Hilfe Zurück zur Hauptseite
Hilfe Beiträge der letzten 14 Tage zeigen
Hilfe Hilfe
Suchen Suchen
Benutzerliste Benutzerliste
Benutzergruppen Benutzergruppen
Profil Profil
Einloggen Einloggen
Registrieren Registrieren

PISA und die Rechtschreibreform

 
Neuen Beitrag schreiben   Auf Beitrag antworten    VRS Foren-Übersicht -> Aktionen
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
Manfred Riebe



Registriert seit: 23.10.2002
Beiträge: 2840
Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg

Beitrag: Dienstag, 25. Nov. 2003 12:40    Titel: PISA und die Rechtschreibreform Antworten mit Zitat

PISA und die Rechtschreibreform

Kann man die sogenannte Rechtschreibreform für das Ergebnis der PISA-Studie (= Programme for International Student Assessment) und die unzureichenden Lese- und Schreibleistungen deutscher Schüler verantwortlich machen? Laut PISA-Studie liegen die Deutschen im internationalen Vergleich im hinteren Feld. Die Kultusminister richteten schon früher mit der Ganzwortmethode und der Mengenlehre großen Schaden an. Nun schädigt auch noch die Rechtschreibreform das Lese- und Textverständnis. „Einer, der den nationalen Ländervergleich der Pisa-Studie genau unter die Lupe genommen hat, ist Josef Kraus, Oberstudiendirektor und Präsident des Deutschen Lehrerverbandes. [...] Josef Kraus, der das Montgelas-Gymnasium in Vilsbiburg (Landkreis Landshut) leitet, ist Lehrer für Deutsch und Sport und außerdem Diplom-Psychologe. [...] ‘Die Rechtschreibreform hat das ihre dazugetan, um schulische Leistungen zu senken.‘ Untersuchungen zeigten, dass in einigen wenigen Bereichen die Fehlerquote im Rechtschreiben zwar sank, dafür aber insgesamt eine wesentlich höhere Anzahl von Fehlern hinzukam. [...]“
(Peter Baier: Lehrerverbands-Präsident Josef Kraus über PISA. Mit mehr Deutschunterricht zum Erfolg. In: Bayernkurier, Jahrgang 53, Ausgabe Nr. 27, 4. Juli 2002)

In einem sehr guten Artikel widerlegt Josef Kraus die Scheinargumente der Reformer und die Märchen der „viel versprechenden“ Kultusminister über die „Rechtschreibreform“. Vgl. www.lehrerverband.de/medien.htm

Welchen Murks die Kultusminister angeordnet haben, sieht man an folgenden Beispielen. Die bayerische Kultusministerin Monika Hohlmeier sagte: „Die Sozialdemokraten haben über viele Jahre hinweg in der Bildungspolitik alles, was Leistung, Erziehung und Wertorientierung anging, schlecht gemacht“ (Nürnberger Zeitung, 25.06.2002, S. 3). Gemeint ist „schlechtgemacht“, aber das Wort gibt es dank der neuen Primitiv- und Beliebigkeitsschreibung nicht mehr.

Monika Hohlmeiers Amtsvorgänger Hans Zehetmair berichtete, die neue Rechtschreibung sei viel einfacher, die Schüler machten nun 50 Prozent weniger Fehler. Ist der Minister ein „vielversprechender“ Hoffnungsträger oder ein „viel versprechender“ Schaumschläger? Zehetmair wurde bald darauf beim Münchener Nockherberg als „Märchenerzähler“ derbleckt, d.h. verulkt. Dann mußte der „viel versprechende“ Minister sein Amt an die Straußtochter abgeben.

Durch solche neuen Getrenntschreibungen wie „viel versprechend“ geht die Eindeutigkeit der Sprache verloren; die „Reformer“ haben willkürlich in die Grammatik und den Bedeutungsbereich der Sprache (Semantik) eingegriffen. Vgl. www.vrs-ev.de und www.deutsche-sprachwelt.de.

Mit freundlichen Grüßen

Manfred Riebe, OStR i.R.
Vorstandsmitglied des VRS
Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V.
Manfred@Riebe.de
www.vrs-ev.de

„Es ist nie zu spät, Natur-, Kultur- und Sprachzerstörung, Entdemokratisierung, Korruption und Steuerverschwendung zu stoppen!“ (VRS)
_______________________

Erläuterungen:
Der Text steht so im Leserforum der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ).
Ein Hannoveraner hatte mich gebeten, einen Beitrag in das neue Leserforum der HAZ zu setzen. Daraufhin eröffnete ich am 4. November 2002 im HAZ-Leserforum, Ressort „Kultur“, den Strang „PISA und die Rechtschreibreform“:
http://hazforum.de/index.php?act=ST&f=16&t=96
Das HAZ-Forum ist problematisch, weil die Moderatoren sich mit eigenen Beiträgen einmischen, allen möglichen Müll zulassen, aber politisch unbequeme Kritiker aussperren. Mich sperrte man unter dem Vorwand aus, ein (USA-kritisches) Erich-Kästner-Gedicht „Das letzte Kapitel“ zitiert zu haben. Das gleiche Gedicht stellte ich unbeanstandet in das Gästebuch der „Nürnberger Zeitung“: http://gaestebuch.nordbayern.de/.

