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Münchner Merkur
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Manfred Riebe



Registriert seit: 23.10.2002
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Beitrag: Mittwoch, 12. Nov. 2003 23:38    Titel: Münchner Merkur Antworten mit Zitat

Münchner Merkur: Das Vorbild eines Chefredakteurs
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NEUE DEBATTE UM RECHTSCHREIBREFORM

Jeder wie er will

Von Ernst Hebeker

Manchmal behalten die Spötter doch Recht: Knapp vier Jahre nach Einführung der heftig umstrittenen Rechtschreibreform droht der Wortkrieg um die Orthografie erneut auszubrechen.
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Die Reform der Rechtschreibung ist faktisch auf deren Abschaffung hinausgelaufen.
_________________________________

Anlass dazu sind Meldungen über ein internes Papier, in dem die Urheber des Projekts ihren Willen zur Überarbeitung desselben bekunden. Offensichtlich dämmert es den Beteiligten inzwischen, was sie eigentlich angerichtet haben.

Erstaunlich, wie unverändert sich die Fronten immer noch gegenüberstehen, da doch längst erwiesen ist, was diese einzige wirkliche Reform in Deutschland erzeugt hat. Sie hat die geschriebene Sprache in ein Chaos ohnegleichen geführt, in dem nahezu jeder schreibt, wie er will. Man muss sich im Zeitalter der gedankenlos hingeworfenen E-Mails darüber gar nicht übermäßig aufregen, aber fest steht: Die Reform der Rechtschreibung ist faktisch auf deren Abschaffung hinausgelaufen.

Mit dieser von den Kritikern vorhergesagten Entwicklung entrichtet die verantwortliche Kommission aus Kultus-Bürokraten und Reform-Pädagogen nun den fälligen Tribut an ihren ursächlichen Denkfehler. Grundgedanke war ja nicht, die Verständlichkeit der Schriftsprache zu verbessern, sondern ihre Erlernbarkeit zu erleichtern. Dass dies auf Kosten der Verständlichkeit gehen musste, ist durch zahlreiche Fälle belegt. Insofern war das Resultat wohl verdient (oder wohlverdient?).

Das hindert die Kommission freilich keineswegs, an ihrem missratenen Werk festzuhalten, das sie mit den Weihen einer unbegreiflich passiven Kultusministerkonferenz auf die schreibende Gesellschaft losgelassen hat. Eine Reform der Reform kann es demzufolge nicht geben – natürlich nicht, denn ein Chaos lässt sich schwerlich reformieren.

So bleibt denn nach vier Jahren, dass sich vor allem das Doppel-s anstelle des „sz“ durchgesetzt hat, vieles andere aber nicht. Vielleicht lässt sich auch etwas darüber in Erfahrung bringen, ob die Schulkinder das Diktat unter den neuen Regeln mit weniger Fehlern schreiben. Man hört verdächtig wenig davon. So schreibt denn weiter jeder, wie er will – Hauptsache, die Kommission ist mit sich und der Welt zufrieden.

Münchner Merkur vom Donnerstag, den 28.2.2002
_________________________________________

Dieser Kommentar stand auf der Nachrichtenseite von www.rechtschreibreform.com, ohne daß jemand sich dazu äußerte. Man wußte wohl nicht, daß Ernst Hebeker Chefredakteur des „Münchner Merkur“ ist. Kennt jemand andere Chefredakteure, die es wagten, ein solch offenes Urteil über die Rechtschreibreformer und die Politiker abzugeben? Schön wäre es, wenn diese mutige Meinungsäußerung „Vorbildcharakter“ für andere Chefredakteure bekäme. Doch dazu müßte jeder Leser diesen Kommentar Hebekers erst einmal an den Chefredakteur seiner eigenen Tageszeitung senden. Außerdem müßte ein Akt zivilen Ungehorsams hinzukommen: Chefredakteur Ernst Hebeker müßte in seinen Artikeln die herkömmliche Rechtschreibung anwenden Die Rückkehr der FAZ zur bewährten traditionellen Rechtschreibung kam ja auch nicht von ungefähr.

Zur Erinnerung: Die Chefredakteure hatten auf Grund von Desinformationen durch die Deutsche Presse-Agentur die Einführung einer eigenen Orthographie der Nachrichtenagenturen beschlossen. Es bleibt abzuwarten, ob sich nun eine Mehrheit unter den Chefredakteuren bildet, die die Agentur-Orthographie dorthin befördern, wohin sie gehört: auf den Müll!

Manfred Riebe, 09.03.2002 17.11
Forum > Rechtschreibforum > VRS
http://www.rechtschreibreform.de/php/einzelner_Datensatz.php?BeitragNr=12065

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Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Samstag, 03. Jul. 2004 20:35, insgesamt 1mal bearbeitet
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Manfred Riebe



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Beitrag: Samstag, 03. Jan. 2004 23:13    Titel: Konrad Duden würde sich im Grab umdrehen: Jeder schreibt, wi Antworten mit Zitat

<b>Konrad Duden würde sich im Grab umdrehen: Jeder schreibt, wie er will.
„Die Einheitlichkeit ist verloren gegangen.“
___________________________________________________________

Es lebe die Sprache
ZUM 175. GEBURTSTAG VON KONRAD DUDEN</b>

Im Jahre 1880 wurde den Deutschen erstmals genau aufgezeigt, wie sie schreiben sollten - nämlich so, wie sie sprachen. Das jedenfalls war der Grundgedanke des Vaters der Einheitsrechtschreibung. Konrad Duden hatte damals 28 000 Stichwörter zusammengestellt: kein neues Regelwerk, sondern ein einheitliches Gerüst für die Rechtschreibung sollte es sein.

Aus dem Gerüst ist ein Riesenbauwerk entstanden. 120 000 Begriffe sind in der 22. Auflage enthalten. Der deutsche Wortschatz ist explodiert. Und wenn der alte Duden an seinem heutigen 175. Geburtstag das neue Werk durchblättern könnte, würde er sich vielleicht im Grab umdrehen.

Besonders das Jahr 1998 hat aus dem seit 1901 geltenden amtlichen Werk einen Ladenhüter gemacht. Die Rechtschreibreform hat die deutsche Sprache zwar nicht neu erfunden, alte Regeln aber oft leichtfertig über Bord geworfen.
Jeder schreibt inzwischen, wie er will. Der Sprache ist damit nicht immer gedient. Die Einheitlichkeit ist verloren gegangen, die alte Zweideutigkeit dagegen zurückgekehrt. Früher freute sich der Hungrige auf seine heißersehnten Bratkartoffeln. Heute kann er sie nur noch heiß ersehnen.

Natürlich muss Sprache leben. Natürlich muss sie sich entwickeln. Aber in erster Linie muss sie in einem bestimmten Rahmen zu handhaben sein. Und dafür muss es Regeln geben. Die ursprünglich dudenschen waren nicht die schlechtesten. Das sollten auch Schriftsteller wie Hans Magnus Enzensberger einsehen, der im Erfinder des Wörterbuchs nur einen "Sesselfurzer" gesehen haben soll. Das hat der Jubilar wahrlich nicht verdient.

Andreas Liegsalz
Münchner Merkur vom 3.1.2004 (Nachrichten - Politik - Kommentar/Meinung)
www.merkur-online.de/nachrichten/politik/meinung/87,225665.html

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Manfred Riebe



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Beitrag: Sonntag, 04. Jan. 2004 15:28    Titel: Der Duden ist kein Ladenhüter Antworten mit Zitat

Zu Andreas Liegsalz: Es lebe die Sprache - ZUM 175. GEBURTSTAG VON KONRAD DUDEN. In: Münchner Merkur vom 3.1.2004 meldete ich mich im „Forum - Münchner Merkur“ an und schrieb dort:

<b>Der Duden ist kein Ladenhüter</b>

Sehr geehrter Herr Liegsalz,
Sie schreiben, die Rechtschreibreformer hätten alte Regeln oft leichtfertig über Bord geworfen. „Jeder schreibt inzwischen, wie er will. [...] Die Einheitlichkeit ist verloren gegangen.“ Konrad Duden würde sich vielleicht im Grab umdrehen.

Schreiben Sie doch Ihre Artikel einfach in der traditionellen Rechtschreibung, so wie es Iris Hanika in der WELT nach dem Motto tut: „Macht kaputt, was euch kaputtmacht!“, siehe: www.vrs-ev.de/forum/viewtopic.php?t=149.
„Es ist nie zu spät, Natur-, Kultur- und Sprachzerstörung, Entdemokratisierung, Korruption und Steuerverschwendung zu stoppen!“ (VRS)

Der Duden in traditioneller Einheitsrechtschreibung von 1991 kann kein Ladenhüter werden, weil 90 Prozent des Rechtschreibvolkes, fast alle Schriftsteller und auch viele Journalisten ihn weiterhin verwenden.

