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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Samstag, 13. Nov. 2004 13:29 Titel: Die SPIEGEL-Gruppe |
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Die SPIEGEL-Gruppe
„Spiegel“-Chefredakteur ist Stefan Aust, sein Geschäftsführer ist Karl Dietrich Seikel.
1974 hatte „Spiegel“-Gründer Rudolf Augstein die Hälfte des Unternehmens an Redakteure, Dokumentationsjournalisten und Verlagsangestellte verschenkt. Sie sind stille Gesellschafter und haben Mitspracherecht, wenn zum Beispiel ein neuer Chefredakteur eingestellt oder ein neues Unternehmen gegründet wird. Es gibt fünf Geschäftsführer der Mitarbeiter KG, die die derzeit 784 Gesellschafter vertreten.
Die andere Hälfte der Firma teilen sich Augstein und der Verlag Gruner + Jahr („Brigitte“, „Stern“), der als Tochterfirma von Bertelsmann wiederum mit dem Kirch-Konkurrenten RTL verbandelt ist.
Sabine Rennefanz: Großer Informationsbedarf. Heute treffen sich die Mitarbeiter des „Spiegel“, um über einen Einstieg bei Kirch Media zu beraten. In: Berliner Zeitung vom 8. August 2002, S. 17
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Gesellschafter und Beteiligungen
Die Besitzverhältnisse am SPIEGEL-Verlag sind einzigartig in der deutschen Medienlandschaft. Rudolf Augstein, der am 7. November 2002 verstorbene Gründer, Chefredakteur, Herausgeber und Geschäftsführer des SPIEGEL, übertrug 1974 die Hälfte seines Unternehmens der Belegschaft. Mitverantwortung, Mitentscheidung und ein Anspruch auf die Hälfte des Gewinns zählen seither zu den Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter und prägen das Klima im Haus. Nirgendwo anders ist die Idee, die Beschäftigten eines Unternehmens auch zu Inhabern zu machen, so konsequent verwirklicht worden.
Eigentümer der SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG sind die Erbengemeinschaft Augstein, der Verlag Gruner + Jahr AG & Co. KG, die KG Beteiligungsgesellschaft für SPIEGEL-Mitarbeiter mbH & Co. und die Rudolf Augstein GmbH.
Grafik: SPIEGEL-Gruppe: Beteiligungen
Seit Mitte der siebziger Jahre hat der SPIEGEL-Verlag seine unternehmerischen Aktivitäten deutlich ausgeweitet und trägt damit den gravierenden Veränderungen im Umfeld des klassischen Verlagsgeschäfts Rechnung. Vom Ein-Produkt-Verlag hat er sich zu einem Multimedia-Unternehmen entwickelt:
So erscheinen in der SPIEGEL-Gruppe neben dem Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL diverse Print-Produkte: - seit 1988 SPIEGEL special (zeitweise unter dem Titel SPIEGELreporter), seit 1995 die Abo-Beilage KulturSPIEGEL, seit 1997 die SPIEGEL Jahres-Chronik, seit 1998 der UniSPIEGEL und bereits seit 1971 - im Tochterunternehmen manager magazin Verlagsgesellschaft GmbH - das manager magazin sowie seit 1979 der Harvard Businessmanager. Außerdem werden in Kooperation mit den Buchverlagen DVA und dtv SPIEGEL-Bücher und das SPIEGEL-Jahrbuch produziert.
Wachstum durch neue Geschäftsfelder
Der SPIEGEL-Verlag lässt sich durch die Rückschläge der letzten Jahre im Anzeigenmarkt nicht beirren. Er will weiter wachsen. Da das Wachstumspotenzial für ein Nachrichten-Magazin mit einer Verkaufsauflage von 1,1 Millionen Exemplaren und annähernd 4000 Anzeigenseiten jährlich begrenzt ist, investiert der Verlag seit Mitte der achtziger Jahre in neue Geschäftsfelder.