Zuvor hatte ich den Beitrag „PISA und die Rechtschreibreform“ am 4. Juli 2002 in das CSU-Forum hineingesetzt: www.csu.de/home/Display/Forum/disp_forum?&op=show_posting&posting_id=811&forum_id=37
Dort findet man viele Beiträge von Lehrern. Das CSU-Forum kann man als seriös bezeichnen, weil es auch kritische Beiträge bringt.

Dann stellte ich das Thema in das CDU-Forum: www.cdu.de

Auch ins SPD-Klartext-Forum: http://klartext.spd.de/read_v2.php?f=28&i=1508&t=1508

Trotz reger Diskussion entfernten die Volksparteien CDU und SPD den jeweiligen Strang. Sie scheinen Kritik nicht zu vertragen.

Im CDU-Forum NRW www.cdu-nrw.de/ wurde nicht zensiert. Aber vielleicht gibt es gerade deshalb das Forum nicht mehr ....

Im FAZ-NET-Forum lief das Thema ab 9. Juli 2002 unter „Treffpunkt“ „Kluge Köpfe setzen ihre Themen selbst“, aber dann in der Rubrik „Feuilleton“ beim einschlägigen Thema:

„Sind deutsche Schulen wirklich so mies?

Bei der weltweit größten Schuluntersuchung haben nicht nur die deutschen Schüler, sondern das gesamte öffentliche Schulsystem der Bundesrepublik ein katastrophales Zeugnis erhalten. Beim Lesen etwa schnitten deutsche Schüler dramatisch schlecht ab. Nicht viel anders sieht es bei den Naturwissenschaften aus. Traurig auch: In keinem anderen Industrieland ist die soziale Herkunft so entscheidend über den Schulerfolg wie in Deutschland. Wer trägt die Schuld an der Misere? Diskutieren Sie in unserem Forum.“



Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Dienstag, 13. Jan. 2004 12:17, insgesamt 3mal bearbeitet
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Webseite dieses Benutzers besuchen
Manfred Riebe



Registriert seit: 23.10.2002
Beiträge: 2840
Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg

Beitrag: Dienstag, 25. Nov. 2003 13:15    Titel: Alles nur für die Kinder? Antworten mit Zitat

Alles nur für die Kinder?

Schulbuchverlage und manche Chefredakteure verwenden die Schutzbehauptung, sie praktizierten den Neuschrieb nur für die Kinder. Anscheinend wissen sie nicht, welchen Unsinn sie den Kindern zumuten.

Der VRS stärkt Schreibberuflern und Eltern gern mit Argumenten den Rücken. Man braucht z.B. den folgenden Text nur per E-Mail seinem Chef, Chefredakteuren, Deutschlehrern, Politikern, Verlegern usw. zu senden oder ihn auszudrucken und sie zu fragen, ob sie das schon wußten. Die wenigsten Lehrer beherrschen den Neuschrieb, deshalb vermutlich Ihr Chef usw. auch nicht. Wir können auch die Korrekturen Ihres Chefs gern nachkorrigieren. Er wird sich wundern.

Kann man die Rechtschreibreform für das Ergebnis der PISA-Studie und die Leseschwäche verantwortlich machen? Wird die Rechtschreibreform dazu führen, daß die Lese- und Schreibleistungen deutscher Schüler weiter sinken? Denn es gibt ja eine Korrelation bzw. Interdependenz zwischen Lesen und Schreiben, auf deutsch: einen engen Zusammenhang mit Wechselwirkungen.

Oder hat die den Kindern und Lehrern von den Kultusministern verordnete Rechtschreibreform das Lesen und Schreiben erleichtert? Urteilen Sie selbst!

1. ß/ss-Schreibung:

1.1. Der Betonungsgrundsatz der Reformer „nach kurzem Vokal Doppel-s“ gilt für viele Wörter nicht, z.B. Ast, August, du bist (aber: du musst), Bus, Diskus, fast, Gerüst, Gast, Hast, du hast (aber: du hasst), er ist (aber: er isst), Kasten, Kenntnis, Kiste, Kultus, Last, List, Lust, Mist, Verhängnis, Verlust, Zeugnis, usw. Wie sollen die Schüler nun lesen und schreiben? Die Reformer haben übersehen, daß das Deutsche verschiedenen Schreibprinzipien folgt und u.a. auch eine Unterscheidungsschreibung ist. Das zeigt sich besonders deutlich bei Wörtern mit verschiedener Bedeutung, die zwar gleich gesprochen, aber unterschiedlich geschrieben werden (Homophone): z.B. Aas/aß, büßte/Büste, fast/faßt, fasten/faßten, fliest/fließt, Frist/frißt, Hast/hast/haßt, ist/ißt, Küste/küßte, Last/laßt, leeren/lehren, lies/ließ, Mist/mißt, Moor/Mohr, Paste/paßte, Piste/pißte, reist/reißt, Saite/Seite, Sole/Sohle, Stil/Stiel, vergast/vergaßt, Verlies/verließ, vereist/verreißt, verwaist/verweist, weist/weißt, usw. Die Unterscheidungsschreibung schützt vor unliebsamen Lesestörungen.

1.2. Mundartlich gibt es verschiedene Aussprachen: Auf Grund des Neuschriebs wird dann Fußball zu Fussball, Gras zu Grass, Spaß zu Spass, eine Maß Bier in Bayern zur Mass.

