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SÜDKURIER

 
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Manfred Riebe



Registriert seit: 23.10.2002
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Beitrag: Mittwoch, 16. Jun. 2004 21:01    Titel: SÜDKURIER Antworten mit Zitat

SÜDKURIER: Die Opposition gegen die Rechtschreibreform wird lauter
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„Erfunden, unklar, widersprüchlich“

50 Rechtsgelehrte fordern in einer Petition die Rücknahme der Rechtschreibreform

Foto:

Flussschiff
Flussschiffer
Flussschifffahrt
Flussschotter

Das Dreifach-S: Eine der merkwürdigen Reform-Neuerungen. Bild: dpa
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Die Opposition gegen die Rechtschreibreform wird fünf Jahre nach deren Einführung eher lauter statt leiser. „Rechtswissenschaftler für die bewährte Rechtschreibung“ ist der Titel einer Petition, die von 50 Jura-Professoren unterzeichnet wurde, und vom Deutschen Bundestag, den Landtagen, dem Nationalrat Österreichs und der Schweiz eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung fordert. Initiator ist der Münchner Rechtsanwalt Johannes Wasmuth, Lektoratsbereichsleiter beim auf juristische Literatur spezialisierten Beck-Verlag.

<i>Herr Wasmuth, laut einer Allensbach-Umfrage ist die Ablehnung der Rechtschreibreform von 70 Prozent 1997 auf jetzt 49 Prozent gesunken. Signalisiert das Ergebnis Zustimmung oder einfach nur Resignation? </i>

Natürlich deutliche Resignation. Der wirklich aussagekräftige Teil der Umfrage weist aus, dass 13 Prozent der Deutschen für die Reform sind. Das ist gegenüber 1997 ein Anstieg von drei Prozent. Von breiter Zustimmung kann also gar keine Rede sein.

<i>Was motiviert Sie als Anwalt zusammen mit den Gelehrten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zur Forderung nach einem Stopp der Reform? </i>

Zunächst ist Sprache und ihre Verschriftung ein wesentliches Handwerkszeug für den Juristen. Der Neuschrieb wirkt sich zwar kaum bei einfachen Texten aus, greift aber elementar in den schriftlichen Ausdruck komplexer Sinnzusammenhänge und komplizierter Begriffe ein, die für juristische Texte typisch sind. Daneben vereinfacht die Reform nicht, sondern verkompliziert die Schrift mit über 1000 Anwendungsbestimmungen. Sie folgt frei erfundenen, unklar formulierten und teils widersprüchlichen Regeln. Sie verstößt gegen elementare Grundsätze der Grammatik, Semantik und Phonetik. Sie führt zur Beseitigung zahlreicher Begriffe und unterschiedlicher Sinngehalte, ist deutlich leseunfreundlich und bedient sich absurder Pseudo-Etymologien. Kurzum: Sie ist ein der tradierten Rechtschreibung klar unterlegenes Regelwerk.

<i>Haben sich mit der Reform einige wenige über den Willen der großen Mehrheit hinweggesetzt? </i>

Ja. In der Demokratie ist es ein Unding, dass Millionen Bürger gegen ihren bis heute mit deutlicher Mehrheit bekundeten Willen auf die eigenwilligen Vorstellungen einer undurchsichtig zusammengesetzten und offenbar auch eigenen wirtschaftlichen Interessen folgenden Rechtschreibkommission verpflichtet werden, in der eigentliche Kenner des Fachs kein Gehör gefunden haben. Es ist unverantwortlich, dass sich die Kultusminister nach Manier von Duodezfürsten einigen ideologisierten Reformern verschrieben haben, ohne den Schaden für die deutsche Sprachgemeinschaft und die wirtschaftlichen Folgen ihres Handelns ernsthaft zu bedenken.

<i>Der Stuttgarter Schulbuch-Verleger Michael Klett beklagt das „Chaos“ nach der Reform und fordert, Schulbücher künftig wieder nach alten Regeln zu drucken. Ist das realistisch? </i>

Michael Klett hat überzeugend dargelegt, dass eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung auch für die Schulbuchverlage wirtschaftlich verkraftbar ist. Überhaupt ist die Rückkehr weniger aufwendig als die damalige Umstellung auf den Neuschrieb, wenn die Verlage auf alte Satzdaten zurückgreifen. Gesamtwirtschaftlich betrachtet sind die Schulbücher ohnehin nur eine geringe Größe. Sollte die Neuschreibung beibehalten werden, wäre die weitaus größte Zahl der lieferbaren Bücher umzustellen. Dieses unproduktive Unterfangen belastet die Volkswirtschaft in ganz anderen Dimensionen. Entsprechendes gilt etwa für Gesetzestexte, die weiterhin ganz überwiegend in tradierter Rechtschreibung gefasst sind.

<i>Die von morgen an in Mainz tagende Kultusminister-Konferenz (KMK) befasst sich mit dem Vierten Bericht der Zwischenstaatlichen Rechtschreib-Kommission. Die schlägt leichte Modifikationen unverständlicher neuer Regeln vor. Genügt Ihnen das? </i>

Es ist bereits im Ansatz verfehlt, wenn die KMK die Kommission beauftragt, ihr eigenes Werk zu begutachten. Diese kommt dabei denknotwendig zu außerordentlich positiven Bewertungen, die mit den tatsächlichen Umständen wenig zu tun haben. Auch der Vierte Bericht der Kommission stellt daher keine objektive Auseinandersetzung mit dem Produkt Rechtschreibreform dar, sondern betreibt nur Schönfärberei. Die vorgeschlagenen „Anpassungen“ beziehen sich auf rund 4000 Wörter, sind wiederum das Ergebnis von Formelkompromissen und machen die bislang erschienenen Wörterbücher erneut unbrauchbar. Tatsache ist: Der Neuschrieb ist wegen seiner mit der Sprache nicht vereinbaren Systematik insgesamt unbrauchbar. Und weil die KMK offenbar nicht in der Lage ist, ihre Fehlentscheidungen zu korrigieren, haben die Rechtswissenschaftler die zuständigen Parlamente aufgefordert, die Kultusverwaltung zur Verantwortung zu ziehen.
______

