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Die Schüler als Opfer und „Humankapital“
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Manfred Riebe



Registriert seit: 23.10.2002
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Beitrag: Freitag, 11. Feb. 2005 20:58    Titel: Erregen von Mitleid zwecks Geschäftemacherei Antworten mit Zitat

Erregen von Mitleid zwecks Geschäftemacherei

Alfred Bomanns schreibt: „Die Reform bringt also niemandem etwas ein - außer den Schul- und Wörterbuchverlegern. Falls die Schlechtschreibreform durchkommen sollte, gehe ich davon aus, daß weitere Umstellungen im Zehnjahresturnus folgen werden. [...] Schließlich muß in Deutschland Arbeit geschaffen werden - unter anderem für Germanisten und Pädagogen.“

In Brechts „Dreigroschenoper“ ist Jonathan Jeremiah Peachum der Besitzer der Firma „Bettlers Freund“. Der Geschäftsmann Peachum, der Bettlerkönig genannt, organisiert die Bettler der Stadt. Das Erregen des menschlichen Mitleids betrachtet er als ein Geschäft, das systematisch geplant werden muß, denn nichts gibt der Mensch unwilliger her als sein Geld.

„Das Erregen des menschlichen Mitleids als ein Geschäft“, erinnert mich daran, daß die Reformbetreiber, das sind die einschlägigen Medienkonzerne, die armen Kinder für ihre Werbung heranziehen:

1. Vor Beginn der Rechtschreibreform wurde die Reform als unbedingt notwendige Vereinfachung dargestellt, damit die Schüler endlich von ihren Rechtschreibqualen erlöst würden. Man denke an Kultusminister Zehetmair, der von 40/50 Prozent weniger Fehlern sprach.

2. Nachdem dies als Märchen - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=511 -
und die „Reform“ als Flop entlarvt wurde, werden die Schüler als Opfer dargestellt, die bei einer Rücknahme der Reform unendlich leiden würden.

So behauptet die Süddeutsche Zeitung im Vorspann ihres Rechtschreib-Forums: „Rechtschreibung – die deutscheste aller Dampfschif(f)fahrten“:
„Große deutsche Verlage kehren zur alten Rechtschreibung zurück. [...] Leid(-)Tragende sind wie immer diejenigen, die sich nicht wehren können: Die Schüler.“ Siehe dort den Strang: „Schüler als Leidtragende?“

Das wiederum entlarvte nun Wolfgang Steinbrecht als Märchen: www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=3185#3185
______________________________________________________

Anmerkung:
In den Links wurde „viewtopic“ durch „themaschau“ ersetzt, damit sie wieder funktionieren.


Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Samstag, 11. Jun. 2005 12:42, insgesamt 1mal bearbeitet
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Manfred Riebe



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Beitrag: Samstag, 11. Jun. 2005 12:11    Titel: Schülerin klagt vor dem Verwaltungsgericht Antworten mit Zitat

Schülerin klagt vor dem Verwaltungsgericht

Die 16jährige Josephine Ahrens besucht ein Oldenburger Gymnasium. Sie hat erneut vor dem Verwaltungsgericht Hannover gegen die Rechtschreibreform geklagt und hat verloren. „Man versteckt sich hinter den breiten Schultern des Bundesverfassungsgerichts“, sagte am Donnerstag der Rechtsbeistand ihrer Eltern, der Jenaer Juraprofessor Rolf Gröschner. Gegenüber der Entscheidung von 1998 habe sich aber der Klagegegenstand grundlegend verändert. Gröschner und Familie Ahrens wollen nun das Oberverwaltungsgericht Lüneburg anrufen.

