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MutterErde
Registriert seit: 12.03.2005 Beiträge: 197
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: Montag, 13. Jun. 2005 20:41 Titel: Re: Konstruktion contra Destruktion |
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| Manfred Riebe hat folgendes geschrieben: |
Außerdem hat das alles überhaupt nichts mit der FAZ zu tun. Ich würde daher alles zur Dokumentation des Wikipedia-Krimis in den Wikipedia-Strang verschieben. |
Hallo Herr Riebe ,
bitte nicht . Ich hatte schon langsam darin Gefallen gefunden.
Gegenvorschlag : Schlagen Sie doch dem Webmaster vor einen neuen Thread zusammenzustellen
- vielleicht unter dem Titel: " Hier schreibt Norbert Bienefeld "
und dann wird das ganze öde Zeugs dort reinverschoben.
Vorteil : Bienefelds Hardcore-Fans können sich dann dort austoben
und die anderen müssen sich nicht zu Tode langweilen.
Und dieser Beitrag kann dann auch gerne ersatzlos gestrichen werden :-)
Gruss
MutterErde |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Montag, 18. Jul. 2005 20:58 Titel: Nicht nur Beifall für Stoiber und Rüttgers |
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Nicht nur Beifall für Stoiber und Rüttgers
16. Juli 2005 Auf den Vorstoß der Ministerpräsidenten Bayerns und Nordrhein-Westfalens, Edmund Stoiber (CSU) und Jürgen Rüttgers (CDU), die unstrittigen Teile der Rechtschreibreform nicht zum 1. August verbindlich einzuführen, haben die übrigen CDU-regierten Bundesländer am Samstag unterschiedlich reagiert.
Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, aus „schulpraktischen und pädagogischen Gründen” sei eine zeitlich befristete Beibehaltung der gegenwärtigen Übergangsregelung besser als die beschlossene Neuregelung. Das niedersächsische Kabinett werde am Dienstag darüber beraten und die niedersächsische Position festlegen.
„Verbindlichkeit statt Beliebigkeit“
„Verbindlichkeit statt Beliebigkeit ist bei der Rechtschreibung von entscheidender Bedeutung”, sagte Wulff. „Den Schulen sollte zu gegebener Zeit eine fertige Regelung und kein Stückwerk präsentiert werden.” Dafür sei der Rat für deutsche Rechtschreibung die richtige Institution.
Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, er halte „eine rasche Schaltkonferenz der Ministerpräsidenten für erforderlich”. Er wolle sich Anfang kommender Woche mit seinen Kollegen Stoiber und Rüttgers sowie anderen Ministerpräsidenten beraten. Hessen, Sachsen und Thüringen wollen hingegen bei dem bleiben, was die Kultusministerkonferenz einstimmig beschlossen hat, und die unstrittigen Teile der Reform zum 1. August einführen. Das sagten Sprecher der drei Landesregierungen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Die ehemalige Präsidentin der Kultusministerkonferenz, die rheinland-pfälzische Kultusministerin Doris Ahnen (SPD), sagte dem Blatt, sie habe „kein Verständnis für das Vorgehen Bayerns und Nordrhein-Westfalens“.
Bayern und Nordrhein-Westfalen warten, bis der Rat für deutsche Rechtschreibung in den nächsten Monaten seine Empfehlungen für Korrekturen an dem seit Jahren umstrittenen Regelwerk vorlegt. Damit stellen sich die Ministerpräsidenten Stoiber und Rüttgers gegen die Kultusministerkonferenz.
KMK-Präsidentin „verwundert“
Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Johanna Wanka (CDU), hat die Ankündigung kritisiert. Sie sei darüber „in höchstem Maße verwundert”, sagte Wanka, Kulturministerin in Brandenburg. Sollten die Länder dabei bleiben, drohe im deutschen Sprachraum ein „Sprachföderalismus”. Wanka unterstrich, die Ministerpräsidenten hätten im vergangenen Jahr einstimmig beschlossen, daß die unstrittigen Teile der Reform zum 1. August in Kraft treten sollen. Dies habe ihr der damalige amtierende Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Klaus Wowereit (SPD), auch schriftlich bestätigt. Dabei hätten die Regierungschefs selbst definiert, daß die Bereiche Interpunktion, Silbentrennung am Satzende und Groß- und Kleinschreibung noch einmal überprüft werden sollen.
Der Rat, ein 39köpfiges Expertengremium, war von der KMK nach heftiger öffentlicher Kritik an dem neuen Regelwerk eingesetzt worden. Für Kernbereiche der Reform hatte der Rat bereits weitreichende Veränderungsvorschläge gemacht oder angekündigt. Sie laufen auf die Revision vieler neuer Regeln hinaus. Deshalb hatte die KMK am 2. Juni beschlossen, die Reform nur teilweise einzuführen. Die vom Rechtschreibrat beanstandeten Bereiche Getrennt- und Zusammenschreibung, Worttrennung und Zeichensetzung sollten erst später in die Neuregelung eingefügt werden. Allerdings hatte der Vorsitzende des Rates, der ehemalige bayerische Kultusminister Hans Zehetmair (CSU), erheblich mehr Korrekturbedarf angemeldet, beispielsweise bei der Groß- und Kleinschreibung und der Schreibung von Fremdwörtern. Genau diese Teile erklärte die KMK jedoch für unstrittig und ab August für verbindlich. Schulen und Behörden hätten sich dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder umstellen müssen.
Übergangsfrist „bis auf weiteres verlängern“
„Der Spiegel” berichtete, daß Bayern die bisher geltende Übergangsfrist, in der außer den neuen auch die alten Schreibweisen gültig waren, „bis auf weiteres verlängern” will. Dieser Entscheidung habe sich auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident angeschlossen. „Wir wollen den Empfehlungen des Rates zum Erfolg verhelfen”, sagte Rüttgers dem Magazin.
Der Rat will bis Sommer 2006 die noch strittigen Reformteile überarbeitet haben. Dabei soll nicht das Regelwerk, sondern der Sprachgebrauch in den Mittelpunkt gerückt werden. „Im Rat ist der Konsens da, daß man dem Volk aufs Maul schauen muß”, sagte der Ratsvorsitzende Zehetmair Anfang Juli.
FAZ-NET vom 16. Juli 2005
Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Montag, 18. Jul. 2005 21:19, insgesamt 3mal bearbeitet |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Montag, 18. Jul. 2005 21:04 Titel: Unterschiedliche Rechtschreib-Regeln vom 1. August an |
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Unterschiedliche Rechtschreib-Regeln vom 1. August an
17. Juli 2005 In mehreren unionsgeführten Bundesländern wird die Rechtschreibreform nicht am 1. August verbindliche Grundlage für Schulen und Behörden. Der bayerische Ministerpräsident Stoiber (CSU) und der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Rüttgers (CDU) kündigten am Wochenende an, sie wollten abwarten, bis der Rat für Rechtschreibung seine Empfehlungen für Korrekturen am Reformwerk verabschiedet habe. Auch der niedersächsische Ministerpräsident Wulff (CDU) hielt es für besser, die Übergangsregelung beizubehalten, bis der Rat seine Arbeit beendet habe; sein Kabinett will am Dienstag über das Inkrafttreten der Rechtschreibreform beraten.
Der baden-württembergische Ministerpräsident Oettinger (CDU) sprach sich dafür aus, daß die Regierungschefs der Länder in einer Schaltkonferenz über eine einheitliche Linie beraten sollten. Das unionsregierte Saarland wird die beschlossene Einführung der neuen Schreibregeln indes nicht verschieben. Anders als Bayern und Nordrhein-Westfalen werde das Bundesland zum 1. August die als unstrittig deklarierten Teile der Reform für Schulen und Behörden verbindlich werden lassen, sagte der Regierungssprecher am Sonntag der Deutschen Presseagentur.
KMK-Beschluß vom Juni hinfällig
„Es gab zwar einen Vorstoß in der Ministerpräsidentenkonferenz. Doch halten wir es jetzt nicht für sinnvoll, nach dem einstimmigen Beschluß einen Rückzieher zu machen, weil es die Verwirrung noch vergrößern würde.” Saarlands Ministerpräsident Müller (CDU) gilt als Gegner der Rechtschreibreform.
Der im Juni gefaßte Beschluß der Konferenz der Kultusminister (KMK), daß die Rechtschreibreform in weiten Teilen am 1. August in Kraft treten soll, ist damit hinfällig. Die Kultusminister wollten zu diesem Zeitpunkt die neuen Regeln zur Laut-Buchstaben-Zuordnung (Betttuch, überschwänglich), zur Schreibung mit Bindestrich sowie zur Groß- und Kleinschreibung (bei Weitem, Folgendes) durchsetzen. Für andere Regeln, vor allem zur Getrennt- und Zusammenschreibung, zur Worttrennung und zur Zeichensetzung sollten mit Blick auf die Arbeit des Rats für Rechtschreibung eine „Toleranzklausel“ gelten; sie sollten also bei Schularbeiten nicht in die Bewertung einfließen.