DIE FRAGEN STELLTE
ALEXANDER MICHEL

SÜDKURIER vom 3. Juni 2004, S. 4 - NACHGEFRAGT
www.suedkurier.de/nachrichten/nachgefragt/4667,1024468.html
____________________________________________________

Vgl. auch Rechtsprofessoren fordern Rücknahme der Rechtschreibreform - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=279

Anmerkung:
In den VRS-Links wurde „viewtopic“ durch „themaschau“ ersetzt, damit sie wieder funktionieren.


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Manfred Riebe



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Beitrag: Mittwoch, 16. Jun. 2004 21:09    Titel: Antidemokratische Kultusminister verschleudern Steuergelder Antworten mit Zitat

Antidemokratische Kultusminister verschleudern Steuergelder
___________________________________________________________________

Manfred Riebe, OStR i.R. ............................... Schwaig bei Nürnberg, den 16.06.2004
Max-Reger-Str. 99
90571 Schwaig bei Nürnberg
Tel. (0911) 50 08 25


Südkurier
Leserbriefredaktion
Max-Stromeyer-Str. 178

78467 Konstanz


Leserbrief zum Interview von Dr. Alexander Michel mit Dr. Johannes Wasmuth: „Erfunden, unklar, widersprüchlich“ - 50 Rechtsgelehrte fordern in einer Petition die Rücknahme der Rechtschreibreform. In: Südkurier vom 3. Juni 2004, S. 4
Authentischer Abdruck gemäß Urheberrecht erbeten! (1)

Der Kernsatz des Lektoratsleiters des Beck-Verlages, Dr. Wasmuth, lautet, es sei unverantwortlich, daß die Kultusminister die „Rechtschreibreform“ antidemokratisch autoritär umsetzten, ohne den Schaden und die wirtschaftlichen Folgen zu bedenken. Tatsächlich versäumten es die Kultusminister, die sog. Rechtschreibreform an den Grundsätzen der Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit, Verhältnismäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu messen. Es gibt nicht einmal Kostenschätzungen. Es gab keine staatlichen empirisch-statistischen Qualitätskontrollen der Reform. Das sind Verstöße gegen haushaltsrechtliche Grundsätze. Wieso dürfen Politiker Steuergelder für die Schlechtschreibreform verschleudern? www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=238

Die 50 Rechtsprofessoren (2) sind nicht die einzigen, die eine Rücknahme der Schlechtschreibreform fordern. Acht (nicht fünf) Jahre nach deren Einführung wächst die Front gegen die Schlechtschreibreform. Dazu gehören u.a. die Akademien der Wissenschaften, das PEN-Zentrum, der Orden Pour le mérite für Wissenschaft und Künste und der Deutsche Elternverein – www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=257#1090 -. Warum? Die Schlechtschreibreform wurde den Schulen 1996 aufgezwungen, und seitdem mußten Lehrer und Eltern sich plagen. Die Journalisten wurden ab 1. August 1999 genötigt. Seitdem zwangen auch einige Verlage ihre abhängigen Schriftsteller zum Neuschrieb. Das Ergebnis ist eine Beliebigkeitsschreibung, ein Mischmach herkömmlicher, „neuer“ und individueller Schreibweisen, wie man es in den Zeitungen sehen kann, so daß das große Werk Konrad Dudens, die einheitliche Rechtschreibung, zerstört wird. Dadurch wachten immer mehr Betroffene auf, darunter Lektoren, Korrektoren und Übersetzer. Der Schulbuch-Verleger Michael Klett begann erst zu klagen, nachdem der Stolz-Schulbuchverlag voranmarschierte und den Verband der Schulbuchverlage angriff: www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=363&start=0

Manfred Riebe
Vorstandsmitglied des VRS
Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V.
90571 Schwaig bei Nürnberg
http://www.vrs-ev.de

„Es ist nie zu spät, Natur-, Kultur- und Sprachzerstörung, Entdemokratisierung, Korruption und Steuerverschwendung zu stoppen!“ (VRS)

1) Die Märkische Allgemeine Zeitung schrieb z.B. erläuternd dazu: „Der Autor ist Vorstandsmitglied des Vereins für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege. Auf seinen Wunsch wurde im Text die alte (richtig: herkömmliche) Rechtschreibung beibehalten.“

Die meisten Leserbrief-Redaktionen entsprechen meinem Wunsch und drucken meine Briefe in der traditionellen Orthographie ab. Wenn eine Redaktion mich ausnahmsweise entgegen dem Urheberrecht zum Neuschrieb nötigen wollte, was auch vorkam, dann verzichtete ich auf den Abdruck. Es gibt ja im Internet genügend Foren.

Es ist erstaunlich, daß der Südkurier ausgerechnet das Interview mit Rechtsanwalt Dr. Johannes Wasmuth, dem Lektoratsbereichsleiter des Beck-Verlages, ohne ihn zu fragen, in Neuschrieb druckte.

