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Manfred Riebe
Registriert seit: 23.10.2002 Beiträge: 2840 Wohnort: 90571 Schwaig bei Nürnberg
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: Donnerstag, 26. Aug. 2004 11:50 Titel: SPD, Jusos |
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Die SPD und die Rechtschreibreform
Wir haben bereits eine Rubrik „Die CDU und die RSR“, und es hieß vor einigen Jahren, daß Schäuble es war, der die Union seinerzeit dazu verdonnerte, die eigentlich abgelehnte RSR dennoch durchzuziehen bzw. hinzunehmen. Man vergleiche den dort wiedergegebenen Brief von Ministerpräsident Koch. Für die SPD übernahm diesen Job der „Zuchtmeister“ (wie der respektvolle Ehrentitel lautet) Müntefering, dem sich die Partei auch heute noch gern unterwirft. Wer oder was jeweils dahintersteckte, werden wir wohl nie erfahren; es ist ja nicht anzunehmen, daß diese beiden Herren von sich aus zu dem Thema kamen. Hier also, damit es nicht in Vergessenheit gerät, noch einmal der Text, mit dem Dankwart Guratzsch auf gewisse Hintergründe aufmerksam machte:
Die Welt, 5.9.97:
Wie Müntefering die SPD auf die Schreibreform einschwört
Bundesgeschäftsführer schreibt an Mitglieder - Buchverlage, Eltern und Lehrer für neue Regelung/ Von DANKWART GURATZSCH
Bonn - In der SPD gibt es Bestrebungen, die Parteimitglieder auf die Zustimmung zur Rechtschreibreform einzuschwören. In einem jetzt bekanntgewordenen und der WELT im Wortlaut vorliegenden Schreiben warnt Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering seine Parteifreunde vor einem Scheitern der Reform. Das käme seiner Meinung nach einem „Rückfall in die orthographische Vielstaaterei“ gleich. „Das kann niemand wollen“, heißt es in dem Schreiben Münteferings, das von der SPD bestätigt wurde.
Nach der Argumentation des SPD-Funktionärs sind es nur „einzelne Gegner in Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen“, die die Reform mit Hilfe der Verwaltungsgerichte gestoppt hätten. In anderen Bundesländern sei dies mißlungen. Um eine weitergehende Verunsicherung zu verhindern, sei es „wichtig, daß es bald zu einer abschließenden Regelung des Rechtsstreites durch einen Staatsvertrag zwischen den 16 Ländern und dem Bund oder durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes kommt“.
In seinem Appell spricht Müntefering von einem „sinnvollen Gehalt der Reform“, die „reale Erleichterungen für Kinder Jugendliche und Erwachsene“ bringe.
Der Appell Münteferings hat Überraschung ausgelöst, weil bisher der Eindruck vorgeherrscht hatte, daß sich die großen Parteien in die Meinungsbildung der Abgeordneten über die Schreibreform nicht einmischen würden. Der von verschiedenen Kultusministern angestrebte Staatsvertrag könnte nur zustandekommen, wenn die Länderparlamente wie auch der Bundestag ihm zustimmen. Diese Klippe nennt Müntefering auch: „Sollte ein Land ausscheren, wäre die Reform gescheitert.“
Nach dem bisherigen Meinungsbild neigt die Mehrheit der Abgeordneten eher einer Ablehnung der Reform zu. Als einziger Bundestagsausschuß hatte bisher der Haushaltsausschuß die Reform mit 20 zu 9 Stimmen bei zwei Enthaltungen zurückgewiesen. Nach einer Anhörung von Verfassungsjuristen im Rechtsausschuß war deutlich geworden, daß auch in diesem Gremium die Gegner der Reform in der Überzahl sind.
Der Riß geht quer durch die Parteien. In der SPD hat sich besonders der frühere Verfassungsjurist und ehemalige niedersächsische Kultusminister Mahrenholz, klar gegen die Reform ausgesprochen.
