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Der Rat für deutsche Rechtschreibung (KMK)
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Manfred Riebe



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Beitrag: Montag, 13. Dez. 2004 20:49    Titel: „Staatsferner“ Rechtschreibdiktator Zehetmair Antworten mit Zitat

„Staatsferner“ Rechtschreibdiktator Zehetmair
schließt Rückkehr zur normalen Rechtschreibung aus

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Briefe an die Herausgeber

Leserfreundlich

Zum Beitrag von Hans Zehetmair „Größtmögliche Staatsferne“ (F.A.Z.-Feuilleton vom 3. Dezember): Daß der Autor sich bemühen will, „einige der größten Schwachstellen der Reform zu beseitigen“, ist aller Ehren wert, bedeutet doch aber, daß er andere der größten beibehalten will, von den nur großen ganz zu schweigen. Zu denen gehört nun einmal die von ihm als „sinnvolle Korrektur“ bezeichnete ss-Schreibung. Die entsprechende Regel lautet nämlich nicht, wie man der Sprachgemeinschaft weismachen will: Nach kurzem Vokal schreibt man Doppel-s. Bitte: küsste-Küste, isst-ist, Bus-Kuss, bis-biss, das-dass und so weiter. Verschwiegen wird die notwendige Einschränkung: wenn das Wort früher mit ß geschrieben wurde. Das muß man also lernen und wissen, und wenn man es weiß, kann man auch gleich leserfreundlich ß schreiben. „Die gräulichen Esssitten im gräulichen Esssaal bremsen die Genusssucht.“ Daß Zehetmair die Rückkehr zur normalen Rechtschreibung von vornherein ausschließt (auch wenn es sich als die beste, billigste und einzig dauerhafte Lösung herausstellen sollte), zeigt deutlich, daß es mit der verkündeten „Staatsferne“ des Rates für Rechtschreibung nicht zum besten bestellt ist.

Dr. Arno Pielenz, Gallinchen

Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 291 vom 13. Dezember 2004
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Hans Zehetmair: „Größtmögliche Staatsferne“ - www.vrs-ev.de/forum/viewtopic.php?p=2904#2904
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Manfred Riebe



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Beitrag: Montag, 13. Dez. 2004 21:02    Titel: KMK-Hilfstruppen Antworten mit Zitat

KMK-Hilfstruppen aus „Staatsferne und größtmöglicher Pluralität“
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Briefe an die Herausgeber

Nur Verdruß

Hans Zehetmairs Vorstellungen („Größtmögliche Staatsferne“, F.A.Z. vom 3. Dezember), zu einer einheitlichen Rechtschreibung zurückzukehren, sind eine wirklichkeitsfremde Politiker-Vorstellung. „Rechtschreibung als Hilfe für den Leser“ – wie sie Zehetmair anmahnt – und neue „s“-Schreibung sind zunächst Widersprüche in sich selbst, die doch auch Zehetmair eigentlich beim Lesen sehen müßte. Dabei soll gerade diese zu den „durchaus sinnvollen Korrekturen“ gehören. Gerade diese Neuerung ist aber das Häufigste und Auffälligste und Häßlichste am neuen Schriftbild. Die KMK-Politik und ihre Hilfstruppen aus „Staatsferne und größtmöglicher Pluralität“ sollten endlich einsehen, daß eine einheitliche Rechtschreibung praktisch nur möglich ist, wenn man konsequent zur altbewährten Rechtschreibung zurückkehrt und zu dem Stand kommt, den die F.A.Z. und zahlreiche Verlage beibehalten hatten und dem sich nun auch in diesem Jahr die Springer-Presse wohl nicht grundlos angeschlossen hat. Sonst wird eine einheitliche Schreibweise immer nur ein wirklichkeitsfremdes Wunschbild bleiben, weil der „KMK-Stachel mit der Spitze ewig in der Wunde“ bleibt. Und im übrigen: „ss“ am Schluß macht nur Verdruß.

Arndt Richter, München

Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 291 vom 13. Dezember 2004
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Hans Zehetmair: „Größtmögliche Staatsferne“ - www.vrs-ev.de/forum/viewtopic.php?p=2904#2904
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Manfred Riebe



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Beitrag: Montag, 13. Dez. 2004 21:32    Titel: Zehetmairs angebliche „konsensfähige Lösung“ Antworten mit Zitat

Kommentar zu Hans Zehetmair: „Größtmögliche Staatsferne“ (FAZ)
Zehetmairs angeblich „konsensfähige Lösung“
Zehetmair: „Das Rad kann und soll nicht völlig zurückgedreht werden.“ (Nordwest-Zeitung)
Richtig: Die Reformer haben das Rad zurückgedreht. Nun kann und soll es wieder vorgedreht werden.


In seinem FAZ-Artikel: „Größtmögliche Staatsferne - Was der Rat für Rechtschreibung soll“ fordert Hans Zehetmair: „In Fragen der Schreibung sollte nicht geschludert werden.“ Und: „Staatsferne und größtmögliche Pluralität in der Zusammensetzung brauchen wir von allem Anfang an.“ - www.vrs-ev.de/forum/viewtopic.php?p=2904#2904 -.

1. „Staatsferne“ und „größtmögliche Pluralität“, das trifft leider nicht zu.

a) Die deutschen Teilnehmer des Rates für deutsche Rechtschreibung (Rat) wurden von der Kultusministerkonferenz bestellt, also einer staatlichen Einrichtung.

b) Die Mitglieder des Rates sind die bisherigen wirtschaftlich interessierten Staatslobbyisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Das ist doch keine „größtmögliche Pluralität“. Aber „Die Sprache gehört dem Volk“ und nicht den Kultusministern und Medienzaren. „Staatsferne“ wäre nur gegeben, wenn ein völliger Austausch dieser Lobby stattfände, die für den Murks mitverantwortlich ist. Österreich erdreistet sich sogar, seine drei Kommissionsmitglieder in den Rat zu entsenden ...

c) Zehetmair war und ist als Politiker selber ein Stück Staat. Er war als langjähriger bayerischer Staatsminister für Unterricht und Kultus auch Präsident der Kultusministerkonferenz - und damit an der Einführung der Rechtschreibreform maßgeblich beteiligt. Insofern befindet er sich in einer Interessenkollision. Er war Rechtschreibdiktator. Als solcher gibt er nun wieder die politischen Richtlinien vor und nimmt damit Ergebnisse vorweg: „Eine völlige Rückkehr zur alten Rechtschreibung wird es nicht geben. Es darf nicht übersehen werden: Die derzeit praktizierte Reform enthält durchaus sinnvolle Korrekturen, wie beispielsweise die neue „s“-Schreibung.“ Damit steuert Zehetmair auf den faulen DASD-Kompromiß zu.
Zehetmair: „Es ist eine Illusion zu meinen, daß man die Rechtschreibreform kippen könnte. Die meisten Änderungen sind doch inzwischen vollzogen worden.“ (DIE WELT). Es ist eine Illusion zu glauben, daß die meisten Änderungen vollzogen seien.

Leider zeigt sich Zehetmair als Rechtschreibdiktator, der von Anfang an schludert. Da Zehetmair außerdem Partei ergreift und sich nicht neutral verhält, zeigt er, daß er befangen und daher als Mediator nicht geeignet ist.

2. Präskription oder Deskription? www.vrs-ev.de/forum/viewtopic.php?t=235

a) Was Zehetmair als „sinnvolle Korrekturen“ bezeichnet, bedeutet Präskription. Er bestimmt - genauso wie die Reformer - gegen sprachwissenschaftliche Erkenntnisse willkürlich, daß etwas Sinnloses sinnvoll sei und daher eingeführt werden müsse. Warum greift er nicht auf die bayerischen Sprachwissenschaftler Ickler und Munske zurück? Sind sie tabu?

b) Es ist aber lediglich nötig, daß die natürliche Sprachentwicklung aufgezeichnet wird. Das aber ist Deskription.

3. Multinationales Gremium oder nichtstaatliche deutsche Instanz

a) Wir brauchen kein multinationales Gremium, das sich als Dauereinrichtung kontinuierlich präskriptiv mit der „Sprachentwicklung und der Weiterentwicklung der Rechtschreibung“ beschäftigt. Hinzu kommt noch ein Kräfteverhältnis, das nicht den nationalen Bevölkerungszahlen entspricht. Die kleine Schweiz mit nur etwa 7 Millionen Einwohnern und Österreich mit etwa 15 Millionen Einwohnern waren in der 12köpfigen Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung beim Institut für deutsche Sprache (IDS), Mannheim, mit je 3 Mitgliedern vertreten, gegenüber Deutschland mit nur 6 Mitgliedern bei 80 Millionen Einwohnern. Dieses Kräftverhältnis gibt es auch im Rat: 18 : 9 : 9 ....

b) Konsensfähige demokratische Lösung:
Wir brauchen eine nichtstaatliche deutsche Instanz, die deskriptiv tätig ist und die natürliche Sprachentwicklung aufzeichnet. Darin sollten jene Organisationen vereinigt sein, die man absichtlich bisher nicht beteiligte:

- Akademien der Wissenschaften und Künste
- Bund für deutsche Schrift und Sprache e.V. (BfdS)
- Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung e.V. (DASD)
- Deutscher Elternverein (DEV)
- Deutscher Lehrerverband (DL)
- Initiative „Wir Lehrer gegen die Rechtschreibreform“
- Verein für Sprachpflege e.V. (VfS), Erlangen
- DEUTSCHE SPRACHWELT
- Forschungsgruppe Deutsche Sprache e.V. (FDS)
- Verein Lebendige deutsche Sprache e.V.
- Orden Pour le mérite für Wissenschaft und Künste
- P.E.N.
- Rat für deutsche Rechtschreibung e.V. (RDR), München
- Rechtsprofessoren gegen die Rechtschreibreform
- Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V. (VRS) - www.vrs-ev.de
- WIR gegen die Rechtschreibreform

Ein solches Gremium kann aber nicht von der Exekutive eingesetzt werden. In einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat ist dazu der Deutsche Bundestag als Volksvertretung zuständig. Doch dürfen die Fraktionen dann keinen Fraktionszwang ausüben. Der Deutsche Bundestag hatte am 26. März 1998 beschlossen: „Die Sprache gehört dem Volk.“ Aber er hatte es versäumt, daraus die nötigen Konsequenzen zu ziehen und hatte die nicht zuständige Kultusministerkonferenz weiterwursteln lassen. Zehetmair will jedoch diesen Fehler nicht zugeben und bezeichnet das Eingreifen des Deutschen Bundestages als Irrweg ... www.vrs-ev.de/forum/viewtopic.php?p=2929#2929 -.

Man will ja weg von der Beliebigkeitsschreibung - www.vrs-ev.de/forum/viewtopic.php?t=105 -, die infolge der Rechtschreibreform entstanden ist. Der Rat, der von der nicht zuständigen KMK eingesetzt wurde, ist nicht kompetent. Das Rad, das von den Reformern zurückgedreht wurde, kann nur von einer nichtstaatlichen deutschen Instanz wieder vorgedreht werden. Nur dann gibt es wieder eine einheitliche Orthographie, die von der Mehrheit akzeptiert wird. Das ist der Konsens, der ohne Not zerstört wurde.