2) Von der Universität Konstanz sind es fünf Rechtsprofessoren:
Professor Dr. Winfried Brohm
Professor Dr. Martin Ibler
Professor Dr. Hartmut Maurer
Professor Dr. Bernd Rüthers
Professorin Dr. Astrid Stadler
Siehe: Rechtsprofessoren fordern Rücknahme der Rechtschreibreform - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=279


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Manfred Riebe



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Beitrag: Montag, 23. Aug. 2004 18:44    Titel: Note: Mangelhaft Antworten mit Zitat

RECHTSCHREIBREFORM
Note: Mangelhaft

VON ALEXANDER MICHEL

Die Reform – zahllose Belege zeigen dies – hat ihr Ziel verfehlt.

Vier Gründe, warum die Rechtschreibreform neuerdings wieder in vieler Munde ist: Wer die Rücknahme einer Reform fordert, macht sich im Land der Hartz-Gesetze beliebt. Dieser Grund führt auf direktem Weg ins Saarland, wo Reformkritiker Peter Müller am 5. September wiedergewählt werden will. Drittens durchstehen wir gerade die nachrichtenarme Sommerzeit, und viertens werden in genau einem Jahr, am 1. August 2005, die Neuschreibregeln verbindlich. Dann soll an Schulen und Universitäten Schluß sein mit der bequemen Pendelei zwischen Alt- und Neuschrieb, dann müssen Lehrer und Professoren als Fehler anstreichen, was jetzt gleichfalls als korrekt gilt.

So jedenfalls haben es sich die Kultusminister gedacht, als sie mit Rückendeckung auch jener Landesfürsten, die sich jetzt als Kritiker gebärden, im Dezember 1995 grünes Licht für die Reform gaben.

Deren Väter gestanden schon damals zu, man werde „gelegentlich Korrekturen“ am Werk vornehmen müssen, und legten alle Macht über die deutsche Orthographie in die Hände einer Zwischenstaatlichen Kommission.

Diese gab jahrelang der Versuchung nach, schönzureden und schönzuschreiben, was in der Bevölkerung auf wachsenden Unmut und flächendeckende Mißbilligung stieß. Nie zuvor ging eine Reform weiter an Erwartungen sowie praktischen Gewohnheiten ihrer Zielgruppe vorbei, nie zuvor wurde eine Reform so schnell als Kopfgeburt von Experten abgestempelt und mit privatem Widerstand all ihrer Opfer unterlaufen. Selbst namhafte Verlage druckten weiter nach alten Regeln, wenn die Autoren das wollten. Und die meisten wollten es.

Indes verlangt die Debatte kühle Köpfe. „Känguru“ (neu) statt „Känguruh“? „Potenzial“ statt „Potential“? „Tollpatsch“ statt „Tolpatsch“? Viele Beispiele zeigen, dass eine Verdammung der Reform und der Ruf nach einer Rücknahme über das Ziel hinausschießen. Niemand sollte Kinder und Erwachsene ins orthographische Minenfeld des Altschriebs zurücktreiben.

Doch dort, wo die Experten feste Regeln gießen wollten, was sich der Einbetonierung naturgemäß entzieht, sind sie gescheitert, sind Fehler schnell rückgängig zu machen. Bei der Getrennt- und Zusammenschreibung sowie bei der Groß- und Kleinschreibung hat sich der grüne Tisch der Sprachbürokraten meilenweit von den Geboten der Sprachentwicklung und Sprachlogik entfernt.

„Kennen lernen“ (neu) statt „kennenlernen“? Nur mit Ignoranz Geschlagene behaupten, daß diese Schreibung der selben Regel wie „Schwimmen lernen“ und „schwimmenlernen“ unterworfen werden kann. Sind „sitzenbleiben“ (alt) und „sitzen bleiben“ das selbe, oder ist die Neuform nicht vielmehr ein Auswuchs sprachideologischer Bevormundung durch Gremien-Menschen?

Sie haben ihren Opfern „Majonäse“ auf den Teller gedrückt und „Stofffetzen“ vor die Füße geworfen. Kritiker wurden von ihnen als „selbsternannt“ diffamiert, Resignation und Widerstand der Bevölkerung ignoriert. Vor kurzem jedoch haben die Sprachregler ihren Würgegriff gelockert und lassen gnädig marginale Änderungen und Doppel- Schreibweisen zu. Sie „erlauben“ neben „Zeit sparend“ wieder „zeitsparend“, weil ihnen die Gewürgten „leidtun“ und nicht mehr „Leid tun“. Wodurch die sinnwidrige Verfälschung einiger Neuschriebe augenfällig wird. Die Reform – zahllose Belege zeigen dies – hat ihr Ziel verfehlt.

Ihre Reparatur kann nicht mit dem dürftigen Hinweis abgelehnt werden, der Neudruck von Schulbüchern verschlinge Millionen. Niemand will das Lehrmaterial von einem Schuljahr aufs andere auswechseln. Doch die Weiterverbreitung von Unsinn und Antiquarischem – „kurz treten“ statt „kurztreten“ – muß unterbunden werden, soll die Schreibverwirrung nicht uferlos werden.

Der neue „Rat für deutsche Rechtschreibung“ wird die Pannen und Peinlichkeiten der Reform beseitigen müssen. Die Kultusminister sollten dazu ihren Segen geben und ein Datum der Willkür kippen: den 1. August 2005. Der Autor dagegen ist schon für heute versuchshalber zur alten Schreibweise zurückgekehrt.