Neue Änderungen nicht auszuschließen
Stoiber beurteilte diese Aufteilung der Reform skeptisch, da nicht auszuschließen sei, daß der Rat etwa auch bei der Groß- und Kleinschreibung Änderungen vornehme. Er halte es nicht für einen guten Weg, jetzt Reformteile einzuführen und 2006 dann möglicherweise wieder zu ändern.
Dem Rat für Rechtschreibung sitzt der frühere Kultusminister Zehetmair (CSU) vor, der im engen Austausch mit Stoiber steht. Stoiber hatte im Oktober 2004 bei der Konferenz der Ministerpräsidenten einen Vorstoß zu einer Änderung der Rechtschreibreform unternommen, eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung allerdings ausgeschlossen, weil es dafür keine politischen Mehrheiten gebe.
Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 164 vom 18. Juli 2005, Seite 1 |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Montag, 18. Jul. 2005 21:13 Titel: Ein Akt der Vernunft |
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Rechtschreibreform
Ein Akt der Vernunft
18. Juli 2005 Der Beschluß der beiden größten deutschen Länder, Bayerns und Nordrhein-Westfalens, die Rechtschreibreform nicht zum 1. August in Kraft zu setzen, kann nur als Akt der Vernunft gewürdigt werden.
Wenigstens zwei Ministerpräsidenten haben erkannt, daß sie ihre Schüler nicht in eine vorläufige Lösung treiben dürfen; Niedersachsen erwägt, sich der Entscheidung anzuschließen. Denn schon jetzt läßt sich absehen, daß die Schüler die soeben gelernten Regeln vergessen und neue lernen müssen. Das stiftet Verwirrung. Außerdem muß sich den Schülern der Eindruck aufdrängen, die Rechtschreibung habe wenig mit Lesen und noch weniger mit Sprache zu tun, sondern lasse sich beliebig ändern. Um so unverständlicher ist die Reaktion der hessischen Landesregierung, die starrköpfig am 1. August festhält. Auch Baden-Württemberg täte gut daran, sich der Entscheidung Münchens und Düsseldorfs anzuschließen.
Ein schwerer politischer Fehler
Die Reaktion der Kultusministerkonferenz hätte nicht beleidigter ausfallen können. Doch die Blamage hat sie sich selbst zuzuschreiben. Es war ein schwerer politischer Fehler, einen Rat für deutsche Rechtschreibung einzusetzen (der schneller als erwartet grundlegende Änderungen erarbeitete) - und zu beschließen, die Rechtschreibreform trotz der längst nicht abgeschlossenen Beratungen des Rates in Kraft zu setzen. Die Kultusministerkonferenz weist freilich darauf hin, sie habe ihren Beschluß mit dem Vorsitzenden des Rates abgestimmt.
Warum aber hat es überhaupt soweit kommen müssen? Stoiber muß sich bei aller Zustimmung zu seiner jüngsten Entscheidung die Frage gefallen lassen, warum er nicht schon im Juni von seiner Weisungskompetenz Gebrauch gemacht und seinen Kultusminister an der Zustimmung zum Inkraftsetzen der Reform gehindert hat.
Noch überzeugender wäre es gewesen, wenn Stoiber schon vor sieben Jahren der übereilten Einführung der Reform in Bayerns Schulen Einhalt geboten hätte. Doch damals konnten den Grundschülern die neuen Regeln nicht schnell genug beigebracht werden. Jetzt ist es höchste Zeit, dem Rat für deutsche Rechtschreibung freie Hand zu geben. Politiker sollten sich aus Fragen der Rechtschreibung ein für allemal heraushalten. Dann könnten sie die Reform auch nicht mehr als Prestigeobjekt behandeln.
[oll. = Heike Schmoll]
Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 164 vom 18. Juli 2005, Seite 1 |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Mittwoch, 17. Aug. 2005 22:30 Titel: Dem Sprachgebrauch folgen |
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Dem Sprachgebrauch folgen
Von Heike Schmoll
Am 1. August treten in Schulen und Behörden von 14 Bundesländern einige der neuen Rechtschreibregeln in Kraft. Nur Bayern und Nordrhein-Westfalen haben die Übergangsfrist um ein weiteres Jahr verlängert. Dort werden die neuen Regeln zwar weiter in den Schulen gelehrt, nur nicht bei der Zensierung berücksichtigt. In den übrigen Ländern müssen die Groß- und Kleinschreibung sowie die Laut-Buchstaben-Zuordnung nach den neuen Regeln beachtet und in die Note einbezogen werden. Diese Teile der Reform hat die Kultusministerkonferenz für „unstrittig” erklärt, obwohl sie es nicht sind. Bisher hat der Rat für deutsche Rechtschreibung sich nur noch nicht ihrer angenommen. Auch bei dieser Entscheidung ging es den Kultusministern mehr darum, ihre Macht gegenüber abweichenden Verlagen und Zeitungen zu demonstrieren, das Einvernehmen mit den Schulbuchverlagen zu wahren und in den Schulen für Ruhe zu sorgen.
Das ist ihnen freilich nicht gelungen. Die Deutschlehrer, die sich bisher um wenig mehr als die s-Schreibung gekümmert haben, was ihnen wegen der stetigen Veränderungen nicht zu verdenken ist, müssen nun bei jeder Korrektur Rechtschreibwörterbücher wälzen und stehen mit Zweifelsfällen allein. Grammatikalisch falsche Schreibungen (es tut uns Leid, heute Früh) werden sie nun als richtig gelten lassen und als Fehler markieren müssen, was die Schüler in Zeitungen, Zeitschriften und in den meisten Büchern lesen. Weiterhin werden die Schüler täglich mit mehreren Schreibweisen konfrontiert. Nicht alle Schulbücher sind ausgewechselt worden. In den Deutschbüchern finden sich auf ein und derselben Seite neue Schreibungen sowie bisherige, denn die Literatur der Mittelstufe in allen Schulformen stammt von Autoren, die sich gegen den Abdruck ihrer Texte nach reformierter Schreibung gewehrt haben. Das ist ein unerträglicher Zustand.
Der Vorwurf der Verwirrung kann also nicht gegen Zeitungen und Verlage erhoben werden, sondern ist allein denjenigen zuzurechnen, die sich die Sprachregelung selbst angemaßt und damit enormen Schaden angerichtet haben. Das Rechtschreibchaos untergräbt die Bereitschaft, im alltäglichen Sprachgebrauch wahrzunehmen, wie Schreibweisen Sprache und Inhalt verändern. Wo jeder schreibt, wie er will, leidet auch die Verständigung. Wer Unschärfen in der Sprache zuläßt, wird auch in der Schärfe seines Denkens nachlassen.
Die Erfahrung mit sinnentstellenden Schreibweisen, unlogischen Silbentrennungen und der Einebnung jeglicher inhaltlicher Feinheiten hat diese Zeitung am 1. August 2000 bewogen, zur herkömmlichen Schreibweise zurückzukehren. Mit der Halsstarrigkeit einiger Ewiggestriger, die nicht umlernen wollten, hatte das nichts zu tun. Das Sprachbewußtsein der Schreiber und Leser zu schärfen gehört seit Bestehen dieser Zeitung zu ihren Zielen.
Angesichts der öffentlichen Ablehnung der neuen Regeln und weiterer absehbarer Änderungen hat sich die Frankfurter Allgemeine Zeitung entschlossen, auch nach dem 1. August 2005 bei der bisherigen Regelung zu bleiben und die Arbeit des Rates für deutsche Rechtschreibung abzuwarten. Auch wenn die Kultusminister am Inkrafttreten der Reform festhalten, ist damit zu rechnen, daß der Rechtschreibrat sich schon bald der Groß- und Kleinschreibung annimmt, die Silbentrennung kritisch betrachtet, die Schreibung der Anrede „du” sowie die Interpunktionsregeln wieder zurücknimmt und all das genau sichtet, was sich im Sprachgebrauch nicht durchgesetzt hat.
