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Lesevergnügen und Leseprobleme

 
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Ulrich Brosinsky



Registriert seit: 09.08.2004
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Beitrag: Freitag, 18. Feb. 2005 19:44    Titel: Lesevergnügen und Leseprobleme Antworten mit Zitat

Schule
Nach der zweiten Klasse schwindet die Lust am Lesen


31. Januar 2005 Mit der Taschenlampe unter der Bettdecke bis tief in die Nacht schmökern, vor Aufregung sogar das Essen vergessen und gebannt in fernen Welten schwelgen: Immer weniger Kinder lassen sich derart von einem Buch faszinieren. Dabei ist spätestens seit den Pisa-Studien nicht nur Bildungsexperten klar, daß die Lesekompetenz in den ersten Jahren das übergeordnete Bildungsziel sein muß. Doch ohne Motivation keine Kompetenz - und genau daran fehlt es Kindern anscheinend schon viel früher als bisher angenommen. Wurde bis dato der Übergang von der Grundschule zur weiterführenden Schule oder die Sekundarstufe I als Problem gesehen, zeigt jetzt eine neue Untersuchung aus Erfurt: Die Lesemotivation nimmt schon in der Grundschule von der zweiten zur dritten Klasse erheblich ab.

Kaum haben Kinder die Kulturtechnik des Lesens erlernt, verlieren sie schon wieder die große Lust am Lesen. Ein Problem, das auch hessische Grundschullehrer kennen, und obwohl es sich um eine Erfurter Erhebung handele, hält auch Klaus Ring, wissenschaftlicher Direktor der Stiftung Lesen in Mainz, die Analyse für repräsentativ.

Die Klassenstufe 3 stelle eine Art "Umschlagpunkt" dar, heißt es in der Studie von Karin Richter und Monika Plath von der Universität Erfurt. Es scheine darauf anzukommen, daß Kinder nach dem Erwerb grundlegender Lesefähigkeiten den persönlichen Wert des Lesens tatsächlich erfahren. In fast allen deutschen Lehrplänen werde der Lesemotivation nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt, fanden die beiden heraus. Wichtig sei das Vorlesen und Erzählen durch Lehrer bis zum Ende der Grundschule, so Richter. Eine derartige, tief verwurzelte "Erzählkultur" gebe es anders als in anderen Ländern in Deutschland aber nicht.


Abenteuer statt wahre Geschichten

Schockierend ist der Vergleich des schulischen Angebots an Literatur mit den bevorzugten Lektüreinteressen der Kinder. Sowohl Jungen als auch Mädchen gaben in den Klassenstufen 2, 3 und 4 an, am liebsten Abenteuer zu lesen. Texte, in denen wahre Geschichten erzählt werden, lagen auf dem letzten Platz. Genau diese wahren Geschichten belegen bei den Lehrern aber den ersten Rang, werden den Schülern also hauptsächlich angeboten.

"Viele Lehrer sind nicht darüber informiert, was ihre Schüler lesen möchten - und viele Lehrer lesen selbst kaum", kommentiert Klaus Ring die Studie. Lehrer würden sich als kompetente Gesprächspartner zum Thema Lesen deklassieren. Damit würden Kinder ihre erste große Enttäuschung beim Lesen erleben. Mit einem großen Erwartungsdruck würden Kinder, nachdem sie das Lesen erlernt hätten, in Klasse 3 auf richtige Anleitung hoffen, "und dann fällt alles in sich zusammen. Das ist ein Einbruch, den man psychologisch sehr ernst nehmen muß", so Ring. Lehrer müßten sich der Nachhaltigkeit ihres Tuns bewußt werden.

Die Probleme sind Grundschullehrerin Christel Müller, Referatsleiterin beim hessischen Landesverband Bildung und Erziehung (VBE), gut bekannt, "auch wenn wir an unserer Schule alles dafür tun, daß es einen Bruch in der Lesemotivation nicht gibt". Der seit 1995 geltende Rahmenplan für Grundschulen in Hessen sei derart offengehalten, daß, "wer fachfremd Deutsch unterrichtet, alles oder nichts tun kann". Zu ungenau seien die Vorgaben, dabei sei Anleitung dringend nötig. Gerade in Klasse 3 prassele eine große Fülle neuen Stoffs auf die Schüler ein: Grammatik, Rechtschreibung und "Aufsatz-Erziehung". Für Lesemotivation hätten da viele Lehrer weder Zeit noch Energie.


