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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Sonntag, 31. Okt. 2004 11:43 Titel: VER.DI PUBLIK |
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Gilt hier der Duden von 1906 oder der von 1880?
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Neue Regeln
In dieser Ecke wird die orthographische Frage ab sofort anders gelöst. Das kann ich festlegen, weil sich die Fläche dieses Beitrags in Quadratcentimetern zur gesamten Meinungsseite in etwa so verhält wie die orthographische Macht der Groß-Verlage Springer, Spiegel und Süddeutsche zum Rest Deutschlands. Gleichzeitig wehre ich mich damit gegen die Unterstellung, das Vorhaben der Herren Dieckmann (Bild), Aust (Spiegel) und Kilz (SZ) sei ein „Fanal, in den Schnee gepinkelt“. Zudem es auch mir Ernst ist. Denn ich verbinde meine Bestrebungen mit den großen Zeiten, als Socialdemokratie und Gewerkschaften noch wirklich Seit’ an Seit’ voranschritten. Aus diesem Grunde gilt jetzt hier der Duden von 1906.
JAN JURCZYK (RECHTSCHREIBUNG: CHR. STANG)
VER.DI PUBLIK 10, Oktober 2004, S. 13 - MEINUNG
www.verdi-publik.de
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Anmerkungen:
Jan Jurczyks orthographischer Berater Christian Stang hat sich nicht sachkundig gemacht. Die Schreibweisen „Quadratcentimeter“ und „Socialdemokratie“ gab es zwar noch in
- Dr. Konrad Duden: Vollständiges Orthographisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Nach den neuen preußischen und bayerischen Regeln. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1880, und in
- Dr. Konrad Duden: Vollständiges Orthographisches Wörterbuch der deutschen Sprache, mit zahlreichen kurzen Wort- und Sacherklärungen und Verdeutschungen der Fremdwörter, sechste Auflage, Leipzig und Wien: Bibliographisches Institut, 1900.
Aber schon im Duden von 1880 war auch die Variante „sozial“ enthalten, und im Duden von 1900 stand entsprechend dem Schreibgebrauch die Variante „Sozialdemokratie“.
Dann aber fand vom 17. bis 19. Juni 1901 in Berlin die II. orthographische Konferenz statt, die zu einer einheitlicheren deutschen Rechtschreibung führte.
Im Duden, 7. Auflage, von 1902 stand daher neben „Centimeter“ auch „Zentimeter“. Aber bei dem veralteten „social“ stand bereits der Hinweis: siehe „sozial“. Sieht man dort nach, findet man dann „Sozialdemokratie“. Im Duden, 8. Auflage, von 1905 ist „Centimeter“ ganz verschwunden. Folglich waren auch im Duden von 1906 die Schreibweisen „Quadratcentimeter“ und „Socialdemokratie“ nicht mehr enthalten.
Aber im Duden, 7. Auflage (1902) und noch in der 8. Auflage (1908, 1914), steht die Schreibweise: „Es ist mir Ernst.“
Siehe auch: Sauer, Wolfgang Werner: Der „Duden“. Geschichte und Aktualität eines „Volkswörterbuchs“, Stuttgart: J.B. Metzler, 1988
Übrigens: Jan Jurczyk kennt offenbar nicht die Liste der reformfreien Zeitungen und Zeitschriften: www.gutes-deutsche.de -.
„Den Reformgegnern Mut gemacht hatte im Sommer die Ankündigung des Springer-Verlages, des Spiegel und der Süddeutschen Zeitung, auf eigene Faust zur bewährten Rechtschreibung zurückzukehren. Wahr gemacht haben dies seit dem 3. Oktober tatsächlich nur die Blätter des Springer-Verlages. [...] Annähernd die Hälfte der Zeitungen erscheint nun in der alten, die andere Hälfte in der neuen Rechtschreibung. [...]“
Dieter Stein: Rechtschreibreform. Das perfekte Chaos. In: Junge Freiheit Nr. 43 vom 15. Oktober 2004 - www.vrs-ev.de/forum/viewtopic.php?p=2555#2555
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Jan Jurczyk
Der 1961 in Berlin geborene Jurczyk hat Politikwissenschaften und Volkswirtschaft an der Freien Universität Berlin studiert. Der Familienvater von zwei Kindern schloß sein Politik-Diplom mit dem Thema: Gesellschaftliche und rechtliche Folgen sowie wirtschaftliche Möglichkeiten der Gentechnologie, erfolgreich ab.
Von 1989 bis 1994 arbeitete Jurczyk als freiberuflicher Korrespondent für das Wirtschaftsressort der Frankfurter Rundschau, Freie Presse Chemnitz, Berliner Zeitung und Stuttgarter Zeitung.
In den Jahren 1995 und 1996 war er für den Tagesspiegel und 1997 für die Berliner Zeitung als Wirtschaftsredakteur tätig. Für letztere auch als stellvertretender Leiter des Ressort Wirtschaft. Im Jahr 2000 wechselte Jan Jurczyk als Wirtschaftsredakteur zur Berliner Morgenpost. Hier ist er seit Oktober 2000 der Ressortleiter Wirtschaft.