Reinhard Markner: Josephine, die Klägerin. Eine Schülerin scheitert vor Gericht mit ihrer Beschwerde gegen die neue Rechtschreibung. Berliner Zeitung vom Freitag, 10. Juni 2005

www.berlinonline.de/berliner-zeitung/feuilleton/456205.html
_________________________________________________

Siehe hierzu auch:
Josefine Ahrens (15) aus Elsfleth: „Ich klage gegen die Rechtschreibreform“
http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=3021#3021
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Manfred Riebe



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Beitrag: Samstag, 17. Sep. 2005 12:35    Titel: Wer herkömmlich schreibt, macht keinen Fehler Antworten mit Zitat

Wer herkömmlich schreibt, macht keinen Fehler

LÜNEBURG, 16. September (dpa). Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg hat Gegner der Rechtschreibreform gestärkt. Das Gericht gab einer Schülerin aus Oldenburg teilweise recht, die weiter alte Schreibweisen verwenden will, ohne sie in Klassenarbeiten als Fehler angestrichen zu bekommen. „Sie hat Anspruch darauf, daß in ihren Arbeiten die herkömmliche Rechtschreibung nicht beanstandet, das heißt als falsch gewertet wird", heißt es in einem am Freitag veröffentlichten Beschluß. Mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht Hannover war die Schülerin Josephine Ahrens aus Oldenburg im Juni gescheitert. Gegen dieses Urteil hat nun das OVG die Berufung zugelassen. Den Erlaß einer einstweiligen Anordnung zur sofortigen Durchsetzung der Interessen der Schülerin lehnte das Gericht aber ab. Aus der Entscheidungsbegründung ergibt sich aber, daß die Richter eine Verlängerung der Übergangsfrist für richtig gehalten hätten. Die neue Rechtschreibung sei in der Gesellschaft nicht akzeptiert.

Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 217 vom Samstag, 17. September 2005, S. 1
_______________________________________________________________

Anmerkungen:

OVG Lüneburg Beschluß vom 13.09.2005, AZ: 13 MC 214/05
http://www.dbovg.niedersachsen.de/Entscheidung.asp?Ind=05000200500021413%20MC

Nun können sich Schüler, die wie ihre Eltern die traditionelle Orthographie verwenden, auf den Beschluß des OVG Lüneburg vom 16.09.2005 berufen.

Die vom OVG Lüneburg festgestellte fehlende Akzeptanz der Reform heißt zugleich, daß damit auch die Grundlage des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1998 nicht vorhanden ist. Bei einer neuerlichen Anrufung müßte das BVerfG daher anders entscheiden.
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Manfred Riebe



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Beitrag: Dienstag, 04. Okt. 2005 21:38    Titel: Rechtsanspruch auf Unterricht in der traditionellen Orthogra Antworten mit Zitat

Rechtsanspruch auf Unterricht in der traditionellen Orthographie
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Briefe an die Herausgeber

Rechtschreibreform erneut vor Gericht

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat mit seinem Beschluß vom 13. September einen Weg aufgezeigt, auf dem die Rechtschreibreform doch noch juristisch gestoppt werden könnte. Zur Erinnerung: Das Bundesverfassungsgericht hatte 1998 entschieden, daß die Kultusminister von Verfassungs wegen nicht gehindert seien, den Schulen eine neue Rechtschreibung zu verordnen, weil ihre Prognose vertretbar sei, die neue Rechtschreibung würde sich alsbald allgemein durchsetzen und die Schüler somit nur bereits lernen, wie in absehbarer Zeit alle schreiben würden. Sieben Jahre später liegt jedoch offen zutage, daß diese Rechnung nicht aufgegangen ist. Belletristik wie Sachbücher erscheinen weiterhin überwiegend in der herkömmlichen Orthographie, und dem guten Beispiel dieser Zeitung, die bereits nach einem Jahr des Erscheinens in der Neuschreibung zur bewährten Rechtschreibung zurückkehrte, sind inzwischen die bedeutendsten Zeitungsverlage gefolgt. Hinzu kommt, daß selbst die amtlichen Reformer die mangelnde Praxistauglichkeit des am linguistischen Reißbrett entworfenen Reformwerkes einsehen mußten.