SÜDKURIER Nr. 175, SAMSTAG, 31. JULI 2004, S. 2 – Politik -
_________________________________________________

Anmerkungen:

I. Zur historischen Entwicklung des Widerstandes gegen die Rechtschreibreform

Falsch: „So jedenfalls haben es sich die Kultusminister gedacht, als sie mit Rückendeckung auch jener Landesfürsten, die sich jetzt als Kritiker gebärden, im Dezember 1995 grünes Licht für die Reform gaben.“

Richtig:

Die politischen Machtverhältnisse haben sich verändert. Manche heutigen CDU-Ministerpräsidenten waren damals in der Opposition und votierten damals heftig gegen die Reform. Wie ein Blick auf die historische Entwicklung zeigt, hatte Wulff schon im September 1995als einer der fünf jungen Wilden der CDU gegen die Rechtschreibreform protestiert - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=391 -. Seine Proteste setzten sich fort. Schon vor Wulff gab es im Januar 2004 im NRW-Landtag einen Antrag der CDU, die Rechtschreibreform zurückzunehmen. Es folgten Proteste der Akademien der Wissenschaften, von 50 Rechtsprofessoren, des PEN-Zentrums usw. Vgl. Die Front gegen die Schlechtschreibreform wächst - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=257#1090 -.

Auch Mathias Döpfner war schon als Chefredakteur der WELT ein Gegner der Rechtschreibreform. Es handelt sich also um einen kontinuierlichen Widerstand. Was sich änderte, ist die Besetzung der Machtpositionen und damit des Machteinsatzes. Döpfner wurde Vorstandsvorsitzender des Springer-Konzerns, Wulff wurde Ministerpräsident.

II. Reparatur oder Rücknahme der Rechtschreibreform?

Alexander Michel hat der Rechtschreibreform die Note „Mangelhaft“ erteilt und ist „versuchshalber zur alten Schreibweise zurückgekehrt“. Dadurch entfällt die unnötige häßliche ss-Schreibung. Weshalb er dann aber für eine Reparatur der Reform eintritt und nicht für eine Rücknahme, ist nicht nachvollziehbar.

1. Falsch: „Viele Beispiele zeigen, dass eine Verdammung der Reform und der Ruf nach einer Rücknahme über das Ziel hinausschießen. Niemand sollte Kinder und Erwachsene ins orthographische Minenfeld des Altschriebs zurücktreiben.“

Richtig:

a) Alexander bleibt den Beweis schuldig, daß „viele“ Reform-Schreibweisen besser als die bisherigen und notwendig sind. Sicher gab es auch im Duden von 1991 einige Ungereimtheiten, aber auch nicht so viele, daß dies eine Reform gerechtfertigt hätte. Siehe:
Präskription oder Deskription? - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=235

b) Der irreführende Begriff „Altschrieb“

Es gibt keinen „Altschrieb“, sondern die allgemein übliche traditionelle Orthographie, die von rund 90 Prozent der Bevölkerung und vor allen Dingen von den meisten Schriftstellern verwendet wird, sofern sie nicht von ihren Verlagen zum Neuschrieb gezwungen werden.
Wenn die Presse von „alten Regeln“ schreibt, verbreitet sie falsche Vorstellungen. Die traditionellen Regeln werden von etwa 80 Prozent der Bevölkerung verwendet. Personen außerhalb der Schulen können auch über das Jahr 2005 hinaus schreiben wie bisher (Bundesverfassungsgericht: Urteil vom 14. Juli 1998, Az.: 1 BvR 1640/97, S. 59) - www.bverfg.de/entscheidungen/frames/rs19980512_1bvr164097 -.

Die folgende Abhandlung soll darüber aufklären, daß nur eine Rücknahme der Rechtschreibreform das Problem lösen kann.

2. Zum Kompromißvorschlag der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung

Der Kompromißvorschlag der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, die ss-Schreibung beizubehalten, ist ein fauler Kompromiß, der die Lösung des Problems auf die lange Bank schiebt und dadurch nur weitere Kosten verursacht. Auch deswegen warnt Theodor Icker: „Am schlimmsten wäre ein Kompromiß! „Kompromiß“ klingt gut, bedeutet aber nichts anderes als „schon wieder eine Rechtschreibreform“. Das kann niemand wollen.“ (BILD vom 11. August 2004, S. 2) Natürlich ist der Duden an Kompromissen interessiert; denn er verdient ja an dem Durcheinander und den permanenten Rechtschreibreformen.

Professor Christian Meier sagte: „Jede Seite wird ein bißchen was opfern müssen, aber dann haben wir es hinter uns.“ Professor Peter Eisenberg meinte: „Man sei bereit, sozusagen kampflos einige Schäden hinzunehmen“, um die unschöne Mischung von beiden Schreibungen zu beseitigen. Unter diesen Voraussetzungen sei ein Kompromiß die Lösung.

Dann haben wir es keinesfalls hinter uns: Die Sprachspaltung bleibt bestehen. Warum?

2.1. Falsch ist die Behauptung: „Durch die jetzt vorgelegten Konsensvorschläge würden alle gravierenden Einwände gegen die Rechtschreibreform gegenstandslos.“ „Man sei bereit, sozusagen kampflos einige Schäden hinzunehmen.“

Richtig ist dagegen: Allein die Schäden durch die ss-Schreibung sind beachtlich, zumal sie 90 Prozent der Reform umfaßt. Jedoch geht Professor Eisenberg allen diesbezüglichen Einwendungen aus dem Weg, so wie es seine Reformerkollegen auch tun.

Das Eszett ist eine Lesehilfe - Zur Unterscheidungsschreibung sowie Binnengrenzschreibung zusammengesetzter Wörter

2.1.1 Die ss-Regelung die 'schlechteste überhaupt denkbare Lösung'
Professor Eisenberg persönlich kritisierte, daß die ss-Regelung die 'schlechteste überhaupt denkbare Lösung' sei (Peter Eisenberg: Die deutsche Sprache und die Reform ihrer Orthographie. In: Praxis Deutsch, Heft 130, März 1995, S. 3-6). Nun plötzlich will er diesen Schaden hinnehmen. Warum wohl?