Denn leiten läßt sich der Rat nicht von am grünen Tisch entworfenen linguistischen Projekten, sondern vom Sprachgebrauch selbst. Deshalb arbeiten inzwischen selbst die Reformer, die Verantwortlichen für die Rechtschreibneuerungen, die schon in der Zwischenstaatlichen Kommission wirkten, gemeinsam mit einigen wenigen Kritikern an der Revision ihres Regelwerks. Trotz der nahezu unüberwindlich scheinenden Kluft zwischen den Lagern ungleicher Größe, ist es dem Vorsitzenden des Rats, dem früheren bayerischen Kultusminister Zehetmair, durch besonnene Sitzungsleitung gelungen, ein gedeihliches Zusammenwirken zu ermöglichen. Von Anfang an hat er dem Verdacht entgegengewirkt, als bloßer Erfüllungsgehilfe seiner früheren Ministerkollegen eine Alibiveranstaltung zur allgemeinen Gewissensberuhigung zu leiten.
Immerhin hat er schon während seiner Amtszeit erkannt, was die meisten Politiker immer noch nicht wahrhaben wollen: Politische Einmischung in der Sprachregelung kann nur in einem Fiasko enden. Die völlige Entstaatlichung der Orthographie muß die Konsequenz daraus sein. Weder Kultusminister noch Ministerpräsidenten, auch kein Kulturstaatsminister sollten irgendwelche Beschlüsse zur Rechtschreibung fassen. An den Schulen könnte eine Übergangszeit von zehn Jahren gelten, um die Entscheidungen des Rechtschreibrates in den Unterricht einzubeziehen. In dieser Zeit könnten die reformierten Schreibweisen zwar angestrichen, aber nicht als Fehler gewertet werden, unterrichtet würde nach den bisherigen Regeln.
Doch was wird aus der Sprachgemeinschaft mit Österreich, der Schweiz und anderen deutschsprachigen Ländern, wird mancher besorgt fragen? Völkerrechtliche Verbindlichkeit hat die 1996 vereinbarte Wiener Absichtserklärung nicht, weil es keinen entsprechenden Vertrag gibt. Rechtlich gesehen, ähnelt diese Absichtserklärung der Erklärung von Bologna zur Schaffung eines gemeinsamen europäischen Hochschulraums. Aus beiden lassen sich keine Verpflichtungen ableiten. Wenn Schul- und Wissenschaftsminister dennoch versuchen, ihre politischen Ziele mit Hinweisen auf Vertragspflichten durchzusetzen, muß das niemand ernst nehmen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 173 vom 28. Juli 2005, S. 1 |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Mittwoch, 17. Aug. 2005 23:35 Titel: Neue Rechtschreibung in 14 Bundesländern |
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Neue Rechtschreibung in 14 Bundesländern
oll. FRANKFURT, 31. Juli. In 14 Bundesländern tritt an diesem Montag die neue Rechtschreibung in Kraft. Nur Bayern und Nordrhein-Westfalen haben die Übergangszeit verlängert. Die neuen Regeln werden in den Schulen weiter gelehrt, bisherige Schreibweisen werden aber nicht als Fehler gewertet. Sowohl die Kultusministerkonferenz (KMK) als auch die Ministerpräsidentenkonferenz hatten in ihren vergangenen Sitzungen das Inkrafttreten der Rechtschreibreform zum 1. August beschlossen. Gültig werden sollen die von den Kultusministern als „unstrittig” bezeichneten Teile der Reform wie die Groß- und Kleinschreibung und die Laut-Buchstabenzuordnung, obwohl der Rat für deutsche Rechtschreibung bereits weitere Änderungen in diesen Bereichen angekündigt hat.
In einer Erklärung der KMK zum Inkrafttreten der Reform heißt es, nun sei ein wichtiges Etappenziel erreicht. „Es bringt keinen Zugewinn, wenn der große Teil der Reform, der unstrittig ist, später in Kraft tritt”, sagte die Präsidentin der KMK, Brandenburgs Wissenschaftsministerin Wanka (CDU). Deutschland müsse an seine Abmachungen mit den übrigen deutschsprachigen Ländern denken. Ausgenommen sind die Teile der Reform, die der Rat überarbeitet. Das sind die Getrennt- und Zusammenschreibung, die Worttrennung am Zeilenende und die Zeichensetzung. Weder die Beschlüsse der KMK noch der Ministerpräsidentenkonferenz haben rechtliche Bindungswirkung, nicht einmal für die Mitglieder dieser Gremien.
Eine erhebliche Rolle sollen bei der Entscheidung der Kultusministerkonferenz die Schulbuchverbände gespielt haben. Dies gilt schon für die Einführung der Reform 1996. Sie geht zurück auf eine Vereinbarung mit Österreich, der Schweiz und anderen Ländern, die jedoch keine völkerrechtlich bindende Wirkung hat. Vielmehr handelt es sich nur um eine Absichtserklärung.
Schon 1996 hatte der niedersächsische Kultusminister Wernstedt (SPD) als KMK-Präsident gesagt. „Der von der KMK beschlossene Zeitplan ist im Einvernehmen mit den Schulbuchverlagen erarbeitet worden.” Seit Beginn gilt Hessens Kultusministerium als Stütze der Schulbuchverleger. So sicherte der hessische Ministerpräsident Koch (CDU) den Verlagen ausdrücklich seine Unterstützung zu. Allerdings hat der frühere Besitzer des Verlags Moritz Diesterweg Herbst dieser Zeitung mit deutlicher Kritik an der Verbandsführung gesagt: „Wenn die Schulbuchverlage sich allesamt der Rechtschreibreform verweigert hätten, wäre es durchaus möglich gewesen, die Reform in einem früheren Stadium zu Fall zu bringen.” Während der Verband der Schulbuchverlage den Ministern und der Öffentlichkeit mit zweistelligen Milliardenbeträgen für die Einführung der Reform drohten, verwiesen einzelne Schulbuchverleger auf die wirtschaftlichen Erfolge der Reform und meinten, weitere Änderungen steigerten den Absatz.
Wieviel die Reform wirklich gekostet hat, läßt der VdS im Ungewissen. Darüber gibt es bisher keine glaubhaften Berechnungen, nur Vermutungen.
Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) appellierte an den Rat für deutsche Rechtschreibung, den Reformgegnern gegenüber standfest zu bleiben. „Die jungen Menschen und ihre Lehrer wünschen sich dringend ein Ende des Rechtschreib-Kulturkampfes”, hieß es in einer Erklärung.
Mit Blick auf Bayern und Nordrhein-Westfalen sieht die GEW eine „bedenkliche Entwicklung und ein düsteres Kapitel des Föderalismus”. Es werde immer dringender, über eine Bundeskompetenz in wichtigen bildungspolitischen Fragen nachzudenken.
Unterdessen ist die Zustimmung in der Bevölkerung weiter gesunken. Nach einer Umfrage des Instituts für Demoskopie in Allensbach lehnen 61 Prozent der Bevölkerung die Reform ab, nur acht Prozent befürworten sie. 51 Prozent sehen auch keine Veranlassung, sich die neuen Regeln zu eigen zu machen. 41 Prozent wenden sie schon an und sechs Prozent wollen es künftig tun. Im vergangenen Jahr hatten sich noch 13 Prozent zustimmend und 49 Prozent ablehnend zur Rechtschreibreform geäußert.
Während die Schulen und Verwaltungen in 14 deutschen Ländern und in ganz Österreich vom 1. August an nach den neuen Regeln korrigieren und schreiben, sollen sie in den Schweizer Verwaltungen noch nicht gelten, in den Schulen allerdings schon. Zwar hatte die Erziehungsdirektion in Bern um eine Aussetzung gebeten, setzte sich aber mit ihrem Ansinnen nicht durch. Angesichts der öffentlichen Ablehnung und weiterer zu erwartender Änderungen hat sich die Frankfurter Allgemeine Zeitung entschlossen, auch nach dem 1. August bei ihrer bisherigen Schreibweise zu bleiben und die Arbeit des Rates für deutsche Rechtschreibung abzuwarten. Die Erfahrung mit sinnentstellenden Schreibweisen und der Einebnung inhaltlicher Feinheiten hatte die F.A.Z. bewogen, am 1. August 2000 zur früheren Schreibweise zurückzukehren.
[oll. = Heike Schmoll]
Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 176 vom 1. August 2005, S. 1 f. |
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Manfred Riebe
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: Mittwoch, 17. Aug. 2005 23:45 Titel: FREMDE FEDERN: Theodor Ickler |
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FREMDE FEDERN: Theodor Ickler
„Direkt generiert“ - Die Politik der Schulbuchverleger
Die Einführung des Büchergeldes in Bayern ist ein Etappensieg des Verbandes der Schulbuchverlage (VdS Bildungsmedien). Dieser strebt seit vielen Jahren die Abschaffung der Lernmittelfreiheit an. Das Büchergeld - eigentlich eine überteuerte Leihgebühr - ist für den Staat ein gutes Geschäft, denn es ist doppelt so hoch wie die bisherigen Ausgaben der Kultusministerien für Schulbücher. Der VdS-Vorsitzende sagte denn auch auf der Hauptversammlung 2004 unverblümt: „Die Eltern erhalten wiederum nur alte Bücher, und das auch noch gegen relativ teures Geld.“ Erst wenn die Eltern jedes Jahr neue Bücher aus eigener Tasche bezahlen müssen, ist das Verbandsziel erreicht.