1.3. Die Dreikonsonantenschreibung wie „Schlossstraße“, Missstand“ oder gar „Stresslesssessel“ erschwert die Lesbarkeit und ist auch unästhetisch. Mit dem Eszett („ß“) ist die Silbenfuge oder Wortgrenze dagegen klar erkennbar: Schloßstraße. Den Grundsatz der Binnengrenzschreibung, die Kompositionsfuge nicht zu verwischen, haben die Reformer nicht beachtet: Genusseis, hasserfüllt, Messerfassung, Messergebnis, Messingenieur, Schlosserhaltung. Weil durch das Zusammentreffen von drei gleichen Buchstaben die Lesbarkeit erschwert wird, empfehlen die Reformer die Schreibung mit Bindestrich: Kompromiss-Kurs, Prozess-Auftakt.

1.4. Und wer mit „daß/das“ nicht klarkommt, dem wird es auch mit „dass/das“ nicht gelingen.

Die Änderungen der Schreibweisen betreffen zu 90 Prozent die ß/ss-Schreibung. Auch sie war, wie gezeigt, völlig unnötig und dient nur als Füllmaterial, um überhaupt eine Reform nötig erscheinen zu lassen. Die Fehlerzahl steigt aber gerade durch die neue ß/ss-Schreibung stark an, z.B. ausser, Beweiß, Hinderniss, schliessen, Strasse, Zeugniss. Beim stimmlosen s-Laut am Wort- oder Silbenende oder vor einem Mitlaut gab es bisher nur zwei Schreibweisen: s und ß (Erlebnis – Fuß). Die Reformer verlangen jedoch drei Schreibweisen mit s, ss und ß (Glas – Hass – Maß). Für einen rechtschreibschwachen Schüler, für den die Reform angeblich gemacht wurde, steigt somit die Fehlermöglichkeit von 50 Prozent auf 66,6 Prozent.

2. Getrennt- und Zusammenschreibung (GZS): blutstillend, aber Blut saugend, kostendeckend, aber Kosten sparend, tierliebend, aber Musik liebend. Wer kann sich diesen Wirrwarr merken?
Die GZS diente vor der Reform auch als Unterscheidungsschreibung: Der Wirt läßt sein Faß leerlaufen, der Fabrikant seine Maschine nicht gerne leer laufen. - Ich werde sie miteinander bekannt machen, aber: das werde ich aller Welt bekanntmachen.
Aber nun erheben die Reformer die Getrenntschreibung zum Prinzip: Die Reformer erlauben nur noch die Getrenntschreibung »bewusst machen« und vernichten das Wort »bewußtmachen«: In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung werden die Fehler des Neuschriebs »bewußtgemacht«, nicht aber »bewusst gemacht«. - Der Nobelpreis für Günter Grass war wohl verdient (d.h. vielleicht verdient; gemeint ist aber „wohlverdient“).

3. Silbentrennungen in Neuschrieb sind sinnverschleiernd: abs-trus, ei-nander, Ext-rawurst, Frust-ration, hi-nauf, Pulsa-der, Subs-tanz, Tee-nager, Walda-meise. Auch hier erkennt man die lesehemmende Wirkung, die durch die sinnlosen Trennungen auftritt.

4. Groß- und Kleinschreibung - richtig oder falsch? So Leid es mir tut, es tut Not, wie Recht du hast, alles beim Alten lassen, heute früh, heute Abend, Dienstagabend, seit langem, im Voraus, bis auf weiteres, des Weiteren? Man liest nun in den Zeitungen: „Ein 50-Jähriger“. Was ist aber ein „Jähriger“? Das Hauptwort „der Jährige“ gibt es nicht. Man könnte glauben, die „Reformer“ hätten bei ihren Zusammenkünften in Wien den Heurigen über Gebühr genossen, so daß sie „hier zu Lande“ (bisher richtig: hierzulande) wenig „beim Alten“ (bisher richtig: beim alten) lassen wollten.

5. Erfundene „Volksetymologien“ auf Grund des falsch angewandten Stammprinzips: aufrauen, aufwändig, behände, belämmert, einbläuen, Gämse, Glimmstängel, Gräuel, ein gräuliches Ereignis, platzieren, rau, schnäuzen, Stängel, Tollpatsch, usw. werfen Fragen auf.

6. Die gewaltsame unnötige Eindeutschung von Fremdwörtern erinnert an die Rechtschreibreform des Dritten Reiches aus dem Jahre 1944. – Der öffentliche Protest hatte in besonders krassen Fällen geholfen, einige deutschtümelnde „Neuschreibungen“ zu verhindern: Apoteke, Asfalt, Atlet, Bibliotek, Fede, Frefel, Katastrofe, Ortografie, Packet, Restorant, Reuma, Rytmus, Strofe, Teke, Triumpf, Tron und Zigarrette blieben uns erspart.

Geblieben sind uns aber (zum Teil als Nebenformen) folgende Torheiten und „Dummitäten“ (Ickler) wie z.B. Adjustablepeg, Advertisingagency, Aftershavelotion, Generalenterprise, Jogurt, Ketschup, Nessessär, Newage, Portmonee, Potenzial, Schikoree, Spagetti, Standingovations, Stu-ckateur, Tipp (aber nach wie vor „Top“), Tunfisch und Varietee.

Das willkürliche Zusammenschreiben englischer Wörter wie Aftershavelotion steht völlig im Gegensatz zum willkürlichen Getrenntschreiben deutscher Zusammensetzungen. Aber in einem stimmen sie überein: Beide scheinen dem Grundsatz zu folgen, die Lesbarkeit erschweren zu wollen.