Die Einführung des dualen Rundfunksystems bot dem Verlag die Chance, sich auch im Fernsehmarkt zu engagieren. Das 1988 erstmals ausgestrahlte SPIEGEL TV MAGAZIN hat sich zu einem der erfolgreichsten Nachrichten-Magazine im deutschen Fernsehen entwickelt � und weitere Fernsehformate nach sich gezogen. Daraus ging 1990 die Gründung der 100-prozentigen Tochter SPIEGEL TV GmbH hervor, die heute gut zehn Prozent des Gruppenumsatzes erwirtschaftet. Seit dem 7. Mai 2001 betreibt SPIEGEL TV gemeinsam mit dem Partner dctp (Development Company of Television Program) den Fernsehsender XXP, der mittlerweile über diverse Kabelnetze sowie digitale und analoge Ausstrahlung über den Satelliten Astra eine technische Reichweite von 70 Prozent erreicht; das sind 24 Millionen Haushalte in Deutschland.
1998 erwarb die SPIEGEL-Gruppe eine Mehrheitsbeteiligung an der ASPEKT Telefilm-Produktion GmbH, mit der SPIEGEL TV seine Aktivitäten im Bereich der Fernsehfilmproduktionen erweitert.
2000 kam eine Beteiligung an der TV-Produktionsfirma Story-House, Berlin und Washington, hinzu, die mit Dokumentationen für ARD und ZDF sowie den amerikanischen Fernsehmarkt erfolgreich operiert.
In den neunziger Jahren hielt das Internet Einzug in die deutsche Medienlandschaft. Der Verlag setzte von Anfang an auf das neue Medium: 1994 ging der SPIEGEL als erstes Nachrichten-Magazin weltweit online, einen Tag vor �Time�. Seither hat sich das Multimedia-Engagement zu einem neuen Schwerpunkt der Verlagsaktivitäten entwickelt. Neben der Produktion von SPIEGEL ONLINE und manager magazin Online bündelt die im Jahr 2000 als Tochter des SPIEGEL-Verlags gegründete SPIEGELnet AG alle Internet-Aktivitäten der SPIEGEL-Gruppe.
Die SPIEGEL-Gruppe beschäftigt über 1400 Mitarbeiter, die sich auf Redaktionen, Dokumentation, redaktionelle Dienste und Verlagsabteilungen verteilen.
Die Mitarbeiter KG
Seit 1974 sind Redakteure, Dokumentationsjournalisten und Verlagsangestellte dank der Schenkung Rudolf Augsteins 50-Prozent-Teilhaber des SPIEGEL-Verlags. Jeder Mitarbeiter, der drei Jahre beim SPIEGEL arbeitet, kann sich als stiller Gesellschafter an der Mitarbeiter KG beteiligen. Diese "Kommanditgesellschaft Beteiligungsgesellschaft für SPIEGEL-Mitarbeiter mbH & Co." ist Gesellschafter des SPIEGEL-Verlags.
Die Mitarbeiter-Beteiligung war von Anfang an als Teil der Alterssicherung gedacht. Es gibt im SPIEGEL keine allgemeine Pensionskasse, die Gewinnausschüttung dient daher auch der Altersvorsorge. In jedem Frühjahr werden nach einem ausgeklügelten Punktesystem, das Betriebszugehörigkeit und Jahresgehalt berücksichtigt, die 50 Prozent des SPIEGEL-Gewinns verteilt, die der KG zustehen.
Die Rechte der stillen Gesellschafter der Mitarbeiter KG werden von fünf gewählten Geschäftsführern vertreten. Zurzeit sind dies Dr. Thomas Darnstädt, Armin Mahler, Karl Heinz Gill, Carsten Türke und Cordelia Freiwald. Die Geschäftsführer werden auf drei Jahre gewählt und sind ehrenamtlich, also zusätzlich zu ihrer normalen Arbeit, tätig. Sie entscheiden darüber mit, wenn ein neuer Chefredakteur berufen wird und Tochtergesellschaften wie die SPIEGEL TV GmbH gegründet werden.