Wie der VdS die öffentliche Diskussion steuert, beschreibt er so: „Bei den in der Öffentlichkeit verwendeten Zahlen zu den Schulbuchausgaben und der Ausstattungsmisere haben wir mittlerweile eine Monopolstellung erreicht. Selbst die Ministerien stützen sich bei ihren Aussagen auf unser Zahlenwerk. Damit haben wir die Berichterstattung über das Thema Lernmittelfreiheit stark beeinflußt: Journalisten haben zumindest erkannt, daß Elternkauf in vielen Bundesländern selbstverständlich ist. Es gibt auch direkte Belege dafür, daß unsere Arbeit einen Meinungswandel bei Medien erzeugen konnte: So hat die „Frankfurter Rundschau“ kürzlich unter weidlicher Ausschlachtung unserer Hintergrundmaterialien auf einer ganzen Themenseite eine ,sozialdemokratische' Position zur Lernmittelfreiheit entwickelt, die unserer Forderung nach einer einkommensabhängigen Regelung sehr nahe kommt.“ Und: „Direkt generiert haben wir eine breite Berichterstattung zu den rückläufigen öffentlichen Schulbuchausgaben.“
Der Verband kämpft mit allen Mitteln für die Durchsetzung der Rechtschreibreform. Als die F.A.Z. mit ihrer Rückkehr zur bewährten Orthographie das ganze Unternehmen in Gefahr brachte, intervenierte er aufs energischste und konnte berichten: „Wir haben also nicht allein auf die Kultusminister, sondern auch auf alle Ministerpräsidenten der Länder massiv eingewirkt und diese in die Öffentlichkeit gezwungen mit klaren und unmißverständlichen Erklärungen zu einer Reformumsetzung. Parallel dazu haben wir unsere alte Verbändeallianz erneut mobilisiert, nämlich Lehrer- und Elternorganisationen, die sich auch prompt auf unsere Seite stellten, die durch die F.A.Z. ausgelöste Diskussion als unnütz deklarierten, für eine Beibehaltung der Reform votierten und uns somit eine sehr wichtige politische wie mediale Schützenhilfe gaben“. Der Vorsitzende fügte hellsichtig hinzu: „Ich möchte nicht wissen, wie die Öffentlichkeit und unsere geneigten Kultusminister reagiert hätten, hätte sich die F.A.Z. vorab mit Spiegel, Focus und der Süddeutschen und vielleicht noch den Agenturen auf eine gemeinsame Attacke verabredet.“
Am 19. Februar 2004 mahnte der VdS alle Kultusminister und am 16. Juli 2004 die Ministerpräsidenten, den Kritikern der Rechtschreibreform kein Gehör zu schenken und die Debatte zu beenden. Als treueste Verbündete lobt der VdS die hessische Schulministerin Wolff, die er als „Meinungsführerin“ in Sachen Rechtschreibreform betrachtet. Sie war es auch, die zusammen mit ihrer Kollegin Schavan den „Rat für Rechtschreibung“ ins Leben rief, um die Reform gegen den Widerstand der Bevölkerung doch noch durchzusetzen. Als dessen Verhandlungen aus dem Ruder zu laufen drohten, wurde der VdS aufs neue aktiv und versucht seither, den Rat von weitergehenden Korrekturen der Reform abzuhalten. Aus der Amtschefskommission der Kultusministerien war zu erfahren, daß beim jüngsten Plan, Teile der Reform am Rat vorbei einzuführen, wiederum die Rücksicht auf die Schulbuchverlage eine Rolle spielte. Den wohlbegründeten Alleingang von Bayern und Nordrhein-Westfalen kritisierte der Verband mit der absurden Behauptung, kostenträchtige Vorbereitungen zur Umsetzung der ersten (von der Politik noch gar nicht gebilligten!) Ratsbeschlüsse seien bereits im Gange.
Der verständliche Wunsch der Schulbuchverleger nach „Planungs- und Investitionssicherheit“ mutiert im Mund der willfährigen Politiker und ihres journalistischen Gefolges zur Tugend schülerfreundlicher „Verläßlichkeit“. Die Sprachrichtigkeit bleibt auf der Strecke. Der VdS gibt selbst zu: „Die große Mehrheit der Bevölkerung lehnt die Reform weiterhin ab.“ Doch die Interessen der Allgemeinheit haben keine Chance gegen den Durchsetzungswillen einer gut organisierten Lobby.
Der Verfasser ist Professor für Deutsch als Fremdsprache an der Universität Erlangen-Nürnberg und vertritt das PEN.-Zentrum Deutschland im Rat für deutsche Rechtschreibung.
Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 176 vom 1. August 2005, S. 8 |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Donnerstag, 18. Aug. 2005 00:00 Titel: Fehler sind Ehrensache |
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Die Kultusminister haben angeblich unstrittige Teile der Rechtschreibreform per Eilbeschluß zum heutigen Tage in Kraft gesetzt. Der Münchner Historiker Christian Meier verwahrt sich gegen dies Anmaßung der Staatsmacht. (F.A.Z.)
Fehler sind Ehrensache
Wir pfeifen auf die Rechtschreibreform / Von Christian Meier
Die Bilanz ist niederschmetternd. Auch neun Jahre nach dem Beschluß und der Einführung der neuen Schreibung an den Schulen ist die Mehrheit der Deutschen dagegen.
Kaum ein ernstzunehmender Schriftsteller denkt daran, auf Neuschrieb umzustellen. In der Wissenschaft gilt Ähnliches. Die literarischen und sehr viele andere Verlage veröffentlichen fast ausschließlich in bewährter Schreibung. Die Leopoldina, die Akademie unserer naturwissenschaftlichen Spitzenforscher, erklärt in ihren Hinweisen zur Manuskriptgestaltung: „Der Text soll den Regeln der traditionellen Rechtschreibung folgen.“ Nicht wenige Zeitungen und Zeitschriften folgen noch immer oder wieder den bewährten Regeln. In anderen herrscht das Durcheinander. Hausorthographien weichen voneinander ab, und außer der s-Schreibung wird keine Regel auch nur einigermaßen zuverlässig eingehalten. Nicht selten liest man Schreibungen, die noch unsinniger sind als die vorgeschriebenen: Im Zweifel wird offenbar die unsinnigste Möglichkeit gewählt; was immerhin implizit ein vernichtendes Urteil darstellt.
Es klingt wie Hohn, ist aber vermutlich blanker Unkenntnis geschuldet, wenn Kultusministerinnen fordern, die Einheitlichkeit der Rechtschreibung im deutschen Sprachraum müsse bewahrt (!) werden. Genau umgekehrt verhält es sich: Wiederhergestellt muß sie werden.
Dazu scheint sich jetzt endlich ein Weg zu öffnen. Unter der umsichtigen Leitung Hans Zehetmairs ist der von der Kultusministerkonferenz (KMK) eingesetzte Rat für Deutsche Rechtschreibung dabei, die umstrittenen Teile der „Reform“ noch einmal zu prüfen und gegebenenfalls neue Lösungen zu erarbeiten. Was er zur Getrennt- und Zusammenschreibung beschlossen hat, ist allgemein begrüßt worden. Allein, anstatt nun abzuwarten, was dabei herauskommt, isoliert die KMK die Getrennt- und Zusammenschreibung und beschließt, alle anderen Teile der Reform vom heutigen 1. August an verbindlich zu machen, indem sie sie als unumstritten ausgibt. So fordere es die Verläßlichkeit.
Dazu ist zweierlei zu bemerken: Erstens gehört es zu den Grundlagen der Demokratie, daß man anderes meinen kann als die Staatsmacht. Wo nun über bestimmte Materien in weiten Teilen der Bevölkerung verschiedene Meinungen herrschen, sind diese zweifellos umstritten. Wie im vorliegenden Fall etwa Groß- und Kleinschreibung, Silbentrennung, Laut-Buchstaben-Zuordnung oder die Drei-Konsonanten-Regel. Leugnet die Staatsmacht das, unter dem Motto: was strittig ist, bestimme ich, so ist das - politisch gesehen - eine unerträgliche Anmaßung. Nicht die erste in dieser Geschichte, welche mit der Absicht begann, einer Sprachgemeinschaft Regeln des Schreibens zu diktieren. Aber wahrscheinlich wissen die Minister auch das nicht, so daß man ihnen höchstens Ignoranz ankreiden darf.