Auf die Einwände von Mahrenholz hat dessen Nachfolger in Niedersachsen, der derzeitige Präsident der Kultusministerkonferenz Rolf Wernstedt (SPD), auf diskrete Weise antworten lassen. Der in seinem Ministerium angestellte und für die Durchsetzung der Rechtschreibreform in Niedersachsen zuständige Ministerialrat Albrecht Pohle antwortete Mahrenholz in einem Leserbrief an die Süddeutsche Zeitung mit einer allgemeinen Juristenschelte. Von den Bundesrichtern sei „nichts Gutes zu erwarten. Sie werden blind bei einer ihrer größten Autoritäten, dem ehemaligen Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts, abschreiben“, meint der Beamte.
Unterdessen haben Buchverlage, Eltern und Lehrer die zügige Einführung der umstrittenen Rechtschreibreform verlangt. In einer gestern in Bonn verbreiteten gemeinsamen Resolution von insgesamt acht Verbänden heißt es, die Reform müsse in der von den Länderkultusministern beschlossenen Form nun auch in Kraft treten. Die nach langem Streit vereinbarten Änderungen seien sinnvoll, weil sie für mehr Sicherheit beim Schreibenlernen sorgten. Millionen Schüler in Deutschland, Österreich und der Schweiz wendeten das neue Regelwerk bereits mit großem Erfolg an. In mehreren Bundesländern haben Gerichte die Reform vorerst gestoppt.
Ein Vertreter des Verbandes der Schulbuchverlage sagte, die Polemik gegen die Reform sei maßlos und demagogisch. Für die Schul-, Jugendbuch- und Lexikaverlage werde eine Aufgabe oder auch nur eine Verschiebung der Reform verheerende wirtschaftliche Folgen haben, die weit über 300 Millionen Mark hinausgingen.
Eine Sprecherin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sagte, die Schulen hätten das Hickhack um die Reform gründlich satt. Den Kultusministern der Länder warf sie bei der gemeinsamen Pressekonferenz vor, sich bei der Einführung der neuen Regeln dilettantisch verhalten zu haben.
Theodor Ickler
22.06.2004 05:29 Dokumente > Die SPD und die Rechtschreibreform
www.rechtschreibreform.de/php/einzelner_Datensatz.php?BeitragNr=23649 |
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Elke Philburn
Registriert seit: 03.12.2002 Beiträge: 246 Wohnort: Manchester UK
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: Mittwoch, 22. Sep. 2004 20:24 Titel: Schröder lenkt ein |
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Schröder zeigt Verständnis für Rechtschreibreform-Gegner
Berlin (dpa) - Bundeskanzler Schröder hat Verständnis für die Gegner der Rechtschreibreform gezeigt. Die Entscheidung über Änderungen sei jedoch Sache der Kultusministerkonferenz der Länder, sagte Schröder der «FAZ» . Er sehe nur die Möglichkeit, dass der von den Kultusministern eingesetzte neue Rat für die deutsche Rechtschreibung «das eine oder andere Detail korrigiert.»Die Ministerpräsidenten werden sich Anfang Oktober in Berlin mit dem Thema befassen.