Hans Zehetmair: „Größtmögliche Staatsferne“ - www.vrs-ev.de/forum/viewtopic.php?p=2904#2904


Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Dienstag, 18. Jan. 2005 11:24, insgesamt 2mal bearbeitet
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Manfred Riebe



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Beitrag: Mittwoch, 15. Dez. 2004 14:12    Titel: Neu geschaffener „Rat für deutsche Rechtschreibung“ Antworten mit Zitat

Starke Abänderungen der Rechtschreibreform nicht zu erwarten
Neu geschaffener „Rat für deutsche Rechtschreibung“

Wien - Der neu geschaffene „Rat für deutsche Rechtschreibung“ tritt am Freitag (17. Dezember) in Mannheim zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Dem Gremium gehören 18 Deutsche sowie je neun Experten aus Österreich und der Schweiz an. Es soll die Entwicklung der neuen Schreibweise, die am 1. August 2005 verbindlich in Kraft tritt, beobachten und Änderungen vorschlagen. Österreichische Mitglieder glaubten im Vorfeld nicht an große Änderungen bis zum offiziellen Inkrafttreten: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass mehr als ein paar kleine Punkte geändert werden“, sagte etwa Karl Blüml, Leiter der Zwischenstaatlichen Rechtschreib-Kommission, die vom „Rat“ nun abgelöst wird. Die Aufgabe der Kommission, der Blüml seit 1998 angehört hat, sei mit Abgabe ihres vierten Berichts Anfang dieses Jahres erfüllt gewesen. Darin hat das Gremium einige Änderungsvorschläge gemacht, die auch umgesetzt wurden. Blüml ist überzeugt, dass es auch in Zukunft noch Korrekturen geben muss, „die Schreibpraxis entwickelt sich, das muss beobachtet und da muss darauf reagiert werden, damit nicht ein Stau entsteht.“

Weder Rückkehr zur alten Schreibweise noch Radikalveränderung der Reform

Doch bis 1. August 2005 würden das sicher nicht mehr als einige umstrittene Teilbereiche sein. „Weil es grundsätzliche Beschlüsse in allen beteiligten Ländern gibt, dass es kein Zurück zur alten Rechtschreibung geben kann, und eine Radikalveränderung, etwa die Einführung der allgemeinen Kleinschreibung, von der einige Anhänger im Rat sitzen, in dieser Zeitspanne nicht erfolgen kann“, sagte Blüml.

Ein konkreter Punkt, der möglicherweise bis August geändert wird, betrifft die Getrennt- und Zusammenschreibung. Bei Partizipien gibt es laut Blüml eine beschränkte Zahl an Fällen, in denen sowohl Getrennt- als auch Zusammenschreibung möglich ist, beispielsweise „Rat suchende“ bzw. „ratsuchende Bürger“. Vorstellbar wäre hier eine generelle Klausel für solche Fälle.

„Jeder wie er will ...“

Auch Rats-Mitglied Helmut Zilk kann sich nicht vorstellen, dass es jetzt zu einer Totalreform kommt, und es sei auch „unsinnig anzunehmen, dass man nun alles zurücknimmt“. Für ihn steht aber auch „außer Frage, dass es eine Reihe von Möglichkeiten gibt, die Weichen so zu stellen, dass im Laufe der Entwicklung vieles reguliert und korrigiert wird“, so Zilk. So wie es in der Vergangenheit immer wieder von Zeit zu Zeit gewisse Korrekturen gegeben habe, so solle man auch in Zukunft „sinnvoll weitertun“.

Zilk, der aus seiner Enttäuschung über das „Reförmchen“ nie ein Hehl gemacht hat, fürchtet ohnedies, dass sich die Leute „an nichts mehr halten. Wenn man den Alltag beobachtet, schreibt ja jeder wie er will, die einen nach den alten, andere nach den neuen Regeln. Das kann es ja nicht gewesen sein, das zeigt, dass die Sache nicht gut auf breiter Basis vorbereitet war.“

Größenverhältnisse

Als „Geste des Vertrauens“ würde es der ehemalige Wiener Stadtschulratspräsident Kurt Scholz werten, wenn die sechsjährige Vorsitzführung im neuen „Rat für deutsche Rechtschreibung“ zu gleichen Teilen zwischen Deutschland, der Schweiz und Österreich geteilt wird. Dies würde - ohne Änderung der Mehrheitsverhältnisse den „Eindruck der deutschen Befehlsausgabe ein wenig relativieren“, sagt Scholz. Bereits im Vorfeld der konstituierenden Sitzung wurde der ehemalige bayerische Wissenschaftsminister Hans Zehetmair als Vorsitzender des Rates designiert.

Inhaltlich will Scholz im Rahmen des Rates auf die Diskussion zwischen Rechtschreibreformern und Autoren hinweisen, die seiner Meinung nach in Österreich konstruktiver als in Deutschland verlaufe: „Niemand schreibt den Autoren ihre Rechtschreibung oder Interpunktion vor, die Freiheit der Autoren war in Österreich immer unmissverständlich.“ Aus diesem Grund wehrt sich Scholz auch gegen alle Vorhaben und Aktionen, in Schulbibliotheken „rechtschreibmäßig veraltete“ Texte zu entfernen - eine Tendenz die es laut Interessengemeinschaft (IG) Autoren gibt: „Dass etwa Erich Hackls 'Abschied von Sidonie' nicht mehr gelesen wird, nur weil es noch in der alten Rechtschreibung vorliegt, ist ein Unsinn höchster Sorte.“

Weitere Gesichtspunkte

Scholz will im Rat auch kritisierten, dass die vorliegenden allgemeinen Informationsmittel über die Reform für Fachwissenschafter und Linguisten geeignet, aber im Alltagsleben nur schwer handhabbar seien. Hier bestehe die Herausforderung, auch für die Verlage, verständliche Unterlagen vorzulegen. Der ehemalige Schulpolitiker fordert auch eine „ehrliche Diskussion des Stellenwerts der Rechtschreibung in der Praxis des Deutschunterrichts“. Die Orthografie dürfe nicht Hauptmaßstab für die Leistungsbeurteilung gemacht und damit die Kreativität der Kinder reduziert werden.

Als Befürworter einer gemäßigten Kleinschreibung, für deren Umsetzung bei der nun vorliegenden Reform „der politische Mut gefehlt hat“, hofft Scholz, dass man sich im Rat der Entwicklung zu dieser Schreibweise auf Dauer nicht entziehen könne. Außerdem müsse auf die veränderte Rechtschreibpraxis verbunden mit der massenhaften Anwendung des Internets Rücksicht genommen werden. „Als Norm der Jugend kann und darf man sich dem nicht entziehen“, sagte Scholz, der davon ausgeht, dass der Rat zumindest bis Anfang August ein Mal pro Monat zusammen trifft, „alles andere wäre Augenauswischerei“.

Die österreichischen Ratsmitglieder

Neben Scholz, Zilk und Blüml gehören der ehemalige Kultur-Ressortleiter der „Presse“, Hans Haider, der Germanistik-Professor Richard Schrodt (Uni Wien), der Autor Ludwig Laher, der Geschäftsführer des Schulbuchverlags öbv&hpt, Georg Glöckler, Günter Lusser von der Pädagogischen Akademie Feldkirch sowie Ulrike Steiner, Redakteurin des Österreichischen Wörterbuchs, zu den österreichischen Vertretern im Rechtschreib-Rat. (APA)

Der Standard vom 14. Dezember 2004
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Manfred Riebe



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Beitrag: Mittwoch, 15. Dez. 2004 14:27    Titel: Keine Allgemeinverbindlichkeit! Antworten mit Zitat

Keine Allgemeinverbindlichkeit!
____________________________

Woran zu erinnern ist


Auch dieser „Rat für deutsche Rechtschreibung“ hat nichts vorzuschreiben. Seine „Rat“schläge können von den Kultusministern übernommen und für die Schulen verbindlich gemacht werden. Alle anderen, Schriftsteller, Buchverlage, Zeitungen usw., geht das, was dort ausgeheckt wird, nichts an. - Dies muß immer wieder ausgesprochen werden, weil eine Tendenz (auch und gerade in den jüngsten Äußerungen Herrn Zehetmairs) zu erkennen ist, die Beschlüsse dieses Gremiums (eher: bunten Haufens) quasi als letztes Wort und gesetzliche Regelung für alle Schreibenden umzudeuten.

margel

14.12.2004 14:41 Rechtschreibforum > Rat für deutsche Rechtschreibung
www.rechtschreibreform.de/php/einzelner_Datensatz.php?BeitragNr=27703
_______________________________________________________________

- Keine Allgemeinverbindlichkeit der Rechtschreibreform - www.vrs-ev.de/forum/viewtopic.php?p=633#633

- Kein Rechtschreibgesetz, sondern Diktatur - www.vrs-ev.de/forum/viewtopic.php?t=252
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Manfred Riebe



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Beitrag: Mittwoch, 15. Dez. 2004 14:42    Titel: Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre Antworten mit Zitat

Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre
__________________________________________

Genau!


Vor allem ärgert mich bei so ungesicherter Rechtslage die wiederholte Formel „wird für Schulen und Hochschulen verbindlich“. Es ist nicht einmal klar, ob die Hochschulverwaltung zur reformierten Schreibung gezwungen werden kann. Forscher können ganz gewiß nicht dazu gezwungen werden, am wenigsten Germanisten. Allerdings kuschen die einen wie die anderen ganz von selbst, mit verschwindenden Ausnahmen.

Theodor Ickler

15.12.2004 05:23 Rechtschreibforum > Rat für deutsche Rechtschreibung
www.rechtschreibreform.de/php/einzelner_Datensatz.php?BeitragNr=27710
_______________________________________________________________

- Keine Allgemeinverbindlichkeit der Rechtschreibreform - www.vrs-ev.de/forum/viewtopic.php?p=633#633

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Manfred Riebe



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Beitrag: Freitag, 17. Dez. 2004 10:24    Titel: Die letzte Chance Antworten mit Zitat

Die letzte Chance
Was der Rat für Rechtschreibung tun muß

Von Horst H. Munske

Am heutigen Freitag findet im Institut für Deutsche Sprache in Mannheim die konstituierende Sitzung des neuen Rats für Rechtschreibung statt. Er soll, wo er es für nötig hält, Änderungen an dem neuen, bereits mehrfach korrigierten und uminterpretierten Regelwerk vorschlagen, damit es wie geplant zum 1. August 2005 verbindlich eingeführt werden kann.

Eigentliche Aufgabe dieses neuen Gremiums ist es aber, den Konflikt um die Rechtschreibreform friedlich zu beenden. Das wirft Fragen auf. Ist ein Gremium von 36 Personen, die von über dreißig Verbänden und Institutionen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz delegiert wurden, überhaupt arbeitsfähig? Können sie innerhalb eines halben Jahres zu einem tragfähigen Ergebnis kommen? Ist diese Auswahl, die die Beamten der Kultusministerkonferenz getroffen haben, repräsentativ - und zwar im Hinblick auf den Konflikt?

Gleiche Aufgabenstellung

Das Gremium ähnelt in seiner Zusammensetzung (2:1:1 für die drei Länder) der jetzt aufgelösten zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung und deren Beiräten. Neu dabeisein sollte die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung (zwei Sitze), doch hat sie eine Teilnahme abgelehnt, nachdem namhafte Schriftsteller, darunter Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, zum Boykott aufgerufen hatten. Vertraut ist auch die organisatorische Anbindung an das Institut für Deutsche Sprache, das seit seiner Gründung im Jahre 1964 ein Motor der Rechtschreibreform war.