Das amtliche Regelwerk von 1996 ist deshalb bereits teilweise zurückgenommen worden, indem viele dem amtlichen Regelwerk von 1996 widersprechende Schreibweisen mit Billigung der Kultusminister in späteren Neuauflagen der Wörterbücher wieder zugelassen wurden. Nur die Kultusministerkonferenz sieht in einer Realitätsferne, die an das SED-Politbüro erinnert, die Reform weiter auf gutem Wege. Zum Mauerfall in Sachen Rechtschreibreform könnte nun der Beschluß des Niedersächsischen OVG führen. Denn das Gericht stellte fest, daß die klagende Schülerin „verlangen (könne), daß sie nicht nur in der reformierten Rechtschreibung unterrichtet wird, sondern auch nach Maßgabe der von ihr bevorzugten herkömmlichen“ . Denn aus dem Recht auf Bildung der niedersächsischen Verfassung sowie dem Schulgesetz des Landes ergebe sich ein „Anspruch darauf . . „‘ in der ,richtigen’ Rechtschreibung unterrichtet zu werden“, wobei als richtig nur die „allgemein übliche Schreibweise“ anzuerkennen sei. Zwar dürften in der Schule „zusätzlich auch solche Schreibweisen behandelt (unterrichtet) werden, die reformerischen Wünschen entsprechen. Diese dürfen jedoch solange nicht als ,richtig’ deklariert werden, wie sie sich (noch) nicht im allgemeinen Schreibgebrauch durchgesetzt haben, das heißt allgemein akzeptiert worden sind“. Da das OVG die letzte Instanz für die Auslegung von Landesrecht ist, steht mit diesem Beschluß fest, daß die Schulverwaltung Niedersachsens kraft Gesetzes verpflichtet ist, in ihren Schulen die herkömmliche Orthographie weiter zu lehren. Denn obwohl diese Entscheidung nur eine einzelne Schülerin betraf, ist die Verwaltung eines Rechtsstaates gehalten, gleiches Recht für alle anzuwenden.

Da das Bundesverfassungsgericht seinerzeit lediglich darüber entscheiden konnte, daß das Grundgesetz der Durchführung einer Rechtschreibreform nicht entgegenstünde, können die Verwaltungsgerichte auch anderer Bundesländer ohne Verstoß gegen diese Rechtsprechung aufgrund der Auslegung ihrer jeweiligen Landesverfassungen und Schulgesetze einen Anspruch der Schüler ihres Landes darauf bejahen, auch künftig neben den reformierten die herkömmlich richtigen Schreibweisen gelehrt zu bekommen. Dann besteht für Privatpersonen und Verlage nicht mehr der geringste Anlaß, von der allgemein üblichen Schreibung abzuweichen, da sie davon ausgehen können, daß künftige Schulabgänger diese weiter beherrschen. Bleibt die herkömmliche Orthographie jedoch außerhalb der Schule weiterhin die allgemein übliche, sind die Schulen dauerhaft verpflichtet, beide Schreibweisen zu lehren. Diese absurde Situation müßte dann wohl selbst die Kultusministerkonferenz zu der Einsicht bringen, daß eine Weiterführung der Reform sinnlos ist und die von ihr selbst als notwendig beschworene Einheitlichkeit der Rechtschreibung nur dadurch erreicht werden kann und muß, daß sie ihre Beschlüsse zur Einführung der Rechtschreibreform zurücknimmt. Es könnte deshalb sinnvoll sein, auch in anderen Bundesländern gegen den ausschließlichen Unterricht in der Neuschreibung zu klagen.

Dr. Wolfgang Kopke, Mainz

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom Dienstag, 4. Oktober 2005, S. 8
_____________________________________________________

Anmerkungen:

Kopke, Wolfgang: Rechtschreibreform und Verfassungsrecht. Schulrechtliche, persönlichkeitsrechtliche und kulturverfassungsrechtliche Aspekte einer Reform der deutschen Orthographie. Tübingen: Mohr, 1995.