Mit freundlichen Grüßen
Manfred Riebe
www.merkur-online.de/forum/index.html?mode=po_view&th_id=162
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Manfred Riebe



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Beitrag: Samstag, 31. Jan. 2004 23:34    Titel: Reiner Kunze in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste Antworten mit Zitat

<b>Reiner Kunze in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste
______________________________________________________

Keine Komma-Moral
München: Forum zur neuen Rechtschreibung</b>
Von Christine Diller

1996 wurde sie beschlossen, 1998 eingeführt: die neue Rechtschreibung. Hat sie sich durchgesetzt, oder haben es an ihrer Stelle Resignation und Ignoranz oder Beliebigkeit getan? Die meisten Leute schreiben, wie sie es gelernt haben, oder befolgen gerade einmal die einprägsamsten der neuen Regeln, worunter sicher nicht die 1106 Ausnahmebestimmungen fallen, die Dichter Reiner Kunze selbstquälerisch zusammenzählt. »Abstumpfung des Sprachbewusstseins« nennt er das Ergebnis der Reform, und tatsächlich vergisst man allmählich, sich darüber aufzuregen.
Stellvertretend für seine Zunft hat Kunze die Denkschrift »Die Aura der Wörter« verfasst: »Jeder Schreiner achtet auf die Schärfe seiner Schneide, die Reformregeln aber sind die Scharten auf der Schneide des Dichters.« Und doch nimmt nicht nur ein Häuflein Verseschmiede Anstoß: Beim Forum des Monats der Bayerischen Akademie der Schönen Künste München waren der Andrang groß und der Beifall laut, mit dem das Publikum den Reformgegnern und Moderator Albert von Schirnding beipflichtete.
»Richtigstellen« statt »richtig stellen« oder »eine handvoll« [sic] gegenüber »eine Hand voll« - erstere sind nicht mehr existierende Ausdrücke, die Kunze vermisst. »Quellen der Wortschöpfung, um die wir beneidet werden, versiegen. Über 100 Jahre Sprachgefühl und -intelligenz werden rückgängig gemacht.« Soweit die bekannten Argumente. Ein neues hatte der Augsburger Studiendirektor Wolfgang Illauer: »Die Fehler an Schulen nehmen leicht zu, wegen Alternativschreibungen, gesunkener Komma-Moral und heute drei statt zwei Möglichkeiten der s-Schreibung.« Der Publizist Hans Krieger sah gar das differenzierte Denken an sich in Gefahr.
Uneinigkeit bestand bezüglich der Mittel der Sabotage: Während Jurist und Autor Herbert Rosendorfer auf die Selbstreinigung der Sprache setzte, machte Kunze ein Friedensangebot: Rückkehr zur alten Schreibung mit vorübergehender Akzeptanz der neuen zugunsten derjenigen, die sie bereits lernten. Dem stimmte auch der Erlanger Germanist und Poet Peter Horst Neumann zu und verlegte sich - sicherheitshalber schon im sprachlichen Exil - auf ein trockenes »J’accuse«, das auch den Medien galt.

Münchner Merkur vom 5.12.2002

www.rechtschreibreform.com/Perlen/KraftBank/KraftBank.pl?ThuDec513:53:26GMT2002
________________________________

Anmerkung: Der »Münchner Merkur« erteilte der »großen Schwester« SZ eine Lektion in Sachen journalistischer Freiheit und Verantwortung. Die SZ berichtet nämlich nicht. ...


Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Mittwoch, 09. Feb. 2005 22:30, insgesamt 1mal bearbeitet
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Manfred Riebe



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Beitrag: Samstag, 31. Jan. 2004 23:38    Titel: Der faule Kompromiß der Akademie Antworten mit Zitat

<b>Der faule Kompromiß der Akademie
_______________________________________________________

Dann haben wir es hinter uns
Akademie für Sprache und Dichtung: Kompromiss zur Rechtschreibung</b>

Was ist nun richtig - halbblind oder halb blind, kurzgebraten oder kurz gebraten, funkensprühend oder Funken sprühend? Nichts Genaues weiß man nicht seit Einführung der Rechtschreibreform. Und so kommt es, dass jeder schreibt, wie er will oder kann. Was so schlimm vielleicht auch nicht wäre, würden damit nicht inhaltliche Unschärfen verbunden sein.

Und darum geht es letztlich: um die Genauigkeit des Ausdrucks, die Eindeutigkeit des Geschriebenen. Der Gralshüter unserer Sprache, die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt, hat sich jetzt in Sachen Rechtschreibreform noch einmal mächtig zu Wort gemeldet und mit einer stattlichen Broschüre den „Versuch der Reform einer Reform“ in Angriff genommen.

Anlass ist die Tatsache, dass die gesetzte Übergangsfrist von der alten zur neuen Rechtschreibung, die amtlich noch beide Varianten „erlaubt“, ausläuft. Ab 2005 ist Schluss mit entweder oder. Dann sollen, so die Erfinder des umstrittenen Reformwerks, endgültig überall die gleichen Regeln gelten.

Für die Herren der ehrwürdigen Akademie, die, wie sie heute selbst zugeben, viel zu spät protestiert haben gegen den Anschlag auf die Groß- und Klein-, die Getrennt- und Zusammenschreibung, Kommata, Ä’s, E’s oder Ph’s, ist es noch nicht zu spät. Jetzt präsentierten die Professoren Christian Meier und Peter Eisenberg einen von allen Akademiemitgliedern getragenen Kompromissvorschlag. Neuer Streit sollte möglichst vermieden werden, ebenso eine weitere Kostenlawine. Es geht, wenn es auch oft den Anschein hatte, schließlich nicht um Rechthabung, sondern um Rechtschreibung. „Es ist unser Wunsch, sich zu einigen. Jede Seite wird ein bisschen was opfern müssen, aber dann haben wir es hinter uns“, so Meier.

Die wissenschaftliche Fleißarbeit dieses neuen Konvoluts an Wörtern hat der ausgleichende Peter Eisenberg geleistet: „Der amtliche Schriftverkehr, das Gros der Zeitungen, die Schulbücher benutzen längst die neue Schreibung . . . Daran wird sich nichts mehr ändern lassen.“ Insgesamt aber wuchere eine unschöne Mischung von beiden Schreibungen. Aus dieser verfahrenen Lage müsse möglichst rasch ein Ausweg gefunden werden. Durch die jetzt vorgelegten Konsensvorschläge würden alle gravierenden Einwände gegen die Rechtschreibreform gegenstandslos. Man sei bereit, sozusagen kampflos einige Schäden hinzunehmen, aber jene nicht zu akzeptierenden Falschschreibungen müssten unbedingt rückgebaut werden.

Die meisten Fehler sind den Reformern bei der Klein-, Groß- und Getrenntschreibung unterlaufen. Fehler, die nicht hinnehmbar sind. Haupteinwand: „Die Neuregelung sieht wesentlich mehr Getrenntschreibungen vor, als wir sie bisher hatten, d.h. sie macht in zahlreichen Fällen aus einem Wort zwei Wörter. Ein Wort wie ,auseinandersetzen’ verschwindet, wenn nur noch ,auseinander setzen’ geschrieben werden darf. Dass man sich nicht unbedingt auseinander setzt, wenn man sich auseinandersetzt - was man in der Aussprache deutlich unterscheidet - geht dabei verloren.“ Solche Undifferenziertheiten in der Sprache führen letztlich zur Ungenauigkeit im Denken.
In dem Band „Zur Reform der deutschen Rechtschreibung“ ist nun auf 112 Seiten tabellarisch aufgeführt, welche Änderung tragbar ist, welche nicht. Die Liste zeigt, was sich gegenüber der alten Orthographie tatsächlich geändert hat und wie nach Auffassung der Akademie mit den Änderungen umgegangen werde sollte.
Wallstein Verlag, Göttingen.
@ www.wallstein-verlag.de

VON SABINE DULTZ

Münchner Merkur vom 01.04.2003 20:26
www.merkur-online.de/nachrichten/kultur/kunstakt/282,113098.html
_____________________________________________________________

<b>Heißgeliebt oder heiß geliebt
REFORM DER RECHTSCHREIBREFORM</b>

Schließen wir ‘nen kleinen Kompromiss. . . Oder vielleicht doch lieber: Kompromiß ? Nein, darum geht es der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung nicht, wenn sie jetzt - kurz vor Ablauf der Übergangsfrist von der alten zur neuen Rechtschreibung - den „Versuch einer Reform der Reform“ vorlegt. Es geht nicht um ss oder ß. Es geht auch nicht um plazieren oder platzieren, nicht um Phantasie oder Fantasie. Die Gralshüter der Orthographie sorgen sich um viel Wesentlicheres - um den Verlust der Genauigkeit im sprachlichen Ausdruck.

Nachdem seit sechs Jahren die neue Rechtschreibung weitgehend praktiziert und vor allem gelehrt wird, wollen sie vernünftigerweise das Rad nicht mehr ganz zurückdrehen. Aber da, wo sich aus veränderter Schreibweise inhaltliche Konsequenzen ergeben, bestehen sie auf Revidierung. Und das zu Recht.
Denn Sprache ist nicht nur Grammatik, Orthographie, Interpunktion. Sprache ist auch Politik. In einer Zeit, in der nicht nur mit Bildern, sondern ebenso mit Worten grandios manipuliert wird, ist es umso wichtiger, empfindlich und wach zu sein für die Feinheiten des Deutschen. Das genaue Formulieren zwingt zum genauen Denken. Das exakte Schreibenmüssen führt dazu, jedes Wort in seiner Bedeutung abzuwägen. Und sich klar zu werden darüber, worin zum Beispiel der Unterschied besteht zwischen heißgeliebt und heiß geliebt.