Lehrer scheitern häufig an Desinteresse von Schülern

Bisher konnten angehende Grundschullehrer ihre Fächer im Studium zudem frei wählen. Nach dem neuen hessischen Lehrerbildungsgesetz sind Deutsch und Mathematik künftig Pflicht. Aber nicht nur die Aus-, auch die Fortbildung vieler Kollegen sei dringend notwendig, meint Müller. "Einige Kollegen denken immer noch, die Kinder müssen aus dem Lesebuch etwas vorlesen, dann ist ihre Pflicht erfüllt, und sie vergeben eine Deutschnote", berichtet sie. Statt einer gab es früher drei Noten: für Lesen, Schönschreiben und Rechtschreibung. Heute gibt es keine Pflicht, die Lesefähigkeit im Zeugnis auszuweisen. Nicht nur bei Lehrern, auch bei Eltern, "eben bei allen Erwachsenen gibt es zudem die große Arroganz zu entscheiden, welche Bücher für Kinder gut oder schlecht sind", so Müller.

Dabei sei es zunächst einmal gleich, was Kinder lesen, "Hauptsache, sie entwickeln Freude am Lesen". Das Lesen dürfe kein Selbstzweck sein, es müsse Spaß machen. So mancher Lehrer habe beste Vorsätze und wolle den Kindern "ein gutes, wertvolles Buch am besten mit Problemlösungsansätzen und dem pädagogischen Zeigefinger" nahebringen, doch Grundschulkinder interessiert auch nach Müllers Erfahrungen vor allem Abenteuerliteratur.

Möglichkeiten, Kindern ein Buch nahezubringen, gibt es genug. Bei Lesenächten wird das Lesen an sich zum Abenteuer. Schulbibliotheken sollten gerade in Grundschulen Pflicht sein, meint Manfred Timpe vom hessischen Verband der Lehrer. Städtische Bibliotheken bieten etliche Projekte für Schulklassen an. Die Stiftung Lesen in Mainz vermittelt Vorlesepaten, schickt Vorleseteams schon in Kindergärten und hat unter anderem das Projekt "Lesescout" initiiert, bei dem ältere Schüler jüngeren Buchempfehlungen geben.


Anregungen "zur Verbesserung der Lesekompetenz"

Christel Müller organisiert an der Fliedetalschule in Flieden bei Fulda gemeinsam mit dem Kollegium eine Bücherwoche. In Kooperation mit einem örtlichen Buchhändler gibt es während dieser Zeit eine Buchausstellung. Kinder dürfen ohne Kaufzwang in allen Büchern schmökern, am Ende der Woche ist die Ausstellung auch für Eltern geöffnet. Die können dann die Wunschzettel ihrer Kinder erfüllen. Für alle Beteiligten ist die Ausstellung mit bis zu 3.500 Euro Umsatz pädagogisch wie finanziell ein großer Erfolg - ein Teil des Geldes geht an die Schule zurück, natürlich zur Anschaffung neuer Bücher.

Das Kultusministerium hält die existierenden Rahmenpläne zwar für "ausreichend", so Sprecherin Tatjana Schruttke, sie sollten aber überarbeitet werden. Zudem wurde die Stundentafel um jeweils eine Wochenstunde Deutsch im ersten und zweiten Schuljahr erweitert. In einer Fortbildungsreihe sollen Lehrkräfte gezielt auf den Anfangsunterricht vorbereitet werden. Für Kinder ohne ausreichende deutsche Sprachkenntnisse wurden Vorlaufkurse eingerichtet, und von diesem Jahr an wird es an Hessens Grundschulen verpflichtende Orientierungsarbeiten in Deutsch geben. Zudem hat das Kultusministerium unverbindliche Anregungen zur "durchgängigen Verbesserung der Lesekompetenz" erstellt. Dort heißt es: "Lesemotivation kann nur erreicht werden, wenn bei der Auswahl der schulischen Lektüre die literarischen und thematischen Interessen der Kinder und Jugendlichen beachtet werden."

Doch spätestens in der Sekundarstufe I "läuft bei der Lesemotivation irgend etwas schief", sagt Wilfried Bos, Leiter der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (Iglu) für Deutschland. Drastisch belegt wird das durch den Vergleich von Iglu- und Pisa-Studie. Am Ende der vierten Klasse gaben im Bundesdurchschnitt 18 Prozent (Hessen 18,1 Prozent) der Kinder an, außerhalb der Schule nie Spaß am Lesen zu haben. Bei Pisa waren es 42 Prozent (Hessen 39 Prozent) der 15 Jahre alten Befragten, die nicht zum Vergnügen lasen. LISA UPHOFF

www.faz.net/ vom 31. Januar 2005
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Ulrich Brosinsky



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Beitrag: Freitag, 18. Feb. 2005 19:53    Titel: Iglu-Studie Antworten mit Zitat

Iglu-Studie
Im Süden lesen die Kinder am besten

Von Heike Schmoll, Frankfurt

28. Januar 2004
Bei der erweiterten Stichprobe des innerdeutschen Vergleichs der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (Iglu) unter sechs Bundesländern hat Baden-Württemberg die besten Ergebnisse erzielt, dicht gefolgt von Bayern und Hessen.