Das zweite ist, daß sie meinen, die Verläßlichkeit verlange von ihnen die Inkraftsetzung der Regeln, wie sie sind. Wiederum klingt es wie Hohn. Für wie dumm muß man Schüler halten, wenn man ihnen, bei strenger Benotung, etwas als endgültig hinstellt, was aller Voraussicht nach in Kürze verändert wird? Um von zahlreichen inzwischen erfolgten, zwar geleugneten, aber im Duden handgreiflich vollzogenen Wiederherstellungen alter Schreibungen zu schweigen.
Verläßlichkeit zeigen die Minister vielmehr nur darin, daß sie beratungsresistent einen Weg weiterverfolgen, von dem inzwischen längst abzusehen ist, daß er nicht zum Ziel führt. Und sie tun es mit allen Zwangsmitteln, die ihnen zu Gebote stehen, und mit Pressionen, an denen sich anscheinend auch Ministerpräsidenten beteiligen. In Österreich darf Literatur in bewährter Schreibung in der Schule nicht mehr benutzt werden. Offenbar ist es wichtiger, daß Kinder nicht im Lesen irritiert, als daß sie mit Werken von Grass, Enzensberger, Walser oder Jelinek vertraut werden. Auch Leihbüchereien sollen schon von dem Bazillus gesäubert worden sein. Wo so etwas dekretiert wird, pfeift man auf dem letzten Loch.
Denn selbstverständlich begegnen die Schüler überall der bewährten Schreibung; in alten Schulbüchern, die noch im Gebrauch sind, wie in neuen Textsammlungen literarischer und historischer Art, da viele Autoren darauf bestehen, daß ihre Texte nicht umgestellt werden. Die Lehrer beherrschen die neuen Regeln nur unzulänglich (und man hat ja auch manchmal den Eindruck, daß sie Wichtigeres zu tun hätten). Schließlich: Kann, soll, darf man die Schüler von der Lektüre guter Zeitungen und von mehr als neunundneunzig Prozent der deutschsprachigen Literatur abkapseln? Diese Begegnung also müssen sie schon aushalten. Und man darf sie deswegen nicht eigens hysterisch machen. Wer meint, daran etwas ändern zu können, steht mit der Realität auf Kriegsfuß.
Man kann sich fragen, warum so viele - gerade unter den Schriftstellern - sich dem Neuschrieb verweigern. Vielleicht aus Anhänglichkeit an Überholtes in reformbedürftiger Zeit? Genau das Gegenteil ist der Fall. Es ist nicht zumutbar, grammatisch falsche Schreibungen („du hast ganz Recht“), das Auge verletzende Wortungetüme („Schlussszene“, „Programmmesse“) und sonstigen Schwachsinn („eine Hand voll Kultusminister“) zu übernehmen. Man müßte sonst nichts von Sprache verstehen. Und im übrigen: Ja, wir brauchen dringend Reform und Innovation. Aber sie müssen einen Sinn haben, sonst sind sie schlimmer als bloßes Beharren. Sie dürfen auch nicht, wie weite Teile dieser „Reform“, auf das frühe neunzehnte Jahrhundert zurückführen, denn der Neuschrieb ist überholt, nicht die bewährte Schreibung! Und sie sollten nicht so obrigkeitlich ansetzen wie dieser anders gar nicht denkbare Versuch, einer Sprachgemeinschaft von mehr als hundert Millionen grammatisch falsche Schreibungen und anderen Unsinn aufzuerlegen.
Wie ist es zu erklären, daß unsere Kultusminister derart starr an der mißglückten Reform festhalten? Obwohl sie, spricht man sie einzeln, so uneinsichtig gar nicht sind. Sind sie zu weit von der Wirklichkeit entfernt? Gehen sie in keine Buchhandlung? Lesen sie keine Zeitungen, oder tun sie es nicht gründlich? Bekommen sie nur geschönte Befunde apportiert? „Wir stehen zu den Beschlüssen der KMK - alles andere führt ins Chaos“, verlautet aus Potsdam. Warum um alles in der Welt wissen die Minister nicht, daß sie es sind, die das Chaos angerichtet haben und immer weiter nähren?
Gerade acht Prozent der Deutschen sind nach letzten Umfrageergebnissen für den Neuschrieb. Landläufige Vernunft vermag dieses Rätsel nicht zu lösen. Man scheut sich in diesem doch einigermaßen demokratisch gesitteten Lande, überhaupt nur für möglich zu halten, was von den Behörden evident seit neun Jahren praktiziert wird. Der Tatbestand ist schlechterdings nicht zu fassen. Die einzig mögliche Antwort, die ich sehe, ist, daß die Minister in diesem Punkt ihre Urteilsfähigkeit jenen Ideologen und Betonköpfen überantwortet haben, die als Arbeitsgruppe Rechtschreibungsreform der KMK im verborgenen wirken. Unter diesen Umständen wird es für die, die nicht dem Diktat der Minister unterstehen, nicht nur ein großes Vergnügen, sondern geradezu eine Ehrensache sein, von heute an falsch zu schreiben.
Christian Meier, emeritierter Althistoriker an der Universität München, war von 1996 bis 2002 Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.
Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 176 vom 1. August 2005, S. 29
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Anmerkungen:
„Die Kultusminister haben angeblich unstrittige Teile der Rechtschreibreform per Eilbeschluß zum heutigen Tage in Kraft gesetzt.“ Diese Formulierung der FAZ klingt so, als sei die Rechtschreibreform mittels Rechtsverordnung auf Grund eines Rechtschreibgesetzes in Kraft gesetzt worden. Tatsächlich jedoch gibt es kein Rechtschreibgesetz - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=634#634 - und somit auch keine entsprechende Rechtsverordnung, sondern nur einfache Kultuministererlasse, die deswegen auf sehr wackeligen Beinen stehen. Das bedeutet, daß die neue Beliebigkeitsschreibung - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=105 - auch ab dem 1. August 2005 nur für die Schulen, aber weiterhin nicht für die Allgemeinheit gilt.
- „Nicht wenige Zeitungen und Zeitschriften folgen noch immer oder wieder den bewährten Regeln.“ Siehe die Liste der reformfreien Zeitungen und Zeitschriften: www.gutes-deutsch.de
- Falsch: „außer der s-Schreibung wird keine Regel auch nur einigermaßen zuverlässig eingehalten.“ Das stimmt nicht. Gerade die neue ß/ss-Schreibung führt zu mehr Fehlern. Siehe:
* Die Fehlermöglichkeit bei der ß/ss-Schreibung steigt von 50 Prozent auf 66,6 Prozent – http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=1255#1255
* Professor Harald Marx in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ über die Rechtschreibleistungen von Grundschülern - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=1963#1963
Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Donnerstag, 18. Aug. 2005 17:32, insgesamt 4mal bearbeitet |
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Manfred Riebe
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: Donnerstag, 18. Aug. 2005 00:11 Titel: Aus jungen Wilden wurden zahme Lahme |
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Briefe an die Herausgeber
Aus jungen Wilden wurden zahme Lahme
Sechs einstmals „junge Wilde“ wollten vor zehn Jahren die Rechtschreibreform kippen: Christian Wulff, Günther Oettinger, Ole von Beust, Christoph Böhr, Peter Müller und Roland Koch. Fünf von ihnen führen heute ein Bundesland. Keiner dieser „viel versprechenden“ Politiker hat gewagt, die Rechtschreibreform zurückzunehmen, obwohl sie es könnten; denn Kultur ist immer noch Ländersache. Sie konnten sich nicht einmal dazu durchringen, dem Vorreiter-Beispiel von Edmund Stoiber und Jürgen Rüttgers zu folgen, die in Bayern und Nordrhein-Westfalen weiterhin die bewährten Regeln gelten lassen. Dort werden die Schreibweisen der Literaturnobelpreisträger Günter Grass und Elfriede Jelinek im Gegensatz zu 14 anderen Bundesländern nicht als Fehler gewertet. Aus den einstmals „jungen Wilden“ sind jedoch zahme Lahme geworden. Ihr Verhalten trägt dazu bei, daß das Vertrauen in die Politik abnimmt. Jürgen Rüttgers versucht hingegen wenigstens, sein Wahlversprechen einzulösen. Im vergangenen Jahr hatte er versprochen:
„Die CDU wird nach einem Wahlsieg bei der Landtagswahl im Mai 2005 dafür sorgen, daß man zu den bewährten Regeln zurückkehrt.“ Die „viel versprechenden“ Regierungschefs könnten dagegen eine Gruppe bilden unter dem Namen „Wir sind Maulhelden“. Wie konnte die Wandlung dieser Politiker geschehen? Die Ex-„jungen Wilden“ haben ganz einfach den Einfluß des Klüngels aus „Reformern“, Verlagen und Verbänden, der bis in ihre Kultusministerien reicht, völlig unterschätzt. Nur so ist die Zähmung des Christian Wulff zu verstehen, der im vergangenen Jahr noch die Ministerpräsidentenkonferenz von der Abkehr von der Rechtschreibreform überzeugen wollte, sogar mit der Auflösung der KMK drohte, sich bei allem jedoch eine blutige Nase holte und am Ende sogar der Weiterführung der Reform zustimmte. Dieser Klüngel, vor dem die Ministerpräsidenten in die Knie gehen, hat sich nicht von heute auf morgen, sondern über 50 Jahre hinweg eine immer stärkere Machtstellung geschaffen. Die geschäftlichen Interessen von Reformern und Wörterbuchverlagen gingen irgendwann eine enge Verbindung ein. Der langjährige Leiter der Dudenredaktion, Günther Drosdowski, klagte: „In der Rechtschreibkommission und in den Arbeitsgruppen herrschten mafiaähnliche Zustände. Einige Reformer ... mißbrauchten die Reform schamlos, um sich Ansehen im Fach und in der Öffentlichkeit zu verschaffen, Eitelkeiten zu befriedigen und mit orthographischen Publikationen Geld zu verdienen.“ Noch im heutigen Rechtschreibrat sind allein sechs Mitglieder mit dem Hause Duden geschäftlich verbunden. Für die Schulbuchverlage ist die Rechtschreibreform ein Milliardengeschäft, finanziert durch den Steuerzahler. Nach Angaben des VdS Bildungsmedien, des mächtigen Verbandes der Schulbuchverleger, schaffte die öffentliche Hand zwischen den Jahren 1996 und 2004 Schulbücher in reformierter Rechtschreibung im Wert von etwa zwei Milliarden Euro an. Der Verband hat eine Menge Geld eingesetzt, um der Reform zum Durchbruch zu verhelfen. So investierten die Schulbuchverlage rund eine halbe Million Mark, um den Volksentscheid in Schleswig-Holstein im September 1998 zu beeinflussen. Damals nützte es zunächst nichts, denn die Schleswig-Holsteiner sprachen sich gegen die Rechtschreibreform aus. Der Landtag setzte sich ein Jahr später über den Volksentscheid jedoch hinweg. Der Einfluß auf die Kultusbürokratie, die für die Zulassung der Schulbücher zuständig ist, ist groß. Im internen Bericht des Verbandes für das Jahr 2000 – das Jahr, in dem die Frankfurter Allgemeine das Abenteuer Rechtschreibreform nach einem Jahr Gott sei Dank wieder beendete – heißt es: „Wir haben also nicht allein auf die Kultusminister, sondern auch auf alle Ministerpräsidenten der Länder massiv eingewirkt und diese in die Öffentlichkeit gezwungen mit klaren und unmißverständlichen Erklärungen zu einer Reformumsetzung.“ Die Aufdeckung eines denkbaren Bestechungsskandals wäre der Todesstoß für die Reform, würde aber auch aufgrund der Beteiligung von Regierungsbeamten eine Krise auslösen. Man könnte also verstehen, wenn die Ministerpräsidenten deswegen nicht in ein Wespennest stochern möchten, das sich in ihren Kultusministerien gebildet hat.
Thomas Paulwitz, Erlangen
Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 179 vom 4. August 2005, S. 7 |
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Manfred Riebe
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: Donnerstag, 18. Aug. 2005 00:25 Titel: Was die Rechtschreibdiktatur zerstört |
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Briefe an die Herausgeber
Was die Rechtschreibdiktatur zerstört
Zum Artikel: „Fehler sind Ehrensache – Wir pfeifen auf die Rechtschreibreform“ (F.A.Z. vom 1. August): Professor Christian Meier fragt, weshalb die Kultusminister nicht wüßten, daß sie das Rechtschreibchaos angerichtet haben. Die Hauptfrage, mit der sich weder die Reformer noch die Kultusminister auseinandergesetzt haben, lautet: Welches Prinzip soll für die Orthographie gelten? Präskription oder Deskription? Beides zugleich geht nicht. Konrad Duden ging grundsätzlich deskriptiv vor: Er hielt den allgemeinen Schreibgebrauch fest. Die Rechtschreibreform des „Dritten Reiches“ kam dagegen präskriptiv zustande, von oben herab, genauso diktatorisch über die Köpfe des Volkes hinweg und an den Parlamenten vorbei ohne Gesetz wie die „Reform“ von 1996. Seit 1996 gibt es in den Wörterbüchern einen Mischmasch der beiden einander widersprechenden Prinzipien, der noch dadurch verstärkt wird, daß manche Medien völlig unnötig neugeschaffene Varianten verwenden, um als fortschrittlich zu gelten (z.B. in den Presse-Hausorthographien: „Orthografie“, „selbstständig“). Die einheitliche Orthographie Konrad Dudens wird durch diese Rechtschreibdiktatur zerstört. Meier meint, es sei für alle, die nicht vom Diktat der Minister abhängig seien, „nicht nur ein großes Vergnügen, sondern geradezu eine Ehrensache, von heute an falsch zu schreiben“.
Meier irrt. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1998 darf jedermann außerhalb der Schulen weiterhin richtig schreiben und die traditionelle Orthographie verwenden, auch nach dem 1. August 2005. Falsch schreiben müßten nur die Schüler und Beamten, die zur neuen Beliebigkeitsschreibung gezwungen werden. Folglich müßte es für die Lehrer und Schüler Ehrensache sein, richtig zu schreiben, d.h. die herkömmliche Orthographie anzuwenden. Der Deutsche Bundestag beschloß am 26. März 1998: „Die Sprache gehört dem Volk!“ Das bedeutet Deskription. Kultur vor Kommerz? Die Kultusbürokraten machen gemeinsame Sache mit den am Buchgeschäft interessierten Verbänden. Das erkennt man daran, daß die Kultusministerkonferenz bzw. die drahtziehenden Ministerialräte den Rat für deutsche Rechtschreibung einseitig mit Kommerzlobbyisten besetzten.
Manfred Riebe, Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V.,
Schwaig bei Nürnberg
Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 189 vom 16. August 2005, S. 8
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Anmerkungen:
Ich hatte unterzeichnet:
Manfred Riebe
Vorstandsmitglied des VRS
Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V.
90571 Schwaig bei Nürnberg
http://www.vrs-ev.de - http://www.vrs-ev.de/vorstand.php#riebe
„Was die Rechtschreibdiktatur zerstört“ - diese Überschrift klingt doppeldeutig. Was will die Leserbrief-Redaktion damit sagen?
1. Die Rechtschreibdiktatur zerstört durch ihre präskriptive Methode die deskriptive einheitliche und eindeutige Orthographie des Gymnasialdirektors Dr. Konrad Duden.
2. Die Rechtschreibdiktatur kann nur durch Widerstand zerstört werden, indem sich die betroffenen Lehrer, Schüler und Beamten - wie Konrad Duden - deskriptiv an den allgemeinen Schreibgebrauch der Schriftsteller halten.
Kultur vor Kommerz?