2.1.2 Der Betonungsgrundsatz der Reformer „nach kurzem Vokal Doppel-s“ gilt für viele Wörter nicht, z.B. Ast, August, du bist (aber: du musst), Bus, Diskus, fast, Gerüst, Gast, Hast, du hast (aber: du hasst), er ist (aber: er isst), Kasten, Kenntnis, Kiste, Kultus, Last, List, Lust, Mist, Verhängnis, Verlust, Zeugnis, usw. Wie sollen die Schüler nun lesen und schreiben? Die Reformer haben übersehen, daß das Deutsche verschiedenen Schreibprinzipien folgt und u.a. auch eine Unterscheidungsschreibung ist. Das zeigt sich besonders deutlich bei Wörtern mit verschiedener Bedeutung, die zwar gleich gesprochen, aber unterschiedlich geschrieben werden (Homophone): z.B. Aas/aß, büßte/Büste, fast/faßt, fasten/faßten, fliest/fließt, Frist/frißt, Hast/hast/haßt, ist/ißt, Küste/küßte, Last/laßt, leeren/lehren, lies/ließ, Mist/mißt, Moor/Mohr, Paste/paßte, Piste/pißte, reist/reißt, Saite/Seite, Sole/Sohle, Stil/Stiel, vergast/vergaßt, Verlies/verließ, vereist/verreißt, verwaist/verweist, weist/weißt, usw. Die Unterscheidungsschreibung schützt vor unliebsamen Lesestörungen.

2.1.3 Mundartlich gibt es verschiedene Aussprachen: Auf Grund des Neuschriebs wird dann Fußball zu Fussball, Gras zu Grass, Spaß zu Spass, eine Maß Bier in Bayern zur Mass.

2.1.4 Das Eszett als Lesehilfe: Günter Jauch sollte das Wort „Bambusessstäbchen“ lesen. Er konnte es nicht! Mit dem Eszett („ß“) ist die Silbenfuge oder Wortgrenze klar erkennbar: Bambuseßstäbchen, Schloßstraße. Diese Zäsur ist eine wesentliche Lesehilfe. Den Grundsatz der Binnengrenzschreibung, die Kompositionsfuge nicht zu verwischen, haben die Reformer nicht beachtet: Genusseis, hasserfüllt, Messerfassung, Messergebnis, Messingenieur, Schlosserhaltung.

2.1.5 Die Dreikonsonantenschreibung wie „Schlossstraße“, Missstand“ oder gar „Stresslesssessel“ erschwert die Lesbarkeit und ist auch unästhetisch. Weil durch das Zusammentreffen von drei gleichen Buchstaben die Lesbarkeit erschwert wird, empfehlen die Reformer die Schreibung mit Bindestrich: Kompromiss-Kurs, Prozess-Auftakt. Warum soll man an solchen Krücken gehen, wenn es vorher auch ohne ging?

2.1.6 Und wer mit „daß/das“ nicht klarkommt, dem wird es auch mit „dass/das“ nicht gelingen.

2.1.7 Durch die neue ß/ss-Regelung steigen die Fehlerzahlen an, z.B. ausser, Beweiß, Grüsse, Hinderniss, schliessen, Strasse, Verständniss, Zeugniss.
Beim stimmlosen s-Laut am Wort- oder Silbenende oder vor einem Mitlaut gab es bisher nur zwei Schreibweisen: s und ß (Erlebnis - Fuß).
Die Reformer verlangen jedoch drei Schreibweisen mit s, ss und ß (Glas - Hass - Maß). Für einen rechtschreibschwachen Schüler, für den die Reform angeblich gemacht wurde, steigt somit die Fehlermöglichkeit von 50 Prozent auf 66,6 Prozent.

Die Änderungen der Schreibweisen betreffen zu 90 Prozent die ß/ss-Schreibung. Sie ist jedoch überflüssig wie ein Kropf und dient nur als Füllmaterial, um überhaupt eine Reform nötig erscheinen zu lassen, damit die Verlage und Medienkonzerne ihre Druckereien auslasten und Geschäfte machen können. Die ß/ss-Regelung ist folglich der Silikonbusen der Rechtschreibreform. Sie täuscht Volumen, Modernität und Qualität der Reform vor, wo nichts vorhanden ist.

3. Falsch ist vor allem die Behauptung: „Ab 2005 ist Schluss mit entweder oder. Dann sollen endgültig überall die gleichen Regeln gelten.“

Richtig ist: Ab 2005 gelten keineswegs überall die gleichen Regeln. Personen außerhalb der Schulen können auch über das Jahr 2005 hinaus wie bisher nach den traditionellen Regeln schreiben. Vgl. Bundesverfassungsgericht: Urteil vom 14. Juli 1998, Az.: 1 BvR 1640/97, S. 59. www.bverfg.de/entscheidungen/frames/rs19980512_1bvr164097
Vgl. auch die VRS-Pressemitteilung: „Gleichgeschaltete Presse verharmlost Rechtschreibreform - Totschlagargumente der Reformer und Kultusminister werden verbreitet“: www.vrs-ev.de/pm280803.php -. Die traditionellen Regeln werden daher von etwa 80 Prozent der Bevölkerung auch über das Jahr 2005 hinaus verwendet.