7. Das Weglassen von Kommas ergibt Sätze, die mehrdeutig und daher schwer lesbar sind: Der Vater schlachtete eine fette Gans und die kleine Tochter des Nachbarn lud er zum Essen ein. Peter jagte tagelang um das Haus mit Hirschgeweihen zu schmücken. Er begann seinen Hut auf dem Kopf zu essen. Oder:
Der Vater empfahl dem Lehrer nicht zu widersprechen.
Dieser Satz läßt nach der Neuregelung drei unterschiedliche Interpretationen zu:
- ohne Komma (d.h., der Vater gab keine Empfehlung),
- Komma hinter „empfahl“
- Komma hinter „Lehrer“
Diese Mehrdeutigkeit widerspricht dem pädagogischen Prinzip der Eindeutigkeit der Rechtschreibung.

Zur Sprachökonomie gehört der Grundsatz der Lesbarkeit, weil Texte so geschrieben werden müssen, daß sie mühelos lesbar sind. Schrift soll man nicht mühsam entschlüsseln oder enträtseln müssen, wenn Lesen Spaß machen soll. Doch muß man heute beim Lesen oft zwei- bis dreimal hinschauen und über den Sinn grübeln, bis man ihn erfaßt. Die neue Rechtschreibung hat eine lesehemmende Wirkung. Darauf weist das Faltblatt „Sehstörungen“ des Vereins für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V. (VRS) hin: www.vrs-ev.de. Als Beispiele für die Beeinträchtigung der Lesbarkeit durch die Rechtschreibreform wurden oben alle Bereiche der „Reform“ genannt: die Getrenntschreibung, die ß/ss-Schreibung, die Silbentrennung, die Groß- und Kleinschreibung, die erfundenen „Volksetymologien, die Eindeutschung von Fremdwörtern und die Kommasetzung. Das Lese- und Textverständnis ist aber eine der Voraussetzung für das richtige Schreiben. Das merkt man auch schon daran, daß beim bloßen Abschreiben von Texten Fehler gemacht werden, sogar sinnentstellende.

Die Veränderung einer sehr begrenzten Zahl von Schreibungen hat sicher nicht die Lesefertigkeit deutscher Schüler grundlegend beeinträchtigt. Aber dennoch wird sogar das Textverständnis in gewisser Weise behindert. Besonders betroffen sind Schüler, die ohnehin Lese- und Schreibprobleme haben. Noch schwerer wiegt die um sich greifende Verunsicherung beim Schreiben unter Schreibberuflern.

Das Ziel der Reform war eine einfachere, einheitliche und leichter erlernbare Rechtschreibung. Das Gegenteil wurde erreicht. Nicht nur Schüler, sondern auch Schreibberufler machen nun noch mehr Fehler als vorher! Heute gibt es mehr als ein Dutzend Rechtschreibwörterbücher mit Tausenden von Abweichungen. Damit ist die Einheitlichkeit der deutschen Orthographie zerstört.

Das große Werk Konrad Dudens, die Einheitsorthographie des Deutschen, wurde von den „Reformern“ zerschlagen. Heute ist es so ähnlich wie zur Zeit Konrad Dudens in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, als die Rechtschreibung in den einzelnen deutschen Ländern durch Uneinheitlichkeit, Willkür und Verwirrung gekennzeichnet war. Jeder Lehrer schrieb seine eigene Rechtschreibung. Auch heute sind sich (wie damals) oft zwei Lehrer derselben Schule und zwei Journalisten der gleichen Zeitung nicht mehr in allen Stücken über die Rechtschreibung einig, selbst Rechtschreibprogramme können uns nicht helfen. Den Lehrern und anderen Schreibberuflern fehlt nun ein einheitlicher und verbindlicher Schreib- und Korrekturmaßstab! Nun gibt es keine Autorität mehr, die man anrufen könnte. Heute haben Verlage und Agenturen ihre eigenen Hausorthographien, weil die neuen „amtlichen“ und „Toleranz-Metaregeln“ des dritten Berichts der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung nur Verwirrung stiften.

Weder Lehrer noch Schüler können sich die vielen Ausnahmen und Varianten merken. Es kommt auf Grund der Ähnlichkeit der Schreibweisen zu Interferenzen. Dieses Phänomen ist auf dem Gebiet der Rechtschreibdidaktik als „Ranschburgsche Hemmung“ bekannt, die 1905 von dem Psychologen Ranschburg nachgewiesene Hemmung des Gedächtnisses bei der Reproduktion ähnlicher Lerninhalte durch Mangel an gestaltlicher Differenzierung. Deshalb bzw. wegen des Neuschriebs ist eine Beliebigkeitsschreibung entstanden, so daß die Zahl der Rechtschreibfehler steigt. Das 50 Prozent-weniger-Fehler-Märchen der Kultusminister wurde von der bundesweiten Initiative „Wir Lehrer gegen die Rechtschreibreform“ schon im Frühjahr 1997 widerlegt.