Eine Reform der Reform, wie sie jetzt von der Deutschen Akademie erarbeitet wurde, ist ein ernst zu nehmender Beitrag, der wachsenden Gleichgültigkeit der Sprache gegenüber entgegen zu wirken.

Sabine Dultz

Münchner Merkur vom 01.04.2003

www.merkur-online.de/nachrichten/politik/aktuell/297,113125.html
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Manfred Riebe



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Beitrag: Samstag, 31. Jan. 2004 23:42    Titel: Ab 2005 gelten nicht überall die gleichen Regeln Antworten mit Zitat

<b>Ab 2005 gelten nicht überall die gleichen Regeln</b>
________________________________________________________________

Manfred Riebe, OStR i.R. ...........................Schwaig bei Nürnberg, den 12.01.2004
Max-Reger-Str. 99
90571 Schwaig bei Nürnberg
Tel. (0911) 50 08 25, Fax: 506 74 23


Münchner Merkur
Feuilleton: Frau Sabine Dultz
Herrn Andreas Liegsalz
Paul-Heyse-Str. 3-4

80336 München


Leserbrief zu Andreas Liegsalz: Es lebe die Sprache. Zum 175. Geburtstag von Konrad Duden. In: Münchner Merkur vom 3.1.2004
und zu Sabine Dultz: Dann haben wir es hinter uns - Akademie für Sprache und Dichtung: Kompromiss zur Rechtschreibung. In: Münchner Merkur vom 01.04.2003
www.merkur-online.de/nachrichten/kultur/kunstakt/282,113098.html
- Authentischer Abdruck gemäß Urheberrecht erbeten! - (1)

Ab 2005 gelten keineswegs überall die gleichen Regeln.
Die neue ss-Regelung ist der Silikonbusen der Rechtschreibreform.

Sabine Dultz schrieb: „Ab 2005 ist Schluss mit entweder oder. Dann sollen, so die Erfinder des umstrittenen Reformwerks, endgültig überall die gleichen Regeln gelten.“ Und Professor Christian Meier sagte: „Jede Seite wird ein bisschen was opfern müssen, aber dann haben wir es hinter uns.“ Professor Peter Eisenberg meinte: „Man sei bereit, sozusagen kampflos einige Schäden hinzunehmen“, um die unschöne Mischung von beiden Schreibungen zu beseitigen. Unter diesen Voraussetzungen sei ein Kompromiß die Lösung.

Aber diese Voraussetzungen stimmen nicht. Man muß jedem Reformer auf die Finger sehen, auch Professor Eisenberg.

1. Falsch ist die Behauptung: „Anlass ist die Tatsache, dass die gesetzte Übergangsfrist von der alten zur neuen Rechtschreibung, die amtlich noch beide Varianten „erlaubt“, ausläuft. Ab 2005 ist Schluss mit entweder oder. Dann sollen, so die Erfinder des umstrittenen Reformwerks, endgültig überall die gleichen Regeln gelten.“ Falsch ist auch die Behauptung von Andreas Liegsalz, man habe die „alten Regeln [...] über Bord geworfen“.

1.1 Richtig ist dagegen: Der Begriff „alte Rechtschreibung“ suggeriert wahrheitswidrig eine Veraltung. In Wirklichkeit handelt es sich um die allgemein gebräuchliche traditionelle Qualitätsorthographie. Hingegen sind die sogenannten neuen Schreibweisen ein Rückschritt in das 18./19. Jahrhundert und somit veraltet. Die herkömmliche Rechtschreibung ist modern.

1.2 Richtig ist außerdem: Ab 2005 gelten keineswegs überall die gleichen Regeln.
Wenn die Presse von „alten Regeln“ schreibt und behauptet, ab August 2005 sei die Neuregelung „endgültig verbindlich“, verbreitet sie falsche Behauptungen. Personen außerhalb der Schulen können auch über das Jahr 2005 hinaus wie bisher nach den traditionellen Regeln schreiben. Vgl. Bundesverfassungsgericht: Urteil vom 14. Juli 1998, Az.: 1 BvR 1640/97, S. 59. www.bverfg.de/entscheidungen/frames/rs19980512_1bvr164097
Vgl. auch die VRS-Pressemitteilung: „Gleichgeschaltete Presse verharmlost Rechtschreibreform - Totschlagargumente der Reformer und Kultusminister werden verbreitet“: www.vrs-ev.de/pm280803.php
Die traditionellen Regeln werden daher von etwa 80 Prozent der Bevölkerung auch über das Jahr 2005 hinaus verwendet.

Schlußfolgerung: Da auch nach dem Jahr 2005 die traditionelle Orthographie weiterhin gilt, gibt es weiterhin keine einheitliche Schreibweise. Der vorgebliche Grund für das Kompromißangebot der Akademie, eine angebliche allgemeine Gleichschaltung der Rechtschreibung, entfällt also. Die einheitliche Orthographie wird auch nach 2005 weiter zerstört, so daß sich die Beliebigkeitsschreibung verbreitet: www.vrs-ev.de/forum/viewtopic.php?t=105

2. Falsch ist die Behauptung: „Durch die jetzt vorgelegten Konsensvorschläge würden alle gravierenden Einwände gegen die Rechtschreibreform gegenstandslos.“ „Man sei bereit, sozusagen kampflos einige Schäden hinzunehmen.“

Richtig ist dagegen: Allein die Schäden durch die ss-Schreibung sind beachtlich, zumal sie 90 Prozent der Reform umfaßt. Jedoch geht Professor Eisenberg allen diesbezüglichen Einwendungen aus dem Weg, so wie es seine Reformerkollegen auch tun.

2.1 Die ss-Regelung die ‘schlechteste überhaupt denkbare Lösung’
Professor Eisenberg persönlich kritisierte, daß die ss-Regelung die ‘schlechteste überhaupt denkbare Lösung’ sei (Peter Eisenberg: Die deutsche Sprache und die Reform ihrer Orthographie. In: Praxis Deutsch, Heft 130, März 1995, S. 3-6). Nun plötzlich will er diesen Schaden hinnehmen. Warum wohl?

2.2 Der Betonungsgrundsatz der Reformer „nach kurzem Vokal Doppel-s“ gilt für viele Wörter nicht, z.B. Ast, August, du bist (aber: du musst), Bus, Diskus, fast, Gerüst, Gast, Hast, du hast (aber: du hasst), er ist (aber: er isst), Kasten, Kenntnis, Kiste, Kultus, Last, List, Lust, Mist, Verhängnis, Verlust, Zeugnis, usw. Wie sollen die Schüler nun lesen und schreiben? Die Reformer haben übersehen, daß das Deutsche verschiedenen Schreibprinzipien folgt und u.a. auch eine Unterscheidungsschreibung ist. Das zeigt sich besonders deutlich bei Wörtern mit verschiedener Bedeutung, die zwar gleich gesprochen, aber unterschiedlich geschrieben werden (Homophone): z.B. Aas/aß, büßte/Büste, fast/faßt, fasten/faßten, fliest/fließt, Frist/frißt, Hast/hast/haßt, ist/ißt, Küste/küßte, Last/laßt, leeren/lehren, lies/ließ, Mist/mißt, Moor/Mohr, Paste/paßte, Piste/pißte, reist/reißt, Saite/Seite, Sole/Sohle, Stil/Stiel, vergast/vergaßt, Verlies/verließ, vereist/verreißt, verwaist/verweist, weist/weißt, usw. Die Unterscheidungsschreibung schützt vor unliebsamen Lesestörungen.

2.3 Mundartlich gibt es verschiedene Aussprachen: Auf Grund des Neuschriebs wird dann Fußball zu Fussball, Gras zu Grass, Spaß zu Spass, eine Maß Bier in Bayern zur Mass.

2.4 Die Dreikonsonantenschreibung wie „Schlossstraße“, Missstand“ oder gar „Stresslesssessel“ erschwert die Lesbarkeit und ist auch unästhetisch. Mit dem Eszett („ß“) ist die Silbenfuge oder Wortgrenze dagegen klar erkennbar: Schloßstraße. Den Grundsatz der Binnengrenzschreibung, die Kompositionsfuge nicht zu verwischen, haben die Reformer nicht beachtet: Genusseis, hasserfüllt, Messerfassung, Messergebnis, Messingenieur, Schlosserhaltung. Weil durch das Zusammentreffen von drei gleichen Buchstaben die Lesbarkeit erschwert wird, empfehlen die Reformer die Schreibung mit Bindestrich: Kompromiss-Kurs, Prozess-Auftakt. Warum soll man an solchen Krücken gehen, wenn es vorher auch ohne ging?