Kopke promovierte mit dieser Dissertation bei Professor Rolf Gröschner, Jena.
Diese Arbeit wurde dann im Dezember 1996 von einer Reihe namhafter Rechtsprofessoren als eines der „Juristischen Bücher des Jahres“ ausgezeichnet (NJW 1996, 3256/3259). Wesentlich aber ist, daß der Entwurf der Dissertation Kopkes dem bayerischen Kultusminister in München und dem rheinland-pfälzischen Kultusminister in Mainz bereits im Sommer 1995 vorgelegt wurde, bevor der bayerische Kultusminister Zehetmair Anfang September 1995 die Beschlußfassung über die Rechtschreibreform verzögerte.

In seinem Aufsatz „Rechtschreibreform auf dem Erlaßwege?“ in: Juristen-Zeitung (JZ) Nr.18, 15.09.1995, S. 874 ff., einer Kurzfassung der wichtigsten Gedanken seiner Dissertation, zeigte Wolfgang Kopke auf wenigen Seiten auf, daß es ein Grundrechtsverstoß ist, wenn man in einer Demokratie die Rechtschreibreform über die Köpfe der Bevölkerung und der Volksvertreter hinweg durchsetzen wolle. Die Druckfahnen dieses Aufsatzes versandte der Doktorvater Kopkes, Prof. Rolf Gröschner, bereits Ende August 1995 an sämtliche Kultusminister (Kopke: Die verfassungswidrige Rechtschreibreform. In: NJW 1996, S.1081/82, Fn. 4).

Die Kultusminister waren folglich sehr wohl darüber informiert, daß sie die Rechtschreibreform undemokratisch diktatorisch über die Köpfe des Volkes hinweg durchdrückten, eine Methode, die an das Dritte Reich und die DDR erinnert.
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Manfred Riebe



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Beitrag: Mittwoch, 05. Okt. 2005 21:20    Titel: Bundesverfassungsgericht urteilte „denkgesetzlich unmöglich“ Antworten mit Zitat

Bundesverfassungsgericht urteilte „denkgesetzlich unmöglich“
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RECHTSCHREIBREFORM
Höchst zweifelhaft

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg hat einer Schülerin in der Sache recht gegeben, die gegen die Rechtschreibreform geklagt hat. In ihrem jetzt vorliegenden Beschluss eines Eilverfahrens bescheinigen die Richter der 16-jährigen Josephine Ahrens aus Oldenburg, dass in ihren Schularbeiten die „herkömmliche Rechtschreibung“ weder beanstandet noch als falsch gewertet werden dürfe. Außerdem habe sie Anspruch darauf, in der „von ihr bevorzugten“ alten Orthografie unterrichtet zu werden. Das OVG begründet seinen Beschluss damit, dass die allgemein akzeptierte Rechtschreibung auch die richtige sei. Es sei aber „höchst zweifelhaft“, ob das auf die neugeregelte Orthografie zutreffe. „Erhebliche Teile im deutschen Volke“ lehnten die Reform der Kultusminister ab, und in Presse und Literatur würden „zunehmend“ wieder die alten Regeln gelten.

Hart kritisieren die Richter auch das Rechtschreiburteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1998: Einerseits gehe Karlsruhe davon aus, eine Schreibweise müsse im Land allgemein üblich sein, um verbindlich sein zu können. Andererseits bestätige das Urteil selbst, dass die neue Schreibweise den Unterricht einer erst noch zu erwartenden Änderung anpasse. Das sei „denkgesetzlich unmöglich“. Dennoch habe das Verfassungsgericht den Kultusministern erlaubt, die Reform an Schulen und Behörden einzuführen. Eine einstweilige Anordnung an den niedersächsischen Kultusminister, die alte Rechtschreibung gelten zu lassen, wollten die Lüneburger Richter allerdings nicht erteilen. Die Schülerin müsse auf ein Urteil warten, mit dem aber vor „Ende der Schulzeit der Antragstellerin“ nicht zu rechnen sei.