Diese „Reform“ ist erst der Anfang. Weitere „Rechtschreibreformen“ sollen folgen, damit durch permanente Schreibänderungen alle paar Jahre weltweit neue Wörter- und Sprachbücher gekauft werden müssen. Die Zerstörung des Duden-Privilegs dient nur dazu, auf Kosten von uns Steuerzahlern Milliardengeschäfte zu machen. Verschwiegen wird, daß der Landesrechnungshof Niedersachsen bereits 1997 vor den hohen Folgekosten warnte!
Bei dem Neuschrieb geht es um den Umsatz der Wörter- und Schulbuchverlage, die zum Teil mit den Zeitungsverlagen und Nachrichtenagenturen verflochten sind. Die Schulbuchverlage führten im September 1998 vor dem Volksentscheid in Schleswig-Holstein eine 500.000 DM teure Werbekampagne für die Rechtschreibreform durch! Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) verbündete sich mit den Jugend- und Schulbuchverlagen und warb mit diesen gemeinsam mit großen Anzeigen für die Rechtschreibreform. Die GEW hat aber weder ihre Mitglieder noch die Lehrer noch die Eltern gefragt, ob sie die Rechtschreibreform überhaupt wollen. – Die Vertreterin der GEW bei der Anhörung der Rechtschreibkommission am 23. Januar 1998 in Mannheim war eine Schulbuchverlegerin, Hertha Beuschel-Menze, AOL-Verlag. Sogar die Reformer nehmen ihre Reform wegen der Mängel schrittweise zurück. Dennoch haben die Nachrichtenagenturen und viele Medien auf eine hauseigene Rechtschreibung umgestellt. Warum diese Gleichschaltung? Die Zeitungen wollen die Anzeigen der Medienkonzerne nicht verlieren.

Aber wenn wir bei der nächsten PISA-Studie nicht noch schlechter abschneiden wollen, müssen wir zur herkömmlichen Orthographie zurückkehren und den Neuschrieb auf den Müll werfen. Das forderte schon 1997 das Mitglied der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung Professor Peter Eisenberg, Potsdam. Dann trat Eisenberg – wie schon im September 1997 der Rechtschreibreformer Professor Horst Haider Munske, Erlangen, - im Februar 1998 unter Protest aus der Kommission aus. Bereits das waren deutliche Zeichen. Die PISA-Studie ist erneut eine Schrift an der Wand. ...

Die Kultusminister haben mit den Massenexperimenten der Ganzwortmethode und der Mengenlehre schon genug Unheil angerichtet. Die Kultusminister sollten die Schüler nicht immer wieder als Versuchskaninchen mißbrauchen.

Mit freundlichen Grüßen

Manfred Riebe, OStR i.R.
Vorstandsmitglied des VRS
Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V.
90571 Schwaig bei Nürnberg
Manfred@Riebe.de
www.vrs-ev.de

Die Wahrheit siegt nur, wenn sie bekannt ist und laut ausgesprochen wird: „Der Kaiser ist nackt!“
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Webseite dieses Benutzers besuchen
Manfred Riebe



Registriert seit: 23.10.2002
Beiträge: 2840
Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg

Beitrag: Mittwoch, 31. Dez. 2003 18:06    Titel: CSU-Forum: „PISA und die Rechtschreibreform“ Antworten mit Zitat

CSU-Forum: „PISA und die Rechtschreibreform“

Ich las im Internet im Bayernkurier:
„Einer, der den nationalen Ländervergleich der Pisa-Studie genau unter die Lupe genommen hat, ist Josef Kraus, Oberstudiendirektor und Präsident des Deutschen Lehrerverbandes. [...] Josef Kraus, der das Montgelas-Gymnasium in Vilsbiburg (Landkreis Landshut) leitet, ist Lehrer für Deutsch und Sport und außerdem Diplom-Psychologe. [...] 'Die Rechtschreibreform hat das ihre dazugetan, um schulische Leistungen zu senken.' Untersuchungen zeigten, dass in einigen wenigen Bereichen die Fehlerquote im Rechtschreiben zwar sank, dafür aber insgesamt eine wesentlich höhere Anzahl von Fehlern hinzukam. [...]“
(Peter Baier: Lehrerverbands-Präsident Josef Kraus über PISA. Mit mehr Deutschunterricht zum Erfolg. In: Bayernkurier, Jahrgang 53, Ausgabe Nr. 27, 4. Juli 2002)

Deshalb eröffnete ich im Internet im CSU-Forum das Thema „PISA und die Rechtschreibreform“: www.csu.de/home/Display/Forum/disp_forum?&op=show_posting&posting_id=811&forum_id=37

Die Zahl der Aufrufe stieg schnell auf bisher über 3500. Unter den Beiträgern befinden sich Lehrer wie OStD Willi Eisele, Rolf Genzmann, OStR Hans-Jürgen Grosser, StD Wolfgang Illauer, StD Peter Forster, Elke Philburn, Hauptschullehrer Norbert Schäbler, der Schweizer Gymnasiallehrer Stefan Stirnemann sowie Professor Theodor Ickler, Erlangen. Alle Lehrer verdammen dort die Rechtschreibreform. Keiner verteidigt sie. Warum? Die sogenannte Rechtschreibreform hat zu einer Beliebigkeitsschreibung geführt, einem Mischmach herkömmlicher, „neuer“ und individueller Schreibweisen, wie man es in den Zeitungen sehen kann, so daß das große Werk Konrad Dudens, die einheitliche Rechtschreibung, zerstört wird.

Der Strang „PISA und die Rechtschreibreform“ rutschte zu den „älteren Beiträgen“ auf Seite 2, obwohl er mit 69 Beiträgen und über 3.500 Besuchern weit an der Spitze aller Themen liegt und bis zuletzt auf Seite 1 neue Beiträge hineingestellt wurden. Da die Forumstechnik aber nicht für ein Vorrücken auf Platz 1 sorgt, begann ich auf Empfehlung der Moderatorin mit einem neuen Strang „PISA und die Rechtschreibreform II“:
www.csu.de/home/Display/Forum/disp_forum?&op=show_posting&posting_id=5194&forum_id=37

Da aber schauten sich vergleichsweise nur noch wenige um.