2.5 Und wer mit „daß/das“ nicht klarkommt, dem wird es auch mit „dass/das“ nicht gelingen.

2.6 Durch die neue ß/ss-Regelung steigen die Fehlerzahlen an, z.B. ausser, Beweiß, Grüsse, Hinderniss, schliessen, Strasse, Verständniss, Zeugniss.
Beim stimmlosen s-Laut am Wort- oder Silbenende oder vor einem Mitlaut gab es bisher nur zwei Schreibweisen: s und ß (Erlebnis – Fuß).
Die Reformer verlangen jedoch drei Schreibweisen mit s, ss und ß (Glas – Hass – Maß). Für einen rechtschreibschwachen Schüler, für den die Reform angeblich gemacht wurde, steigt somit die Fehlermöglichkeit von 50 Prozent auf 66,6 Prozent.

Die Änderungen der Schreibweisen betreffen aber zu 90 Prozent die ß/ss-Schreibung. Sie ist jedoch überflüssig wie ein Kropf und dient nur als Füllmaterial, um überhaupt eine Reform nötig erscheinen zu lassen, damit die Verlage und Medienkonzerne ihre Druckereien auslasten und Geschäfte machen können. Die ß/ss-Regelung ist folglich der Silikonbusen der Rechtschreibreform. Sie täuscht Volumen, Modernität und Qualität der Reform vor, wo nichts vorhanden ist.

Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung ist nicht nur zu spät aus ihrem Schlaf erwacht, sie ist schon wieder eingeschlafen; denn ihre Hausaufgaben hat sie ausgerechnet dem Ex-Reformer Eisenberg übertragen. Dieser hat sie nach eigenem Gutdünken gemacht, etwa nach dem Motto: „Ich bin der Doctor Eisenbarth, kurier die Leut' nach meiner Art! Widewidewid jucheirassa. widewidewid bumbum.“ Gestern war er gegen die ss-Schreibung, heute bietet er sie als faulen Kompromiß an.

Wenn man nicht oder nicht ausreichend informiert ist, ist Denken Glückssache. Man schaue sich nur einmal die Internetseite der Akademie an: www.deutscheakademie.de - Wo ist da von „Rechtschreibreform“ die Rede? Wenn man wie die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung schläft oder zu faul ist, sich ausreichend zu informieren, ist man desinformiert und befindet sich in einem Zustand der Unmündigkeit. Richtig denken kann man erst, wenn man richtig informiert ist: Ab 2005 gelten keineswegs überall die gleichen Regeln. Schon allein deswegen ist der Akademievorschlag sinnlos.

Manfred Riebe, OStR i.R., Dipl.-Kfm.
Vorstandsmitglied und Pressesprecher des VRS
Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V. - www.vrs-ev.de
90571 Schwaig bei Nürnberg
www.vrs-ev.de/vorstand.php#riebe

„Es ist nie zu spät, Natur-, Kultur- und Sprachzerstörung, Entdemokratisierung, Korruption und Steuerverschwendung zu stoppen!“ (VRS)

1) Die „Märkische Allgemeine Zeitung“ schrieb z.B. erläuternd dazu:
„Der Autor ist Vorstandsmitglied des Vereins für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V. Auf seinen Wunsch wurde im Text die herkömmliche Rechtschreibung beibehalten.“
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Beitrag: Samstag, 31. Jan. 2004 23:46    Titel: Ein deutsches Ärgernis Antworten mit Zitat

<b>Ein deutsches Ärgernis
FÜNF JAHRE NEUE RECHTSCHREIBUNG</b>

Fünf Jahre ist es nun her, dass die Obrigkeit den Deutschen unter der Tarnbezeichnung "Reform" eine kleine Revolution von oben verordnet hat. Nach kurzer, heftiger Debatte setzte sich damals unter Führung der Kultusminister eine Gruppe von Volkspädagogen durch, die der Rechtschreibung neue Regeln gab. Flugs wurden Schulbücher gedruckt und damit Fakten geschaffen, an denen jede Sach-Diskussion zerschellen sollte. Die Operation gelang, der Patient, die Sprache, ist seitdem kränker als zuvor.

Wenn ihre Initiatoren die Reform heute mit dem Argument feiern, die neuen Regeln würden weitgehend befolgt, zeigt dies nur eines: Es kam ihnen vor allem darauf an, sich politisch durchzusetzen. Eine sachliche Notwendigkeit für die Reform hat ja objektiv nie bestanden. Und das angeblich so hohe Maß an Einheitlichkeit stellt sich heute meist als Resignation der Leidtragenden heraus.

Ergebnis: Eine gespaltene Schriftsprache
mit einem Wust von Ausnahmen und logischen Brüchen

Entsprechend fällt auch die Bilanz aus. Abgesehen von wenigen Ausnahmen wie "ss" statt "ß" schreibt seit fünf Jahren außerhalb der Schule jeder wie er will. Darüber hinaus hat die Neuregelung auch nach mehreren Nachbesserungen der Schriftsprache einen wahren Bärendienst erwiesen: Ihr Hauptzweck, allseitige Verständlichkeit und möglichst präzise Vermittlung des Gemeinten, wurde systematisch geschwächt.

Die Bilanz aus den Schulen scheint überdies zu bestätigen, dass auch die Erlernbarkeit der Schriftsprache nicht erleichtert wurde. Wenn aber nicht einmal das schulpädagogische Ziel dieser Reform erreicht wurde, stellt sich umso mehr die Frage, was die ganze Aktion außer hohen Kosten und anhaltender Verwirrung überhaupt hinterlassen hat.

Unter dem Strich bleibt eine gespaltene Schriftsprache mit einem Wust von Ausnahmen und logischen Brüchen. Dass die Kultusminister sich darüber in Schweigen hüllen, sagt viel. Sie sind mitverantwortlich für ein deutsches Ärgernis: Ein sprachliches Chaos, das von oben als Dauereinrichtung etabliert wurde - ohne Aussicht auf Besserung.

VON ERNST HEBEKER

Münchner Merkur vom 31.07.2003
www.merkur-online.de/nachrichten/politik/meinung/87,164459.html
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Manfred Riebe



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Beitrag: Samstag, 31. Jan. 2004 23:49    Titel: Kampf für eine Rückkehr zu den alten Regeln geht weiter Antworten mit Zitat

<b>Kampf für eine Rückkehr zu den alten Regeln geht weiter
__________________________________________________________

Es lebe die "Vreibadsaison"
Fünf Jahre Schreibreform: Jeder Zweite kann sich damit nicht anfreunden</b>

Berlin/München - Kaum eine andere Reform hat wohl in der deutschen Nachkriegsgeschichte so heftigen Widerstand ausgelöst wie die Einführung der neuen Rechtschreibung vor fünf Jahren. Die aktuellen Proteste um die Gesundheits- oder Rentenreform geraten dagegen zum Sturm im Wasserglas.

Zum 1. August 1998 waren an Schulen und Behörden in Deutschland, Österreich und der Schweiz die neuen Schreibweisen und die kräftig gestutzten Komma-Regelungen eingeführt worden, nachdem zwei Wochen zuvor die Verfassungsrichter in Karlsruhe quasi in letzter Minute der erbittert umkämpften Reform den letzten Segen gegeben hatten. Die Zwischenbilanz fällt freilich völlig unterschiedlich aus.

Verfassungsrichter gaben der Reform in letzter Minute ihren Segen"
Fast jeder zweite Deutsche kann sich auch fünf Jahre nach der Rechtschreibreform nicht mit der neuen Orthografie anfreunden. Laut einer polis-Umfrage halten 46 Prozent der Deutschen sie für "alles in allem unverständlich".

15 Prozent antworteten auf die Frage, ob die neue Rechtschreibreform verständlich sei, mit "trifft voll und ganz zu". 33 Prozent sagten, "trifft eher zu". Die größte Zustimmung findet sich bei den 14- bis 34-Jährigen, die niedrigste bei den über 55-Jährigen.

Dagegen sieht der Germanist und Vizevorsitzende der Zwischenstaatlichen Rechtschreibkommission, Gerhard Augst, die neuen Schreibweisen inzwischen im Alltag angekommen. Mehr als 80 Prozent aller neu aufgelegten Bücher würden heute mit neuer Rechtschreibung gedruckt (siehe Beitrag unten). Auch die meisten Zeitungen wenden die neuen Regeln an. Dabei gilt für Schulen wie Behörden noch immer die Übergangsfrist bis zum 1. August 2005. Erst ab dann darf ein Lehrer ein scharfes "ß" im "Fluss" in einer Schülerarbeit auch als Fehler werten - und nicht mehr wie bisher nur als "überholt" kennzeichnen.

Dabei sehen die Lehrerorganisationen wie die Kultusministerkonferenz die Einführung der neuen Schreibweise im Schulunterricht als gelaufen an. Probleme seien nicht bekannt, heißt es.

Und wie der Privatbürger in Zukunft schreibt - das bleibt ihm auch weiter selbst überlassen. Augst: "Der Schreiber ist der Souverän. Normen können nur den Wildwuchs beschneiden."

