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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Mittwoch, 09. Feb. 2005 22:37 Titel: Bayerische Akademie der Schönen Künste |
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Reiner Kunze in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste
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Keine Komma-Moral
München: Forum zur neuen Rechtschreibung
Von Christine Diller
1996 wurde sie beschlossen, 1998 eingeführt: die neue Rechtschreibung. Hat sie sich durchgesetzt, oder haben es an ihrer Stelle Resignation und Ignoranz oder Beliebigkeit getan? Die meisten Leute schreiben, wie sie es gelernt haben, oder befolgen gerade einmal die einprägsamsten der neuen Regeln, worunter sicher nicht die 1106 Ausnahmebestimmungen fallen, die Dichter Reiner Kunze selbstquälerisch zusammenzählt. »Abstumpfung des Sprachbewusstseins« nennt er das Ergebnis der Reform, und tatsächlich vergisst man allmählich, sich darüber aufzuregen.
Stellvertretend für seine Zunft hat Kunze die Denkschrift »Die Aura der Wörter« verfasst: »Jeder Schreiner achtet auf die Schärfe seiner Schneide, die Reformregeln aber sind die Scharten auf der Schneide des Dichters.« Und doch nimmt nicht nur ein Häuflein Verseschmiede Anstoß: Beim Forum des Monats der Bayerischen Akademie der Schönen Künste München waren der Andrang groß und der Beifall laut, mit dem das Publikum den Reformgegnern und Moderator Albert von Schirnding beipflichtete.
»Richtigstellen« statt »richtig stellen« oder »eine handvoll« [sic] gegenüber »eine Hand voll« - erstere sind nicht mehr existierende Ausdrücke, die Kunze vermisst. »Quellen der Wortschöpfung, um die wir beneidet werden, versiegen. Über 100 Jahre Sprachgefühl und -intelligenz werden rückgängig gemacht.« Soweit die bekannten Argumente. Ein neues hatte der Augsburger Studiendirektor Wolfgang Illauer: »Die Fehler an Schulen nehmen leicht zu, wegen Alternativschreibungen, gesunkener Komma-Moral und heute drei statt zwei Möglichkeiten der s-Schreibung.« Der Publizist Hans Krieger sah gar das differenzierte Denken an sich in Gefahr.
Uneinigkeit bestand bezüglich der Mittel der Sabotage: Während Jurist und Autor Herbert Rosendorfer auf die Selbstreinigung der Sprache setzte, machte Kunze ein Friedensangebot: Rückkehr zur alten Schreibung mit vorübergehender Akzeptanz der neuen zugunsten derjenigen, die sie bereits lernten. Dem stimmte auch der Erlanger Germanist und Poet Peter Horst Neumann zu und verlegte sich - sicherheitshalber schon im sprachlichen Exil - auf ein trockenes »J’accuse«, das auch den Medien galt.
Münchner Merkur vom 5.12.2002
www.rechtschreibreform.com/Perlen/KraftBank/KraftBank.pl?ThuDec513:53:26GMT2002
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Anmerkung: Der »Münchner Merkur« erteilte der »großen Schwester« SZ eine Lektion in Sachen journalistischer Freiheit und Verantwortung. Die SZ berichtet nämlich nicht. ...
http://de.wikipedia.org/wiki/Bayerische_Akademie_der_Sch%C3%B6nen_K%C3%BCnste
* Reiner Kunze: Rechtschreibung - Die Macht der Öffentlichkeit. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.08.2004, Nr. 187, Seite 39 - http://www.faz.net/s/Rub117C535CDF414415BB243B181B8B60AE/Doc~EDBD542B8473C451391CE42DF10708160~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Sonntag, 08. Jan. 2006 21:19, insgesamt 2mal bearbeitet |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Mittwoch, 09. Feb. 2005 22:50 Titel: Ich muß Frau Grammatica gehorchen! |
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Ich muß Frau Grammatica gehorchen!