Große Nachfrage zeigte sich auch bei folgenden Einzelbeiträgen:

StD Peter W. Forster: Pisa und Oberste Bildungsziele
Gelesen von: 1375
www.csu.de/home/Display/Forum/disp_forum?&op=show_posting&posting_id=928&forum_id=37

StD Peter W. Forster: Chaos in der Bildung
Gelesen von: 1433
www.csu.de/home/Display/Forum/disp_forum?&op=show_posting&posting_id=1941&forum_id=37

StD Wolfgang Illauer: Irreführende Medieninformationen zu Pisa
Diesen Beitrag lasen 1634 Besucher.
www.csu.de/home/Display/Forum/disp_forum?&op=show_posting&posting_id=1227&forum_id=37

StD Wolfgang Illauer: Geistesschulung durch das Fach Latein
Gelesen von: 1631
www.csu.de/home/Display/Forum/disp_forum?&op=show_posting&posting_id=2661&forum_id=37

StD Wolfgang Illauer: Berichterstattung über die Pisa-Studie
Gelesen von: 1146
www.csu.de/home/Display/Forum/disp_forum?&op=show_posting&posting_id=3372&forum_id=37

Dr. Wolfgang Scheuermann: Bundestagsprotokolle falsch!
Gelesen von: 1305
www.csu.de/home/Display/Forum/disp_forum?&op=show_posting&posting_id=2500&forum_id=37
Dr. Scheuermann betreibt die Eszett-Seite: www.rzuser.uni-heidelberg.de/~ma8/eszet.html

Musikjournalist Dr. Diether Steppuhn: (Bilanz der) Rechtschreibreform
Gelesen: 489
www.csu.de/home/Display/Forum/disp_forum?&op=show_posting&posting_id=5108&forum_id=37

Bitte schauen Sie wegen der interessanten Beiträge und Beiträger in diese Stränge „PISA und die Rechtschreibreform“ hinein.

Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Webseite dieses Benutzers besuchen
Manfred Riebe



Registriert seit: 23.10.2002
Beiträge: 2840
Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg

Beitrag: Dienstag, 22. Jun. 2004 12:09    Titel: Die PISA-Studie und ihre Ursachen Antworten mit Zitat

Die PISA-Studie und ihre Ursachen

Die ultimative sozihistorische Ursachenanalyse zum schlechten Abschneiden des deutschen Schulsystems liegt nun vor. Es folgen Auszüge aus der Originalfassung

Realschule 1960
Aufgabe: Ein Bauer verkauft einen Sack Kartoffeln für 50 DM. Die Erzeugerkosten betragen 40 DM. Berechne den Gewinn!

Sekundarschule 1970
Ein Bauer verkauft einen Sack Kartoffeln für 50 DM. Die Erzeugerkosten betragen vier Fünftes des Erlöses. Wie hoch ist der Gewinn des Bauern ? (Rechenschieber nicht erlaubt!)

1980 Korrektur der Formulierung (Neuauflage)
Eine/e Bauer/in verkauft eine/n Sack/in Kartoffeln/innen einem/er Kunden/in für DM 50. Die Erzeuger/innen-kosten betragen vier Fünftel/innen des Erlöses. Wie hoch ist der/die Gewinn/in des/der Bauern/in? (Keine Taschenrechner/innen verwenden!)

1990 Gymnasium
Ein Agrarökonom verkauft eine Menge subteraner Solanum tuberasum für eine Menge Geld(=G). G hat die Mächtigkeit 50.
Für die Elemente aus G=g gilt g=0. Die Menge der Herstellungskosten (H) ist um zehn Elemente weniger mächtig als die Menge G. Zeichnen Sie ein Bild der Menge H als Teilmenge G und kennzeichnen Sie die Lösungsmenge X gemäß folgender Frage: Wie mächtig ist der Gewinn?

Freie Waldorfschule 1995
Male einen Sack Kartoffeln und singe ein Lied dazu!

Integrierte Gesamtschule 1999
Ein Bauer verkauft einen Sack Kartoffeln für 50 Euro. Die Erzeugerkosten betragen 40 Euro. Der Gewinn beträgt 10 Euro. Unterstreiche das Wort „Kartoffeln“ und diskutiere mit deinen Mitschülern aus den anderen Kulturkreisen darüber. (Waffen sind dabei nicht erlaubt.)

Schule 2005 (nach der Bildungs- und Rechtschreibreform)
ein agrarinschniör fergauft einen sagg gartoffeln für 25 euro. die kosden bedragen 5 euro. der gewinn bedregt 20 euro. aufgabe: margire den term gardoffeln und maile die lösung im pdf-format an: klasse2a@schule.euroba,

Jor 2010
sorrie, es gipt kaine gardoffeln mehr! nur noch pom fit bei mec donnelts! es lebe der fortschridd !

Neue Presse, Unabhängige Tageszeitung in Franken, Coburg, vom 07.03.2004 – WITZE

http://www.np-coburg.de/
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Webseite dieses Benutzers besuchen
Manfred Riebe



Registriert seit: 23.10.2002
Beiträge: 2840
Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg

Beitrag: Montag, 22. Nov. 2004 15:25    Titel: Erneut schlechte Pisa-Noten für Deutschland Antworten mit Zitat

BILDUNG

Erneut schlechte Pisa-Noten für Deutschland

Die zweite weltweite Pisa-Schulstudie ist fertig: Deutschland landet im Vergleich mit 31 Industriestaaten wieder nur in der unteren Hälfte der Leistungstabelle.