Schlußfolgerung: Da auch nach dem Jahr 2005 die traditionelle Orthographie weiterhin gilt, gibt es weiterhin keine einheitliche Schreibweise, sondern die Beliebigkeitsschreibung bestünde fort. Der vorgebliche Grund für das Kompromißangebot der Deutschen Akademie, eine angebliche allgemeine Gleichschaltung der Rechtschreibung, entfällt also, da es kein Rechtschreibgesetz gibt. Die einheitliche Orthographie wird auch nach 2005 weiter zerstört, so daß sich die Beliebigkeitsschreibung verbreitet: www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=105

Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung hatte ausgerechnet dem Ex-Reformer Peter Eisenberg die Verantwortung übertragen. 1995 war er gegen die ss-Schreibung, heute bietet er sie als faulen Kompromiß an. Eisenberg übersieht: Ab 2005 gelten keineswegs überall die gleichen Regeln. Schon allein deswegen ist sein fauler Kompromiß sinnlos; denn die Sprachspaltung besteht weiterhin, so daß es keine einheitliche Rechtschreibung gibt. Das wiederum führt zu permanenten Kosten und zur fortgesetzten Verschleuderung von Milliarden Steuergeldern.

Die Presse macht die Rechnung wieder ohne die Leser, das Rechtschreibvolk und damit die Steuerzahler. Diese wollen nicht weiterhin als Melkkuh der Schulbuchverlage dienen. Es geht den Schulbuchverlagen nur um das Dauergeschäft durch permanente Rechtschreibreformen. Der von den Kultusministern ohne Befugnis geplante „Rat für deutsche Rechtschreibung“ würde solche permanenten Reformen durchführen. Deshalb muß diese unselige sozialistische Räteherrschaft abgeschafft werden.

Beim Beibehalten der Reform oder der ss-Schreibung (90 Prozent der Reform) bliebe die Rechtschreibspaltung auch über den 1. August 2005 hinaus erhalten; denn es gibt kein Rechtschreibgesetz - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=252 - und damit keine Allgemeinverbindlichkeit. Damit aber bliebe das unerträgliche Durcheinander einer Beliebigkeitsschreibung erhalten. Das wäre auch dann der Fall, wenn man dem Kompromißvorschlag der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung einer nur teilweisen Rücknahme der Reform folgte. Denn die ss-Schreibung, die dann bleiben sollte, erstreckt sich auch nur auf die Schule, während der Großteil der Nation weiterhin das Eszett benützte. Des weiteren ist ja die ss-Schreibung fehlerträchtig und hat –wie oben gezeigt - erhebliche Nachteile. Friedrich Denk hat diese in einem Leserbrief in der FAZ vom 20. Juli 2004, S. 8, zusammengefaßt.

Manfred Riebe
Vorstandsmitglied des VRS
Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V.
www.vrs-ev.de/vorstand.php#riebe

„Es ist nie zu spät, Natur-, Kultur- und Sprachzerstörung, Entdemokratisierung, Korruption und Steuerverschwendung zu stoppen!“ (VRS)

_____________________________________________

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Manfred Riebe



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Beitrag: Donnerstag, 26. Aug. 2004 12:13    Titel: Das SÜDKURIER-Forum Antworten mit Zitat

Das SÜDKURIER-Forum

Zur Rücknahme der Rechtschreibreform
und zur Gründung des „Rates für deutsche Rechtschreibung“ (RDR)
Das „Wer ist wer?“ des RDR finden Sie hier:
www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=1918&highlight=#1918

Mit freundlichen Grüßen
Manfred Riebe

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Kultur-Forum

Zur Rücknahme der Rechtschreibreform

Einladung zu einem kleinen virtuellen Rundgang durch das VRS-Forum/Archiv betreffend Rücknahme der Rechtschreibreform:
Der Desinformations-Skandal: Sachlich falsch, aber politisch richtig!? -
www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?p=1933&highlight=#1933

Manfred Riebe
Vorstandsmitglied des VRS
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- Initiative gegen die Rechtschreibreform –
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Beitrag: Donnerstag, 26. Aug. 2004 15:48    Titel: Pressemärchen Antworten mit Zitat

Verdummung der SÜDKURIER-Leser durch Desinformation
Pressemärchen haben politische Fehlentscheidungen zur Folge
Aufklärung contra Desinformation durch Politik und Presse
________________________________________________________

Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln

Die Verlage Spiegel und Springer verblüffen mit ihrer Erklärung gegen die Rechtschreibung
VON ROLAND MISCHKE

In diesem Sommer ist das Sommerloch gefüllt. Die Diskussion um das Für und Wider der neuen Rechtschreibung, lange Zeit vor allem von der „FAZ“ und zuletzt auch immer vehementer von „Zeit“ und „Spiegel“ forciert, wird nun eskalieren. Der Spiegel-Verlag und die Axel Springer AG, Deutschlands größtes Verlagshaus, haben überraschend verkündet, dass sie in Zukunft in ihren sämtlichen Print- und Online-Publikationen wieder die alte Rechtschreibung verwenden werden. Die technische Umsetzung soll „schnellstmöglich erfolgen“.

Damit folgen sie dem Beispiel der FAZ, die sich nach der Umstellung des Regelwerks am 1. August 1998 als einzige deutsche Zeitung verweigert hatte. Beim heftig attackierten Außenseiter an der Frankfurter Hellerhofstraße herrscht jetzt eitel Freude, der lange Atem hat sich gelohnt. Immerhin werden jetzt mit den Titeln der drei Verlagshäuser, die wieder „daß“ statt „dass“ drucken lassen, mehr als 60 Prozent der Bevölkerung erreicht.