* Der Deutsche Bundestag: Die Sprache gehört dem Volk - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=392#392
* Präskription oder Deskription? - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=577#577
* Beliebigkeitsschreibung - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=261#261
* Kein Rechtschreibgesetz - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=634#634
* Rechtschreibreform und Nationalsozialismus - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=296
* Schulbuchverleger, VdS Bildungsmedien, Verband der Schulbuchverlage - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=973#973
* Wie der Verband der Schulbuchverlage mit Hilfe seiner Allianz mit Lehrer- und Elternorganisationen die Kultusminister und Ministerpräsidenten der Länder zur Reformumsetzung zwang, erläutert Professor Theodor Ickler: http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=3974#3974
* Zum „Klüngel aus „Reformern“, Verlagen und Verbänden, der bis in ihre Kultusministerien reicht“, siehe den Leserbrief des Schriftleiters der DEUTSCHEN SPRACHWELT, Thomas Paulwitz: http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=3976#3976
* Die Ministerialräte als Drahtzieher - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=544
* Ministerialrat Christoph Stillemunkes
http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=1968#1968
* Ministerialrat Albrecht Pohle, Berufliches –
http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=3098#3098
* Zu den Kosten der Rechtschreibreform - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=1445#1445
„Es ist nie zu spät, Natur-, Kultur- und Sprachzerstörung, Entdemokratisierung, Korruption und Steuerverschwendung zu stoppen!“ (VRS)
http://en.wikipedia.org/wiki/User:Manfred_Riebe |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Montag, 03. Okt. 2005 11:08 Titel: Lösch- und Sperrvandalismus im FAZ-Artikel |
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Lösch- und Sperrvandalismus im FAZ-Artikel der Wikipedia
Vorher:
Die FAZ und die Rechtschreibreform
Die FAZ stellte am 1. August 1999 auf die neue Presseorthographie um. Doch bereits am 1. August 2000 kehrte sie zur traditionellen Rechtschreibung zurück. Kurz darauf stellte die FAZ auf der Frankfurter Buchmesse 2000 eine Aufklärungsbroschüre vor: „Die Reform als Diktat. Zur Auseinandersetzung über die deutsche Rechtschreibung.“ In der Einleitung erläutert Professor Christian Meier, seinerzeit Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, die Rechtschreibreform sei ein „Staatsstreich“ gegen die Demokratie. Tatsächlich läßt sich dieser Sachverhalt angesichts des in Schleswig-Holstein gebrochenen Volksentscheids schwer leugnen. Meier weist darauf hin, daß ein gezielter staatlicher Eingriff in die Entwicklung der Schriftsprache vom Ausmaß der heutigen „Reform“ zuletzt während der Nazi-Diktatur versucht worden sei. Daß die FAZ die traditionelle Rechtschreibung verwendet und gegen den Strom der Massenblätter schwimmt, ist sowohl ein Zeichen für Zivilcourage als auch der Leserfreundlichkeit und ein starker Ausdruck journalistischer Unabhängigkeit. Die Leser der Deutschen Sprachwelt wählten die FAZ daher zum Sprachwahrer und Sprachstilwahrer des Jahres 2000.
Nachher:
Die FAZ und die Rechtschreibreform
Die FAZ stellte am 1. August 1999 auf die neue Rechtschreibung um. Doch bereits am 1. August 2000 kehrte sie zur alten Rechtschreibung zurück. Die Leser der Deutschen Sprachwelt wählten die FAZ daher zum Sprachstilwahrer des Jahres 2000.
http://de.wikipedia.org/wiki/Frankfurter_Allgemeine_Zeitung
Unter „Geschichte“ hieß es früher:
Nach der Einführung der neuen Rechtschreibung ist die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 1. August 2000 zur klassischen Rechtschreibung zurückgekehrt. 17:46, 25. Nov 2003 Publius K (Erweitert.)
Nach der Einführung der [[Rechtschreibreform|neuen Rechtschreibung]] am 1. August 1999 ist die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 1. August 2000 zur klassischen Rechtschreibung zurückgekehrt. 14:36, 8. Feb 2004 217.1.207.207
Aus der „klassischen“ machte eine IP dann die „alte Rechtschreibung“:
12:23, 2. Sep 2004 217.245.59.78 (→Geschichte)
* Frankfurter Allgemeine Zeitung für Deutschland (Hrsg.): Die Reform als Diktat. Zur Auseinandersetzung über die deutsche Rechtschreibung, Frankfurt am Main: Frankfurter Allg. Zeitung, 2000, 119 S.
Sogar diese Literaturangabe fiel der Zensurschere zum Opfer mit der Bemerkung:
00:06, 3. Okt 2005 Nodutschke (Lediglich von der FAZ herausgegeben (wie viele andere Schriften auch), ohne Mehrwert über die Zeitung für den Leser
Auch dieser Link mit der Begründung der Rückkehr der FAZ zur konventionellen Rechtschreibung
http://www.tu-berlin.de/fb1/AGiW/Cricetus/SOzuC1/SOVsRSR/ArchivSO/FAZ_7_00.htm
fiel der Löschwut zum Opfer mit der Bemerkung: 00:08, 3. Okt 2005 Nodutschke (Lediglich ein Randthema)
Zum Edit-War Nodutschkes im FAZ-Artikel:
http://de.wikipedia.org/wiki/Benutzer_Diskussion:Idler#Nodutschkes.2FJesusfreunds_L.C3.B6sch-_und_Sperrvandalismus_im_FAZ-Artikel
und in der Diskussionsseite des FAZ-Artikels: http://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Frankfurter_Allgemeine_Zeitung
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Anmerkungen:
Noch schlimmer geht es im Artikel der „Jungen Freiheit“ zu:
Warum wurde der Beitrag der JF zur Sprachpflege gelöscht?
http://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Junge_Freiheit#Warum_wurde_der_Beitrag_der_JF_zur_Sprachpflege_gel.C3.B6scht.3F
Da wollen die Herren Nodutschke/Gunther im Abschnitt „Literatur von Autoren der Jungen Freiheit“ nicht einmal folgenden JF-Sammelband dulden:
* Dieter Stein (Hrsg.): Rettet die deutsche Sprache. Beiträge, Interviews und Materialien zum Kampf gegen Rechtschreibreform und Anglizismen. Reihe Dokumentation, Band 9, Berlin: Edition JF, Oktober 2004, 191 S., ISBN 3-929886-21-9 (mit Beiträgen über verschiedene Sprachpflegevereine: Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung, Verein Deutsche Sprache, Verein für Sprachpflege, Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege)
Es geht darin auch um die Rechtschreibreform. Die Wikipedia hat aber auf Neuschrieb umgestellt. Deshalb wollen manche Admins nicht anerkennen, daß der Reform die allgemeine Akzeptanz fehlt. So tritt an die Stelle einer neutralen Darstellung von Fakten die persönliche Meinung eines einzelnen Wikipedia-Machthabers.
Die Hürden beim Thema "Rechtschreibreform" sind oft so hoch, daß Literatur der Reformkritiker totgeschwiegen wird. Information und Aufklärung sollen verhindert werden. Für die "Junge Freiheit" liegen die Hürden doppelt so hoch.
Welche Hürden die Kultusbürokratie aufbaut, sah man u.a. 1999 beim Volksbegehren gegen die Rechtschreibreform in Berlin.
Das Grundrecht der Meinungsfreiheit muß auch in der Wikipedia gegen Lobbyisten durchgesetzt werden. |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Dienstag, 04. Okt. 2005 21:54 Titel: Rechtsanspruch auf Unterricht in der traditionellen Orthogra |
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Rechtsanspruch auf Unterricht in der traditionellen Orthographie
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Briefe an die Herausgeber
Rechtschreibreform erneut vor Gericht
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat mit seinem Beschluß vom 13. September einen Weg aufgezeigt, auf dem die Rechtschreibreform doch noch juristisch gestoppt werden könnte. Zur Erinnerung: Das Bundesverfassungsgericht hatte 1998 entschieden, daß die Kultusminister von Verfassungs wegen nicht gehindert seien, den Schulen eine neue Rechtschreibung zu verordnen, weil ihre Prognose vertretbar sei, die neue Rechtschreibung würde sich alsbald allgemein durchsetzen und die Schüler somit nur bereits lernen, wie in absehbarer Zeit alle schreiben würden. Sieben Jahre später liegt jedoch offen zutage, daß diese Rechnung nicht aufgegangen ist. Belletristik wie Sachbücher erscheinen weiterhin überwiegend in der herkömmlichen Orthographie, und dem guten Beispiel dieser Zeitung, die bereits nach einem Jahr des Erscheinens in der Neuschreibung zur bewährten Rechtschreibung zurückkehrte, sind inzwischen die bedeutendsten Zeitungsverlage gefolgt. Hinzu kommt, daß selbst die amtlichen Reformer die mangelnde Praxistauglichkeit des am linguistischen Reißbrett entworfenen Reformwerkes einsehen mußten.
Das amtliche Regelwerk von 1996 ist deshalb bereits teilweise zurückgenommen worden, indem viele dem amtlichen Regelwerk von 1996 widersprechende Schreibweisen mit Billigung der Kultusminister in späteren Neuauflagen der Wörterbücher wieder zugelassen wurden. Nur die Kultusministerkonferenz sieht in einer Realitätsferne, die an das SED-Politbüro erinnert, die Reform weiter auf gutem Wege. Zum Mauerfall in Sachen Rechtschreibreform könnte nun der Beschluß des Niedersächsischen OVG führen. Denn das Gericht stellte fest, daß die klagende Schülerin „verlangen (könne), daß sie nicht nur in der reformierten Rechtschreibung unterrichtet wird, sondern auch nach Maßgabe der von ihr bevorzugten herkömmlichen“ . Denn aus dem Recht auf Bildung der niedersächsischen Verfassung sowie dem Schulgesetz des Landes ergebe sich ein „Anspruch darauf . . „‘ in der ,richtigen’ Rechtschreibung unterrichtet zu werden“, wobei als richtig nur die „allgemein übliche Schreibweise“ anzuerkennen sei. Zwar dürften in der Schule „zusätzlich auch solche Schreibweisen behandelt (unterrichtet) werden, die reformerischen Wünschen entsprechen. Diese dürfen jedoch solange nicht als ,richtig’ deklariert werden, wie sie sich (noch) nicht im allgemeinen Schreibgebrauch durchgesetzt haben, das heißt allgemein akzeptiert worden sind“. Da das OVG die letzte Instanz für die Auslegung von Landesrecht ist, steht mit diesem Beschluß fest, daß die Schulverwaltung Niedersachsens kraft Gesetzes verpflichtet ist, in ihren Schulen die herkömmliche Orthographie weiter zu lehren. Denn obwohl diese Entscheidung nur eine einzelne Schülerin betraf, ist die Verwaltung eines Rechtsstaates gehalten, gleiches Recht für alle anzuwenden.