Hamburg - Allein beim Schwerpunkt Mathematik verbesserten sich die deutschen Schüler um drei Plätze und kamen auf Rang 17 von 31 weiteren Nationen. In der Disziplin Lesen und Textverständnis - der Schlüsselkompetenz für das Lernen in Schule und Beruf - kommen sie jedoch nur auf Platz 20.

Zugleich belegt die Pisa-Studie erneut, dass in keinem anderen vergleichbaren Industriestaat der Welt der Schulerfolg so abhängig vom Familieneinkommen und der Vorbildung der Eltern wie in Deutschland ist. Fazit der Pisa-Forscher: Das deutsche Schulsystem versagt bei der Förderung von Kindern aus Arbeiter- und Migrantenfamilien.

Erneut erschreckend hoch ist auch der Anteil so genannter Risikoschüler. Fast jeder Vierte 15-Jährige in Deutschland kann selbst einfachste Texte nicht verstehen und nur auf Grundschulniveau rechnen.

Die Pisa-Veranstalter, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die deutschen Kultusminister, wollen die Ergebnisse am 7. Dezember veröffentlichen.

SPIEGEL ONLINE - 21. November 2004, 15:20
www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,328984,00.html
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Webseite dieses Benutzers besuchen
Manfred Riebe



Registriert seit: 23.10.2002
Beiträge: 2840
Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg

Beitrag: Montag, 22. Nov. 2004 15:39    Titel: Zweite PISA-Studie: Wieder schlechte Noten Antworten mit Zitat

„Fast wie in einem Spionageroman“
_______________________________________

Zweite PISA-Studie: Wieder schlechte Noten


BERLIN - Bei der zweiten weltweiten PISA-Schulstudie hat Deutschland insgesamt erneut schlecht abgeschnitten.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur landen die deutschen Schüler in allen drei Testdisziplinen nur in der unteren Hälfte der Leistungstabelle von 31 Industriestaaten.

Beim aktuellen Schwerpunkt Mathematik konnten sie sich um drei Plätze verbessern und belegen jetzt den 17. Rang. Beim Lesen und Textverständnis, der Schlüsselkompetenz für das Lernen in Schule und Beruf, kommen sie dagegen nur auf Platz 20. Drei Jahre nach der ersten PISA-Studie belegt die Untersuchung erneut: In keinem anderen vergleichbaren Staat der Welt hängt der Schulerfolg so stark von Einkommen und Vorbildung der Eltern ab wie in Deutschland.

Erschreckend hoch ist der Anteil so genannter Risikoschüler. Mehr als 22 Prozent der 15-Jährigen in Deutschland können auch laut der neuen PISA-Studie einfachste Texte nicht lesen und verstehen sowie selbst am Ende ihrer Pflichtschulzeit allenfalls auf Grundschulniveau rechnen. In keiner anderen großen Industrienation ist die Zahl der Schüler, die nur das unterste Testniveau erreichen, so hoch wie in Deutschland. dpa
(Blickpunkt S. 3)

Nürnberger Zeitung Nr. 271 vom 22. November 2004, S. 1
_______________________________________________

PISA II

Strengste Geheimhaltung ist angeordnet

BERLIN - Es war fast wie in einem Spionageroman: Nur ganz kurz durften die Schul-Staatssekretäre der beiden größten Bundesländer, Josef Erhard (Bayern) und Elmar Schulz-Vanheyden (Nordrhein-Westfalen), bei einem Geheimtreffen Ende Oktober in München einen ersten Blick in die Auswertung der deutschen PISA-Forscher werfen. Gern hätten sie das eine oder andere Papier zur genaueren Lektüre mit nach Hause genommen.

Doch der deutsche PISA-Koordinator Manfred Prenzel hielt die Hand darauf. Hastig notierten sich beide Staatssekretäre den einen oder anderen Gedanken. Prenzel schaute dem Vernehmen nach mürrisch. Denn der Leiter des Instituts für Pädagogik der Naturwissenschaften an der Universität Kiel hat genauso wie weltweit rund 300 andere Wissenschaftler eine Verpflichtung zur strikten Geheimhaltung unterschrieben. Bei Verstoß droht von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) eine Schadensersatzklage, die den Wissenschaftlern die Kosten für eine eventuelle Wiederholung des weltweit größten Schultests in Rechnung stellen würde.

Alle Daten verschlüsselt

Auch beim ACER-Institut im australischen Melbourne, das die Ergebnisse der mittlerweile 41 PISA-Teilnehmerstaaten berechnet, heißt es „Geheimhaltungsstufe I“. Die riesigen Datenmengen werden nur verschlüsselt versendet, und die national Verantwortlichen erhalten nur ihre Länderdaten.

Doch auch bei der ersten PISA-Untersuchung gab es mindestens ein Leck. Vor allem der Bundesländer-Vergleich stieß mitten im Bundestagswahlkampf 2002 auf reges Medieninteresse. Diesmal sollen die Länderdaten 2005 - mit deutlichem - Abstand zur Wahl 2006 - kommen, um eine sachlichere Debatte zu ermöglichen.