"Wir hatten ursprünglich Größeres vor", sagt Augst, einer der Väter der Reform, der trotz des vielen Ärgers den mühsamen Weg der Veränderung heute noch einmal beschreiten würde. Pläne für die Einführung einer gemäßigten deutschen Kleinschreibung - in allen anderen europäischen Sprachen werden die Substantive klein geschrieben - galten schon im Vorfeld der Wiener Konferenz von 1986 als wenig realistisch, bei der sich die deutschsprachigen Staaten auf die Grundzüge der Reform verständigt hatten.

Ein Beobachter aus der DDR saß am Katzentisch mit dabei. Als das neue Regelwerk Mitte der 90er-Jahre Konturen annahm, brach ein Sturm der Entrüstung auf die Kultusminister und ihre Reformer ein: Die Zunft der Sprachwissenschaftler teilte sich in Gegner und Befürworter - von denen sich einige noch bis heute sogar persönlich befehden. Auch manche Feuilleton-Redaktion durchzog ein tiefer Graben. Erboste Eltern bemühten die Verwaltungsgerichte, deren Kammern nahezu täglich neue, unzählige sich widersprechende Urteile produzierten. Der Bundestag erlebte eine seiner turbulentesten Nachtsitzungen, und zum Höhepunkt kippte in Schleswig-Holstein ein erfolgreiches Volksbegehren vorübergehend die Reform.

Das vorerst letzte Wort im Kulturkampf pur sprachen im Juli 1998 die Verfassungsrichter. Doch heute noch führt ein Teil der Gegner den Kampf für eine Rückkehr zu den alten Regeln weiter.

Zum Jahresende muss Augst den Kultusministern einen weiteren Bericht über die Reform-Umsetzung vorlegen. Kleinere Änderungen werden erwartet, etwa die Rückkehr zur Großschreibung bei einigen Eigennamen, wie "Schneller Brüter" oder "Schwarzes Brett".

Derweilen demonstriert die Werbung, dass für sie noch ganz andere Rechtschreibregeln existieren: So wirbt die Veltins-Brauerei für ihr neues Getränk "Vplus" zeitgerecht zum Auftakt der "Vreibadsaison".

Internet: rechtschreibkommission: www.rechtschreibkommission.de Reformgegner: www.deutsche-sprachwelt.de

VON KARL-HEINZ REITH

Münchner Merkur vom 31.07.2003
www.merkur-online.de/nachrichten/vermischtes/report/370,164469.html
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Beitrag: Samstag, 31. Jan. 2004 23:54    Titel: Zum 70. Geburtstag von Reiner Kunze Antworten mit Zitat

<b>Zum 70. Geburtstag von Reiner Kunze
_________________________________

Das Leben braucht das Gedicht</b>

Zu seinem 70. Geburtstag: Gespräch mit dem Lyriker Reiner Kunze Ein gutes Gedicht verändert die Welt. Daran muss einer wie Reiner Kunze glauben. Nur so konnte es ihm gelingen, zu einem der bedeutendsten Vertreter deutschsprachiger Lyrik zu werden. An diesem Samstag wird Kunze 70 Jahre alt.

Der in Oelsnitz im Erzgebirge geborene Autor verließ 1977 die DDR, nachdem er in heftige Konflikte mit den Machthabern geraten war. Heute lebt er im niederbayerischen Obernzell in der Nähe von Passau. Aufrichtig und streitbar wie stets, was er gerade in jüngster Zeit im Zusammenhang mit der Rechtschreibreform bewiesen hat. <b>Auf Bitten des Dichters wurden seine folgenden Antworten für dieses Interview nicht nach den Regeln der neuen Rechtschreibung wiedergegeben.</b>

Warum ist uns so nach Dichten zumute, wenn wir verliebt sind?
Kunze: Die Sprache, deren wir uns sonst bedienen, ist uns plötzlich zu eng über der Brust. "Deine Augen glänzen wie Sterne" - der Liebende versucht, das Unaussprechliche, das sein Herz bewegt, in Worte zu fassen. Was hat er davon? Er glaubt, das Gefühl, das ihn überwältigt hat, bewältigen zu können, indem er für das Außergewöhnliche, das in ihm vorgeht, einen nach seiner Meinung außergewöhnlichen Ausdruck findet. Das ist das eine, was er davon hat oder zu haben scheint. Das andere ist die Annahme, das Unaussprechliche dann auch aussprechen und den Menschen, in den er verliebt ist, von der Intensität seiner Empfindungen überzeugen zu können. Mit "Dichten" hat das allerdings nichts zu tun.

Warum nicht?
Kunze: Weil ein starkes Gefühl allein niemanden zum Dichter werden läßt, und weil weder abgestandene bildhafte Ausdrücke noch bloße Formelemente wie strenger Rhythmus, Zeilenbruch, Reim und so weiter einen Text zum Gedicht machen.

Was dann?
Kunze: Daß er der Welt eine noch nie dagewesene Vorstellung von ihr hinzufügt - eine Vorstellung, die aus Banalem besteht, das ins Unerhörte gewendet ist.
Gedichte zu lesen gilt vielen als luxuriöser Zeitvertreib schwärmerischer Menschen. Für den, der sich im Alltag bewähren muß, scheint das nichts zu sein. Oder?
Kunze: Wer das denkt, weiß nicht, was das ist, ein Gedicht, oder was es sein kann. In Diktaturen hat man sich Gedichte wie Kassiber weitergegeben. Der Dichter wäre der Natur nicht eingefallen, wenn er Luxus wäre, wenn es keine Wirklichkeitsbereiche gäbe, deren sich der Mensch nur mit dichterischem Denken versichern kann. Die Poesie wäre nie entstanden und hätte nicht Jahrtausende überdauert, wäre sie nicht notwendig. Wenn viele Menschen das Gedicht zum Leben - zu ihrem Leben - nicht brauchen, heißt das nicht, dass das Leben nicht das Gedicht braucht.

Ein Gedicht interpretieren, was heißt das?
Kunze: Das kommt darauf an, was mich veranlaßt, über ein Gedicht nachzudenken, und was für ein Gedicht es ist. Keinesfalls darf es heißen, das Gedicht "zusammenfassen" zu wollen, denn es läßt sich ebenso wenig zusammenfassen wie eine Melodie oder ein Gemälde. Ein Gedicht zu interpretieren darf ebenfalls nicht heißen, es auf einen Gedanken, auf eine Idee zu reduzieren oder diese sogar in das Gedicht hineinzudenken, weil man meint, man dürfe sich erst dann für oder gegen einen Text aussprechen, wenn man der "Aussage" habhaft geworden ist. So rezipieren Ideologen und Zensoren Poesie. Ein Gedicht zu interpretieren heißt, es sich umfassend zu erschließen, ohne daß das Poesieerlebnis dabei Schaden nimmt.

Banales wird Unerhörtes

Warum finden wir heute so schwer Zugang zur Bildsprache von Gedichten?
Kunze: Weil wir nicht mit ihnen zusammenleben, was viele Ursachen hat. Eine von ihnen ist das fertige Bild, das uns von kleinauf vorgeflimmert wird. Das schöpferische Bildvorstellungsvermögen wird nicht mehr gefordert und nekrotisiert. Wenn ich verantwortungsbewußten Lehrern glauben darf, ist ein Teil der deutschen Realschüler außerdem nicht einmal mehr fähig, ein Gedicht zu lesen, es rein sprachlich aufzunehmen. Noch nie waren so viele Kunstwerke, sei es Musik, Bildende Kunst oder Literatur, so vielen Menschen zugänglich wie heute. Die Fähigkeit, ein Kunstwerk wirklich aufzunehmen, scheint aber, jedenfalls in der westlichen Welt, eher geringer zu werden.

Was können Gedichte oder andere Kunstwerke bei dem bewirken, der sie auf sich wirken läßt?
Kunze: Bei Dylan Thomas heißt es, die Welt sei nicht mehr das, was sie war, wenn sie um ein gutes Gedicht vermehrt worden ist. Auch wir sind nicht mehr das, was wir waren, wenn unsere innere Welt um ein gutes Gedicht vermehrt wurde. Große Poesie, große Kunst lebt von großen und aufrichtigen Gefühlen, die ihre Abdrücke in uns hinterlassen. Wer sich großen Kunstwerken aussetzt, stellt sich selbst zur Disposition und wird aus der Begegnung um ein Unmerkliches verändert hervorgehen.

Sie haben einmal gesagt, Sie seien jeden Morgen dankbar für das Erwachen, wüßten aber nicht, wem. Versuchen Sie, dem, dem Sie danken, auf die Spur zu kommen?
Kunze: Mein tschechischer Kollege Jan Ská´cel schrieb mir einmal: "Es gibt Schleier, die wir nicht ungestraft berühren."