Da das Bundesverfassungsgericht seinerzeit lediglich darüber entscheiden konnte, daß das Grundgesetz der Durchführung einer Rechtschreibreform nicht entgegenstünde, können die Verwaltungsgerichte auch anderer Bundesländer ohne Verstoß gegen diese Rechtsprechung aufgrund der Auslegung ihrer jeweiligen Landesverfassungen und Schulgesetze einen Anspruch der Schüler ihres Landes darauf bejahen, auch künftig neben den reformierten die herkömmlich richtigen Schreibweisen gelehrt zu bekommen. Dann besteht für Privatpersonen und Verlage nicht mehr der geringste Anlaß, von der allgemein üblichen Schreibung abzuweichen, da sie davon ausgehen können, daß künftige Schulabgänger diese weiter beherrschen. Bleibt die herkömmliche Orthographie jedoch außerhalb der Schule weiterhin die allgemein übliche, sind die Schulen dauerhaft verpflichtet, beide Schreibweisen zu lehren. Diese absurde Situation müßte dann wohl selbst die Kultusministerkonferenz zu der Einsicht bringen, daß eine Weiterführung der Reform sinnlos ist und die von ihr selbst als notwendig beschworene Einheitlichkeit der Rechtschreibung nur dadurch erreicht werden kann und muß, daß sie ihre Beschlüsse zur Einführung der Rechtschreibreform zurücknimmt. Es könnte deshalb sinnvoll sein, auch in anderen Bundesländern gegen den ausschließlichen Unterricht in der Neuschreibung zu klagen.
Dr. Wolfgang Kopke, Mainz
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom Dienstag, 4. Oktober 2005, S. 8
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Anmerkungen:
Kopke, Wolfgang: Rechtschreibreform und Verfassungsrecht. Schulrechtliche, persönlichkeitsrechtliche und kulturverfassungsrechtliche Aspekte einer Reform der deutschen Orthographie. Tübingen: Mohr, 1995.
Kopke promovierte mit dieser Dissertation bei Professor Rolf Gröschner, Jena.
Diese Arbeit wurde dann im Dezember 1996 von einer Reihe namhafter Rechtsprofessoren als eines der „Juristischen Bücher des Jahres“ ausgezeichnet (NJW 1996, 3256/3259). Wesentlich aber ist, daß der Entwurf der Dissertation Kopkes dem bayerischen Kultusminister in München und dem rheinland-pfälzischen Kultusminister in Mainz bereits im Sommer 1995 vorgelegt wurde, bevor der bayerische Kultusminister Zehetmair Anfang September 1995 die Beschlußfassung über die Rechtschreibreform verzögerte.
In seinem Aufsatz „Rechtschreibreform auf dem Erlaßwege?“ in: Juristen-Zeitung (JZ) Nr.18, 15.09.1995, S. 874 ff., einer Kurzfassung der wichtigsten Gedanken seiner Dissertation, zeigte Wolfgang Kopke auf wenigen Seiten auf, daß es ein Grundrechtsverstoß ist, wenn man in einer Demokratie die Rechtschreibreform über die Köpfe der Bevölkerung und der Volksvertreter hinweg durchsetzen wolle. Die Druckfahnen dieses Aufsatzes versandte der Doktorvater Kopkes, Prof. Rolf Gröschner, bereits Ende August 1995 an sämtliche Kultusminister (Kopke: Die verfassungswidrige Rechtschreibreform. In: NJW 1996, S.1081/82, Fn. 4).
Die Kultusminister waren folglich sehr wohl darüber informiert, daß sie die Rechtschreibreform undemokratisch diktatorisch über die Köpfe des Volkes hinweg durchdrückten, eine Methode, die an das Dritte Reich und die DDR erinnert. |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Mittwoch, 15. März. 2006 11:06 Titel: Kunze wehrt sich gegen neue Rechtschreibung |
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Pressespiegel
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Kunze wehrt sich gegen neue Rechtschreibung
oll. FRANKFURT, 14. März. Der Schriftsteller Reiner Kunze hat sich erfolgreich gegen einen bayerischen Schulbuchverlag durchgesetzt, der seine Texte eigenmächtig in neue Rechtschreibung übertragen hatte. Der Verlag, der mehrfach einer Vorlage des Hessischen Kultusministeriums gefolgt war, das seinen Text eigenmächtig angepaßt hatte, wurde durch Abmahnung und durch eine Unterlassungserklärung bei Meidung einer Vertragsstrafe dazu verpflichtet, Kunzes Texte nur in der Originalfassung abzudrucken. In einer Erklärung Kunzes zu den jüngsten Beschlüssen der Kultusministerkonferenz heißt es, er werde „auch künftig all das zurückweisen; was das Sprachgefühl der Kinder, die intuitive, vom Regelwissen unabhängige Sprachkompetenz beschädigt und vom Rat für deutsche Rechtschreibung in seiner Mehrheit von Verursachern und Befürwortern des Reformskandals unkorrigiert gelassen oder zur Variante umgewidmet worden ist“.
[oll. = Heike Schmoll]
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15. März 2006, Seite 1
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Anmerkungen:
Mehr zu Reiner Kunzes Widerstand gegen seinen zweite Ausbürgerung finden Sie hier:
* Der kulturrevolutionäre Klassenkampf - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=165
In der Wikipedia wird Kunzes Widerstand geschichtsverfälschend auf ein Minimum reduziert und verniedlicht, indem man z.B. wesentliche Literaturangaben löscht, z.B.
* Reiner Kunze; Herbert Rosendorfer; Albert von Schirnding; Hans Krieger; Peter Horst Neumann; Wolfgang Illauer: Deutsch. Eine Sprache wird beschädigt. Hrsg. von der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in Zusammenarbeit mit der Forschungsgruppe Deutsche Sprache (FDS). Waakirchen: Oreos-Verlag, 2003. Siehe hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Reiner_Kunze
Diese Literaturangabe wurde auch hier gelöscht:
http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Krieger
http://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Horst_Neumann
http://de.wikipedia.org/wiki/Herbert_Rosendorfer |
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Ulrich Brosinsky
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: Mittwoch, 29. März. 2006 17:54 Titel: Sprache kennt keine Kompromisse |
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Rechtschreibung
"Sprache kennt keine Kompromisse"
Unter diesem Titel ist am 29. März 2006 in der Frankfurter Allgemeinen ein Artikel von Heike Schmoll erschienen. Einige Punkte in Kürze:
- Schriftsteller und Rechtswissenschaftler, sowie die Bayerische Akademie der Schönen Künste haben an die Ministerpräsidenten appelliert, an der bisherigen Rechtschreibung festzuhalten. (Appell siehe z. B. Börsenblatt)
- Nach sorgsamer Prüfung der zu ratifizierenden Vorschläge des Rates stimmt die Akademie mit den Kennern der deutschen Sprachgeschichte und Orthographie überein, daß die zur Befriedung empfohlenen Resultate des Rechtschreibrates in hohem Grade unbefriedigend seien.
- Rechtswissenschaftler haben darauf hingewiesen, daß ... die Kultusverwaltungen und die Organisation der Kultusministerkonferenz zu einer Belastung für das deutsche Bildungssystem geworden sind.
- Beim Verfassungsgericht in Karlsruhe ist eine Verfassungsbeschwerde gegen die Rechtschreibreform eingegangen.
- Der Vorsitzende des Rates für deutsche Rechtschreibung Zehetmair äußerte im Gespräch mit der FAZ, die Schulbuchverlage hätten angekündigt, im Falle mehrerer Möglichkeiten durchgängig den bewährten Schreibweisen zu folgen.
- Der Vertreter der Deutschen Presseagentur (dpa) Hein ist auf eigenen Wunsch aus dem Rat ausgeschieden. Er hatte die Reformkritiker unter den Zeitungen im Rat als "Krawallmacher" bezeichnet.
Zum ausführlichen Artikel |
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Manfred Riebe
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