Der große Betrug: Eine Münchner Diskussion zur Rechtschreibreform
Von Renate Schostack
Welcher Leser kennt nicht die kleinen elektrischen Schocks, die ihn treffen, wenn er auf Wörter stößt wie „aufwändig“, „überschwänglich“, die er nicht mehr „richtigstellen“ kann, weil es dieses Wort nicht mehr gibt? In der Bayerischen Akademie der Schönen Künste diskutierten am Dienstag Literaten und Pädagogen über die neue Rechtschreibung. Den Anfang machte Reiner Kunze, der aus seiner Denkschrift „Die Aura der Wörter“ las. Um die Rechtschreibreform, die 1996 eingeführt wurde und die von 2005 an nach kleinen „Anpassungen“ die alleinige Schreibweise sein soll, ist es still geworden. Die für das neue Sprachregelwerk zuständige Mannheimer zwischenstaatliche Kommission folgert daraus, die Umsetzung der Reform verlaufe positiv. Sie baut bei einem Volk, dessen bildungsbürgerliche Traditionen geschwächt sind, auf Vergeßlichkeit und Resignation.
Der Impetus für die Reform kam aus dem großen Kulturbruch von 1968. Durch „Deregulierung der Herrschaftssprache“ sollte die Gesellschaft verändert werden. Im Namen der benachteiligten Arbeiterkinder, deren Aufstieg die komplizierte Rechtschreibung angeblich verhinderte, wurde das „Reform“ genannte Werk der Sprachzerstörung auf den Weg gebracht. Die Reformer versprachen den Schülern, die Quote der Orthographiefehler um fünfzig Prozent zu senken. Wolfgang Illauer, Gymnasiallehrer in Augsburg, schüttelte bei der Diskussion nur traurig den Kopf. „Es gibt nichts, was Schüler nicht falsch machen. Die Verunsicherung ist groß.“ Illauer findet nichts, das leichter geworden ist. Zwar sei die Fehlerquote nicht dramatisch gestiegen, aber keinesfalls um die Hälfte gesunken. Er nannte das einen „Reform-Betrug“, für dessen Aufklärung er einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß forderte. Dem kühlen Einwurf des Schriftstellers und Juristen Herbert Rosendorfer, die Reform betreffe bloß die Schule; jeder sei nur an die Instanz seiner eigenen Sprachlogik gebunden, wurde heftig widersprochen.
Über den Druck auf Studenten, Lehrer, Autoren, Verlage wurden bestürzende Beispiele genannt. Einem Lehrer, der an das bayerische Unterrichtsministerium schrieb, es widerstrebe ihm, Falsches zu unterrichten, wurde geantwortet, er habe, seinem Amtseid folgend, zu lehren, was das Ministerium vorschreibe, „auch wenn das nicht Ihrer Überzeugung entspricht“. Illauer: „Es tut mir leid (,Leid‘ laut neuer Vorschrift), die Frau Ministerin kann mir nichts Falsches befehlen, ich muß der Frau Grammatica gehorchen.“ Haarsträubendes über die Inkompetenz, Konfusion, Doppelzüngigkeit der Kommission berichtete der Journalist Hans Krieger, Verfasser eines Buchs über den „Rechtschreibschwindel“. Er wies auf die Konsequenzen hin, welche die falsche Schreibung letztendlich auf das Denken habe. Krieger dankte dieser Zeitung dafür, daß sie als einzige Tageszeitung zur alten Schreibweise zurückgekehrt sei. Dafür gab es donnernden Applaus.
Was macht heute eigentlich die Kultusministerkonferenz, die den Schlamassel angerichtet hat? „J’accuse!“ rief der Literaturwissenschaftler und Lyriker Peter Horst Neumann und rief zur fortdauernden öffentlichen Empörung auf. Wie kann man das Falsche betreiben, obwohl man weiß, daß es falsch ist? Der Literaturkritiker Albert von Schirnding nannte das schlicht kriminell.
Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 283 vom 5. Dezember 2002, Seite 34
In FAZ-NET auch mit dem Titel: Der große Reformbetrug
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* Reiner Kunze: Rechtschreibung - Die Macht der Öffentlichkeit. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.08.2004, Nr. 187, Seite 39 - http://www.faz.net/s/Rub117C535CDF414415BB243B181B8B60AE/Doc~EDBD542B8473C451391CE42DF10708160~ATpl~Ecommon~Scontent.html
„Wer A sagt, muß nicht B sagen. Er kann auch erkennen, daß A falsch war.“
Bertolt Brecht (1898-1956)
„Die Wahrheit siegt nur, wenn sie bekannt ist und laut ausgesprochen wird.“
Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Sonntag, 08. Jan. 2006 21:20, insgesamt 3mal bearbeitet |
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Manfred Riebe
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: Mittwoch, 09. Feb. 2005 22:54 Titel: Staatsstreich gegen die deutsche Sprache |
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Forum des Monats
Staatsstreich gegen die deutsche Sprache -
die Rechtschreibreform
Podiumsgespräch mit
- Staatsminister a.D. Hans Zehetmair - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=170
- Reiner Kunze - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=165
- Hans Krieger - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=638
- Horst Haider Munske - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=264
- Peter Horst Neumann - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=661#661
Zeit: Dienstag, den 22. Februar 2005, 19 Uhr
Ort: Plenarsaal der Bayerischen Akademie der Wissenschaften[!]
Eingang Marstallplatz
Keine Einlaßkarten erforderlich!
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Als Reform ist das Unternehmen Rechtschreibung nach dem Urteil der Kritiker an der Inkompetenz seiner Betreiber gescheitert.
Nun soll das mißratene Regelwerk, bevor es im August dieses Jahres unwiderruflich in Geltung befohlen wird, wenigstens „von einigen der größten Schwachstellen“ gereinigt werden. Dem damit beauftragten Rat für die deutsche Rechtschreibung gehören die sachkundigsten Kritiker und Akademien nicht an.
Hans Zehetmair der nach seinem Ausscheiden aus dem Ministeramt die Rechtschreibreform auch öffentlich kritisch beurteilte, leitet dieses Gremium. Mit seiner Person verbinden sich Hoffnungen auf einen Kompromiß. Kann aber unter dem von der Staatsmacht verordneten Zeitdruck an eine konsensfähige Übereinkunft überhaupt gedacht werden? Und wäre ein Kompromiß wirklich ein Ausweg aus dem Desaster?
P. H. Neumann
Illustration: Paul Flora „Dichter in der Tinte“:
www.rechtschreibreform.de/php/einzelner_Datensatz.php?BeitragNr=17618
[Der Karikaturist Paul Flora hat die Beschädigungen der deutschen Sprache aus Sicht der Bayerischen Akademie illustriert. Sitzen die Dichter in der Tinte - Opfer der Rechtschreibreform? Bei genauer Betrachtung der Karikatur sieht man die Köpfe zweier Dichter aus der Tinte herausragen. Der vorne links mit dem Schnauzbart könnte Günter Grass sein. :-))
Titelblatt des Sammelbandes von Kunze, Reiner; Rosendorfer, Herbert; von Schirnding, Albert; Krieger, Hans; Neumann, Peter Horst; Illauer, Wolfgang: Deutsch. Eine Sprache wird beschädigt. Hrsg. von der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in Zusammenarbeit mit der Forschungsgruppe Deutsche Sprache (FDS). Waakirchen: Oreos-Verlag, 2003, MR ]
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Bayerische Akademie der Schönen Künste
Leiter der Abteilung Literatur: Dr. Peter Horst Neumann
Max-Joseph-Platz 3 (in der Residenz)
80539 München
Tel 089/29 00 77-0 .Fax 089/29 00 77-23 .info@badsk.de
http://www.badsk.de/
http://de.wikipedia.org/wiki/Bayerische_Akademie_der_Sch%C3%B6nen_K%C3%BCnste
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Gefördert durch die Friedrich-Baur-Stiftung
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Anmerkungen:
Die Bayerische Akademie der Schönen Künste ist eine Einrichtung des Freistaats Bayern. Sie wird gefördert durch die Friedrich-Baur-Stiftung, Burgkunstadt. http://www.badsk.de/foer.html
Die Friedrich-Baur-Stiftung
von Barbara Reitter-Welter
Die Friedrich-Baur-Stiftung ist einer der größten bayerischen Mäzene. Ins Leben gerufen wurde sie 1953 von Dr. Friedrich Baur (1890-1965), Gründer und Besitzer des Baur-Versands Burkunstadt. Die Bayerische Akademie der Schönen Künste wird mit derzeit 250 000 Euro jährlich unterstützt. Außerdem verleiht die Stiftung regelmäßig den Friedrich-Baur-Preis für Bildende Kunst, Musik, Literatur und Darstellende Kunst. Größter Nutznießer ist die LMU München mit rund einer Million Euro Zuwendung jährlich. Davon geht eine Hälfte an das Friedrich-Baur-Institut zur Forschung im Bereich neuromuskulärer Erkrankungen; die zweite Hälfte dient der Förderung des Mediziner-Nachwuchses.
WELT am SONNTAG vom 27. Juni 2004
www.wams.de/data/2004/06/27/297023.html
Die Stiftungskuratoren entschieden im Jahr 1997, mit dem Otto-Versand zusammenzugehen. www.baur.de/stiftung/ -
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Anmerkung:
In den VRS-Links wurde „viewtopic“ durch „themaschau“ ersetzt, damit sie wieder funktionieren.
Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Donnerstag, 29. Dez. 2005 22:42, insgesamt 2mal bearbeitet |
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Manfred Riebe
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: Dienstag, 01. März. 2005 22:32 Titel: Ohne Zehetmair |
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Ohne Zehetmair
Kritiker der Rechtschreibreform in München / Von Heike Schmoll
MÜNCHEN, 23. Februar. Zum ersten Mal seit acht Jahren hatte sich ein für die Rechtschreibreform verantwortlicher Kultusminister bereit erklärt, sich dem Gespräch mit den Kritikern zu stellen. Darauf hatten Germanisten, Schriftsteller und Journalisten lange gewartet. Der Vorsitzende des Rates für die deutsche Rechtschreibung, der frühere bayerische Wissenschaftsminister Hans Zehetmair (CSU), war jedoch plötzlich erkrankt. So fand in der bayerischen Akademie der Wissenschaften eine Gesprächsrunde mit einigen der profiliertesten Kritiker ohne den eigentlichen Adressaten statt. Der Mitschnitt des Gesprächs werde Zehetmair zugestellt, wurde versichert, nicht ohne die großherzige Bereitschaft des Vorsitzenden des Rechtschreibrates zu würdigen. „In welchem Land leben wir eigentlich, wo es eigens gewürdigt werden muß, daß ein verantwortlicher Politiker sich dem Gespräch mit Fachleuten stellt", wandte einer der Zuhörer ein.
Die „Anmaßung", Sprache politisch reglementieren zu wollen, hatte Zehetmair schon zu seiner Amtszeit als Fehler erkannt. Das hatte aber kaum Folgen für die Schulpraxis in Bayern, wo die Rechtschreibreform schon zwei Jahre vor dem offiziellen Beginn Einzug in den Grundschulen hielt. Um so mehr weckte Zehetmairs Äußerung, der Rat für die deutsche Rechtschreibung sei in „größtmöglicher Staatsferne" zu organisieren, das Mißtrauen des DDR-erfahrenen Schriftstellers Reiner Kunze. Denn Zehetmair hatte gleichzeitig bekundet, es könne keine Rückkehr geben. „Staatsnäher geht es doch gar nicht", sagte Kunze und bemängelte, daß der Rat sich nicht damit zufriedengeben dürfe, „einige Schwachstellen zu beseitigen". Die Getrennt- und Zusammenschreibung bezeichnete Kunze als „Vergehen an der Sprache". Der Rechtschreibkritiker Hans Krieger nannte die Bezeichnung einer Rechtschreibreform eine „grobe Irreführung". Es gehe nicht um Orthographie, sondern um Sprache, denn Bedeutungsentscheidungen seien verwischt, Worte gestrichen und die Grammatik dereguliert worden. Die sogenannte Reform sei ein Salto rückwärts, die Rücknahme der Regeln ein Schritt nach vorn. „Wieso erlauben wir es Politikern, ihre Feigheit, Probleme zu lösen, als Stärke auszugeben?" fragte Krieger.