SPIEGEL-Gruppe
www.spiegelgruppe.de/unternehmen/index.htm#/unternehmen/gesellschafterundbeteiligungen/content.htm
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Redaktion
DER SPIEGEL
Brandstwiete 19, 20454 Hamburg, Postfach 11 04 13, 20404 Hamburg;
Telefon: 040/3007-0, Fax: 040/3007-2247, E-Mail: Spiegel@spiegel.de
Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Samstag, 13. Nov. 2004 17:42, insgesamt 2mal bearbeitet |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Samstag, 13. Nov. 2004 13:40 Titel: Die Machtverhältnisse im Spiegel-Verlag |
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Die Machtverhältnisse im Spiegel-Verlag
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Stefan Aust bleibt beim „Spiegel“
Gesellschafter verlängern Vertrag mit Chefredakteur
Die Gesellschafter des Nachrichtenmagazins Der Spiegel verlängern den Vertrag mit Chefredakteur Stefan Aust. Sie hätten sich auf die Eckdaten mit Aust und dem Geschäftsführer Karl Dietrich Seikel geeinigt, teilte der Verlag nach einer Gesellschaftersitzung am Mittwoch in Hamburg mit. „Die Vertragsangebote werden umgehend ausgearbeitet und sollen zeitnah verhandelt und zum Abschluss gebracht werden“, hieß es in der Mitteilung weiter.
Stefan Aust ist seit 1994 Spiegel-Chef. Er war damals gegen den Willen der Mitarbeiter von Spiegel-Gründer Rudolf Augstein in das Amt berufen worden. Die jetzige Vertragsverlängerung wurde mit Spannung erwartet, weil sich nach dem Tode Augsteins im November 2002 die Machtverhältnisse im Spiegel-Verlag zugunsten der Mitarbeiter KG und des Verlags Gruner + Jahr (G+J) verändert haben. Augstein, der zum Schluss 25 Prozent der Spiegel-Anteile hielt, hatte verfügt, dass seine Erben je ein halbes Prozent an G+J und die Mitarbeiter abgeben müssen.
Erst vor wenigen Tagen hatte das Bundeskartellamt grünes Licht für diese Regelung gegeben, die Augsteins Erben zuletzt angefochten hatten. Sie fürchteten einen zu großen Einfluss des Großverlags Gruner + Jahr auf das Nachrichtenmagazin. Nach dem Kartellamtsentscheid kann die Mitarbeiter KG nun 50, 5 Prozent, G+J 25,5 Prozent der Anteile halten. (BLZ)
Berliner Zeitung vom 23.09.2004, S. 38 - Medien
www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2004/0923/medien/0083/ |
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Manfred Riebe
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: Montag, 15. Nov. 2004 16:29 Titel: „Unkonzentrierte“ Medienmacht |
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„Unkonzentrierte“ Medienmacht
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Spiegel und Bild
Vom Drang zur Macht
In der alten Bundesrepublik waren sie das publizistische und ideologische Kontrastprogramm. Heute sorgen die Kampagnen und wirtschaftlichen Verquickungen von Spiegel und Bild für Unmut.
von Lutz Mükke
Die Bundesrepublik hat sich eine Mediengitis-Infektion zugezogen, die derzeit mit Wucht ausbricht. Das politische Hirn des Landes ist davon genauso betroffen wie seine medialen Nervenbahnen. Symptome der Krankheit sind unter anderem die in immer schneller aufeinander folgenden Schüben auftretenden Medienkampagnen und themenzentrierte Verbrüderungen mächtiger Blätter wie Bild und Spiegel.