www.wirtschaftsforumberlin.de/text-06c3.html
Zuletzt bearbeitet von Manfred Riebe am Montag, 01. Nov. 2004 14:33, insgesamt 7mal bearbeitet |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Sonntag, 31. Okt. 2004 12:01 Titel: VER.DI-KNIGGE |
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VER.DI-KNIGGE
Zeichen zum Liebhaben
Die Rechtschreibreform ist bekanntlich ein Quell der Unsicherheit und des Missbehagens. Schriftstellerinnen und Schriftsteller recken zürnend die Faust, Politiker wie der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff seufzen: „... es herrscht Anarchie und Beliebigkeit.“ Wie wahr. Wer bei ver.di beruflich mit dem geschriebenen, zur Veröffentlichung bestimmten Wort zu tun hat, den treibt eine wachsende Anzahl Reformverweigerer in die Verzweiflung. Dabei ist der Unwille, statt „ß“ „ss“ zu schreiben oder sich den Mühen der Klein- und Großschreibung zu unterziehen, von vergleichsweise geringem Übel. Aber zum Himmel schreit die wuchernde Marotte, ein Textleben ohne Kommas und Bindestriche zu führen. Sie werden einfach weggelassen. Wieso, weshalb, warum?, grübelt besorgt der ver.di-Knigge (mit Bindestrich!). Wann, das ist zu befürchten, wird des Punktes entbehrt, des Frage- oder Ausrufezeichens? Es sind nur kleine Zeichen, aber habt sie bitte ein bisschen lieb.
VER.DI PUBLIK 08-09, August/September 2004 - VER.DI-WERKSTATT
www.verdi-publik.de |
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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Sonntag, 31. Okt. 2004 12:21 Titel: Christian Stangs unkritische Duden-Rezension |
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Christian Stangs unkritische Duden-Rezension
Rechtschreibreform kein Untergang des Abendlandes
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Lesen
Recht gewitzt
Duden - Die deutsche Rechtschreibung | Seit vielen Lesern die Flussschifffahrt mit drei s und drei f begegnet und das Känguru ohne h unterwegs ist, sehen sie sich gezwungen, wieder einen Blick ins Wörterbuch zu werfen. Was liegt da näher, als den millionenfach bewährten Duden zu Rate - oder etwa doch: zurate - zu ziehen? Seit August liegt dieses Standardwerk, das es übrigens seit fast 125 Jahren gibt, in der neuesten Auflage vor - immerhin der 23.
Während sich die Befürworter und Gegner der Rechtschreibreform aufs Neue heftige Gefechte liefern, zeigt der Duden, dass jetzt oftmals zwei Schreibvarianten korrekt sind. Was übrigens auch für das oben erwähnte zu Rate/zurate ziehen gilt. Das ist nicht schlimm, sondern allenfalls gewöhnungsbedürftig. Auch droht mit der Rechtschreibreform nicht der Untergang des Abendlandes; es sei denn, man ist zu bequem, in ein Wörterbuch zu blicken.
Denn gerade in Zeiten des orthografischen Umbruchs ist es wichtig, einen Helfer zur Hand zu haben, der die neue Rechtschreibung in der ab August 2005 in Schulen und Behörden gültigen Form umsetzt. Dabei macht es der neue Duden Ratsuchenden so einfach wie möglich: Alle neuen Schreibungen und Trennungen werden in roter Schriftfarbe markiert. So ist auf einen Blick zu sehen, was sich geändert hat.
Und das ist nicht wenig: Unter den 125000 Stichwörtern auf 1156 Seiten finden sich 5000 neue Wörter von A wie Alcopops über D wie Dosenpfand oder P wie PISA bis zu Z wie Zickenalarm. Selbstverständlich ist auch der Frühbucherrabatt der Deutschen Bahn, der Infobrief der Deutschen Post und die Lkw-Maut vertreten. Wie die Beispiele zeigen, verzeichnet die Duden-Neuauflage Wörter, die seit seinem letzten Erscheinen in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen sind. Auch vor den in der Bevölkerung heftig umstrittenen Anglizismen wird nicht Halt gemacht. Neben den erwähnten Alcopops hat das Nordic Walking, die Pay-back-Karte und das Slowfood den Sprung in den Duden geschafft. Ob man das nun gut findet oder nicht, sei dahingestellt; es zeigt jedenfalls, wie wandlungsfähig Sprache ist.
Neben dem gründlich überarbeiteten Wörterbuchteil bietet der neue Duden viele Extras: Eine Gegenüberstellung der wichtigsten „reformierten“ Wörter von A bis Z, eine Sonderseite mit den aktuellen Regelmodifizierungen vom Juni 2004 und das Regelverzeichnis der Dudenredaktion erleichtern den Einstieg in die neue Rechtschreibung. Auch die Hinweise zur Textverarbeitung werden vielen Nutzern gute Dienste erweisen.
CHRISTIAN STANG
BIBLIOGRAPHISCHES INSTITUT & F.A. BROCKHAUS 2004, 23. AUFLAGE, 1156 S., 20 €; AUCH ALS CD-ROM FÜR ALLE GÄNGIGEN BETRIEBSSYTEME ERHÄLTLICH. Für Freunde der Spracherneuerung verlosen wir fünf Exemplare inkl. CD-ROM, Stichwort: Flussschifffahrt!
VER.DI PUBLIK Nr. 10, Oktober 2004 (24.09.2004), S. 19 - KULTUR
www.verdi-publik.de
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Anmerkungen:
Christian Stang gehört zu den willigen Vollstreckern der Rechtschreibreform, die ihr Mäntelchen nach dem Wind hängen und sich in den Dienst der Duden-Redaktion stellen. Wes Brot ich eß', des Lied ich sing'. Wo ein Loblied gefordert wird, darf es keine Kritik geben. Oder doch?
Stang übernimmt beflissen eines der Schlagworte der Reformer und Kultusminister: „Auch droht mit der Rechtschreibreform nicht der Untergang des Abendlandes.“ Diese Polemik gegen die Reformkritiker soll zeigen, auf welcher Seite er steht.
Siehe hierzu die ausführlichen Anmerkungen von Günter Schmickler: www.vrs-ev.de/forum/viewtopic.php?p=2222#2222 -. |
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