Andere föderale Staaten wie Kanada erhalten jetzt schon ihre Regionaldaten. Für Deutschland haben die Kultusminister ein entsprechendes Angebot der OECD abgelehnt.

Nach dem PISA-Schock bei der ersten Veröffentlichung im Dezember 2001 hatten die Kultusminister einen Katalog von Sofortmaßnahmen auf den Weg gebracht. Über mehr frühkindliches Lernen waren sie sich schnell einig. Ideologischen Streit gab es dagegen um mehr Ganztagsschulen, mit denen sich einige Unionsländer zunächst schwer taten. Nach anfänglichem heftigen Gezeter reißen sich heute die meisten SPD- wie Unionsländer fast um die vier Milliarden, die der Bund hierfür zur Verfügung stellt.

Gravierende Folgen der frühen Selektion

Die von den Kultusministern 2004 auf den Weg gebrachten bundesweiten Bildungsstandards zur Unterrichtsverbesserung konnten beim zweiten PISA-Test natürlich noch nicht greifen. Kaum jemand hatte deshalb bessere Leistungsergebnisse erwartet.

Was aber die Wissenschaftler erneut alarmiert: In keinem anderen vergleichbaren Industrieland hängt der Schulerfolg so stark von Einkommen und Vorbildung der Eltern ab wie in Deutschland. Immer deutlicher zeigt sich, dass dies eine Folge der frühen Selektion von Zehnjährigen auf die unterschiedlichen Schulformen Haupt- und Realschule sowie Gymnasium ist. Kein anderes Land sortiert die Kinder so früh.

Die Kultusminister hatten nach PISA I die Schulstruktur jedoch zum Tabuthema erklärt. Bayern und Baden-Württemberg wollen strikt an der Dreigliedrigkeit festhalten. Die meisten SPD-Kultusminister fürchten einen neuen Kulturkampf um die Gesamtschule - wenn auch weltweit die Kinder in allen PISA-Siegerstaaten acht bis zehn Jahre gemeinsam in einer Schule lernen. Offen tritt derzeit die SPD nur in Schleswig-Holstein für eine gemeinsame Schule für alle Kinder bis Klasse zehn ein. Karl-Heinz Reith, dpa

Nürnberger Zeitung Nr. 271 vom 22. November 2004, S. 3 - Im Blickpunkt
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Webseite dieses Benutzers besuchen
Ulrich Brosinsky



Registriert seit: 09.08.2004
Beiträge: 155
Wohnort: Weinstadt

Beitrag: Dienstag, 30. Nov. 2004 15:43    Titel: Hintergrund Pisa-Studie Antworten mit Zitat

Hintergrund Pisa-Studie
Schüler aus 41 Nationen im Test


Die Abkürzung PISA steht für "Programme for International Student Assessment". 41 Nationen nahmen diesmal an dem weltweit größten Schulleistungstest teil - darunter alle 30 in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zusammengeschlossenen Industriestaaten. Beim ersten Pisa-Test im Jahr 2000 waren es erst 31. Neu hinzu gekommen sind unter anderem die Türkei, Serbien, Hongkong und Macao (China), Thailand und Uruguay.

Weltweit arbeiten 300 Wissenschaftler und ihre Mitarbeiter an Erstellung und Auswertung des Tests. Die Federführung liegt bei der OECD in Paris. Pisa untersucht nicht nur das Wissen der Schüler, sondern auch ihre Fähigkeit, dieses Wissen bei der Lösung lebensnaher Aufgaben anzuwenden. Neben den Leistungen werden zugleich familiärer, sozialer und schulischer Hintergrund der Schüler erfasst sowie Zusatzdaten erhoben über Motivation, Lernmethoden und Unterstützung durch die Lehrer.


Ergebnisse der Bundesländer erst im Herbst 2005

In Deutschland wurden für den zweiten Pisa-Test im Frühjahr 2003 insgesamt rund 50 000 Schüler im Alter von 15 Jahren getestet. Für den internationalen Vergleich, den die OECD am 7. Dezember weltweit veröffentlichen will, nahmen in Deutschland 220 Schulen mit jeweils 25 Schülern an dem Test teil.

Für den von den Kultusministern erneut gewünschten zusätzlichen Bundesländer-Vergleich wurden außerdem zwei komplette neunte Klassen an einem zweiten Tag getestet. Ein Teil der Schüler musste sich an einem dritten Tag zusätzlich mit computergestützten Aufgaben befassen. Die deutschen Länder-Ergebnisse sollen erst im Herbst 2005 veröffentlicht werden.


Schwerpunkt: Mathematik

Pisa-Schwerpunkt war diesmal Mathematik. Beim ersten Mal stand das Lesen sowie Textverständnis als eigentliche Basiskompetenz für das Lernen in Schule und Beruf im Vordergrund. Federführend für die Auswertung der zweiten Pisa-Studie in Deutschland ist der Schulforscher Manfred Prenzel, Direktor des Leibniz-Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften an der Universität Kiel. Für den Vergleich der einzelnen Nationen beim internationalen Ranking wurden die 31 Staaten herangezogen, die auch am ersten Test teilgenommen hatten.

www.tagesschau.de/aktuell/ vom 22. November 2004
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge vom vorherigen Thema anzeigen:   
Neuen Beitrag schreiben   Auf Beitrag antworten    VRS Foren-Übersicht -> Aktionen Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde
Seite 1 von 1

 
Gehe zu:  







Powered by phpBB © 2001, 2002 phpBB Group