Günter Schmickler
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: Sonntag, 20. März. 2005 17:36 Titel: Ein verfrühter Aprilscherz? |
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Nein, was man auf den ersten Blick für einen Scherz halten möchte, ist bitterer Ernst. Zwar hielt der Bonner „General-Anzeiger“, für dessen Lektüre ich täglich mindestens eine Stunde aufwende, es keiner Erwähnung wert, oder sollte ich eine entsprechende Meldung übersehen haben? Aber dank „Spiegel“ erfuhr ich vor einer Woche, was ich zunächst kaum glauben konnte. Auch der WDR vermeldete es in seinem 3. Hörfunkprogramm und fügte einen galligen Kommentar hinzu: Deutschlands streitbare Emanzen haben mal wieder zum Kampf gegen die letzten Überreste der „männlichen Dominanz“ geblasen.
„Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ – an diesem Satz, der in Werbesendungen hastig nach der Anpreisung eines Heilmittels heruntergeleiert wird, hat die für Frauenfragen und Geschlechtergerechtigkeit zuständige Ministerin Renate Schmidt (SPD) Anstoß genommen. Jetzt sollen den Herren der Pharmaindustrie, für die Ärztinnen und Apothekerinnen bisher offenkundig Luft waren, per Gesetz bessere Sprachmanieren verordnet werden. Eine Änderung des Arzneimittelwerbegesetzes, mit der sich im nächsten Monat der Deutsche Bundestag befassen muß, schreibt für die Zukunft folgenden, „geschlechtergerechten“ Text vor: „Holen Sie ärztlichen Rat ein und fragen Sie Ihre Apothekerin oder Ihren Apotheker!“ An dieser mustergültigen Formulierung hat auch die „Gesellschaft für deutsche Sprache“ (GfdS) mitgewirkt, die bekanntlich schon anläßlich der Rechtschreibreform ihre überragende Kompetenz in Fragen der Sprachmodernisierung unter Beweis gestellt hat.
Dem Vernehmen nach findet jedoch die geplante Gesetzesänderung bei der Werbewirtschaft und der Pharmaindustrie wenig Zustimmung. Der geplante Text, so argumentieren die Fachleute, sei schlicht zu lang und beeinträchtige die Werbewirkung. Da die Sprecher in den Werbesendungen kaum noch schneller leiern können als schon bisher, muß wahrscheinlich künftig die Ablaufgeschwindigkeit für die Tonbänder um eine Stufe höher eingestellt werden .... Im übrigen weist der neue Text eine bisher anscheinend nicht bemerkte Unstimmigkeit auf: Nach der „alten“ Fassung hatte der Käufer eines Medikaments die Wahl, ob er den Arzt oder den Apotheker um Rat fragen sollte. Künftig aber soll er ärztlichen Rat und den Rat der Apothekerin oder des Apothekers einholen. Der Grund ist leicht zu erraten: Wahrscheinlich wollte man in dem neuen Text die stilistisch unschöne Wiederholung des Wörtchens „oder“ vermeiden. An die Kosten des verdoppelten Beratungsaufwandes aber hat wohl niemand gedacht.
Ich zweifle kaum daran, daß der Bundestag das geänderte Arzneimittelwerbegesetz einstimmig beschließen wird. Welcher Abgeordnete wird es schon darauf ankommen lassen, von streitbaren Emanzen als „ewiggestriger Macho“ beschimpft zu werden?
Nun wage ich vorauszusagen, daß der organisierte Feminismus sich in naher Zukunft auch mit der „Entmachofizierung“ der Kirchen befassen wird. Insbesondere das Vaterunser dürfte in der überlieferten Fassung nicht mehr „tragbar“ sein. Eine geschlechtergerechte Bearbeitung wird etwa so lauten: „ .... und vergib uns unsere Schuld, wie wir vergeben unseren Schuldigerinnen und Schuldigern!“ Eine besonders krasse Diskriminierung der Frau stellt auch dieser vielzitierte Bibelvers dar: „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb“. Hier könnte man zur Abwechslung mal das in letzter Zeit in Mode gekommene geschlechtsneutrale Partizip einsetzen: „Frohen Herzens Spendende hat Gott lieb“. Selbst Alt-68erInnen, die bisher noch nie mit einer Bibel in Berührung gekommen sind, dürften ein diebisches Vergnügen daran finden, das Alte und das Neue Testament auf „nicht geschlechtergerechte“ Stellen abzusuchen.
Gebt Deutschlands Feministinnen und ihren männlichen Mitstreitern noch zehn Jahre Zeit und ihr werdet die deutsche Sprache nicht wiedererkennen!
Zuletzt bearbeitet von Günter Schmickler am Freitag, 25. März. 2005 22:09, insgesamt 2mal bearbeitet |
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