Und sogar die Aufgabenstellung beider Gremien gleicht sich bis in den Wortlaut hinein. Von der ehemaligen Rechtschreibkommission hieß es in der Präambel der Gemeinsamen Erklärung zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung vom 1. Juli 1996: „(Sie) wirkt auf die Wahrung einer einheitlichen Rechtschreibung im deutschen Sprachraum hin. Sie ... beobachtet die künftige Sprachentwicklung. Soweit erforderlich, erarbeitet sie Vorschläge zur Anpassung des Regelwerks.“ Das klingt nachträglich wie Hohn, haben doch gerade die Mitglieder dieser Kommission die deutsche Einheitsorthographie ihrem Reformeifer geopfert.

Bewahrung der Einheitlichkeit

Ganz ähnlich verkündet die KMK, was der neue Rat zu tun habe: „(Er) hat die Aufgabe, die Einheitlichkeit der Rechtschreibung im deutschen Sprachraum zu bewahren. Er wird die Entwicklung der Schreibpraxis beobachten und die Rechtschreibung auf der Grundlage des orthographischen Regelwerks im notwendigen Umfang weiterentwickeln.“ Diese Textverwandtschaft weist auf eine weitere Gemeinsamkeit hin.

Sie liegt in der Arbeitsgruppe Rechtschreibreform der KMK, die die politischen Vorgaben an die Sprachexperten weitergab und die politische Umsetzung organisiert hat. Diese aus verschiedenen deutschen Bundesländern abgeordneten Kultusbeamten sind in einem Jahrzehnt zur treibenden und bestimmenden Kraft der Rechtschreibreform geworden. Sie blieben als die Stichwortgeber der Kultusminister stets im verborgenen, sie diskutieren mit keinem Kritiker, werden aber gewiß auf der konstituierenden Sitzung des Rats wieder dabeisein.

Unterschied: der Vorsitzende

Nur eines unterscheidet den Rat grundlegend von der Vorgängerkommission: der Vorsitzende. Damals wurde er aus dem Kreis der Kommission gewählt, diesmal schlägt ihn die KMK selbst vor und erwartet, daß der Rat ihren Kandidaten, den ehemaligen bayerischen Kultusminister Zehetmair auch wählt. Er steht, wie er wiederholt erklärt hat, für die Einsicht, „daß die Politik keine Rechtschreibung verordnen sollte“, eine späte Einsicht zwar, denn Zehetmair hat 1996 die sofortige Einführung der neuen Regeln in den Schulen Bayerns angeordnet. Aber gerade darum ist diese Wahl zu begrüßen. Überdies erklärt Zehetmair, er sehe sich nicht „als Erfüllungsgehilfe der Kultusminister“.

Wo sollte der Rat mit seiner Arbeit beginnen? Zunächst muß er sich die Situation der Rechtschreibung ungeschönt vor Augen führen: Die meisten Schriftsteller und belletristische Verlage, viele Fachverlage und zahlreiche Zeitungen weigern sich, die für Schulen verordneten Regeln anzuwenden. Bei den Schülern herrscht Verwirrung, bei den Lehrern Frust. Die Mehrzahl der Bürger war nie für eine Rechtschreibreform, sie erduldet sie nur.

Deutsche Schriftkultur bedroht

Die Geltung deutscher Schriftkultur im Ausland und bei uns selbst ist bedroht. Und schließlich kommt eines hinzu, was bisher kaum bedacht wurde: Computer und Internet haben die Welt schriftlicher Kommunikation grundlegend verwandelt. Rechtschreibung muß in erster Linie den Ausdrucksbedürfnissen professioneller Schreiber und von Millionen Lesern gerecht werden, nicht den Schreiblernern und den Wenigschreibern.

Was kann der Rat in dieser Lage tun, um seine Aufgabe zu erfüllen? Ich sehe drei Möglichkeiten: zwei kurzfristige und ein längerfristiges Konzept. Die erste Alternative nenne ich die KMK-Lösung, weil sie der bisherigen Strategie entspricht. Kurz gefaßt lautet sie: Die Rechtschreibreform ist beschlossene Sache, daran wird grundsätzlich nicht gerüttelt. Es darf nur „Präzisierungen“ oder „Anpassungen“ geben, allenfalls kleinere Änderungen am Regelwerk.

Die Lösung, die keine ist

Das Instrument solcher Anpassung und des vorübergehenden Entgegenkommens gegenüber der Kritik ist die Einführung unzähliger Varianten, wie sie im letzten Kommissionsbericht vorgeschlagen und von der KMK gebilligt wurden. Diese Lösung, die keine ist, scheint in der Aufgabenstellung und der Auswahl der delegierenden Institutionen des neuen Rats angelegt. Auch seine schiere Größe paßt zur Erwartung des Abnickens. Die Folgen wären fatal: Das Schisma der deutschen Rechtschreibung würde damit verfestigt.

Die zweite kurzfristige Lösung ist dazu völlig konträr. Ich nenne sie die Akademie-Lösung, denn sie ähnelt dem Kompromißvorschlag der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung: Beibehaltung der neuen ss-Schreibung als das Erkennungszeichen der Reformwilligkeit, aber Streichung fast aller inkriminierten sogenannten Neuregelungen: in der Getrennt- und Zusammenschreibung, der Groß- und Kleinschreibung, der Zeichensetzung, der Fremdwortschreibung, der Stammschreibung, der Silbentrennung.

Gemäßigte Kleinschreibung

Das ist gar nicht schwer, da im wesentlichen die seit hundert Jahren gültige Einheitsschreibung wiederhergestellt würde. Zu korrigieren sind aber zweifelhafte Entscheidungen der Duden-Redaktion, vor allem die hohe Regeldichte. Diese Kleinarbeit kann und muß nicht sofort bewältigt werden. Es genügt, wenn dies in der nächsten Auflage der Rechtschreibwörterbücher unter Mitwirkung des Rats geschieht.

Kurioserweise kann sich auch diese Lösung auf die KMK berufen. Denn sie war es, die den eifrigen Reformern in den achtziger Jahren die Einführung der sogenannten gemäßigten Kleinschreibung, von „Al“ und „Keiser“ ( statt Aal und Kaiser) sowie die Gleichschaltung von „das“ und „daß“ ausgeredet hat. Dieser zweite Weg könnte den Rechtschreibfrieden wiederherstellen.

Reform der Reform

Die dritte Lösung ist nur mit einer Verlängerung der Übergangszeit, einem Moratorium, realisierbar. Ich nenne dies die Reform der Reform. Alles müßte auf den Prüfstand, jede Regelung müßte auf ihre Auswirkungen im Gesamtwortschatz, auf die deutsche Grammatik, die Praxis der Schule, der Buch- und Zeitungsverlage, der elektronischen Medien überprüft werden. Alles, was in der bisherigen Reformgeschichte versäumt oder falsch gemacht wurde, wäre nachzuholen. Eine langwierige Aufgabe.

Wenn sich nun viele Mitglieder des Rats in die Probleme der Rechtschreibung einarbeiten, sollten sie folgende Maximen beachten. Erstens: Die Rechtschreibregeln müssen dem tradierten Wortschatz und seinem grammatischen Gebrauch entsprechen (zum Beispiel keine Tilgung von Wörtern aus den Wörterbüchern wegen neuer Getrenntschreibung, keine Beseitigung semantischer Differenzierung). Zweitens: Die Regeln müssen mit der Sprachentwicklung übereinstimmen und offen sein für den Sprachwandel, ohne daß Reformen erforderlich sind (Beispiel: Großschreibung substantivischer Ausdrücke wie Grüner Punkt und Erste Hilfe, Kleinschreibung adverbialer Ausdrücke wie im allgemeinen, des öfteren.) Drittens: Nur wo sich die Sprache verändert, sind Schreibvarianten zulässig. Sie können ein Mittel sein, Überregelungen und beckmesserische Regeldichte zu vermeiden. Viertens: Bei alledem ist eines zu bedenken: Normen des richtigen Schreibens sind in allen Schriftkulturen konservativ, denn sie dienen der Bewahrung und Weitervermittlung des Geschriebenen.

Der Autor lehrte Germanische und Deutsche Sprachwissenschaft und Mundartkunde an der Universität Erlangen-Nürnberg.

Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 295 vom 17. Dezember 2004, S. 33
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Beitrag: Freitag, 17. Dez. 2004 11:07    Titel: Ökonomische und kulturelle Folgen der „Reform der Reform“ Antworten mit Zitat

Ökonomische und kulturelle Folgen der geplanten „Reform der Reform“
______________________________________________________________

Aktuell


Guten Morgen allerseits,

vielleicht geht es auch andern so: Die aktuellen Verlautbarungen zum Stand der Diskussion verstören. Munskes Beitrag in der FAZ irritiert.
Denkt man oberflächlich darüber nach, so könnte sein Vorschlag tatsächlich eine Lösung sein. Malt man sich die Folgen jedoch plastisch aus, drängen sich Fragen auf.

Die Reformschreibung ist aus allseits bekannten Gründen gescheitert. Ob man will oder nicht, man wird sie ändern müssen. Die zwingend notwendigen Änderungen zielen auf die Substanz der Reform.
Nun soll das sichtbare Kleid, die ss-Schreibung, als Zugeständnis an die Reformer beibehalten werden. Welche Folgen hat das?
Meine Bedenken dazu habe ich schon vor einiger Zeit formuliert und in diesem Forum veröffentlicht. Aus aktuellem Anlaß noch einmal die ökonomischen und kulturellen Folgen der geplanten „Reform der Reform“:

Sowohl die seit 1996 in Reformschreibung erschienenen Lehrbücher der Orthographie und Grammatik wie auch alle Wörterbücher müssen überarbeitet und neugedruckt werden. Die alt-neuen Bestände sind wertlos.
Auf lange Sicht sind auch die in Reformschreibung verfaßten Literaturbände in Schulbibliotheken untragbar und werden nach einer Schamfrist erneut aussortiert. Das bedeutet, daß 100% des Buchbestands als nicht korrekt gelten muß.
Die Softwareprogramme müssen umgestellt, Mitarbeiter von Verwaltung und Wirtschaft geschult werden.

Die „Altbestände“ an Büchern in klassischer Rechtschreibung fallen weiteren Säuberungen zum Opfer. Fazit: Die Reform der Reform ist ihren Folgen nach eine neue Reform, also eine Neuauflage der Vorgänge von 1996.

Wenn Munske diesen Weg als gangbar für den Rechtschreibfrieden beschreibt: Hat er dies vielleicht doch zuwenig bedacht? Man kann es sich nicht vorstellen! Aber was denkt er dann?

Einigermaßen ratlos macht mich die Feststellung der Politiker, man müsse sich aus dieser Angelegenheit heraushalten. Das muß als Verantwortungslosigkeit und grober Zynismus aufgefaßt werden: Da schmeißt eine Gruppe von Männern ein Kind ins Wasser, dieses droht zu ertrinken. Man erkennt, daß man das nicht hätte tun dürfen und beklagt die falsche Entscheidung, aber für die Rettung des ertrinkenden Kindes erklärt sich ebendiese Männergruppe als nicht zuständig.

Meine unmaßgebliche Meinung und ein Vorschlag:
Der einzige Weg, der nun angesichts der Verbocktheit der Reformer und deren Angst vor wirtschaftlichen und Gesichtsverlusten aus der Krise führen könnte, wäre der, sowohl die Heysesche als auch die Adelungsche s-Schreibung für die nächsten Jahre gleichberechtigt nebeneinander stehenzulassen. Die Adelungsche, also klassische s-Schreibung aus Schulen, Amtsstuben und damit zwangsläufig aus der Literatur als „falsch“ zu verbannen, führt zu dem vielseits beklagten Bruch mit der Kultur. Es dürfen eben nicht alle so schreiben, wie sie wollen, und schon gar nicht die Schriftsteller.
Die Freigabe der s-Schreibung wäre ein echtes Friedensangebot und würde den Kulturbruch verhindern. Wie sich dann die Schreibung entwickelt, welches System sich am Ende durchsetzt, wird man sehen.