Der Erlanger Sprachwissenschaftler Horst Haider Munske war während der Rechtschreibdebatte selbst vom Saulus zum Paulus geworden. Seine frühe wissenschaftliche Untersuchung der Orthographie und Reformneigung führte 1987 zum Auftrag, an der Reform mitzuarbeiten. Munske war zunächst auch Mitglied der sogenannten Zwischenstaatlichen Kommission, des Vorläufergremiums des heutigen Rates. Angesichts der heftigen Proteste von Schriftstellern und Journalisten hatten ihn aber Zweifel beschlichen. 1997 trat er aus der Kommission aus. Bis heute sei es der Politik nicht gelungen, die Sprachgemeinschaft von der Notwendigkeit der Rechtschreibreform zu überzeugen, sagte er. Der Rat sei zu groß, inkompetent und unausgewogen. Unter den deutschen Mitgliedern sei kein einziger Fachmann für Orthographie, auch kein Kritiker. Der ganze Rat sei als Erfüllungsgehilfe der Konferenz der Kultusminister (KMK) konzipiert. Kaum einer der Kultusminister benutze die neue Schreibung, aber alle stünden zu ihrer Entscheidung, um ihr Gesicht zu wahren. Der schnellste und kostensparendste Weg sei, die Reform kurzerhand zu beenden. Munske bat Zehetmair, Transparenz bei den Beratungen zu schaffen und die Stellungnahmen der einzelnen Ratsmitglieder sowie die Protokolle der Sitzungen im Internet zu veröffentlichen.
Im Statut festgelegte Mehrheitsentscheidungen des Rates provozierten den besonderen Zorn der Kritiker. Die im Duden inzwischen zugelassene Zahl von insgesamt 3000 Varianten sei keine Lösung, meinte Kunze und verwies auf das Beispiel „es tut mir Leid/leid". Die Großschreibung sei grammatikalisch falsch und könne deshalb kein Gegenstand einer Mehrheitsentscheidung sein. Munske forderte die Duden-Redaktion auf, wieder den Sprachgebrauch darzustellen, anstatt den Sprachwandel zu diktieren. Die Politik lebe bis zum Ende der Legislaturperiode, die jetzt in der Sprache vorgenommenen Eingriffe seien aber noch in 50 Jahren sichtbar.
Wenn schon kein Fürsprecher der Reform auf dem Podium saß, so heizte wenigstens der Chef der Duden-Redaktion, Matthias Wermke, die Diskussion mit seinem Vorwurf an, solche „sinnlosen" Debatten mündeten in „Larmoyanz und Politikverdrossenheit". Wieso die Kritik nicht im Rat vorgebracht werde, fragte er, wohl wissend, daß sie dort niemand vorbringen wird und den Kritikern nur das zahnlose Minderheitsvotum bleibt. Wermke, der Änderungen allenfalls bei der Interpunktion zulassen will, sagte überdies, Deutschlehrer hätten zur Rechtschreibung ebensowenig zu sagen, wie Physiklehrer Einsteins Relativitätstheorie umkrempeln könnten. So wird am 1. August der vierte Reformduden vorliegen, während inzwischen 400 Zeitschriften und Zeitungen, dazu viele Verlage und Schriftsteller in Deutschland zur bisherigen Schreibung zurückgekehrt oder gleich dabei geblieben sind.
Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 46 vom 24. Februar 2005, S. 5
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Anmerkungen:
Angeblich soll die FAZ als einzige Zeitung berichtet haben.
Anwesend waren etwa 250 bis 300 Personen. Professor Munske stellte fest, daß der Vertreter der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften im Rat für deutsche Rechtschreibung, Professor Werner Besch, von Orthographie nichts verstünde. Munske stellte sein neues Buch vor:
Horst Haider Munske: Die angebliche Rechtschreibreform. St. Goar. Leibniz-Verlag, 2005, 164 Seiten, ISBN: 3-931155-13-7 |
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Manfred Riebe
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: Dienstag, 06. Jan. 2009 16:54 Titel: Der goldene Fisch |
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Der goldene Fisch
Friedrich Denk rief mich gestern an und empfahl mir dieses Buch, aus dem er mir einen spannenden Aufsatz von Luisa Weber: „Der König und der Goldfisch“ vorlas:
* Dieter Borchmeyer (Hrsg.): Der goldene Fisch. „Die besten Schulaufsätze 2008“ / Bayerische Akademie der Schönen Künste. Mit einem Schulaufsatz von Wulf Kirsten und einer Schulgeschichte von Petra Morsbach. München: Langen-Müller, 2008, 110 S., ISBN 978-3-7844-3169-7
Grundlage war ein Wettbewerb 2007/08 mit Schulaufsätzen von 25 Gymnasien. Ich weise auf den Artikel hin:
* Friedrich Denk: Warum Schüler viel mehr lesen sollten, was oder wer sie davon abhält und wie man sie dazu ermuntern kann 98-110
Inhalt
* Dieter Borchmeyer: Vorwort 7
* Die Ausschreibung des Aufsatzwettbewerbs 2007/2008 10
I. DIE BESTEN SCHULAUFSÄTZE 2008 13
Angelika Loibl: Oskar und die Gespensterprüfung . . . 15
Lisa A. Altenhöfer: Ein Besucher in der Nacht 17
Stefanie Wissing: Einbrecher im Haus? 20
Antonia Landgraf: Gerade noch mal gut gegangen! . . . 22
Carolin Tratz: Erlebnis in luftiger Höhe 25
Vida Malakooti: Gefangen im Tal der Stille 28
Janina Oetter: Eine verrückte Mathestunde 33
Sita Fackler: Der Goldfisch und die Sardine 37
* Luisa Weber: Der König und der Goldfisch 40
Simon Schneider: Das Haus der Medusa 44
Constanze Lörner: Sollte man »freie Schulen« an Stelle der staatlichen Gymnasien in Bayern einführen? 47
August von Platen: »Wer die Schönheit angeschaut mit Augen« 52
Heinrich Heine über August von Platen 53
Dominique Kappl: August von Platens Tristan-Gedicht und der Angriff Heines auf »den Grafen Platen« . . . . 54
* Liste der Teilnehmerinnen und Teilnehmer 64
II. ERGÄNZUNGEN UND ERINNERUNGEN 69
* Erklärung der Literaturabteilung der Bayerischen Akademie der Schönen Künste zum Deutschunterricht an bayerischen Gymnasien 71
* Die Juroren des Aufsatzwettbewerbs 73
Petra Morsbach: Mein erster Verriß 76
Aus dem Aufsatzheft des 10jährigen Wulf Kirsten (1944/45) 79
* Loriot: Fernsehen oder lesen? 86
III. »WER NICHT LIEST, DER SCHRUMPFT«: LESEERFAHRUNGEN 87
Ruth Maximiliane Berger: Mein Zauberberg 89
Dominique Kappl: Was ich meinen Deutschlehrern verdanke 93
* Friedrich Denk: Warum Schüler viel mehr lesen sollten, was oder wer sie davon abhält und wie man sie dazu ermuntern kann 98 |
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