Das Gespräch führte Michael Ragg

Münchner Merkur vom 15.08.2003
www.merkur-online.de/nachrichten/kultur/kunstakt/282,170080.html
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Beitrag: Sonntag, 16. Mai. 2004 21:02    Titel: Unheilige Allianz in irrwitziger Reform Antworten mit Zitat

Der Esel im Schreibsalat
Unheilige Allianz in irrwitziger Reform

Von Wilhelm Christbaum

Ist es nicht pervers, weiter über die sogenannte Rechtschreibreform und deren ständige Korrekturen zu diskutieren, wo wir doch schwerwiegende Probleme am Hals haben? Na sowieso … Politiker finden immer einen Grund, sich aus ihrer Verantwortung zu stehlen, wenn ihnen eine Sache unangenehm geworden ist. Die mißglückte Schreibreform ist ein Beispiel dafür, wie in Deutschland politische Entscheidungsmechanismen ablaufen und sich irrwitzig verselbständigen.

Die deutschen Kultusminister wollen in den kommenden Wochen prüfen, in welcher Form sie die „Zwischenstaatliche Kommission“ von Sprachexperten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz weitermachen lassen. Diese Kommissare hatten sich neue Schreibregeln ausgedacht, angeblich, um den Schulkindern das Lernen zu erleichtern. Die Kultus- und die Innenminister hatten die Reformen ohne genaue Prüfungen der Folgen überstürzt zur Schul- und Amtssprache erhoben. Zunächst hieß es, es gebe nur geringfügige Änderungen. Dann wurden ständig neue Ungereimtheiten bekannt. Inzwischen herrscht totale Verwirrung in der Bevölkerung, in den Medien und in den Computer-Programmen, weil keiner mehr durchblickt, wie was geschrieben werden sollte.

Die Kultusminister oder die Ministerpräsidenten hätten die Pflicht einzuschreiten. Etwa, indem sie die für den sprachlichen Wirrwarr verantwortlichen Kommissare von ihren Aufgaben entbinden und durch unvoreingenommene Wissenschaftler ersetzen, die Auswüchse korrigieren. Der Schaden ist ohnehin kaum wiedergutzumachen. Stoibers Staatskanzlei versichert, man habe „die derzeitige Arbeit der Expertengruppen Rechtschreibreform genau im Auge“. Es sei für das zuständige Kultusministerium eine Selbstverständlichkeit, die Änderungen vor einer Entscheidung zu prüfen. Fragt sich nur, wer da prüft und wie.

Ministerin Hohlmeier möchte künftig die Details den Kommissaren überlassen. Die Tochter von Franz Josef Strauß hat leider nichts vom Sprachgefühl ihres Vaters geerbt. Sonst hätte sie schon längst auf den Tisch geschlagen. Und Stoibers Ruf, sich um alle Dinge zu kümmern, rührt noch aus früheren Tagen. Jetzt denkt er in großen Maßstäben. Etwa über Volksabstimmungen zur EU-Verfassung. Vor ein paar Jahren hatten wir eine schöne Volksabstimmung in Schleswig-Holstein zur Schreibreform. Die Reform wurde abgelehnt, weil die Bürger sie für überflüssig, teuer und verwirrend halten. Ihre Meinung wurde jedoch per Gesetz wieder korrigiert, denn unsere Politiker verstehen, sobald sie sich einig sind, unter Volksabstimmung nur Zustimmung.

Deshalb haben wir den gegenwärtigen Sprachsalat, garantiert ungenießbar für Sachkundige. Die Kommissare ändern Sprechrhythmus und Betonung, manchmal auch die Bedeutung der Wörter, erschweren damit das Lesen, ohne das Schreiben wirklich zu erleichtern. Aus „zur Zeit“ wird „zurzeit“, aus „schiefgehen“ (fehlschlagen) wird „schief gehen“ (am Stock). Die Kommissare wollen den Trend zum Zusammenschreiben umkehren! Aber „fremdgehen“ bleibt dann doch ein Wort, neue Regeln hin oder her. Esel darf man E-sel trennen. I-diotie.

Ursprünglich war geplant, alle Hauptwörter klein zu schreiben und die Dehnungen herauszunehmen. Etwa so: im bot bot si im das du an. (Im Boot bot sie ihm das Du an.) Die Reformen sind der Kompromiß einer unheiligen Allianz von 68er Ideologen, die Sprache proletarisieren wollen, und Lehrern, die meinen, Sprache und Schreiben ließe sich nur durch Regeln einbleuen. In den Ministerien und in der Kommission dürfen diese Reformer weiter die Bevölkerung verunsichern. Und den Besitz der Bürger – das erlernte Wissen, wie man richtig schreibt – kaputtmachen.

Münchner Merkur vom 8./9. Mai 2004, S. 3
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Beitrag: Donnerstag, 03. Jun. 2004 13:26    Titel: Rat suchende Kultusminister Antworten mit Zitat

Rat suchende Kultusminister
Rechtschreibung: Reform der Reform wird heute beschlossen


München/Mainz - Die Laune könnte besser sein, wenn die Damen und Herren Kultusminister heute Nachmittag die Rechtschreibung diskutieren. Sie haben unpopuläre Entscheidungen zu treffen, eine ungeliebte Kommission zu entmachten und sich überhaupt mit Dingen zu beschäftigen, die sie lieber sofort loswären. Ärger droht: Schon wieder soll es neue Varianten der Rechtschreibung geben.

Nein, an der vor fünf Jahren an den Schulen eingeführten Rechtschreibreform wird nichts Grundsätzliches geändert. Eine Reform-Kommission hat jedoch zahlreiche Ausnahmen und Zusatz-Schreibweisen erkoren. Das unsägliche „Leid tun“ soll jetzt auch wieder „leidtun“, „Rat suchende“ dürfen auch wieder „ratsuchen“. Die „gelbe Karte“ kann großgeschrieben werden.

Kann - muss aber nicht: So verhält es sich mit etlichen Änderungen. Für Lehrer macht es die Arbeit nicht leichter, wenn viele Schreibweisen parallel richtig sind. Trotzdem soll diese Schreibreform ab 1. August 2005 verbindlich für Schüler und Beamte gelten.

Voraussetzung ist, dass die Kultusminister bei ihrer Konferenz in Mainz zustimmen. Das gilt als wahrscheinlich. Auch Bayern will nicken. „Wir akzeptieren den Bericht“, sagt Josef Erhard, Amtschef des Kultusministeriums. Es werde keine bisherige Schreibweise falsch, die Änderungen sehe er positiv.

Allzu harmonisch läuft das Ringen um die Rechtschreibung nicht. Im Gegenteil - umstritten ist die Kompetenz jenes Gremiums, das die Änderungsvorschläge erarbeitet. Diese „Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung“ sei „noch nicht das Gelbe vom Ei“, sagte Bayerns Kultusministerin Monika Hohlmeier (CSU). Die Kommission habe „sich in zahlreiche Kämpfe verstrickt“, heißt es missbilligend in ihrem Haus. Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung hält den Reformvorschlag der Kommission für einen Rückschritt. Beide Institutionen gerieten gar so sehr aneinander, dass hinterher von einer „Auseinandersetzung unter Schwererziehbaren“ geschrieben wurde.

Die Kultusminister - sie hatten die Kommission vor fünf Jahren eingesetzt - wollen das Gewürge nun beenden. Künftig soll im gesamten Sprachraum ein „Rat für deutsche Rechtschreibung“ gebildet werden. Bayern will darin unter anderem Schriftsteller, Verleger und Wissenschaftler sehen. „Leute, die die Sprache als Beruf haben“, sagt Erhard. Gründe für den neuen Rat: „Erstens wollen wir die Zwischenstaatliche Kommission ablösen. Zweitens muss es jemanden geben, der die Entwicklung der Sprache professionell beobachtet.“

Hauptsache keine Politiker. Die fühlen sich nämlich gar nicht zuständig für „die Frage ,ai oder ei’“, sagt Ministerin Hohlmeier. Nur noch wichtige Grundsatzentscheidungen wollen sich die Politiker vorbehalten.

Sie haben aus dem Ärger um die Schreibreform gelernt. Noch gut fünf Jahre nach der Einführung ist jeder Zweite gegen die Änderungen, der Protest von Schriftstellern und Lehrern gegen die verordnete Rechtschreibung rollt. Allerdings nur in Deutschland: In der Schweiz ist der Unmut deutlich leiser. Und beim österreichischen Kultusministerium heißt es: „Ein Rat für Rechtschreibung? Bei uns ist das bisher kein Thema gewesen.“
@ http://rechtschreibung.ids-mannheim.de/aktuell.html

VON CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER
Münchner Merkur vom 02.06.2004 20:14 | aktualisiert: 03.06.2004 09:54
www.merkur-online.de/nachrichten/politik/aktuell/297,285163.html


Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Donnerstag, 03. Jun. 2004 13:32, insgesamt 1mal bearbeitet
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Beitrag: Donnerstag, 03. Jun. 2004 13:32    Titel: Im Treibsand Antworten mit Zitat

Deutsche Sprache unter einem Berg der Beliebigkeit begraben
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Im Treibsand
Kultusminister entscheiden morgen über Rechtschreibung


Wie es Euch gefällt: Shakespeares große Komödie wird zum Leitmotiv für die Reform der deutschen Rechtschreibung. Nur: Komisch ist das, was die Kultusministerkonferenz beschließen will, ganz und gar nicht. Statt die einzig richtige Konsequenz aus der vernichtenden Kritik an der Rechtschreibreform zu ziehen und den ganzen Murks in Bausch und Bogen zu kippen, machen die Kultusminister, Gefangene ihrer einstigen Fehler, alles noch schlimmer.