DER SPIEGEL Nr. 40 vom 1. Oktober 2005, S. 20
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Manfred Riebe



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Beitrag: Dienstag, 06. März. 2007 12:18    Titel: Kampf der Walda-Meise Antworten mit Zitat

Kampf der Walda-Meise

Wie aus einem Schuldiktat ein Gerichtsprozess wurde

Es ist kurz nach Schulschluss im Neuen Gymnasium in Oldenburg, in den Gängen riecht es ein wenig muffig. Hier geht das Mädchen zur Schule, „das die Justiz gegen die Reform in Stellung gebracht hat“, wie das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ letztes Jahr schrieb.

Es ist nicht das erste Interview, das Josephine Ahrens zum Thema Rechtschreibreform gibt. Von der Frankfurter Allgemeinen bis zur Bild-Zeitung, von der ARD bis zu RTL gibt es nur wenige Magazine, in denen die heute 17-jährige Gymnasiastin noch nicht zu Wort kam. Selbst im Monatsgewinnspiel einer Krankenkasse wurde ihre Geschichte schon behandelt. Der Grund für die Aufregung: Josephines Eltern wagten vor einem Jahrzehnt eine medienwirksame Ungehorsamkeit. Sie klagten vor dem Verwaltungsgericht Hannover gegen die Umsetzung der Rechtschreibreform in Niedersachsen.

Ein Strich bringt den Stein ins Rollen

„Ich hatte 1996 in einem Diktat in der Grundschule ‚Zucker’ mit ‚kk’ getrennt, so wie es in der alten Rechtschreibung richtig war“, erzählt Josephine routiniert. „Das wurde mir rot angestrichen. Ich hatte zwar trotzdem eine Eins, aber da war eben dieser rote Strich am Rand.“

Die Familie Ahrens informierte sich umgehend im Internet und später auch beim niedersächsischen Kultusministerium über die geplante Reform. Nahezu alle Bestandteile der Neuregelung erschienen der Familie unlogisch und irreführend. In der „Diskussion mit Sprachwissenschaftlern“, wie Josephine sagt, entstand dann die Idee, etwas Handfestes gegen die neuen Schreibregeln zu unternehmen. Ihre Eltern reichten eine Klage gegen das niedersächsische Kultusministerium ein. Schon Anfang August 1997 sah es nach einem Erfolg auf ganzer Linie aus: Die Ahrens' gewannen den Prozess in einem Eilentscheid, eine Beschwerde des damaligen niedersächsischen Kultusministers Rolf Wernstedt wurde kurz darauf abgewiesen. Die Rechtschreibreform schien im Keim erstickt, bevor sie richtig in Kraft treten konnte.

Verfassungsfrage Rechtschreibung

Die Medien begannen sich im zunehmenden Maße für die wehrhafte Familie aus dem Norden zu interessieren. „Meine Freunde waren voll begeistert, weil die auch alle mal ins Fernsehen wollten. Meine damalige Klassenlehrerin hat gesagt, sie würde es okay finden, was ich mache“, berichtet die Gymnasiastin heute.

Immerhin hatte der Widerstand der Familie auch für die Lehrerschaft spürbare Konsequenzen: Nach dem Urteil, das die Ahrens' erstritten hatten, musste Kultusminister Wernstedt die Reform vorerst landesweit stoppen. Gleichzeitig wurde das Bundesverfassungsgericht angerufen. Dort sollte geklärt werden, ob die Kultusministerien überhaupt das Recht hatten, die Rechtschreibung in den Schulen zu regeln. Die klare Antwort der Richter: Ja. Von diesem Urteil gestärkt, ging das niedersächsische Kultusministerium im konkreten Fall Josephine Ahrens vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg in Berufung - und gewann im Jahre 2001 endgültig den Prozess.