Ein Rückblick in den Juli/August, in die Zeit, kurz bevor die Rechtschreib-Fieberkurve im Land anstieg: Da trafen sich im Spiegel-Hochhaus Vertreter von Süddeutscher Zeitung (SZ), Spiegel und Springer Konzern zu dem, was man ein „konspiratives Treffen nennen würde, nur dass die kleine Sitzung eben nicht auf Anrüchiges gerichtet war, sondern auf einen (...) heilsamen Umsturz“ (SZ, 7. August 2004). Die Frankfurter Allgemeine (FAZ) konnte sich das verschwörerische Treffen in der Hansestadt sparen, weil, so der Tagesspiegel, FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher, Spiegel-Chef Aust und Springer Vorstand Mathias Döpfner das schon vor diesem Termin „im Berliner Restaurant Borchhardt (...) ausgeheckt“ haben sollen (27. August 2004).
Konzentrierte Medienmacht
Anfang August konzentrierten die Chefredakteure ihre Medienmacht. Der „heilsame Umsturz“ der von der Kultusministerkonferenz beschlossenen Rechtschreibform rollte an und die Immunsystem-geschwächte Republik bekam kräftige Kopfschmerzen. Diekmanns Bild verlautbarte am 6. August: „Springer und Spiegel kehren zur klassischen Rechtschreibung zurück“ und die Süddeutsche sah schon die „Reform auf der Kippe“. Am darauf folgenden Montag äußerte sich Aust in einer „Hausmitteilung Betr.: Rechtschreibung, Titel, Lafontaine, Olympia“. Er formulierte dabei so geschickt, dass der Eindruck entstand, als ob die gesamte Spiegel-Redaktion hinter dieser Entscheidung stünde. In den Fluren des Hochhauses an der Brandstwiete rief dies Verwunderung hervor: Denn eine nennenswerte interne Diskussion über diesen Schritt hat es nicht gegeben.
Die Rechtschreibkampagne veranlasste Harald Martenstein im Tagesspiegel schließlich dazu, an eine der trivialsten demokratischen Grundregeln zu erinnern: „Wer hat die Macht? Die Parlamente und Regierungen, die durch Wahlen bestimmt werden, oder die großen Medienunternehmen?“ Dass Firmenchefs „zu dritt beschließen, ebenmal einen Ministerbeschluss zu kippen“, sei nicht akzeptabel. Damit hätten die drei Chefredakteure eine „magische Linie überschritten.“ Aust, Döpfner und Schirrmacher - „die drei Berlusconis“ hätten sich immer mächtiger und wichtiger gemacht (Tagesspiegel, 15. August 2004).
[...]
Offenbar schwelt im Spiegel ein Generationenkonflikt. Ältere Mitarbeiter machen aus ihrem Unmut keinen Hehl: Heute werde vermehrt „Journalismus um seiner selbst willen“ betrieben, sagt ein altgedienter Redakteur. Für viele der Jüngeren sei es reiner Zufall, ob sie beim Spiegel oder bei Springer arbeiten. „Die wollen Karriere machen, egal wo. Wenn es passt, eben morgen auch bei Springer.“ Das allein schon löse eine Beißhemmung gegenüber der Bild-Zeitung aus. Politische Standpunkte, gesellschaftliches oder soziales Engagement seien für viele der Nachwuchsjournalisten bestenfalls Sekundärtugenden. Wichtiger ist ihnen, dass sie sich nach oben schreiben. Der linksliberale politische Sachverstand, der den Spiegel groß gemacht hat, gehe dem Haus derzeit verloren. Andere Stimmen unter den alten Spiegel-Hasen etikettieren jüngere Kollegen wie auch ihren Chefredakteur mit dem gleichen Attribut - „neoliberal“.