Alle drei Länder liegen oberhalb des deutschen Durchschnittswerts für die Lesefähigkeit, im internationalen Vergleich schneiden nur die Spitzenländer wie Schweden, die Niederlande und England besser ab. In allen drei Bundesländern gelingt es offensichtlich, zwanzig Prozent der Kinder bis zur höchsten Anforderungsstufe im Lesen zu bringen. Unterhalb des Durchschnittswerts folgen mit großem Abstand Nordrhein-Westfalen und Brandenburg. Bremen, auch bei der Lesefähigkeit in der Grundschule weit abgeschlagen, hat die internationalen Stichprobenvorgaben erst dadurch erreicht, daß Ersatzschulen einbezogen wurden.


Einwanderer haben Probleme

Beunruhigend ist dort vor allem die hohe Zahl der Kinder, die nicht mehr als die untersten Stufen der Lesefähigkeit erreicht haben. Die Iglu-Studie war je zur Hälfte durch Zuwendungen des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung und der Kultusministerkonferenz gefördert und im April vergangenen Jahres veröffentlicht worden; den zusätzlichen Ländervergleich haben die beteiligten Länder finanziert.

Am Ende der Grundschulzeit liegen Kinder aus Einwandererfamilien in ihren Leistungen weit hinter deutschen Kindern zurück. Kinder aus gebildeten Elternhäusern und oberen sozialen Schichten haben wesentlich bessere Chancen, für das Gymnasium empfohlen zu werden. Die Möglichkeit eines Kindes mit deutschen Eltern, eine Gymnasialempfehlung zu bekommen, ist 4,69 mal so hoch wie die eines ausländischen Kindes. Kinder aus unteren Schichten sind in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg stärker benachteiligt als im Bundesdurchschnitt, in Hessen etwas geringer. Allerdings hat auch die Iglu-Stichprobe bestätigt, daß die Schullaufbahnempfehlung sich nur zum Teil an der Leistungsfähigkeit des Kindes ausrichtet.

Die Jungen haben in Baden-Württemberg in den Naturwissenschaften besser abgeschnitten, lesen können die Mädchen besser; die Differenz zwischen den Geschlechtern (bei Pisa-Lesen außerordentlich hoch zugunsten der Mädchen) fällt in Baden-Württemberg am geringsten aus. Dort sind die Grundschüler wegen der flexiblen Einschulung im Durchschnitt auch einen Monat jünger, vor allem aber haben 82 Prozent einen Kindergarten besucht (89 Prozent in Brandenburg und Thüringen), in Bremen sind es nach Auskunft der Eltern nur 57 Prozent.


Ergebnisse von Pisa werden bestätigt

In allen Ländern wird das Schulversagen eines Schülers auffälligerweise nicht als Problem des Lehrers oder der Schule betrachtet. Insgesamt liegt der Anteil der Kinder, die am Ende der vierten Klasse in den Naturwissenschaften noch immer mit vorschulischem Wissen arbeiten, also noch nicht einmal die grundlegenden Anforderungen erreichen, bei 3,9 Prozent. In Bremen umfaßt diese Gruppe 8,4 Prozent der Schüler, in Baden-Württemberg nur 2,4 Prozent. Dies bestätigt die schon bei der internationalen Vergleichsstudie für 15 Jahre alte Schüler Pisa erhärtete Beobachtung, daß hohe Anforderungen mit gezielter Förderung zu verbinden sind.

In Mathematik können die Länder im internationalen Vergleich einer Gruppe von Staaten zugezählt werden, deren durchschnittliche Mathematikleistungen nach oben und unten etwa 20 Punkte vom deutschen Durchschnittswert abweichen. Dazu gehören die Tschechische Republik, Österreich, Slowenien, Irland, Australien und die Vereinigten Staaten. Baden-Württemberg gehört zur Spitze, Nordrhein-Westfalen zum unteren Feld dieser Staatengruppe. Wiederum ist die Risikogruppe der Schüler, die nicht einmal die mathematischen Anforderungen der zweiten Grundschulklasse erreichen, in Baden-Württemberg am kleinsten, in Bremen am größten. Aber auch in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen liegt die Zahl dieser Risiko-Schüler bei knapp zwanzig Prozent.

In Baden-Württemberg kann das obere Leistungsviertel in allen drei Spitzenländern mit den leistungsfähigsten Schülern der internationalen mathematisch-naturwissenschaftlichen Vergleichsstudie (Timss) mithalten. Bei den Rechtschreibleistungen liegen Baden-Württemberg und Bayern dicht an der Spitze, nahe beim Gesamtmittel sind die Leistungen von Nordrhein-Westfalen und Hessen zu sehen, deutlich darunter befindet sich wiederum Bremen. In Bayern erreichen zwanzig Prozent der Schüler die höchste Anforderungsstufe. In Bremen haben fast die Hälfte der Viertklässler gravierende Rechtschreibprobleme, in Baden-Württemberg sind es vierzehn Prozent.

Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.01.2004, Nr. 20 / Seite 1
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