Josephine lässt nicht locker

Josephine, inzwischen Schülerin des Neuen Gymnasiums in Oldenburg, sollte jetzt wieder so schreiben wie alle anderen auch. Doch das tat sie nicht. Den meisten Lehrerinnen und Lehrern war das inzwischen gleichgültig: „Du hast zwar ‚dass’ mit ‚ß’ geschrieben, aber das ist mir völlig egal“, zitiert sie ihren Geschichtslehrer bei der Klausurenrückgabe.

Josephine ist es nicht egal. Sie kämpfte weiter, inzwischen auch im eigenen Namen. Sie führte Prozesse, in deren Verlauf sich eine unüberschaubare Fülle aus Schnellbriefen, einstweiligen Anordnungen, Erlassen und Stellungnahmen ansammelte. Inzwischen ging es ihr dabei nicht mehr nur um die Reform. Josephine zog gegen die „Verunstaltung der deutschen Sprache“ zu Gericht. Herbe Worte für ein Reformprojekt, an dem eine international besetzte Expertengruppe im Auftrag der deutschen Kultusministerkonferenz jahrelang gearbeitet hatte.

Mangelnde Klarheit?

Besonders die Schreibvarianten, die die Neuregelung bei vielen Wörtern zuließ, empfand die Schülerin als störend. „Man muss sich doch einmal in die Lage eines Ausländers versetzen. Wie soll man eine Rechtschreibung lernen, bei der man nicht weiß, welche Variante man nehmen soll?“

Josephine hofft, die Rechtschreibreform letztendlich doch noch kippen zu können. Die neuen Regeln sind für sie nach wie vor unlogisch und unnötig kompliziert. Das Hauptziel der Reform, die Vereinfachung der Schriftsprache, sei komplett verfehlt worden.

Im Juli 2005 stellt Josephine Ahrens deshalb vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg einen Eilantrag, die Rechtschreibreform nicht wie geplant zum 1. August 2005 verbindlich in Niedersachsen einzuführen. Die Antwort, die sie knapp zwei Monate später erhält, ist mehr als eine Überraschung: Auf sage und schreibe 21 Seiten setzen sich die Richterinnen und Richter unter Aktenzeichen 13 MC 214/05 mit der Reform auseinander. Das Fazit: „Herkömmliche Schreibweisen dürfen im Schulunterricht so lange nicht als ‚falsch’ bezeichnet werden, wie sich reformierte Schreibweisen nicht allgemein durchgesetzt haben.“ Josephine habe „Anspruch darauf“, in der „von ihr bevorzugten Orthografie“ unterrichtet zu werden.

Ausnahmeregelung

Die Verwirrung scheint komplett. Was gilt denn nun? Die alte Schreibung? Die Neuregelung? Eine Extrawurst für Josephine? Auch wenn die Schülerin gehofft hatte, dass alle Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen wieder wie früher schreiben dürften, gilt die Ausnahme tatsächlich nur für die Antragstellerin. Für eine allgemeine Entscheidung müsse sie auf ein reguläres Urteil warten, so das Gericht.

Und so wartet Josephine noch heute. Inzwischen glaubt sie nicht mehr, dass das Oberverwaltungsgericht ihr doch noch Recht geben wird. Wenn sie im nächsten Jahr ihr Abitur macht, wird sie in neuer Rechtschreibung schreiben müssen.

Theo Müller, 15 Jahre alt, Schüler aus Oldenburg

Schekker-Info:

Seit den Achtzigerjahren arbeiteten Sprachwissenschaftlerinnen und Sprachwissenschaftler aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und der DDR an einer Reform der deutschen Rechtschreibung. 1995 beschlossen die deutschen Kultusministerinnen und Kultusminister, die vom Arbeitskreis erarbeiteten Vorschläge mit einer Übergangsphase bis zum 31. Juli 2005 verbindlich einzuführen.