Im Bereich der Groß- und Kleinschreibung sowie der Getrennt- und Zusammenschreibung, wo es zunächst zu den verheerendsten Reform-Exzessen gekommen ist, wird künftig fast alles erlaubt sein. Ein Akt der Schadensbegrenzung? Wohl kaum. Im Bemühen, dem Treibsand der Schreibreform zu entrinnen, versinken die so genannten Kultur-Minister immer tiefer darin.

„Leid tun“ oder „leidtun“, „allein stehend“ oder „alleinstehend“, „die meisten“ oder „die Meisten“, „8fach“ oder „8-fach“ - geschrieben werden darf künftig je nach Gusto. Die einzigartige Klarheit und Ausdruckskraft der deutschen Sprache wird unter einem Berg der Beliebigkeit begraben. Schüler brauchen sich kaum die Mühe zu machen, die neuen Regeln zu lernen, weil sie in fünf Jahren ohnehin wieder auf den Prüfstand kommen sollen. Dann darf ein neu zu gründender „Rat für deutsche Rechtschreibung“ überprüfen, welche Schreibweisen sich durchgesetzt haben, und nötigenfalls neue Standards setzen. Babylonische Verwirrung.

Doch auch da, wo die neue Rechtschreibung eindeutig sein will, hat sie mitnichten zu mehr Korrektheit geführt. Pädagogen beklagen, dass Schülern bei der s-Schreibung, dem Herzstück der Reform, vermehrt Fehler unterlaufen und Briefe gerne „mit freundlichen Grüssen“ beendet werden.

Kultuspolitiker aller Couleur, auch die selbst ernannten „Wertkonservativen“, waren Komplizen bei diesem schlimmsten Akt kultureller Barbarei seit dem Krieg. Viele werden das der bayerischen CSU-Staatsregierung und ihrer Kultusministerin Monika Hohlmeier nicht verzeihen.

Auch „Wertkonservative“ waren Komplizen bei diesem schlimmen Akt kultureller Barbarei.

Georg Anastasiadis

Münchner Merkur vom 3. Juni 2004
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Beitrag: Mittwoch, 30. Jun. 2004 17:09    Titel: Stoiber will die Lage sondieren Antworten mit Zitat

Stoiber will die Lage sondieren
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Aufstand gegen „Missgeburt“


<b>Länderchefs fordern Rücknahme der Rechtschreibreform Berlin/München - Der Aufstand beginnt pünktlich zum achten Geburtstag: Ministerpräsidenten der Union fordern eine Rücknahme der am 1. Juli 1996 beschlossenen Rechtschreibreform. Saarlands Regierungschef Peter Müller hält die Reform für eine „Missgeburt“, sein niedersächsischer CDU-Kollege Christian Wulff spricht von „Irrsinn“. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber ist skeptisch, ob eine Kehrtwende überhaupt möglich ist.</b>

Foto: „Zustand der Sprach-Verhunzung“: Für CDU-Vize Wulff ist die Rechtschreibreform gescheitert. (Hier mit Angela Merkel beim Sommerfest des Landes Niedersachsen im Garten der Landesvertretung in der Hauptstadt) Foto: dpa

Es war ein Fernsehauftritt, der das Fass (früher: Faß) zum Überlaufen brachte: Vor ein paar Wochen war Ministerpräsident Wulff zu Gast beim „Großen Deutsch-Test“ live auf RTL. 50 000 Zuschauer nahmen teil, die Zahl der Patzer lag weitaus höher. „Das Ausmaß der Fehlerquoten war unendlich“, erinnert sich Wulff und fragt: „Was ist aus der Reform geworden? Doppelzulässigkeiten, gleichberechtigte Varianten, Beliebigkeit.“ Fazit des Kritikers: „Wir geraten zunehmend in einen Zustand der Verhunzung unserer Sprache. Das ist erschreckend.“

Weil sich die Bundesregierung beharrlich gegen eine Rücknahme der Reform sperrt, drängt CDU-Vize Wulff seine Kollegen in den Ländern: „Die Ministerpräsidentenkonferenz sollte jetzt endlich über die misslungene Rechtschreibreform reden.“ Vorsitzender dieser Konferenz ist derzeit CSU-Chef Stoiber. Bevor er das Thema auf die Tagesordnung setzt, will er jedoch die Lage sondieren. „Es geht um ein Meinungsbild“, so ein Sprecher.

Stoiber gilt nicht unbedingt als Freund der Duden-Reform, soll selbst vor Schülern eingeräumt haben, „dass das ein blöder Schritt war“. Gleichwohl ist auch den Bayern bewusst, dass die mit den Vertragspartnern Österreich und Schweiz erzielte Einigung nicht einfach aufgekündigt werden kann. Schon gar nicht von der relativ bedeutungslosen Konferenz der 16 Ministerpräsidenten, in der die sieben SPD-Vertreter und neun Unionisten laut Statut nur einstimmige Beschlüsse fassen können.

Zudem bröckelt die Anti-Reform-Allianz: Der Hesse Roland Koch, früher an der Seite von Wulff, hat sich aus dem Bündnis verabschiedet. „Der Zug ist abgefahren“, sagt Kochs Sprecher und weist darauf hin, dass bereits mehrere Schuljahrgänge nach den neuen Regeln unterrichtet und zigtausende von Lehrbüchern umgestellt worden seien.

Saarlands Regierungschef Peter Müller dagegen fordert weiterhin eine Rücknahme: „Diese Rechtschreibreform ist eine Missgeburt und wird von den meisten Menschen nicht angenommen. Das muss die Politik akzeptieren und auch die Kraft haben, diese Reform grundsätzlich wieder abzuschaffen“, so Müller gegenüber unserer Zeitung. Auch die CDU-Ministerpräsidenten Erwin Teufel (Baden-Württemberg) und Georg Mildbradt (Sachsen) sind mit der Reform offenkundig nicht glücklich.

Der stellvertretende CDU-Parteichef Christoph Böhr kann sich „vorstellen, dass unter den Ministerpräsidenten eine Einigkeit über die Rücknahme der Reform zu erzielen wäre“. Böhr gegenüber unserer Zeitung: „Die Rechtschreibreform ist ein einziges Debakel. Sie hat die Sprache völlig vom Sinnverständnis entkoppelt.“ Die Ausdrucksfähigkeit der deutschen Gesellschaft habe damit „ein erschreckendes Niveau“ erreicht. Böhr: „Die Ergebnisse von Sprachtests bei Kindern treiben einen zur Verzweiflung.“

HOLGER EICHELE

Münchner Merkur vom 30. Juni 2004
www.merkur-online.de/nachrichten/politik/aktuell/297,295756.html
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Beitrag: Freitag, 02. Jul. 2004 21:19    Titel: Streichkonzerte im Forum des „Münchner Merkur“ Antworten mit Zitat

Streichkonzerte im Forum des „Münchner Merkur“

Im Forum des „Münchner Merkur“ löscht der Moderator, sobald er einen Beitrag gegen die Rechtschreibreform entdeckt. Eben stellte ich folgenden Beitrag hinein:

<b>Schulleiter gegen Rechtschreibreform</b>
(Geschrieben am 02.07.2004 um 22.13 von manfredriebe)

Im Leserbrief eines Schulleiters strich die FAZ leider seine Frage: <b>„Lehrkräfte, solltet Ihr Euch nicht endlich verweigern?“</b> Vgl. Ein Rektor über die Dummheit der KMK - www.vrs-ev.de/forum/viewtopic.php?t=406

„Es ist nie zu spät, Natur-, Kultur- und Sprachzerstörung, Entdemokratisierung, Korruption und Steuerverschwendung zu stoppen!“ (VRS)
_____________________________________________________

<b>Wer unterstützt mich?</b>
www.merkur-online.de/forum/index.html?mode=th_liste&bo_id=12

Montag, 5. Juli, 11.30 Uhr: Der Moderator hat wieder alles gelöscht. Soviel Zensur ist in Oberbayern anormal.