Karin Pfeiffer-Stolz

17.12.2004 08:42 Rechtschreibforum > Unsere Politiker und die RSR
www.rechtschreibreform.de/php/einzelner_Datensatz.php?BeitragNr=27750
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Beitrag: Freitag, 17. Dez. 2004 17:52    Titel: Arbeit am Flickwerk Antworten mit Zitat

Arbeit am Flickwerk
Kommentar

17. Dezember 2004 oll. Auch im Rat für deutsche Rechtschreibung werden Schulbuch- und Wörterbuchverlage eine entscheidende Rolle spielen. Sie widersetzen sich weiteren Änderungen am heftigsten, indem sie mit schwer überprüfbaren Zahlenangaben auf Geschäftseinbußen verweisen. Es kümmert sie überhaupt nicht, daß Schüler durch die neue s-Regelung etwa zwanzig Prozent mehr Fehler machen, was inzwischen über einen langen Zeitraum nachgewiesen ist. Wie ein Gremium mit 36 Mitgliedern - nicht alle haben sich eingehend mit den neuen Regeln befaßt; andere kennen sie zu gut, weil sie diese verfaßt haben - sinnvoll arbeiten soll, bleibt offen. Sollte der Rat jedoch die Erarbeitung der Korrekturvorschläge wiederum an das Institut für Deutsche Sprache in Mannheim delegieren, steht das Arbeitsergebnis fest: Es wird im wesentlichen bei der Rechtschreibreform bleiben, Änderungen werden nicht zugelassen, sogenannte Präzisierungen weiterhin über die Wörterbücher lanciert. Selbst die Kritiker der Reform wollen keine Rückkehr zur Wiedereinsetzung des Duden mit allen geschmäcklerischen Haarspaltereien. Doch das Flickwerk punktueller Reparaturen ist für alle Schreibenden und Lesenden eine Zumutung.

[oll. = Heike Schmoll]

Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 296 vom Samstag, 18. Dezember 2004
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Manfred Riebe



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Beitrag: Montag, 07. Feb. 2005 22:11    Titel: Konstituierende Sitzung des Rates für deutsche Rechtschreibu Antworten mit Zitat

Konstituierende Sitzung des Rates für deutsche Rechtschreibung

Protokoll von Theodor Ickler

Mannheim, Institut für Deutsche Sprache, 17. 12. 2004 nachmittags

Anwesend sind alle Eingeladenen außer der Vertreterin des Bundesverbandes der Zeitschriftenverleger (die aber auch schon im „Beirat“ zu fehlen pflegte). Einstweilen noch ohne Stimmrecht anwesend ist Rudolf Meraner, der in Südtirol am Pädagogischen Institut für die Durchsetzung der Rechtschreibreform an den Schulen tätig ist.

Im Hintergrund beobachten einige ungenannte Ministerialbeamte das Geschehen; zu erkennen sind Stillemunkes, Dr. Krimm, anscheinend auch Frau Maria Lüken (die bei der Kulturstaatsministerin Weiss diese Aufgabe von Frau Dr. Palmen-Schrübbers übernommen hat), Dr. Tobias Funk vom KMK-Sekretariat; aus dem österreichischen Bildungsministerium anscheinend Frau Poelzl.

Begrüßung und Ansprache von KMK-Präsidentin Doris Ahnen.

(Frau Ahnen soll ihre Sache recht geschickt gemacht und manche damit beeindruckt haben.)

Hans Zehetmair wird mehrheitlich, aber mit deutlichen Gegenstimmen und Enthaltungen zum Vorsitzenden gewählt. Unmutsäußerungen und Gegenstimmen kommen von österreichischer und Schweizer Seite. Deren Vertreter kritisieren die Bevormundung durch die Deutschen und die mangelhafte Einbeziehung der anderen beiden Staaten in die Vorbereitungen.

Dr. Klaus Heller, der bisherige Geschäftsführer der Zwischenstaatlichen Kommission, die sich damit auflöst, verabschiedet sich; er geht in den Ruhestand.

Zur Überraschung der Teilnehmer stellt sich heraus, daß am IDS bereits die Stelle eines Geschäftsführers für den Rat ausgeschrieben worden ist und daß bis zum 10.12.2004 (Bewerbungsschluß) 25 Bewerbungen eingegangen sind. Eigentlich wäre dies eine der ersten Aufgaben des Rates selbst gewesen.

Der Rat hat Statuten, die von der KMK ausgearbeitet worden sind, aber den Teilnehmern vorher nicht bekannt waren, sondern erst zu Beginn der Sitzung ausgehändigt werden. Es wird bekannt, daß diese Satzung erst am Tag zuvor von den Kultusministerien der drei deutschsprachigen Staaten beschlossen worden ist, damit der Rat überhaupt rechtmäßig mit seiner Tätigkeit beginnen kann.

Insgesamt geht es ziemlich durcheinander, die Sitzung ist offensichtlich schlecht vorbereitet.
Die Vertreter der Wörterbuch- und Schulbuchverlage sowie die Lehrerverbandsfunktionäre bekräftigen nachdrücklich ihre Ablehnung jeder weiteren Änderung.

Zehetmair droht seinen Rücktritt an, falls nicht ernsthaft an der Sache gearbeitet werde.
Es wird nur über Verfahrensfragen gesprochen, eine Debatte über Grundsatzfragen ist nicht möglich.

Beschlossen wird: Bis 15. Januar 2005 sollen die Mitglieder die einzelnen Monita zur Rechtschreibreform schriftlich ausarbeiten und beim IDS einreichen, wo sie dann zu einem Diskussionspapier konsolidiert werden. Dies wird den Mitgliedern per Mail zugestellt. Der nächste Termin ist der 18. Februar. Das IDS kann allerdings nicht zusichern, daß das Diskussionspapier rechtzeitig vor dem 18. Februar zugestellt wird, so daß einige Teilnehmer schon jetzt befürchten, daß eine vernünftige Diskussion nicht möglich sein wird. Der Zeitdruck, unter dem gerade über die Weihnachtsferien gearbeitet werden soll, wird von mehreren Teilnehmern beklagt.

Während Zehetmair zunächst meint, auch bei der nächsten Sitzung mit zwei Nachmittagsstunden auszukommen, wird nach Protesten mehrerer Teilnehmer vereinbart, schon am Vormittag zu beginnen und vier Stunden anzuberaumen.

Die Österreicher und Schweizer beschweren sich, daß es immer Mannheim sein müsse, aber als sie aufgefordert werden, in Zürich oder Wien kostenlose Infrastruktur bereitzustellen, geben sie klein bei. Immerhin wird ihnen zugesagt, daß die nächste Sitzung zwar nochmals in Mannheim sein werde, danach aber auch ein anderer Ort in Betracht gezogen werden könne. Damit geben sie sich zufrieden.

Einen Tiefpunkt erreicht die Stimmung wegen der abschließenden Pressekonferenz um 17 Uhr: Ahnen und Zehetmair verschwinden, die Österreicher und Schweizer sind nicht zur Teilnahme eingeladen worden.
______________________________________

KMK-Pressemitteilung: Konstituierende Sitzung des Rates für deutsche Rechtschreibung Bonn, 17. Dezember 2004 - http://www.kmk.org/aktuell/pm041217.htm


Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Freitag, 27. Mai. 2005 17:41, insgesamt 1mal bearbeitet
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Manfred Riebe



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Beitrag: Montag, 07. Feb. 2005 22:31    Titel: Was ist vom „Rat für deutsche Rechtschreibung“ zu erwarten? Antworten mit Zitat

Was ist vom „Rat für deutsche Rechtschreibung“ zu erwarten?

von Theodor Ickler

Nach dem Internationalen Arbeitskreis, der Zwischenstaatlichen Kommission und dem Beirat für deutsche Rechtschreibung ist der „Rat“ das vierte Gremium, das sich mit demselben Gegenstand befassen soll: der Durchsetzung einer Rechtschreibreform gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit und fast aller Schriftsteller und Intellektuellen. Die Ministerpräsidenten und Kultusminister versprechen dem widerspenstigen Volk, daß dieses Gremium die Steine des Anstoßes beseitigen und eine allseits akzeptierbare Lösung der von ihnen selbst verursachten Krise finden werde. Der Vorsitzende des Rates will die Gesellschaft „mit der Rechtschreibreform versöhnen“. Was berechtigt zu solcher Erwartung?

Mitglieder im Rat für deutsche Rechtschreibung

Deutschland

Prof. Dr. Ludwig Eichinger, Institut für Deutsche Sprache
Prof. Dr. Norbert Richard Wolf, Institut für Deutsche Sprache
N.N., N.N., Akademie für Sprache und Dichtung
Dr. Matthias Wermke, Dudenredaktion des Bibliographischen Instituts & F.A. Brockhaus AG
Frau Dr. Sabine Krome Wissen, Media Verlag/Wahrig-Wörterbuch
Prof. Dr. Rudolf Hoberg, Gesellschaft für deutsche Sprache
Prof. Dr. Werner Besch, Union der deutschen Akademien der Wissenschaften
Prof. Dr. Jacob Ossner, Symposion Deutschdidaktik e.V.
Fritz Tangermann, Fachverband Deutsch im Deutschen Germanistenverband
Dr. Edmund Jacoby, Börsenverein des deutschen Buchhandels
Michael Banse, VdS Bildungsmedien
Ulrike Kaiser, Deutscher Journalistenverband/Deutsche Journalistinnen- und Journalistenunion
Jürgen Hein, Arbeitsgemeinschaft der deutschsprachigen Nachrichtenagenturen
Anja Pasquay, Bundesverband deutscher Zeitungsverleger – BDZV
Wolfgang Fürstner, Verband deutscher Zeitschriftenverleger e.V.
N.N., P.E.N.-Zentrum Deutschland
Dr. Ludwig Eckinger, Deutscher Beamtenbund/Deutscher Gewerkschaftsbund

Österreich

Landesschulinspektor Dr. Karl Blüml, Didaktik
OStR Prof. Günter Lusser, Didaktik
o.Univ.-Prof. Dr. Richard Schrodt, Wissenschaft
Mag. Ulrike Steiner, Österreichisches Wörterbuch
Bundesminister a. D. Dr. Helmut Zilk, Pädagogik
Obersenatsrat Dr. Kurt Scholz, Pädagogik
Dr. Hans Haider, Journalismus
Dir. Georg Glöckler, öbv&hpt
Dr. Ludwig Laher, Autoren

Schweiz

Prof. Dr. Horst Sitta, Fachwissenschaft
Prof. Dr. Peter Gallmann, Fachwissenschaft
Prof. Dr. Thomas Lindauer, Fachdidaktik
Max A. Müller, Lehrerorganisationen
Dr. Werner Hauck, Öffentliche Verwaltung
Peter Feller, Schulbuchverlage
Stephan Dové, Zeitungs- und Zeitschriftenverlegerverband
Dr. Monique R. Siegel, PEN-Zentrum Schweiz
1 Sitz vakant

(Quelle: www.kmk.org vom 17.12.2004; Vorname bei Dr. Sabine Krome ergänzt)

Sieben Mitglieder saßen schon in der nunmehr aufgelösten zwölfköpfigen Zwischenstaatlichen Kommission. Österreich und die Schweiz haben alle bisherigen Kommissionsmitglieder in den neuen Rat entsandt – ein provozierendes Signal, wenn man bedenkt, daß die Kommission wegen Unfähigkeit aufgelöst wurde. Damit machen die Regierungen der beiden Staaten deutlich, was sie von den Revisionsbemühungen der deutschen Kultusminister halten. Aus der gleichen Protesthaltung heraus hatten sie bereits den deutschen „Beirat“ nicht mitgetragen, sondern regierungsnahe eigene Beiräte geschaffen. Von deutscher Seite ist Hoberg geblieben, die anderen wurden durch Personen ersetzt, die für Kontinuität des Kurses bürgen. Fast alle deutschen Mitglieder stammen aus dem genannten Beirat.