[...]
message 4/2004
www.message-online.de/04_4/44_muekke.html |
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Manfred Riebe
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: Mittwoch, 05. Okt. 2005 21:21 Titel: Bundesverfassungsgericht urteilte „denkgesetzlich unmöglich“ |
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Bundesverfassungsgericht urteilte „denkgesetzlich unmöglich“
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RECHTSCHREIBREFORM
Höchst zweifelhaft
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg hat einer Schülerin in der Sache recht gegeben, die gegen die Rechtschreibreform geklagt hat. In ihrem jetzt vorliegenden Beschluss eines Eilverfahrens bescheinigen die Richter der 16-jährigen Josephine Ahrens aus Oldenburg, dass in ihren Schularbeiten die „herkömmliche Rechtschreibung“ weder beanstandet noch als falsch gewertet werden dürfe. Außerdem habe sie Anspruch darauf, in der „von ihr bevorzugten“ alten Orthografie unterrichtet zu werden. Das OVG begründet seinen Beschluss damit, dass die allgemein akzeptierte Rechtschreibung auch die richtige sei. Es sei aber „höchst zweifelhaft“, ob das auf die neugeregelte Orthografie zutreffe. „Erhebliche Teile im deutschen Volke“ lehnten die Reform der Kultusminister ab, und in Presse und Literatur würden „zunehmend“ wieder die alten Regeln gelten.
Hart kritisieren die Richter auch das Rechtschreiburteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1998: Einerseits gehe Karlsruhe davon aus, eine Schreibweise müsse im Land allgemein üblich sein, um verbindlich sein zu können. Andererseits bestätige das Urteil selbst, dass die neue Schreibweise den Unterricht einer erst noch zu erwartenden Änderung anpasse. Das sei „denkgesetzlich unmöglich“. Dennoch habe das Verfassungsgericht den Kultusministern erlaubt, die Reform an Schulen und Behörden einzuführen. Eine einstweilige Anordnung an den niedersächsischen Kultusminister, die alte Rechtschreibung gelten zu lassen, wollten die Lüneburger Richter allerdings nicht erteilen. Die Schülerin müsse auf ein Urteil warten, mit dem aber vor „Ende der Schulzeit der Antragstellerin“ nicht zu rechnen sei.
DER SPIEGEL Nr. 40 vom 1. Oktober 2005, S. 20 |
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Manfred Riebe
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: Montag, 02. Jan. 2006 20:53 Titel: Hausmitteilung: 2. Januar 2006 Betr.: Rechtschreibung |
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Hausmitteilung: 2. Januar 2006 Betr.: Rechtschreibung
Seit dem 1. August 2005 gilt die neue Rechtschreibung in den meisten Bundesländern als verbindlich - aber in vielen Schulen und auf dem Zeitungs- und dem Buchmarkt herrschen, wie die SPIEGEL-Redakteure Jan Fleischhauer, 43, und Christoph Schmitz, 44, bei Recherchen vor Ort erfuhren, „Verwirrung und Beliebigkeit“. Eine „kollektive Unfolgsamkeit“ gar sieht der frühere bayerische Kultusminister Hans Zehetmair, 69. Als Vorsitzender des Rats für deutsche Rechtschreibung hat er die missglückte Reform mit seinen Kollegen korrigiert, einige Empfehlungen wie die zur Groß- und Kleinschreibung stehen noch aus. Von dieser Ausgabe an folgt der SPIEGEL den bisherigen Ergebnissen der Zehetmair-Kommission, insbesondere den Änderungen in der Getrennt- und Zusammenschreibung. „Sie sind eine Rückkehr zur Vernunft“, sagt Chefredakteur Stefan Aust, 59. Der SPIEGEL werde „die weiteren Empfehlungen sorgfältig analysieren und ebenfalls übernehmen, wenn sie so vernünftig sind wie die bisherigen“ (Seite 124).
