 19 Jahrhundert. Nachstehend einige Beispiele:
..... als ich dich zum ersten Mahle sah ward ich unwillkürlich zu dir hingezogen.
(Bei anderen Gelegenheiten schreibt Heine in Briefen die Personalpronomina 2. Pers. groß.)
Und siehe! dieses räthselhafte Etwas .....
Denn obgleich ich diese unläugbarsten Beweise habe .....
..... was geht mich deine Logic an?
.....da hab ich eben einen wunderhüpschen Kartenbaum aufgeschichtet.
Ich bin ein wahnsinniger Schach Spieler. Schon beym ersten Stein habe ich die Königinn verloren ,,,,,
Du bist allein übriggeblieben. (Damals also schon Zusammensetzung!)
.... ob dich dieser Brief noch antrifft, oder ob du ihn nachgeschikt erhällst.
(In einem Brief an Christian Sethe, 27. October 1816)
Bonn, den 22. Merz 1820
..... und wie es bey Eurer Abreise herging.
Und die Straßen, wie müssen die jetzt todt seyn!
..... während meine Gedanken sich auf der Luneburger Haide herumtrieben.
Bist du auch werth, daß ich dich so lieb habe?
(In einem Brief an Charlotte Heine in Oldesloe, 22. März 1820)
Beyliegend erhalten Sie ein Mss .....
..... als Verlagsartikel nicht sonderlich geliebt seyn mögen.
Deßhalb aber habe ich mich eben an Sie, Herr Brockhaus gewannt ....
..... so müste solche freylich ziemlich mager ausfallen.
..... so ersuche ich Sie mir solches unter untenstehende Addresse pr fahr Post zukommen zu lassen.
(In einem Brief an Friedrich Arnold Brockhaus, 7. Nov. 1820)
Mein Vater leidet noch immer an seiner Gemüthskrankheit, meine Mutter laborirt an Migräne, meine Schwester hat den Catharr ....
Mein jüngerer Bruder wird Medizin studiren. Der ältere studirt jetzt praktisch die Landwirthschaft.
(In einem Brief an Heinrich Straube, Anfang März 1821)
Mit Nr. 3 hat es jetzt seine eigene Bewandniß.
..... daß du nichts von All dem sprichst.
....daß es kein Anderer erfahre.
..... dumm u kenntnißlos
..... daß ich nicht prale mit meinem Wissen.
Die deutsche Sprache zerreist meine Ohre.
..... sogenannte Freunde (Bemerkenswert, daß „sogenannt“ schon damals zusammengeschrieben wurde!)
bonner Studenten, berliner Luft
..... daß du mich auch mahl besuchst.
Es thut mir sehr leid. („leid“ galt also damals schon als Adverb!)
..... sey mir so gut wie du es bey so bewanndten Umständen seyn kannst!
(In einem Brief an Christian Sethe, 14. April 1822)
..... im Schooße meiner Familie
..... und ich muß Ihnen widerholen .....
..... nur Variazionen desselben kleinen Themas.
Shakspear versteht das besser .....
..... ein Nachahmer Göthes
..... nur weil Sie Ihren unermesslichen Reichthum nicht streng zu konzentrieren wusten.
..... allerley Grouppirungen
Bey mir wenigstens paste es nie.
.... trübseelige Ideen
..... Jämmerlichkeiten jener Clike .....
..... wenn sie ins Conversazionsblatt kömmt.
..... daß es Ihnen viele Freude bescheeren möge.
(In einem Brief an Karl Immermann, 10. Juny 1823)
Bei einigen dieser Schreibweisen habe ich Zweifel, ob sie damals üblich waren oder ob Heine sich einige Freiheiten herausnahm.. Die späteren, in den Vierziger- und Fünfzigerjahren des 19 Jahrhunderts geschriebenen Briefe wirken auf den heutigen Leser nicht ganz so „chaotisch“. Hier fallen im wesentlichen nur noch folgende Abweichungen von der Orthographie des 20. Jahrhunderts auf:
„th“ statt „t“ (Theil, Noth etc.),
“ey” statt “ei” (bey, seyn etc.),
“niß” statt “nis” (Geheimniß, Kümmerniß etc.),
„iren“ statt „ieren“ bei Verben lateinischer Herkunft (irritiren, laboriren),
„c“ statt „z“ oder „k“ in Fremdwörtern ,
zahlreiche Fremdwörter wie „Bureau“ noch nicht „eingedeutscht“.
Dies kann man auch in anderen in der Mitte des 19. Jahrhunderts erschienenen Druckerzeugnissen beobachten, besonders aber in Schriften des auslaufenden 19. Jahrhunderts. Beim Vergleich von Texten (z. B. auch von Urkunden wie sie häufig im „Archiv, Magazin für Post- und Telekommunikationsgeschichte“ wiedergegeben werden) verdichtet sich immer wieder der Eindruck, daß die deutsche Rechtschreibung im Laufe des 19. Jahrhunderts zusehends konsistenter wurde. Diese Entwicklung, die sich im 20. Jahrhundert fortsetzte, wurde durch die Rechtschreibreform von 1996 zum großen Teil rückgängig gemacht. |
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