Hier ist zum Vergleich die Besetzung des bisherigen deutschen Beirats:

P.E.N.-Zentrum Bundesrepublik Deutschland
Verband deutscher Schriftsteller in der IG Medien
Deutscher Journalistenverband
Bundesverband deutscher Zeitungsverleger e.V.
Verband deutscher Zeitschriftenverleger e.V.
Arbeitsgemeinschaft der deutschsprachigen Nachrichtenagenturen
Börsenverein des Deutschen Buchhandels
VdS Bildungsmedien e.V.
Bundeselternrat
Deutscher Gewerkschaftsbund - Lehrerorganisationen
Deutscher Beamtenbund - Lehrerorganisationen
Deutsches Institut für Normung
Dudenredaktion
Bertelsmann-Lexikonverlag
Wahrig-Wörterbuchredaktion
Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren e.V.

Ausgeschieden sind einige Vertreter, die auch bisher schon als mehr oder weniger stumme Gäste dabeisaßen bzw. sich entschuldigen ließen wie das Deutsche Institut für Normung oder der Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren e.V. Den Bundeselternrat rechnet der VdS Bildungsmedien (d. h. der Verband der Schulbuchverleger) ohnehin zu seiner „Verbändeallianz“, vgl. meinen Beitrag „Die Schulbuchverleger und die Rechtschreibreform“. Immerhin verdient festgehalten zu werden, daß im Rat nicht einmal zur Wahrung des Scheins Eltern oder Schüler vertreten sind, wohl aber reichlich Wirtschaftsunternehmen und Berufsverbände. Zur letzten gemeinsamen Aktion der „Verbändeallianz“, einer Pressekonferenz in Berlin am 1.10.2004, waren immerhin noch die Vorsitzenden von Bundeselternrat und Bundesschülervertretung eingeladen worden; sie dankten es durch bedingungslose Zustimmung. Der Vorsitzende des Bundeselternrats bezeichnete die Reform als einen „Glücksfall“. - Wahrig ist inzwischen eine Bertelsmann-Marke, so daß auf Renate Wahrig-Burfeind verzichtet werden kann.

Der „Beirat“ war bereits nach den Wünschen der Zwischenstaatlichen Kommission zusammengestellt, die er beraten oder beaufsichtigen sollte.

„Der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung wurde 2000 ein Beirat zugeordnet. Dieser Beirat begleitet die Arbeit der Kommission, die sich bis 2005, das heißt bis zur endgültigen Fassung des neuen Regelwerkes, weiter mit der Rechtschreibreform befasst. Den Mitgliedern des Beirats obliegt es, vor dem Hintergrund der Umsetzung der neuen Rechtschreibung als notwendig bzw. wünschenswert erachtete Korrekturen an der Reform vorzubringen und zu diskutieren. Die Mitglieder des Beirats wurden von der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung der Kultusministerkonferenz der Länder vorgeschlagen, die ihrerseits über die Zusammensetzung des Beirats zu entscheiden hatte. Dieser Entscheidung musste im Weiteren die Bundesregierung zustimmen.“ (Verband der freien Lektorinnen und Lektoren)

Die Kommission selbst wiederum war aus der Gruppe der Reformer hervorgegangen und nach deren Wünschen zusammengesetzt, wie ihr ehemaliges Mitglied Horst H. Munske bestätigt:

„Als elementaren Fehler erkennt man nachträglich, daß die KMK keinerlei Einfluß auf die Zusammensetzung der Mannheimer Rechtschreibkommission genommen hat.“ (Horst H. Munske: Verfehlte Kulturpolitik. In: Kunst und Kultur 1998)

In dieser personellen Kontinuität setzt sich eine Entwicklung fort, die ein führender Reformer im Rückblick auf die verschiedenen Reformarbeitskreise einmal so kennzeichnete:

„Der Aufeinanderfolge der Gremien entspricht eine durch persönlich-personelle Verknüpfung gestiftete und gesicherte Tradition auch mehrerer Forschergenerationen über mehr als drei Jahrzehnte hin, die sich als 'Reihendienst' im Sinne Jost Triers oder – im Sinne einer Metapher aus dem Sport – als 'Staffellauf' verstehen läßt.“ (Wolfgang Mentrup in: IDS 25 Jahre, Mannheim 1989, S.102)

Die ununterbrochene Selbstergänzung unbedingt reformwilliger Arbeitskreise macht diese zu einem von der Öffentlichkeit weitgehend abgeschnittenen Mikrokosmos, an den Diskussion und Kritik kaum noch heranreichen.

Der Beirat ist im Laufe der Jahre nur zweimal zu Arbeitssitzungen zusammengetreten, um den dritten und vierten Bericht durchzuwinken; einige Mitglieder sind gar nicht erst erschienen oder haben nur schriftliche Stellungnahmen eingereicht, die aber von dem Gremium nicht berücksichtigt wurden. Es gab – nach persönlicher Auskunft mehrerer Mitglieder – auch durchaus Streit, aber in der abschließenden Stellungnahme zu den Berichten ist davon nichts mehr zu entdecken.

Seinen Sitz hat der Rat am Institut für deutsche Sprache in Mannheim, dem bisherigen Zentrum der Reformpropaganda. Er hat die Aufgabe, die Durchsetzung der Rechtschreibreform zu begleiten, und zwar so, wie sie von der Kultusministerkonferenz beschlossen ist. Dabei darf er auch kritische Bemerkungen äußern. Eine Rücknahme der Reform kommt auftragsgemäß aber nicht in Betracht.

Das „Statut“, nach dem der Rat arbeitet, wurde erst am 16.12.2004, also einen Tag vor der konstituierenden Sitzung, von den Regierungen der drei deutschsprachigen Staaten beschlossen und war daher den Mitgliedern nicht bekannt, als sie in Mannheim zusammentrafen; erst während der Sitzung wurde es ausgeteilt. Man darf nach den bisherigen Erfahrungen vermuten, daß dies so beabsichtigt war, denn das Statut stellt die Arbeit des Rates unter unzumutbar restriktive Bedingungen.

Die Wissenschaft ist im Rat nur in Spuren vertreten, und zwar fast ausschließlich in Gestalt der Reformer und ihrer Freunde. Den Kern des Rates bilden die Schulbuch- und Wörterbuchverlage, also die wirtschaftlich an der weiteren Durchsetzung der Reform besonders Interessierten. Sie beherrschten schon den bisherigen „Beirat“, was andere Mitglieder in ängstlich-vertraulichen Mitteilungen beklagten. Der Dudenverlag hat die jüngsten Änderungsbeschlüsse der KMK wenigstens teilweise bereits in einem Ende August 2004 erschienenen neuen Rechtschreibduden umgesetzt; Bertelsmann hat für den Mai 2005 ein neues Rechtschreibwörterbuch angekündigt. In beiden Fällen hängt daran eine große Menge weiterer Publikationen. Beide Unternehmen sind schon aus diesem Grunde an einer weiteren Durchsetzung der Reform in ihrer aktuellen Version ohne große Veränderungen interessiert. Dafür spricht auch die Terminplanung: Bis zum 31. Juli 2005 müssen die nochmals revidierten neuen Wörterbücher vorliegen; die nächste Sitzung des Rates, auf der erstmals inhaltliche Fragen besprochen werden sollen, findet am 18. Februar 2005 statt – es bleibt also gar keine Zeit für umfangreichere Eingriffe.

Welches besondere Interesse der Bertelsmann-Konzern an der Rechtschreibreform hat, geht aus folgender Mitteilung hervor:

„Ein Extrageschäft hat dem Konzern die Rechtschreibreform beschert. Von der hauseigenen 'Neuen Rechtschreibung' wurden bereits rund 1,7 Millionen Exemplare verkauft. Das Ziel, in die Domäne des 'Duden' einzubrechen und bei einem Marktpotential von zehn Millionen Bänden einen Anteil von über 25 Prozent zu erhalten, dürfte damit problemlos erreicht werden.“ (Berliner Zeitung, 23.11.1996)

Auch auf einer im Internet verbreiteten „Chronologie“ der Reform läßt der Konzern erkennen, daß er die Rechtschreibreform als seine ureigene Sache betrachtet. Um der drohenden Wiederherstellung der Duden-Vormacht entgegenzuwirken, bot der Bertelsmann-Vertrieb am 14.1.1999 allen Buchhandlungen per Fax an, Prof. Götze in einer öffentlichen Vortragsveranstaltung die Vorzüge der von ihm bearbeiteten Bertelsmann-Rechtschreibung darlegen zu lassen.

Die Schulbuchverleger werden wiederum durch Michael Banse (Klett Leipzig) vertreten, der schon im bisherigen Beirat für deutsche Rechtschreibung saß, vgl. den Jahresbericht des VdS-Vorsitzenden von 2001:

„Unser Verband wurde Ende 2000 in den Beirat zur Zwischenstaatlichen Kommission berufen, Herr Banse vertritt dort unsere Interessen und wacht darüber, dass uns allen nichts Unangenehmes passiert.“

Das wird er auch weiterhin tun. Um einen Sitz im Rat hat sich der VdS laut Verbandsmitteilung frühzeitig aktiv beworben und rühmt sich auch sonst, „massiv“ auf die zuständigen Politiker eingewirkt zu haben.

Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung wird mit zwei Sitzen geködert. Zwei Sitze bekommt aber auch das Institut für deutsche Sprache (IDS).