Auch der Hamburger Bauer Verlag unterstützt die Initiative, bei der „Süddeutschen Zeitung“ sagt man „ja, aber intern muss noch über Details gesprochen“ werden. Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) will sich dagegen erst einmal „ein Meinungsbild bei unseren Kunden machen“, beim Münchner Burda Verlag und der „Frankfurter Rundschau“ heißt es klipp und klar, man bleibe bei der neuen Regelung. Ebenso sprachen sich die Chefredakteure der Publikationen aus dem Verlag Gruner + Jahr spontan und mehrheitlich gegen eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung aus. Damit ist die Spaltung des deutschen Lesevolks perfekt.
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„Spätestens die neuerliche Reform einer ohnehin unausgegorenen Reform führt ins völlige Chaos.“
Stefan Aust und Mathias Döpfner
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Die Breitseite der Reformgegner zielt auf die Kultusminister der Länder, die das endgültige Inkrafttreten der neuen Rechtschreibung zum 1. August 2005 durchpauken wollen. Stefan Aust, Chefredakteur des Hamburger Nachrichtenmagazins, und Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender bei Springer, verkünden: „Wir befürworten sehr dringend notwendige und sinnvolle Reformen in unserer Gesellschaft. Doch die Rechtschreibreform ist keine Reform, sondern ein Rückschritt. Die deutsche Sprache braucht keine kultusbürokratische Überregulierung. Spätestens die neuerliche Reform einer ohnehin unausgegorenen Reform führt ins völlige Chaos. Wir wollen dazu beitragen, diese Fehlentwicklung zu korrigieren.“

1998 hatte Frank Schirrmacher, Mitherausgeber der FAZ, als Wortführer der Rebellen noch angeführt, dass sich sein Blatt sinnvollen Veränderungen nicht verschließen werde. Als Beispiel nannte er das „dass“, das seinerzeit von der Bevölkerung sofort freudig angenommen worden war. Alle Doppel-S-Wörter von Fass bis Schluss sind populär und bereiten keine Probleme, alle durch die phonetische Aussprache zwingend verbliebenen ß-Endungen von Fuß bis Ruß ebenso. Doch die Kultushoheit ergriff die hingehaltene Hand nicht. Deshalb waren die FAZ-Herausgeber entschlossen, den Ministern und der Duden-Redaktion zu zeigen, was in einem demokratischen Land möglich ist. Dem Frankfurter Blatt hat das Festhalten an der bewährten Form keine Verluste eingebracht, es kam im Gegenteil zu Sympathiebekundungen.

Dabei wurde allerdings einiges übersehen. Das große Plus der Rechtschreibreform ist die Liberalisierung der Schreibweisen. Die Zahl der Regeln wurde halbiert, die komplizierte Kommasetzung durch weitgehende Freigaben ersetzt – jeder darf heute so viele Kommas setzen, wie er es für nötig hält, damit sein Text verstanden wird. Die Sprache ist dadurch elastischer geworden. Das neue Regelwerk ist ein Zugewinn an Freiheit. Ihm entgegen stehen die in der Reform mitgeschleppten unsäglichen orthografischen Festlegungen (so Leid es mir tut) oder die kuriose Willkür neuer Schreibweisen (Stängel, Quäntchen).

Es ist der bürokratische Zwangsakt, durch den die Reform zunehmend in die Kritik geriet und Sprachwissenschaftler, Lehrer, Eltern, einige Ministerpräsidenten und Spracharbeiter, wie die Schriftsteller von Enzensberger bis Walser, noch einmal auf den Plan rief. Man fragte sich: Warum wollen die Funktionäre das gegen jeden Widerspruch in Beton gießen?

Die Mehrheit der Bevölkerung wird sich jetzt wohl auf die Seite der Reformgegner stellen, allein wegen der Rechtschreibunsicherheit überall im Lande, aus Bequemlichkeit, wegen der Rückkehr zum Gewohnten und weil es gegen die da oben geht. Diese demokratische, aber aufwändige und Energie verschlingende Auseinandersetzung wäre nicht nötig geworden, hätten sich die Kultusminister nicht als Enteigner aufgeführt. Vielen Bürgern, nicht nur älteren, stellt sich das Ganze längst als ein Vorgang dar, der darauf abzielt, dass ihnen etwas Liebgewordenes weggenommen werden soll. Und wer attackiert wird, der reagiert mit Protest. Auch wenn es gegen die Vernunft geht, die Verteidigung der alten Rechtschreibung als demokratische Volksbewegung zu inszenieren.
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ZITATE

„Der Unsinn dieser Reform ist nicht mehr zu halten.“
Christian Wulff, Ministerpräsident von Niedersachsen

„Deutschland hat derzeit wichtigere Probleme als einen neuen Streit um die Rechtschreibreform.“
Helmut Markwort, Chefredakteur von „Focus“

„Das ist der Anfang vom Ende der Rechtschreibreform.“
Der Weilheimer Deutschlehrer Friedrich Denk, der von Anfang an gegen die Reform war.

„Nun müsste eigentlich für jedermann klar sein, dass die Rechtschreibung in der beschlossenen Form nicht verbindlich sein kann zum 1. August 2005.“
Peter Müller, Ministerpräsident im Saarland

„Die Vernunft siegt. Lesefreundlichkeit und Ausdruckskraft der deutschen Sprache werden durch diese mutige Verlegerentscheidung gestärkt.“
Thomas Paulwitz von der Zeitung „Deutsche Sprachwelt“

SÜDKURIER NR. 181, SAMSTAG, 7. AUGUST 2004, S. 3
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Anmerkungen:

Roland Mischke ist freier Mitarbeiter des Südkurier.

1. Falsch: „Damit folgen sie [SPIEGEL und Springer-Konzern, MR] dem Beispiel der FAZ, die sich nach der Umstellung des Regelwerks am 1. August 1998 als einzige deutsche Zeitung verweigert hatte.“

Richtig:

a) Die Presse wurde nicht am 1. August 1998, sondern am 1. August 1999 gleichgeschaltet.

b) Am 1. August 1999 blieben über 300 Zeitungen und Zeitschriften bei der traditionellen Orthographie. Vgl. www.gutes-Deutsch.de/ -.

c) Am 1. August 1999 ließ sich auch die FAZ gleichschalten. Sie war also kein „Außenseiter“, sondern war zunächst unter den willigen Vollstreckern.

d) Die FAZ kehrte aber nach einem Jahr erfolgloser Erprobung am 1. August 2000 zur bewährten Rechtschreibung zurück. Erst daraufhin wurde sie wahrheitswidrig zum „heftig attackierten Außenseiter“ abgestempelt. In Wirklichkeit stand die FAZ nicht allein. Vgl. Die FAZ allein auf weiter Flur? - „Bürger-Oscar für Zivilcourage“ für die FAZ und die reformfreie Presse - www.vrs-ev.de/pm130903.php -.