Mit der Einführung der Neuregelung in einigen Bundesländern ab 1996 kam es vermehrt zu öffentlichen Protesten. Bürgerinitiativen und Einzelpersonen klagten vor Verwaltungsgerichten gegen die Reform. Das Bundesverfassungsgericht erklärte jedoch 1998 die Einführung der neuen Rechtschreibung per Kultusministererlass für rechtmäßig. Seit 1997 begleiteten zuerst eine Zwischenstaatliche Kommission und später der Rat für deutsche Rechtschreibung die Umsetzung und Verbesserung des Regelwerks. Anfang 2006 übergab dieser Rat der Kultusministerkonferenz (KMK) eine Liste mit Änderungsvorschlägen.

Die Korrekturen sind von der KMK akzeptiert worden und gelten seit August 2006 verbindlich. Betroffen sind vor allem die reformierte Groß- und Klein- sowie Getrennt- und Zusammenschreibung. Danach ist die sinnentstellende, aber vorher zulässige Abtrennung einzelner Vokale wie bei „Urin-Stinkt“ oder wie in unserer Überschrift „Walda-Meise“ nicht mehr korrekt.

Schekker Nr. 42 | Feb. 2007
Schekker Jugendmagazin (Presse- und Informationsamt der Bundesregierung)
http://www.schekker.de/magazin/topthema/31623.html
___________________________________________________

Anmerkung:

Was das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung verschweigt, ist, daß der Neuschrieb laut Bundesverfassungsgericht nur für die Schulen gilt und daß außerhalb der Schulen jedermann so weiterschreiben kann wie bisher.
Aber die Regierenden haben in dieser Sache schon immer Desinformation betrieben.
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Manfred Riebe



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Beitrag: Montag, 28. Jul. 2008 11:46    Titel: Schüler machen doppelt so viele Fehler Antworten mit Zitat

Rechtschreibreform
Schüler machen doppelt so viele Fehler

Schüler an deutschen Schulen machen seit dem Inkrafttreten der Rechtschreibreform vor zehn Jahren annähernd doppelt so viele Fehler wie zuvor. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die Uwe Grund auf der Jahrestagung der Forschungsgruppe Deutsche Sprache (FDS) am Wochenende in Stuttgart vorstellte.

Die Fehler hätten sich gerade in den Bereichen vermehrt, in denen die Reformer regulierend in die Sprache eingegriffen haben, heißt es in der Pressemitteilung des FDS. Dies entspreche bei gleichen Bewertungsmaßstäben einer Absenkung um eine ganze Note. „Diese Untersuchung leiste, was man von den Kultusministerien hätte erwarten müssen: eine objektive Erfolgskontrolle der Reform“, wird Reinhard Markner, der Vorsitzende der FDS, in der Mitteilung an die Medien zitiert.

Die Forschungsgruppe Deutsche Sprache ist ein Zusammenschluß von Reformgegnern, unter ihnen die Sprachwissenschaftler Theodor Ickler und Horst Haider Munske sowie die Schriftsteller Reiner Kunze, Sten Nadolny und Adolf Muschg.

Der Beitrag von Uwe Grund soll in den nächsten Tagen unter folgendem Link eingestellt werden:

* http://www.sprachforschung.org

BÖRSENBLATT, Wochenmagazin für den Deutschen Buchhandel.
BÖRSENBLATT online, 28. Juli 2008 - http://www.boersenblatt.net/sixcms/detail.php?id=221152
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Manfred Riebe



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Beitrag: Mittwoch, 05. Aug. 2009 20:56    Titel: Die Rechtschreibreform schadet den Schülern Antworten mit Zitat

Die Rechtschreibreform schadet den Schülern

* Hans-Christian Weißker: Das Versagen der Rechtschreibreform, die Fehler ihrer Philosophie sowie ihre gravierenden Nachteile für die Kommunikationsfähigkeit. Universität Jena, 24. Februar 2004 - http://www.ifto.uni-jena.de/~hcw/Sprache/text_neutral.pdf
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