Das IDS hat sich auf Betreiben seines damaligen Direktors Gerhard Stickel jahrelang als Sprachrohr der Reform betätigt und sich beispielsweise in seiner Stellungnahme für das Bundesverfassungsgericht zu der These verstiegen, die Richtigkeit der Schreibweisen sei allenfalls mit der Richtigkeit von Postleitzahlen zu vergleichen – eine im Lichte der Orthographieforschung erstaunlich inkompetente, um nicht zu sagen frivole Behauptung. Protestierende Schriftsteller wurden vom Institut in Pressemitteilungen verhöhnt (vgl. „Was manche Schriftsteller alles nicht wissen“ vom 17.10.1997 sowie den ersten Bericht der Kommission vom Dezember 1997). Das Institut gab jahrelang auch nach dem Erlöschen seines Mandats offiziöse Erklärungen zum weiteren Fortgang der Reform ab. Es kommt schon deshalb für eine ernsthafte Auseinandersetzung über orthographische Fragen nicht in Betracht, auch wenn alle seine Veröffentlichungen zwangsweise auf (fehlerhafte) Reformschreibung umgestellt sind. Unter Sprachwissenschaftlern gilt das IDS ohnehin als nicht besonders effizient:

„Die mit öffentlichen Geldern geförderte Mammutinstitution [beachtet] die eigentlichen Anliegen und Interessen der Sprachgemeinschaft kaum. So versagte sie an der dringendsten Aufgabe, ein umfassendes Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache zu erstellen, so daß die Sprachgemeinschaft der Brüder Grimm in diesem Punkte nun weit hinter den europäischen Nachbarn zurücksteht. Stattdessen hat das IdS eine überflüssige Rechtschreibreform betrieben und bis zuletzt verteidigt (s. Sprachreport 16 [2000], 8), die aufgrund ihrer schweren inhaltlichen Mängel mittlerweile die Einheit der deutschen Rechtschreibung – ein hohes Gut der Sprachgemeinschaft – zerstört hat.“ (Heinz-Günther Schmitz in: Vulpis Adolatio. Fs. f. Hubertus Menke. Heidelberg 2001, S. 725)

Stickels Nachfolger, Ludwig M. Eichinger, hat sich noch nicht so eindeutig festgelegt, unterstützt aber die Rechtschreibreform grundsätzlich. Der neue Mann in der Runde, Norbert Richard Wolf (Professor in Würzburg), empfiehlt sich schon lange durch Polemik gegen die Kritiker der Rechtschreibreform. In seinen „Hinweisen zu einigen Spezialfällen der Rechtschreibreform“ (Internet-Fassung) gibt er zu erkennen, daß ihm grammatisch falsche Schreibweisen wie Not tun, Pleite gehen nichts ausmachen. - Die „Hinweise“ verteidigen die überholte Reformfassung von 1996, Wolf wird aber sicher auch die jüngste Wende mitmachen.

Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung hat inzwischen ihre Teilnahme abgesagt, jedoch Bedingungen gestellt, über die sich verhandeln läßt. Der Ratsvorsitzende Zehetmair rechnet mit ihrer Rückkehr in die Runde und hat bereits ein Gespräch mit Präsident Reichert für Januar 2005 vereinbart. Sie kann sich ihrer Alibirolle schwer verweigern, weil sie ihr Pulver allzu früh verschossen hat, bot sie doch ungefragt einen „Kompromiß“ an, als dies noch gar nicht nötig war. Während die Zeitungen und Zeitschriften des Axel Springer Verlags, die F.A.Z., die Schweizer Monatshefte und andere Publikationen (laut „Capital“ bis Dezember 2004 rund 300 Zeitschriften und Zeitungen) längst die beste Lösung, also die schlichte Rückkehr zur bewährten Orthographie, vorführen, preist die Akademie immer noch ihre „zweitbeste“ an, einen derart faulen Kompromiß, daß die Zwischenstaatliche Kommission mit Recht jede Diskussion darüber ablehnte. Doch selbst wenn die Akademie ihre zaghafte Kritik vortragen sollte, wird sie durch das IDS sofort neutralisiert. Übrigens geht die Besetzung der gescheiterten Zwischenstaatlichen Kommission weitgehend auf das IDS zurück, das hier ein Vorschlagsrecht für fünf der sechs deutschen Vertreter besaß.

Die Gesellschaft für deutsche Sprache, von ihrem äußerst autoritär auftretenden Vorstand auf Reformkurs gezwungen, wird durch ihren Vorsitzenden Hoberg vertreten, der bereits in der Zwischenstaatlichen Kommission saß. Zur bisherigen Befassung dieses Vereins mit der Rechtschreibreform gebe ich zunächst einen Abschnitt aus meinem Buch „Regelungsgewalt“ wieder:

„Während der Mitgliederversammlung am 10. Mai 1998 in Wiesbaden beantragte ich, folgendes zu erklären: 'Die Gesellschaft für deutsche Sprache sieht sich zur Zeit außerstande, ein Votum zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung in der Fassung von 1996 abzugeben, da unter den Mitgliedern keine eindeutige Meinung zu diesem Gegenstand festgestellt worden ist.'“ (Damit wollte ich verhindern, daß der Vorsitzende wenige Tage später vor dem Bundesverfassungsgericht die Rechtschreibreform im Namen der GfdS guthieß.) „Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt, ebenso wie zuvor der Antrag von Hildegard Krämer auf eine Mitgliederbefragung zur Reform; doch kam es während der Aussprache zu einer unschönen Szene. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter, vertreten durch Helmut Walther (Schriftleiter des „Sprachdienstes“), Gerhard Müller (Schriftleiter der „Muttersprache“) und Uwe Förster, erklärten übereinstimmend, sie hätte in zwei Jahren tagtäglicher Sprachberatung mit der Neuregelung die Einsicht gewonnen, daß die Rechtschreibreform nichts tauge. Daraufhin wurden sie vom Vorstand (Vorsitzer Günther Pflug, Vorstandsmitglied Rudolf Hoberg, Geschäftsführerin Karin Frank-Cyrus) lautstark niedergemacht, ließen sich aber nicht einschüchtern. Bezeichnenderweise gaben sie auf die Frage, warum sie das nicht eher gesagt hätten, die Antwort, sie seien nie gefragt worden – was ein Licht auf das Betriebsklima in der Wiesbadener Geschäftsstelle warf, das besonders durch die Geschäftsführerin nachhaltig gestört sein soll und seither sicher nicht besser geworden ist.“

Dieser Bericht wird bestätigt durch einen weiteren Zeugen, Prof. Horst Dieter Schlosser (Frankfurt):

„Wie Ihnen vielleicht bekannt ist, hat sich Herr Prof. Pflug in Sachen Rechtschreibreform bei seiner Anhörung vor dem Bundesverfassungsgericht schlicht wahrheitswidrig verhalten, wenn er dabei erklärt hat, die GfdS habe in ihrer Sprachberatung mit den neuen Regeln nur gute Erfahrungen gemacht. Das Gegenteil war nämlich der Fall. Denn es hat auf der Mitgliederversammlung der GfdS 1998 gerade deswegen heftige Auseinandersetzungen gegeben. Die Sprachberater erklärten auf dieser Versammlung in öffentlicher Sitzung, sie seien bisher von niemandem aus dem Vorstand oder der Geschäftsführung nach ihren Erfahrungen mit den neuen Regeln befragt worden; tatsächlich seien sie aber gerade auf Grund ihrer Erfahrungen in der Sprachberatung von anfänglichen Befürwortern der Reform zu Kritikern geworden. Eine positive Stellungnahme der GfdS entbehre also jeder Grundlage. Vorstand und Geschäftsführung reagierten auf diese Erklärung äußerst gereizt und beschimpften die Sprachberater in aller Öffentlichkeit wegen dieser politisch offenbar unerwünschten Äußerungen. Unter der Hand konnte man später erfahren, dass die Sprachberater danach in dieser Frage ein regelrechtes Redeverbot erhielten.“ (Horst Dieter Schlosser in einem Brief an Silke Wiechers vom 10.6.2003, abgedruckt in dies.: Die Gesellschaft für deutsche Sprache. Frankfurt 2004, S. 327)

Silke Wiechers, die selbst zeitweise Mitarbeiterin der GfdS war, bemerkt abschließend:

„Mit dem Wissen um ein derart autoritäres und antidemokratisches Vorgehen, bei dem die Erfahrungen der Sprachberatung im eigenen Haus bewußt nicht einbezogen wurden, kann der GfdS unter dieser Leitung Glaubwürdigkeit und Kompetenz zum Thema 'Rechtschreibreform' kaum noch zugebilligt werden.“ (ebd.)

Es sei noch erwähnt, daß ein umfangreicher Band „Förderung der Sprachkultur in Deutschland“, herausgegeben von der GfdS und dem IDS, zwar Platz für die skurrile „Deutsche Gesellschaft zur Rettung des Konjunktivs“ und Großunternehmen wie die Bertelsmann-Stiftung hatte, die mit Sprachpflege nichts zu tun haben, nicht aber für Vereine und Initiativen, die gegen die Rechtschreibreform kämpfen, mögen sie auch würdig gewesen sein, vom Bundesverfassungsgericht und vom Bundestag angehört zu werden. Die ebenso einseitige wie oberflächliche Stellungnahme der GfdS für das Bundesverfassungsgericht (18.9.1997) wurde von der baden-württembergischen Kultusministerin sogleich als Beweis dafür interpretiert, „die Sprachwissenschaft“ unterstütze die Rechtschreibreform.

Die Arbeitsgemeinschaft der deutschsprachigen Nachrichtenagenturen wird durch die Deutsche Presse-Agentur (dpa) vertreten. Wie sich dpa um die Durchsetzung der Rechtschreibreform verdient gemacht hat, ist in meinem Buch „Regelungsgewalt“ dokumentiert. Viele Zeitungen fühlten sich damals von dpa überrumpelt. Die Agenturen pflegen eine fehlerhafte, von dpa ausgearbeitete Hausorthographie und verwirren damit die Schüler zusätzlich. Es bleibt abzuwarten, ob der Vorstoß des Springer-Verlags hier ein Umdenken bewirkt. Das gilt auch für den Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger. Er ist zwar zu den Hauptverantwortlichen zu zählen, weil sein abgestimmtes Vorgehen im Sommer 1999 die Durchsetzung der Reform erst möglich gemacht hat, ist aber wenigstens finanziell uninteressiert, wie seine kurze, von Volker Schulze und Anja Pasquay unterzeichnete Stellungnahme für das Bundesverfassungsgericht vom 8.4.1998 deutlich machte:

„Unseren Erkenntnissen zufolge bedeutet die Umsetzung der Rechtschreibreform für die Zeitungsbranche ein Investitionsvolumen von rund fünf Millionen Mark. Dieser Betrag ist, mit Blick auf den Gesamtumsatz unserer Branche, nicht allzu hoch; eine Rücknahme der Reform würde folglich keine bedeutenden Verluste mit sich bringen.“

Schwer zu verstehen ist, warum neben den Zeitungsverlegern auch noch die Zeitschriftenverleger vertreten sind. Diese Entscheidung verstärkt nur das Stimmgewicht der wirtschaftlichen Interessen; einen inhaltlichen Beitrag kann man von den Verlegerverbänden schwerlich erwarten.

Ulrike Kaiser hat als Chefredakteurin die Zeitschrift „Journalist“, das Organ des Deutschen Journalistenverbandes, im Jahre 1999 auf Reformschreibung umgestellt.

Kritische Alibistimmen sind für die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften und für das PEN-Zentrum Deutschland vorgesehen. Die Akademien haben sich bereits geschlossen für eine Rücknahme der Reform eingesetzt, werden aber problemlos überstimmt werden und brauchen an den Scheinverhandlungen eigentlich gar nicht erst teilzunehmen. Für das PEN-Zentrum gilt dasselbe; es hat sich in einer Resolution gegen die Rechtschreibreform ausgesprochen, zuvor im „Beirat“ allerdings die Entscheidungen der schlagkräftigen Mehrheit mitgetragen. Beide Institutionen haben inzwischen erklärt, daß sie nicht mitmachen wollen; die Union der Akademien ließ später wissen, daß sie nur bei ausgewogener Beteiligung weiterer Reformkritiker zur Mitwirkung bereit wäre. Sie benannte für diesen Fall den Bonner Germanisten Werner Besch und als dessen Stellvertreter Manfred Bierwisch. Kurz darauf scherte die Berlin-Brandenburgische Akademie (und damit Bierwisch) wieder aus. Sie plädierte dafür, „auf eine staatliche Regulierung der Rechtschreibung zu verzichten und die gewachsene Struktur und die lebendige Dynamik der deutschen Sprache beizubehalten.“ Anders als die Union sehe sie im Rat nicht die Voraussetzung für einen konstruktiven Dialog gegeben (vgl. Circular 2004). Professor Besch nahm an der konstituierenden Sitzung teil.