2. Falsch: „1998 hatte Frank Schirrmacher, Mitherausgeber der FAZ, als Wortführer der Rebellen noch angeführt, dass sich sein Blatt sinnvollen Veränderungen nicht verschließen werde. Als Beispiel nannte er das „dass“, das seinerzeit von der Bevölkerung sofort freudig angenommen worden war. Alle Doppel-S-Wörter von Fass bis Schluss sind populär und bereiten keine Probleme, alle durch die phonetische Aussprache zwingend verbliebenen ß-Endungen von Fuß bis Ruß ebenso.“

Richtig:
a) Der Ausdruck „Rebellen“ verdreht die Verhältnisse ins Gegenteil. „Rebellen“ sind die Nachrichtenagenturen und Zeitungen, die trotz des Volksentscheides in Schleswig-Holstein vom 27. September 1998 bereits wenige Tage später Anfang Oktober 1998 beschlossen, gegen den Willen des Volkes und der Leser am 1. August 1999 auf den Neuschrieb umzustellen.

b) Das „dass“ wurde keineswegs von der Bevölkerung sofort freudig angenommen. Alle Doppel-S-Wörter von Fass bis Schluss sind keineswegs populär. Das Gegenteil ist der Fall.
Roland Mischke hielt sich wohl im Ausland auf und erzählt hier die Märchen der Reformer und Kultusminister, daß diese Regelung wegen ihrer angeblichen Einfachheit akzeptiert worden sei. Tatsache sind aber Volksinitiativen gegen die Rechtschreibreform in 10 Bundesländern und rund 40 Klageverfahren.

3. Falsch: „Das große Plus der Rechtschreibreform ist die Liberalisierung der Schreibweisen.“

Richtig: „Liberalisierung der Schreibweisen“ ist das Gegenteil einer Orthographie, nämlich eine Beliebigkeitsschreibung - www.vrs-ev.de/forum/themaschau.php?t=105 -, ein Mischmach herkömmlicher, „neuer“ und individueller Schreibweisen, wie man ihn in den Zeitungen sehen kann, so daß das große Werk Konrad Dudens, die einheitliche Rechtschreibung, zerstört wird.

4. Falsch: „Die Zahl der Regeln wurde halbiert, die komplizierte Kommasetzung durch weitgehende Freigaben ersetzt – jeder darf heute so viele Kommas setzen, wie er es für nötig hält, damit sein Text verstanden wird.“

Richtig: Roland Mischke erzählt hier das Märchen der Kultusminister von der wundersamen Regelverminderung, das die Reformkritiker schon 1997 widerlegten.

Im übrigen hat die Presse gerade die neuen Kommaregeln nicht übernommen, weil sie hirnrissig sind.

5. Falsch: „Die Sprache ist dadurch elastischer geworden.“

Richtig: Die Schriftsprache ist durch die vielen Varianten und Ausnahmeregelungen der Rechtschreibreform komplizierter geworden, so daß Schreibberufler mehr nachschlagen müssen.

6. Falsch: „Und wer attackiert wird, der reagiert mit Protest. Auch wenn es gegen die Vernunft geht, die Verteidigung der alten Rechtschreibung als demokratische Volksbewegung zu inszenieren.“

Richtig:
a) Demokratische Volksinitiativen als „inszeniert“ zu diffamieren, entspricht der Praxis mancher Parteidiktatoren, das Volk als unmündig zu bevormunden und eine direkte Demokratie zu verhindern. Vgl. Volksentscheid in Schleswig-Holstein - Das Volk als Souverän und Untertan: Im Namen des Volkes gegen das Volk! - www.vrs-ev.de/pm270903.php -.

b) Es geht nicht um die „Verteidigung der alten Rechtschreibung“, weil es zum einen keine „alte“, sondern die allgemein übliche traditionelle Orthographie gibt, die von rund 90 Prozent der Bevölkerung verwendet wird. Zum anderen geht es um die Rücknahme der mangelhaften Schul- und Presseorthographie, die von lediglich 13 Prozent der Bevölkerung verteidigt wird, die aber zu einem Chaos geführt hat.

7. Falsch: „Damit ist die Spaltung des deutschen Lesevolks perfekt.“

Richtig: Es geht um das Lese- und das Rechtschreibvolk. Die Spaltung wurde schon vorher durch die Kultusminister 1996 und die Presse 1999 vollzogen. Weder die Lehrer noch die Schüler noch die Journalisten und Leser wurden gefragt. Wenn man sie gefragt hätte, wäre die Reform mehrheitlich als überflüssig wie ein Kropf abgelehnt worden.

Was der SPIEGEL und der Springer-Konzern nun betreiben, ist eine Wiedergutmachung und eine Wiedereinsetzung der Leser in ihre Rechte.

Roland Mischke gehört zu den Journalisten, die völlig desinformiert sind. Er hat nicht ordentlich recherchiert, sondern oberflächlich und einseitig Sekundärquellen ausgewertet.

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Anmerkung:
In den VRS-Links wurde „viewtopic“ durch „themaschau“ ersetzt, damit sie wieder funktionieren.
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