Die CSU pflegt dagegen die Liberalitas Bavariae. Im CSU-Forum steht seit 4. Juli 2002 das Thema „PISA und die Rechtschreibreform“: www.csu.de/home/Display/Forum/disp_forum?&op=show_posting&posting_id=811&forum_id=37


Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Dienstag, 06. Jul. 2004 13:05, insgesamt 1mal bearbeitet
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Beitrag: Montag, 05. Jul. 2004 21:34    Titel: Ministerialräte als Informanten und Desinformierer Antworten mit Zitat

Ministerialräte als Informanten und Desinformierer
„Honeckers ewig währende Rache“
____________________________________________

Reform der Reform


Leserbrief zum Artikel „Aufstand gegen die Rechtschreibreform“

„Die hessische Landesregierung übersieht, dass die Rechtschreibreform ohnehin noch einmal tiefgreifend verändert wird, wie wir aus den jüngsten Beschlüssen der KMK wissen. Das läuft auf eine Reform der Reform hinaus, die aber nicht nur die bereits umgestellten Bücher entwertet, sondern auch den ungeheuren Bestand der vor der Reform gedruckten Texte. Das wäre bei einer schlichten Rücknahme der Reform nicht der Fall. Der Einspruch der Regierung Koch beweist wieder einmal, dass das Kalkül der Reformbetreiber (und -vermarkter!) aufgeht. Man musste zuerst durch vorfristige Einführung der Reform an den Schulen die Schüler als Geiseln nehmen: Schon 1996, wenige Wochen nach der Einführung und zwei Jahre vor dem Inkrafttreten der Reform, hieß es: Eine Rücknahme ist nicht mehr möglich, die Schüler lernen bereits nach den neuen Regeln. Zweitens muss man die Ministerialräte für die Reform gewinnen, nicht die rasch wechselnden Kultusminister. Wer erinnert sich noch an den hessischen Kultusminister Holzapfel? Aber in seinem Ministerium sitzt immer noch der Scharfmacher Christoph Stillemunkes, der unnachgiebig die Interessen der Reformbetreiber vertritt.“

Dr. Theodor Ickler, Spardorf
Münchner Merkur vom 5. Juli 2004
_____________________________

Anmerkungen:

Der Münchner Merkur änderte den Text skrupellos in Neuschrieb um und griff damit verfassungs- und gesetzwidrig in das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und das Urheberrecht des Autors ein. Vgl. Authentischer Abdruck gemäß Urheberrecht - www.vrs-ev.de/forum/viewtopic.php?t=131 -.

Zum Problem der Ministerialräte als Ratgeber der Kultusminister:

Ickler: „Zweitens muß man die Ministerialräte für die Reform gewinnen, nicht die rasch wechselnden Kultusminister.“
Könnte es nicht sein, daß die Kulturbeauftragten des Bertelsmann-Konzerns für informelle Beziehungen in die Kultusministerien sorgen, ähnlich wie Stasi-Agenten?

„Der DDR-Ungeist hat von Anfang an bei der Vorbereitung der 1996er Rechtschreibreform eine Rolle gespielt, und er tut es heute noch: Drei Vertreter aus Margot Honeckers Reformerkreis sitzen in der Zwischenstaatlichen Kommission!“ (Hannes Vormwald (Pseudonym eines Professors): Abschreckung von Wiederholungstätern, www.rechtschreibreform.com/ - 18.11.2000).

Professor Gert Mattenklott, Literaturwissenschaftler, Dekan an der Freien Universität Berlin, legte vor einigen Jahren in einem Artikel dar, daß die Reform eine DDR-Erbschaft sei: „Was jetzt als Revision dieses verträglichen Ausgleichs von Staatlichkeit und Privatheit droht, ist Honeckers Rache. 1975 hatte der Staatsratsvorsitzende die Einsetzung einer staatlichen Kommission veranlaßt, die die Rechtschreibung für die Bürger der DDR auf administrativem Weg reformieren sollte.“ (Mattenklott, Gert: Honeckers ewig währende Rache. In der Rechtschreibreform bezieht die Bundesrepublik den Standpunkt der DDR. In: Der Tagesspiegel 01.12.1995).

Man denke z.B. an Professor Dieter Nerius, Universität Rostock, den Leiter der Forschungsgruppe Orthographie an der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin von 1974-1990. Den DDR-Reformern gelang es, 1992 ihren Stab von 21 Mitarbeitern der Forschungsgruppe Orthographie der Akademie der Wissenschaften der DDR in das Institut für deutsche Sprache (IDS), Mannheim, einzugliedern. Auf Grund dieser ideologischen Verstärkung setzte sich der Reformzug dann in Bewegung.

Mir fallen dabei unwillkürlich der DDR-Spion Günter Guilleaume und die Juristische Hochschule Potsdam-Golm ein. Diese war zur DDR-Zeit keineswegs eine Ausbildungsstätte für Juristen, sondern eine Stasi-lnstitution. Diplomarbeiten an dieser „Hochschule“ waren eher Ausarbeitungspläne für Tätigkeiten der Stasi. So gab es eine Ausarbeitung für die Spionagearbeit an Bundeskanzler Brandt, wie sie dann entsprechend Günter Guilleaume ausführte, der als Kanzlerreferent in alle wichtigen Entscheidungen Brandts eingeweiht war und darüber seine Auftraggeber in der DDR informierte.
Werner A. P. Luck: Verfall akademischer Titel. In: Wissenschaftler und Verantwortung - Mitteilungen der Gesellschaft für Verantwortung in der Wissenschaft e.V., 5. Jahrgang, Nummer 2, August 1996
http://staff-www.uni-marburg.de/~gvw/texte.gvw/5j2_96_2.html

Man denke bezüglich der Rechtschreibreform z.B. an Karin Graf, Literaturagentin und Ehefrau von Joachim Sartorius, des früheren Generalsekretärs des Goethe-Instituts, die als Kulturbeauftragte der Bertelsmann AG tätig war. Für Verwandtschaft kann man ja nichts. Im Bertelsmann-Konzern arbeitete eine nahe Verwandte Toni Schmids, des Pressesprechers des bayerischen Kultusministers Zehetmair. Insofern bestanden dorthin informelle Beziehungen. Aber ähnlich wie ein Richter in einer solchen Situation einen Fall wegen Befangenheit niederlegen muß, hätte Toni Schmid sich aus Fragen der Rechtschreibreform heraushalten müssen bzw. hätte Kultusminister Zehetmair Toni Schmid wegen Befangenheit ablösen müssen, um den Verdacht einer Amigo-Affäre auszuräumen. Es stimmt schon nachdenklich, daß Bertelsmann einen Tag nach der Unterzeichnung der Wiener Absichtskerlärung am 1. Juli 1996 mit seinem Wörterbuch auf dem Markt war. Aber auch Staatssekretäre können durch Nichtstun und unkritisches Nachplappern und Ja-sagen unheilvoll wirken, vgl. Kultusstaatssekretär Karl Freller (CSU) verteidigt die Rechtschreibreform -
www.vrs-ev.de/forum/viewtopic.php?p=1425&highlight=#1425 -.

Hans Herbert von Arnim verwies als Beispiel für die Verflechtungen zwischen Wirtschaft und Staat auf den CDU-Europa-Abgeordneten Elmar Brok, der als Leiter des Bertelsmann-Lobbybüros in Brüssel ein hohes Zusatzgehalt bezieht. Derartige Doppelbezahlungen gefährdeten die Unabhängigkeit.

Vorsitzender des Bundeselternrats war 1997/1998 ausgerechnet Dr. Peter Hennes, Ministerialrat im rheinland-pfälzischen Innenministerium, Mainz. Als Beamter des Innenministeriums steckte Dr. Hennes bis zum Hals in Interessenkollisionen.

Wenn man solche informellen Beziehungen betrachtet, aus denen sich Interessenkollisionen ergeben, fragt man sich auch, ob es Beraterverträge oder ähnliches gab und gibt; denn „Geld regiert die Welt“. Immerhin investierte der Verband der Schulbuchverlage vor dem Volksentscheid zur Rechtschreibreform in Schleswig-Holstein im August/September 1998 500.000,- DM, um die Bürger für die Reform zu beeinflussen. Siehe hierzu die VRS-Pressemitteilung zum 27. September 2003: Gedenktag: Volksentscheid in Schleswig-Holstein - Das Volk als Souverän und Untertan: Im Namen des Volkes gegen das Volk! - www.vrs-ev.de/pm270903.php -.

Die „vierte Gewalt“ im Staat, d.h. die Zeitungsverleger, die oft zugleich Buchverleger sind, hatten z.B. keinerlei Skrupel, wenige Tage nach dem erfolgreichen Volksentscheid gegen die Rechtschreibreform vom 27. September 1998 in Schleswig-Holstein gegen den erklärten Volkswillen Anfang Oktober die Gleichschaltung der Presse zum 1. August 1999 zu beschließen. „Geld regiert die Welt“.
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Agenturen arbeiten an Schreibregeln

ADN Berlin – Die deutschsprachigen Nachrichtenagenturen wollen die Rechtschreibreform vom 1. August 1999 an in ihren Diensten teilweise umsetzen. Die Detailarbeiten für eine Liste gemeinsamer Schreibweisen bei Mehrfachvarianten und in strittigen Fragen haben begonnen. Ziel ist eine möglichst einheitliche Interpretation des Regelwerkes. Über das Ergebnis wollen die Agenturen so schnell wie möglich informieren.
Beteiligt an den Arbeiten sind die Agenturen AFP, AP, ddp/ADN, dpa, epd, KNA, Reuters, sid, VWD, APA (Österreich) und SDA (Schweiz).

In: DIE WELT 10./11.10.1998, S. 2


Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Samstag, 21. Aug. 2004 22:55, insgesamt 1mal bearbeitet
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