Die Lehrerverbände und zugleich den Beamtenbund vertritt Ludwig Eckinger, der im Beirat saß und seine Übereinstimmung mit den Kultusministern oft genug zu Protokoll gegeben hat; vgl. etwa VBE Pressedienst 50, 13.12.2001 oder Süddeutsche Zeitung vom 8.7.2000 sowie sein Votum bei der vom VdS organisierten Pressekonferenz am 1.10.2004 in Berlin. Im Beirat saß für den Gewerkschaftsbund noch Reinhard Mayer, über dessen private Geschäfte mit der Rechtschreibreform ich in meinem Buch „Rechtschreibreform in der Sackgasse“ berichtet habe; er war wohl nicht mehr tragbar. Bemerkenswerterweise ist der Deutsche Philologenverband nicht mehr eingeladen worden.

Vom Symposion Deutschdidaktik e.V. , das seine Unterstützung der Rechtschreibreform erst kürzlich bestätigte (vgl. F.A.Z, vom 12.10.2004, Leserbriefe), sind Einwände so wenig zu erwarten wie von den Lehrern im Germanistenverband (nur diese sind eingeladen, nicht die Hochschulgermanisten). Das „Symposion“ zählt übrigens die führenden Rechtschreibreformer Augst und Sitta zu seinen früheren Vorsitzenden; Sitta hat für das „Symposion“ über das von ihm selbst mitverfaßte Reformwerk ein Gutachten geschrieben, das denn auch sehr positiv ausfiel. Jakob Ossner, der das „Symposion“ vertreten wird, lehnt eine Rückkehr ausdrücklich ab:

„Professor Ossner findet sowohl die alte als auch die neue Orthografie unbefriedigend. Daher halte er nichts davon, zur alten Rechtschreibung zurückzukehren. Die Entscheidung der FAZ sei 'im schlechten Sinne reaktionär'. Ohne 'Murren' würden seit einem Jahr die neuen Regeln angewandt.“ (Frankfurter Rundschau 1.8.2000)

Edmund Jacoby, der den Börsenverein vertritt, ist Leiter des Verlages Gerstenberg („Kleine Raupe Nimmersatt“ usw.) und gibt auch selbst Kinderbücher heraus, selbstverständlich wie das ganze Verlagsprogramm in reformierter Rechtschreibung.

Auf deutscher Seite ist mithin kein einziger Reformgegner auszumachen, aber auch kein Experte für Orthographie.


Die österreichische Regierung hat als Hauptvertreter dieselben drei Personen in den Rat berufen, die bereits in der Zwischenstaatlichen Kommission saßen: Blüml, Schrodt und Steiner. Alle drei gemeinsam haben früh ein einschlägiges Buch verfaßt („Warum neu schreiben?“, Wien 1997). Blüml und Steiner (hauptberuflich) arbeiten am Österreichischen Wörterbuch mit. Für Schrodts Polemik gegen die Reformkritiker mag sein Aufsatz „Diesseits von G/gut und B/böse“ (informationen zur deutschdidaktik 1997/3, 13-17) als bezeichnendes Beispiel genannt sein.

Der prominente und beliebte Politiker Zilk hat sich einmal kritisch zur übertriebenen Getrenntschreibung geäußert, Scholz eine muntere Glosse über Erlebnisse mit seinem Rechtschreibprogramm geschrieben. Lusser ist Verfasser von Rechtschreib-Schulbüchern („tip top in Rechtschreibung“, öbvhpt) und wirkt in der „Arbeitsgruppe Grundschule“ im Auftrag des Schulministeriums bei der Durchsetzung der Reform mit. Von dieser Seite sind also keine wesentlichen Einwände gegen die weitere Durchsetzung der Rechtschreibreform zu erwarten. Nur Ludwig Laher ist als Kritiker der Reform hervorgetreten und hat in verdienstvoller Weise die reformbedingte Aussonderung und Vernichtung von Büchern in „alter Rechtschreibung“ aus Schulbüchereien recherchiert.

Auch die Schweiz schickt alle drei Mitglieder der Zwischenstaatlichen Kommission in den Rat: Sitta, Gallmann und Hauck. Dabei ist Hauck, Leiter der Sektion Deutsch der Zentralen Sprachdienste der schweizerischen Bundeskanzlei, noch am ehesten bereit, seiner besseren Einsicht zu folgen. Er hat für die Schweizer Regierung eine eigene Hausorthographie ausgearbeitet, die nicht mit der amtlichen Neuregelung übereinstimmt. In privatem Gespräch gab er schon 1999 zu, daß die ganze Reform mißlungen sei. Sitta und Gallmann sind maßgebende Mitverfasser der Reform. Wie sie als Reformdurchsetzer mit der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) zusammenarbeiten und dabei auch ihr finanzielles Interesse als Duden-Autoren nicht vergessen, wurde durch einen versehentlich an die Öffentlichkeit gelangten Brief vom 29.9.1996 an den Generalsekretär der EDK, Christian Schmid, deutlich. Er war einer „Stellungnahme zu den Unruhen bezüglich der Umsetzung der neuen Rechtschreibregelung in Deutschland“ beigefügt, worin es u. a. heißt:

„Auch wenn man alles, was an Vorwürfen gegen die Umsetzung der Reform in den neuen Wörterbüchern zu lesen war, zusammenrechnet, kommt man auf Prozentsätze, die das öffentliche Gegacker nicht wert sind, das da veranstaltet wird. Von geringen Ausnahmen abgesehen, die man getrost als Petitessen oder – dem Zeitgeist entsprechend – als Peanuts abtun kann, ist vorzügliche Arbeit geleistet worden – nicht nur beim Duden, aber auch und vor allem beim Duden.“

(Näheres zu diesem erstaunlich ungenierten Brief an den „lieben Christian“ in meinem Buch „Die sogenannte Rechtschreibreform“. Sittas Geringschätzung der Schriftsteller kommt in einem Beitrag zum St. Galler Tagblatt vom 5.10.2004 zum Ausdruck, worin er ihnen „lemminghafte Einmütigkeit“ im Kampf gegen die Reform attestiert.) Der schönste Erfolg von Sittas Zusammenarbeit mit der EDK ist zweifellos, daß in der Schweiz weiterhin der Duden verbindlich ist und nicht das amtliche Regelwerk: „Der Duden bleibt auch in seiner 21. Auflage massgebendes Referenzwerk für alle Rechtschreibfragen im Schulunterricht.“ (Erklärung der EDK vom 30.5.1996) Dabei hatte die Reform das Ziel, den Duden zu entmachten: „Das Ziel der Reform waren gar nicht die Neuerungen. Das Ziel war, die Rechtschreibregelung aus der Kompetenz eines deutschen Privatverlages in die staatliche Kompetenz zurückzuholen.“ (Karl Blüml in: Standard 31.1.1998)

Thomas Lindauer ist eng befreundet mit Peter Gallmann und dessen langjähriger Mitarbeiter und Mitverfasser von Schulbüchern und anderen Arbeiten; beide gehören zusammen mit ihrem gemeinsamen Lehrer Sitta zu den erfolgreichsten Vermarktern der Rechtschreibreform, auch als Duden-Autoren. (Der Dudenverlag ist also mindestens fünfmal im Rat vertreten, denn auch Hoberg ist Dudenautor.)

Peter Feller vertritt die Schulbuchverlage als Direktor des Lehrmittelverlags des Kantons Zürich. Er lehnt aus wirtschaftlichen Gründen jede Revision ab.

Frau Siegel ist Verfasserin von Werken wie „Vom Lipstick zum Laptop“ (Hörbuch); zur Rechtschreibreform hat sie sich anscheinend bisher nicht öffentlich geäußert, sagt jedoch auf Befragen: „Ich war und bin vehemente Kritikerin. Wenn es sich jedoch als gesichert herausstellt, dass sie nicht rückgängig gemacht werden kann, werde ich das als Pragmatikerin akzeptieren und für die kleinstmögliche Anzahl Änderungen kämpfen.“ (mitgeteilt von Peter Müller, Dezember 2004) Sie hat einen Lehrauftrag an derselben Fachhochschule Aargau, an der auch Lindauer Dozent ist.

„Dr. Monique R. Siegel hat sich mit ihrer Firma MRS MindRevival Strategies GmbH als Innovationsberaterin international etabliert. Als Bestsellerautorin, Publizistin und Dozentin äußert sich die Zukunftsforscherin an zahlreichen Veranstaltungen sowie in Fernseh- und Radiosendungen kompetent zu Themen wie Unternehmertum, Innovation, Bildung oder Kommunikation.“ (Internet)

Stephan Dové ist Chefkorrektor der Neuen Zürcher Zeitung. Als solcher ist er zwar von der amtlichen Neuregelung keineswegs überzeugt, steht jedoch Gallmann nahe (der früher ebenfalls für den NZZ-Verlag korrigierte; beiden haben auch gemeinsam publiziert) und lehnt eine Rückkehr zu bewährten Rechtschreibung ab.

Der Präsident des Lehrerverbandes, Max A. Müller, hat sich gelegentlich spöttisch über die Rechtschreibreform geäußert:

„Die deutsche Rechtschreibreform und das neue BL-Bildungsgesetz haben durchaus Gemeinsamkeiten. Beide Unternehmungen wurden unter Begründungen angezettelt, an die sich heute kaum mehr jemand erinnert, in beiden Fällen verlief die Projektphase eher holprig, die Erläuterungsrhetorik war blumig euphorisch, und das Resultat hinterlässt in der Umsetzung zunehmend Ratlosigkeit.“ (Rundschreiben des LVB)

Wirkliche Reformkritiker sind unter den 32 namentlich bekannten Mitgliedern des „Rates“ mit Ausnahme des Schriftstellers Ludwig Laher bisher nicht auszumachen. Der Auftrag des Rates läßt den schlichten Rückkehrgedanken oder ein grundsätzliches Überdenken der Reform auch gar nicht zu.

Um die Aussichtslosigkeit der Lage zu erkennen, muß man einen Blick auf den historischen Zusammenhang werfen. Der Zwischenstaatlichen Kommission war von den Politikern eine unerfüllbare Aufgabe zugewiesen worden:

„Die Zwischenstaatliche Kommission, die im Zuge der Neuregelung eingerichtet wurde, sollte im Grunde die Funktion übernehmen, die zuvor von der Dudenredaktion wahrgenommen wurde.“ (Beschlußvorlage der KMK für die Amtschefskommission vom 14.1.2004).

Die Aufgabe der Dudenredaktion besteht bekanntlich in erster Linie darin, Wörterbücher zu machen. Der „Rat“ soll nun die Zwischenstaatliche Kommission ablösen und ersetzen, also wohl ebenfalls die Rolle der Dudenredaktion ausfüllen. Daß ein 37köpfiges ehrenamtlich tätiges Gremium, das ganz überwiegend aus lexikographischen und linguistischen Laien besteht, die deutschsprachige Welt mit einem brauchbaren Wörterbuch versehen könnte, ist eine abenteuerliche Vorstellung. „Wann hätte je eine amtliche, halb- oder dreiviertelamtliche orthographische Konferenz etwas Vernünftiges zuwege gebracht!“ (Friedrich Roemheld: Die Schrift ist nicht zum Schreiben da. Eschwege 1969, S. 23).