Hausmitteilung: 2. Januar 2006 Betr.: SPIEGEL-Gespräch, Sauer, Rechtschreibung,
DER SPIEGEL Nr. 1 vom 2. Januar 2006; S. 5
http://service.spiegel.de/digas/servlet/epaper?Q=SP&JG=2006&AG=1&SE=5 |
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Manfred Riebe
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: Montag, 02. Jan. 2006 20:54 Titel: Hit und Top, Tipp und Stopp |
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PRESSESPIEGEL
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RECHTSCHREIBREFORM
Hit und Top, Tipp und Stopp
Von Jan Fleischhauer und Christoph Schmitz
Seit dem 1. August 2005 gilt die neue Rechtschreibung in den meisten Bundesländern als verbindlich, die Lehrer aber können sie kaum durchsetzen. Die Bevölkerung hat die Reform ohnehin nicht akzeptiert. In den deutschen Schulen herrschen Unsicherheit, Verwirrung - und kollektiver Ungehorsam.
Josef Kraus redet freimütig, die Tür zum Sekretariat steht offen. Natürlich müsse er als Deutschlehrer die neuen Regeln unterrichten, aber privat schreibe er so, wie er schon immer geschrieben habe. Er könne nur jeden ermuntern, nicht allen Unsinn mitzumachen.
Kraus ist Direktor des Maximilian-von-Montgelas-Gymnasiums im bayerischen Vilsbiburg, CSU-Mitglied, Schiller-Verehrer, Freizeitsportler mit Spezialdisziplin Steinstoßen und Präsident des Deutschen Lehrerverbandes. Seit 26 Jahren bringt er bayerischen Schülern Deutsch bei, er kennt sich aus mit der Sprache, auch mit dem Stand der orthografischen Praxis.
„Die sogenannte Rechtschreibreform ist ein Kniefall vor der fortschreitenden Legasthenisierung der Gesellschaft“, sagt der Oberstudiendirektor. Er spricht immer nur von der sogenannten Rechtschreibreform, er erinnert an Schillers Freiheitswillen und kritisiert: „Es gibt zu viel Duckmäuserei, in der Politik, im Erziehungswesen, auch in der Lehrerschaft.“
Stimmen nebenan. „Kommen S' doch mal herein!“, ruft Kraus ins Sekretariat. Ein weißhaariger Mann tritt ins Zimmer. Es ist Herr Riedel, er unterrichtet Latein und Englisch. „Wie schreiben Sie eigentlich?“, fragt der Direktor.
„Ich schreibe alt“, sagt Herr Riedel. Auch in der Schule? „Auch in der Schule.“ Auch an der Tafel? „Auch an der Tafel, auch in Klassenarbeiten. Was schert mich der ministeriale Unfug aus München.“
Josef Kraus brummt zustimmend und läuft ins Sekretariat. Diesmal bringt er zwei junge Mathematiklehrerinnen mit.
Sie schrieben „nach bestem Wissen und Gewissen“, sagen die beiden. Dass schreiben sie, wenn es sein muss, mit Doppel-s, aber bei Kuß wollen sie auf das ß nicht verzichten. Sie nehmen sich aus den neuen Regeln das heraus, was ihnen gefällt. „Solange es die Germanisten kaum erklären können, müssen wir uns auch nicht kümmern“, sagt eine von ihnen. Direktor Kraus nickt. „Ich kann die doch nicht alle ständig kontrollieren!“, ruft er vergnügt. Außerdem macht er selbst auch nicht alles, was die Kultusbürokratie von ihm verlangt. So muss er bei seinen Schülern eine bisher übliche, aber nun veraltete Schreibweise unterstreichen und mit einem ü für „überholt“ versehen. Er müsste das Wort außerdem in der neuen Schreibweise darübersetzen, worauf er aber gern verzichtet.
Was Kraus und viele seiner Kollegen an deutschen Schulen treiben, war so nicht vorgesehen. [...]
DER SPIEGEL 1/2006 vom 2. Januar 2006; S. 124-132
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,393000,00.html
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Siehe hierzu:
* Josef Kraus, ein Schulleiter gegen die Rechtschreibreform - http://www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=982 |
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