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<a href="http://host1.tagesspiegel.de/newsticker/ticker/detail.php?id=73604">Quelle: Tagesspiegel Online</a></b> |
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Elke Philburn
Registriert seit: 03.12.2002 Beiträge: 246 Wohnort: Manchester UK
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: Mittwoch, 22. Sep. 2004 20:27 Titel: Schröder lenkt ein |
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Kanzler Schröder erkennt Bedenken gegen die Rechtschreibreform an
Die Bundesregierung verändert ihre Haltung zur Rechtschreibreform und nähert sich allmählich der Mehrheitsmeinung in der Bevölkerung an. Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Ausgabe vom 23. September), er schließe nun Änderungen an der mißlungenen Rechtschreibreform nicht mehr aus: „Ich kann die Bedenken, die mir zum Beispiel viele Schriftsteller erläutert haben, gut nachvollziehen.“
Die Bundesregierung wolle aber einer Entscheidung der Kultusminister nicht vorgreifen. Sein Eindruck sei, „daß die Kultusministerkonferenz Wert auf ihre alleinige Kompetenz legt“, sagte Schröder. Der Kanzler fordert aber noch nicht die Rücknahme der Reform. Er sehe nämlich die Möglichkeit, daß der von den Kultusministern eingesetzte Rat für deutsche Rechtschreibung „bei der weiteren Umsetzung der Rechtschreibreform das eine oder andere Detail korrigiert“. <b>
<a href="http://www.deutsche-sprachwelt.de/nachrichten/neues_detail.php?id=148">Quelle: Deutsche Sprachwelt</a></b> |
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Norbert Schäbler
Registriert seit: 01.05.2003 Beiträge: 9 Wohnort: Hösbach
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: Mittwoch, 22. Sep. 2004 22:38 Titel: Überparteilichkeit contra Opportunismus |
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Norbert Geis (CSU/MdB) ist kein Unbekannter. Im Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages hat er zusammen mit Detlev Kleinert (F.D.P.) die berühmte Resolution „Die Sprache gehört dem Volk“ initiiert. Ein gutes Jahr lang (Februar 1997 bis Februar 1998) haben die Abgeordneten damals daran gearbeitet, eine entschlackte und abgeschmackte Resolution bundestagsmehrheitsfähig zu gestalten (Einzelheiten siehe unter dem Leitfaden „Dokumente“ im Strang „Politische Machbarkeiten“. Dort befindet sich auch eine Namensliste der damals kritisch-gesinnten Abgeordneten).
Am 10.09.04, in Aschaffenburg, saß Norbert Geis auf dem Podium der Veranstaltung „Wege aus der Rechtschreibkrise“. Er nahm es auf mit solch kompetenten Reformkritikern wie „Denk“, „Krieger“, „Kunze“ und „Pfeiffer-Stolz“.
Und – wie die Nachbetrachtung im Aschaffenburger Main-Echo zeigte –: er gewann.
In der Presse wurde er gar bemitleidet, ob seines schweren Standes: er, der Realist unter glühenden Kritikern, die holzschnittartige Argumente vortrugen.
Aber auch die Argumente, die Norbert Geis vortrug, waren keineswegs sachlich. Beim ersten Zwischenruf nach gerade mal viertelminütigem Eigenvortrag (Zwischenruf: „Das kennen wir doch schon alles!“) reagierte er standesgemäß: „Wenn es ihnen nicht paßt, dann können Sie ja nach Hause gehen!“
Und bei der Frage bzgl. der Akzeptanz ließ er keinen Zweifel offen, daß ihm die Akzeptanz der Bevölkerung gelinde gesagt „wurschtegal“ sei, daß er sich vielmehr nach der Akzeptanz der 16 Kultusminister bzw. der 16 Ministerpräsidenten richte, und die sei eindeutig pro Reform.
Ich kenne Herrn Norbert Geis von Kindesjahren an. Seit 1996 allerdings beginne ich, den Mann "kennen zu verlernen“, weil ich nicht verstehen kann, wie und warum ein verdienter Demokrat verlustig geht.
Gleichwohl kann ich nachvollziehen, daß ein System die Menschlichkeit erstickt.
PS:
Ich denke auch nach über Zufälle und Fügungsgewalten,
denke nach über die Flutkatastrophe 2002, die Herrn Schröder den Wahlsieg bescherte,
denke nach über die Unnachgiebigkeit der SPD-Kultusminister und Ministerpräsidenten, die noch vor kurzem mehrheitlich dem CDU/CSU-Wankelmut in Sachen Rechtschreibreform gegenüberstand, so lange, bis der Kanzler am heutigen Tag (22.09.04) ein opportunes Wort sprach.
Ekelerregend ist es, das Buhlen um die Gunst der Wähler.
Und es tut weh, daß diejenigen Politiker, die vorgeben (und das auch tatkräftig und langfristig und nachweislich getan haben) letztendlich der Konsequenz entbehren
Es tut weh, daß Aschaffenburg (bzw. Bayern) neuerdings ein KMK-Stützpunkt ist.
Solcher Gesinnungswandel ist unfaßbar!
Abschließender Merksatz: "Die Diskussion um die Rechtschreibreform erfordert überparteiliches Engagement!" |
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