Der Vorsitzende Hans Zehetmair will Arbeitsgruppen beauftragen, sich mit einzelnen Bereichen zu beschäftigen. Sie werden naturgemäß wiederum aus den Mitgliedern der alten Reformergruppe bestehen müssen, weil nur diese über die erforderliche Detailkenntnis verfügen. Doch selbst da hapert es. Der einzige, der orthographische Ideen hat, diese allerdings ohne jeden Respekt vor dem Erfordernis der Kontinuität zu verfechten pflegt, ist Peter Gallmann. Die wenigen Sprachwissenschaftler, die sonst noch zu finden sind, verstehen zu wenig von Orthographie. Kein einziger hat sich mit der Neuregelung in ihren verschiedenen Versionen näher beschäftigt.

Der „Rat“ wird also genau das tun, was die KMK anstrebt: alle fünf Jahre über die „problemlose“ Durchsetzung und phänomenale Akzeptanz der Reformschreibung berichten. Dabei wird er sich auf „Mehrheiten“ bei seinen internen Abstimmungen berufen und sich als sehr demokratisch zusammengesetzte Vertretung der Betroffenen darstellen.

Warum es so kommen mußte, erklärt schlaglichtartig eine Äußerung Hans Zehetmairs Ende November 2004: „Sie wollen keine totale Rücknahme der Reform?“ - Zehetmair: „Nein. Das wäre nicht durchsetzbar.“ - Die Arbeit der Reformer hat schon vor über zehn Jahren die sachbezogene Diskussion aufgegeben und sich nur noch auf die „Durchsetzbarkeit“ beliebiger Änderungen konzentriert. („Die jetzt vorliegenden Vorschläge wurden allgemein als durchsetzbar angesehen,“ heißt es schon in der Vorlage für die Wiener Konferenz 1990 – wohlgemerkt: durchsetzbar gegen den Widerstand der Sprachgemeinschaft, die keine Veränderung des vertrauten Schriftbilds wolle.) Daher ist es nur konsequent, wenn jetzt Unternehmensvertreter und Verbandsfunktionäre in einem Gremium dominieren, das über Eingriffe in die deutsche Sprache berät und in dem solche Interessengruppen normalerweise nichts zu suchen hätten. Im Bundestag haben alle Parteien außer der FDP den Fraktionszwang eingesetzt, um die weitere Durchsetzung der Rechtschreibreform im Sinne der Lobby nicht zu gefährden.

Statt die Gesellschaft „mit der Rechtschreibreform zu versöhnen“, könnte man versuchen, die Kultusminister mit der bewährten Rechtschreibung zu versöhnen. Solange sie diesen Gedanken nicht an sich herankommen lassen, ist auch vom neuen „Rat“ nichts zu erwarten.

09.01.2005
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Ulrich Brosinsky



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Beitrag: Samstag, 19. Feb. 2005 03:31    Titel: Schule und Sühne Antworten mit Zitat

Schule und Sühne
Hans Zehetmair will eine etwas bessere Rechtschreibung


Reinhard Markner

Es wird Widerstand geben, erbitterten Widerstand" - Hans Zehetmair ahnte, was kommen würde, als er vor zehn Jahren mit dem "Spiegel" über die geplante Rechtschreibreform sprach. Um jeder Unbotmäßigkeit zuvorzukommen, sorgte der damalige bayerische Kultusminister für die vorfristige Einführung der Reform an den von ihm beaufsichtigten Schulen.

Der von niemandem prophezeite Untergang des Abendlandes ist zwar ausgeblieben. Aber angesichts eines Zustands allgemeiner Rechtschreibschwäche hat Zehetmair "tätige Reue" versprochen. Er will jetzt "einige der größten Schwachstellen der Reform bereinigen". Blieben noch einige andere der größten und eine unbestimmte Anzahl großer wie kleiner Schwachstellen. Um die wird sich vielleicht ein anderes Gremium kümmern als der heute zu seiner ersten Arbeitssitzung zusammentretende "Rat für deutsche Rechtschreibung".


Gutachter in eigener Sache

Zehetmair, der auf Wunsch der Kultusministerkonferenz den Vorsitz übernommen hat, hält eine gewisse "Staatsferne" des Rats für wünschenswert. Die deutsche Sprache gehört zweifellos nicht in die Hände von Politikern. Aber wer würde sie ohne Bedenken den Verbands- und Unternehmensrepräsentanten überlassen, die nun ihre Sitze im Rechtschreibrat einnehmen? Wer würde gar mit der Überprüfung der Rechtschreibreform deren Urheber betrauen? Die Kultusbeamten in Wien und Bern verfolgen eben diese Absicht. Sie haben als Delegierte die bisherigen österreichischen und Schweizer Mitglieder der an ihrer Aufgabe gescheiterten "Zwischenstaatlichen Kommission" benannt. Diese dürfen weiterhin als Gutachter in eigener Sache fungieren, während die namhaftesten Vertreter der Gegenseite gar nicht erst zur Mitwirkung eingeladen wurden. Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung und der PEN-Club haben deshalb eine Beteiligung an dem Verfahren abgelehnt, das für sie auf die Verfertigung von Minderheitsvoten hinausliefe.

Dabei wäre Verhandlungsspielraum durchaus vorhanden, denn die seriösen Reformkritiker sind keine Duden-Nostalgiker. Manche reformkonformen Großschreibungen ("auf Deutsch"), manche Kleinschreibungen ("infrage"), manche Getrenntschreibungen ("zu viel"), manche Zusammenschreibungen ("stattdessen") sind akzeptabel, hauptsächlich deshalb, weil sie schon vor 1996 verbreitet waren. Einige Bereiche der Rechtschreibung waren nicht befriedigend geregelt und sind es immer noch nicht, zum Beispiel die Schreibung von Komposita aus dem Englischen ("Standingovations").


Kaum Aussicht auf Konsens

Eine schonungslose Bestandsaufnahme wäre nötig. Die umgestellte Springer-Presse zeigt, wie die Rückkehr zur bisherigen Verteilung von ß und ss, da rein mechanisch, problemlos vonstatten gehen kann, während eine optimale Getrennt- und Zusammenschreibung kaum zu erreichen ist. Vernünftige Entscheidungen können nur strikt im Interesse der Sprache selbst getroffen werden, nicht im Interesse bestimmter Gruppen, deren Vertreter nun unter Zehetmairs Vorsitz beraten. So wird, wie empirische Studien belegen, die von vielen Erwachsenen als einleuchtend empfundene ss/ß-Schreibung von Kindern weit weniger gut begriffen. Lehrern gefallen an der Neuregelung der Getrennt- und Zusammenschreibung die ganz schematischen Festlegungen, die Schriftstellern und Grammatikern besonders anstößig sind. Zwischen diesen Interessen zu vermitteln hieße Kompromisse auf Kosten der Sprache zu schmieden.

Solange allerdings die an den Schulen geschaffenen Fakten mit Argumenten verwechselt werden und die "Durchsetzbarkeit" fälliger Änderungen als wichtigstes Kriterium ihrer Sinnfälligkeit gilt, besteht kaum Aussicht auf eine konsensfähige deutsche Rechtschreibung.

www.berlinonline.de/berliner-zeitung/feuilleton/423120.html vom Freitag, dem 18. Februar 2005
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Ulrich Brosinsky



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Beitrag: Sonntag, 20. Feb. 2005 23:57    Titel: Neue Arbeitsgruppe Antworten mit Zitat

Rechtschreibung: Noch keine Korrekturen

Mannheim
- Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat sich noch nicht auf Vorschläge zur Korrektur der Rechtschreibreform geeinigt. Der Vorsitzende des Rates, der CSU-Politiker Hans Zehetmair, sagte, eine siebenköpfige Arbeitsgruppe solle bis zur nächsten Sitzung am 8. April eine Vorlage zur Getrennt- und Zusammenschreibung erarbeiten. Diese Regelungen sind laut Zehetmair besonders umstritten. Der im Oktober 2004 eingesetzte Rat soll vor Inkrafttreten der Reform am 1. August Korrekturen an strittigen Regeln vornehmen. Zehetmair lehnte die Rückkehr zur alten Rechtschreibung ab. Der Rat müsse aber "Zeichen setzen für die Versöhnung mit dem Volk". ap

www.abendblatt.de, erschienen am 19. Februar 2005 in Kultur / Medien
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Ulrich Brosinsky



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Beitrag: Montag, 21. Feb. 2005 00:19    Titel: Kulturschock abwendbar? Antworten mit Zitat

Von Gerald Semkat
Rechtschreibung: Ratloser Rat

Überhaupt nicht überraschend blieb der Rat für Rechtschreibung gestern ratlos. Lediglich einen Arbeitskreis hat er gebildet. Die Lage in diesem Gremium ist halt so verworren, dass es nicht mehr weiter weiß. Statt wenigstens den schlimmsten Sprachmüll zu beseitigen, den uns die Rechtschreibreform bescherte, pflegen einige Ratsmitglieder offenbar persönliche Eitelkeiten.

Eine totale Abkehr von diesem Reformkonstrukt ist zwar illusorisch, aber wenigstens sollte es nicht mehr "Krebs erregend" statt "krebserregend" oder "hoch motiviert" statt "hochmotiviert" heißen, wenn diese Reform im August in Kraft tritt.

Es käme einem Kulturschock gleich, würde eine verhunzte Rechtschreibung endgültig verbindlich werden, nur weil Sprachbürokraten und Schulbuchverlage es so wollen.

www.volksstimme.de/ vom 20. Februar 2005
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Manfred Riebe



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Beitrag: Freitag, 04. März. 2005 10:58    Titel: Theodor Ickler im Rat Antworten mit Zitat

Kritiker vor

Ickler für den P.E.N. im Rechtschreib-Rat

Einer der schärfsten Kritiker der Rechtschreibreform, der Schriftstellerverband P.E.N., hat jetzt doch noch seine Mitarbeit im Rat für Deutsche Rechtschreibung angekündigt. Es habe verschiedene Gespräche gegeben, nach denen auch die Gegner der Rechtschreibreform in dem Expertengremium zu Wort kommen sollen, erklärte der Generalsekretär des P.E.N., Wilfried F. Schoeller. Der P.E.N. entsendet mit dem Erlanger Sprachwissenschaftler Theodor Ickler einen der profiliertesten Kritiker der Rechtschreibreform in das umstrittene Gremium. Bislang hatten der Schriftstellerverband sowie die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung eine Mitarbeit in dem Rat mit der Begründung abgelehnt, das Gremium sei einseitig mit Reformbefürwortern besetzt. Im Rechtschreibrat sitzen Sprachwissenschaftler, Vertreter von Verlagen, Schriftsteller- und Journalistenverbänden, Lehrerorganisationen sowie des Bundeselternrates. Bis zur verbindlichen Einführung der neuen Schreibweisen in Schulen und Behörden zum 1. August dieses Jahres soll sich die Gruppe mit den drei Komplexen Getrennt- und Zusammenschreibung, der Eindeutschung von Fremdwörtern und der Interpunktion befassen. Bis zum nächsten Treffen des Gremiums am 8. April in München will eine siebenköpfige Arbeitsgruppe Regeln für die besonders strittigen Fälle der Getrennt- und Zusammenschreibung ausarbeiten. Weitere Sitzungen sind am 3. Juni und 1. Juli jeweils in Mannheim geplant. dpa

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4. März 2005, S. 32
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